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Serientäter, Grätschengötter, Nachwuchshoffnungen: Die effzeh.com-Awards der Hinrunde 2019/20

Foto: Jörg Schüler/Bongarts/Getty Images

Text: Severin Richartz und Thomas Reinscheid

Ein turbulentes Halbjahr geht für den 1. FC Köln zuneige: Nach schwierigem Saisonstart folgte eine Schwächephase im Herbst, die letztlich sowohl Trainer Achim Beierlorzer als auch Sportchef Armin Veh den Job kostete. Erst ein fulminanter Endspurt in der abschließenden Englischen Woche ließ die “Geißböcke” aufatmen und letztlich auch auf einem Nichtabstiegsplatz überwintern. So lässt es sich aus FC-Sicht doch etwas entspannter in die Rückrunde starten.

So turbulent das Halbjahr auch gewesen sein mag: Es hatte vieles zu bieten, auf das sich noch einmal gesondert zurückblicken lässt. Höhepunkte wie der kaum für möglich gehaltene Erfolg in Freiburg zum Abschied vom schlimmsten Gästeblock der Republik, Tiefschläge wie das peinliche Pokalaus beim Regionalligisten 1. FC Saarbrücken um die ehemalige Kölner Spielerlegende Dirk Lottner. Kurioses wie der Jubelsprint von Horst Heldt im Nachbarschaftsduell gegen Leverkusen, Skandalöses wie ausbleibende Elfmeterpfiffe bei Fouls und Handspielen.

Wir haben uns daher nicht zweimal bitten lassen und eine neue Folge unserer beliebten “Award”-Serie aufgelegt. Gekrönt wird nicht nur der “Spieler der Hinrunde”, sondern auch Erinnerungen an Dominic Maroh, Pierre Womé und Lukas Podolski geehrt. Völlig verdiente Auszeichnungen verleihen wir auch diesmal wieder für außersportliche Taten – schließlich soll niemand außen vor bleiben, der im zurückliegenden Halbjahr in welcher Form auch immer für Schlagzeilen beim 1. FC Köln gesorgt hat.

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Foto: Lars Baron via Getty Images

Spieler der Hinrunde: Jhon Cordoba

11. Spieltag, 13. Spieltag, 15. Spieltag, 17. Spieltag – das war in dieser Hinrunde die Torfolge des Jhon Cordoba, allesamt im Müngersdorfer Stadion erzielt und mindestens vier Punkte wert. Nicht nur deshalb ist der Kolumbianer bei den Fans des 1. FC Köln mittlerweile zum absoluten Publikumsliebling aufgestiegen. Welcher andere Spieler der „Geißböcke“ kann derzeit schon von sich behaupten, einen eigenen Song von der Kurve intoniert zu bekommen? Kaum verwunderlich, schmeißt sich der bullige Angreifer doch in jeden Zweikampf und zeigte sich zum Abschluss des Jahres auch noch äußerst torgefährlich.

Daher ging auch in Sachen „Spieler der Hinrunde“ kein Weg am 26-Jährigen vorbei, der von uns gleich dreimal in den ersten 17 Spielen drei Sterne verliehen bekam und die interne Gesamtwertung derzeit knapp vor Abwehrchef Rafael Czichos anführt. Dazu beendete Cordoba gleich zwei Negativserien im zurückliegenden Halbjahr: Gegen den SC Paderborn (3:0) feierte der Angreifer den ersten Sieg bei einem Bundesliga-Einsatz für den 1. FC Köln, dann ließ er gegen die TSG Hoffenheim (1:2) seinen ersten Bundesliga-Treffer für die „Geißböcke“ folgen. Der Rest ist Geschichte – und Teil der bisher beeindruckenden Aufholjagd unserer Götter in rot und weiß.

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Foto: Jörg Schüler/Bongarts/Getty Images

Finke-Ruthenbeck-Wanderpokal für den punktbesten Zwischensprint: Markus Gisdol

Neun Punkte aus drei Spielen: Dass sowas überhaupt möglich ist in der Bundesliga, hielten Fans des 1. FC Köln bis vor kurzem noch für ein Märchen aus 1001 Nacht. Dass ausgerechnet die “Geißböcke” dies in der Englischen Woche schaffen sollten, schien ihnen ebenso ausgeschlossen wie eine staufreie Anreise zu einem Heimspiel im Müngersdorfer Stadion über die Aachener Straße. Und doch schaffte dieses Team, das bei Union Berlin nach blutleerer Vorstellung mit 0:2 verloren hatte, den Turnaround. Der rheinische Rivale aus Leverkusen wurde praktisch niedergekämpft, in Frankfurt startete die Elf von Markus Gisdol nach 0:2-Rückstand dank großer Moral ein wahnsinniges Comeback und zwangen dann auch noch Werder Bremen in die Knie.

Neun Punkte aus drei Spielen: Der FC ist dank dieser Serie auf einem Nichtabstiegsplatz angekommen. Ein großer Anteil gebührt jemandem, den viele nicht sonderlich herzlich in Köln willkommen geheißen haben: Markus Gisdol krempelte die Mannschaft nach dem schwachen Auftritt an der Alten Försterei komplett um und scheute sich nicht vor mutigen Entscheidungen wie dem Startelfdebüt von Jan Thielmann, dem ersten Bundesliga-Spieler des Jahrgangs 2002. Der Lohn für die Konsequenz: Die “Geißböcke” legten läuferisch und kämpferisch deutlich zu und zogen das Publikum wieder auf ihre Seite. Dass am Ende drei Siege zu Buche stehen, ist neben dem entsprechenden Matchglück auch das Verdienst dieser Entscheidung für frischen Wind auf dem Platz!

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Foto: Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images

Matze-Lehmann-Plakette für überraschende Erstligatauglichkeit: Rafael Czichos

Hätte jemand zum Start der aktuellen Saison gesagt, dass Rafael Czichos am Ende der Hinrunde zu den konstantesten Spielern beim 1. FC Köln und gleichzeitig zu den positiven Überraschungen bei den „Geißböcken“ zählt, dem wäre vermutlich der Weg nach Merheim gewiesen worden. Doch nach 17 Spielen müssen auch die schärfsten Kritiker Abbitte leisten: Zwar spielte Czichos bei weitem keine herausragende Halbserie, doch der 29 Jahre alte Bundesliga-Debütant machte seinen Job in der Abwehr größtenteils solide bis gut. Auch deshalb stand er nur einmal nicht in der Startelf, wenn er verfügbar war (beim 0:4 gegen Hertha BSC), dazu fehlte er nach seiner Gelb-Roten Karte im Heimspiel gegen Augsburg (1:1) im Auswärtsspiel bei Union Berlin (0:2).

Auch die Zahlen des Kölner Abwehrchefs beeindrucken: Der Linksfuß ist mit 62,4 Prozent gewonnener Duelle der beste Zweikämpfer bei den „Geißböcken“, auch bei der Passquote (87,9 Prozent) kann ihm beim Aufsteiger niemand das Wasser reichen. Vor allem deshalb ist der ehemalige Kieler im Spielaufbau ein enorm wichtiger Faktor für den aktuellen Tabellen-15. der Bundesliga. Wie wichtig, das zeigte exemplarisch die abschließende Partie gegen Bremen: Sein schnell ausgeführter Freistoß ermöglichte Ismail Jakobs eine Torchance, Czichos’ langer Ball war es dann auch, der den Siegtreffer durch Jhon Cordoba einleitete. So scheint sich der Innenverteidiger im Zusammenspiel mit dem jungen und manchmal noch etwas ungestümen Sebastiaan Bornauw im Abwehrzentrum festgespielt zu haben.

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Timo-Horn-Anstecknadel für das vielversprechendste Talent aus der eigenen Jugend: Noah Katterbach

Die Vorschusslorbeeren waren nicht allzu gering: 2018 erhielt Noah Katterbach die Fritz-Walter-Medaille in Gold in der Altersklasse U18. Dass das beileibe noch kein Freifahrtsschein zum Durchbruch in der Bundesliga ist, konnte der 1. FC Köln in jüngster Vergangenheit schon einmal beobachten. Doch das junge Eigengewächs biss sich bei den „Geißböcken“ beeindruckend durch – so mancher Muskelblessur zum Trotz. Auf Schalke debütierte der Linksverteidiger in der Bundesliga und deutete sein Talent mit einem couragierten Auftritt mehr als nur an. Defensiv abgezockt, mit Zug nach vorne: Zunehmend traut sich der 18-Jährige in seiner Spielweise mehr und mehr zu.

Gerade im starken Endspurt des Aufsteigers zählte Katterbach zu den Stützen im Kölner Team. Der Linksverteidiger zahlt das Vertrauen, das Trainer Markus Gisdol in ihn setzt, mit tollen Leistungen zurück und sorgt durch seine nahezu fehlerfreien Auftritte dafür, dass Kapitän Jonas Hector im zentralen Mittelfeld für Stabilität sorgen kann. Ein echtes Eigengewächs mit herausragendem Talent – das sorgt bei den Fans des 1. FC Köln für große Freude. „Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich hoffe, das geht noch weiter“, sagt der hochtalentierte Junioren-Nationalspieler über seine Entwicklung im zurückliegenden Halbjahr. Dass es so weiter geht, das hoffen auch die Verantwortlichen am Geißbockheim und die FC-Fans.

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Dominic-Maroh-Ehrenurkunde für die feinste Grätsche der Hinrunde: Sebastiaan Bornauw

Körperlich robust, ab und zu noch etwas zu ungestüm im direkten Duell, aber mit klarem Kopf ausgestattet: Die Verpflichtung von Sebastiaan Bornauw, der im Sommer für knapp acht Millionen Euro vom RSC Anderlecht ans Geißbockheim kam, hat sich für den 1. FC Köln bezahlt gemacht. Mit knackigen Tacklings hat sich der junge Belgier in die Herzen der FC-Fans gegrätscht, mit sehenswerten Treffern schießt er sich in die Geschichtsbücher: Drei Treffer als Innenverteidiger gelangen im Trikot mit dem Geißbock auf der Brust in einer Hinrunde zuletzt 2005/06 dem legendären Björn Schlicke, dessen Karriere beim damaligen Aufsteiger allerdings bald darauf ins Stocken geriet.

Das ist bei Sebastiaan Bornauw nicht zu erwarten – auch wegen solcher Szenen wie jene, die zu dieser Auszeichnung führt. Im Heimspiel gegen Borussia Dortmund machte der 20 Jahre alte Innenverteidiger einem anderen Vorgänger auf seiner Position alle Ehre: Kompromisslos wie zuletzt Grätschengott Dominic Maroh räumte Bornauw früh in der Partie seinen Landsmann Thorgan Hazard aus dem Weg. Eine eingesprungene Grätsche Richtung Außenlinie, die durchaus auch hätte schief gehen können. Aber dank hervorragendem Timing gelingt dem Neuzugang das harte, aber faire Tackling – Applaus vom Kölner Publikum inklusive. Es bleibt nicht die einzige Rettungstat des Belgiers, aber vermutlich seine spektakulärste.

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Lukas-Podolski-Orden am Bande für das spektakulärste Tor der Hinrunde: Ismail Jakobs

Es gibt Momente im Leben eines Bundesliga-Profis, die geraten so schnell nicht in Vergessenheit. Für Ismail Jakobs dürfte solch ein prägender Augenblick die 94. Minute beim Auswärtsspiel des 1. FC Köln in Frankfurt gewesen sein: Nach Zuspiel von Anthony Modeste läuft der FC-Youngster in der Nachspielzeit allein auf Eintracht-Keeper Felix Wiedwald zu und netzt im Stile eines alten Hasens zum 4:2 für die „Geißböcke“ ein. Der wuchtige Schuss in den Winkel: Er ließ den Gästeblock im Frankfurter Waldstadion endgültig eskalieren. Jakobs’ Torpremiere in der Bundesliga bringt den emotionalen Erfolg der Kölner, die bei der SGE bereits mit 0:2 zurückgelegen hatten, unter Dach und Fach.

„Ich hätte mir für mein erstes Bundesligator keinen besseren Moment wünschen können“, schilderte der 20-Jährige nach dem Spiel seine Emotionen mit einem breiten Grinsen im Gesicht: „Es kam einfach alles hoch. Ich habe mich leider so sehr gefreut, dass ich mein Trikot ausgezogen habe“, betont der Linksaußen, der sich bereits in der Vorbereitung in den Fokus gespielt hatte, aber wegen einer schwereren Muskelverletzung länger ausfiel. Der pfeilschnelle Außenspieler kämpfte sich allerdings zurück und wurde für die harte Arbeit noch in der Hinrunde belohnt. Bundesliga-Debüt, erstes Profitor – eine enorme Entwicklung für das 20 Jahre alte FC-Eigengewächs in der zurückliegenden Halbserie. „Das werde ich nie vergessen“, betont Jakobs über seinen Huf mit links, den Lukas Podolski nicht besser hätte ins Netz jagen können.

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Simon-Terodde-Trophäe für das emotionalste Last-Minute-Tor der Hinrunde: Jonas Hector

Es hatte auch auf Schalke ausgesehen wie so oft in dieser Saison: Der 1. FC Köln spielte gar nicht so schlecht, hatte gegen die starken Schalker sogar eigentlich die besseren Chancen. Und schien abermals an eigenem Unvermögen, dem Unvermögen des Schiedsrichter und diesem verdammten Fluch, der auf diesem Club liegt, zu scheitern. Salif Sané, wenige Augenblicke zuvor noch von einem Wunder namens Welz vor Gelb-Rot bewahrt, legte per Kopf den schmeichelhaften Führungstreffer der „Königsblauen“ vor – danach wirkte es für viele Minuten so, als hätte der FC das Spiel aufgegeben.

Erst in der Schlussphase blitzte noch einmal der Willen auf, diese Partie nicht verloren zu geben. Nachdem Schalke mehrere Konterchancen fahrlässig hatte liegen lassen, scheiterte allerdings Anthony Modeste am bärenstarken S04-Keeper Alexander Nübel, der den Ausgleich mit einer Weltklasse-Parade zu verhindern wusste. Bei der folgenden Ecke war er allerdings machtlos: Hector schraubte sich am ersten Pfosten hoch und ließ dem zukünftigen Bayern-Bankdrücker per Kopf keine Abwehrchance. Das verdiente 1:1 in der Nachspielzeit – der 1. FC Köln rastete aus. Auf dem Platz, im Gästeblock, in den Kölner Kneipen.

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Uwe-Kemmling-Trostpreis für die katastrophalste Fehlentscheidung der Hinrunde: Frank Willenborg

Es ist, als läge ein Fluch für den 1. FC Köln auf diesem Ort: Das überdimensionierte XXXL-Möbelhaus in Mainz, das vom 1. FSV Mainz 05 zwischendurch offensichtlich als Fußballstadion genutzt wird, scheint Fehlentscheidungen gegen die “Geißböcke” unter gütiger VAR-Mithilfe magisch anzuziehen. War es vor zwei Jahren noch die hochnotpeinliche Schwalbe von Pablo de Blasis, auf die erst Schiedsrichter Felix Brych und dann bei Ansicht der Bilder auch Video-Assistent Tobias Welz hereinfielen, feierte diesmal die Beugung der Handspielregel eine fröhliche Feier in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt.

Beim Stand von 1:2 aus Kölner Sicht flankte Kingsley Schindler den Ball ins Zentrum. Oder versuchte dies zumindest, denn die aussichtsreiche Hereingabe wurde vom Arm des Mainzer Verteidigers Niakhaté an der Einreise in die gefährliche Zone vor dem Tor der “Nullfünfer” gehindert. Klare Sache, dachten alle Beteiligten im Stadion und an den Bildschirmen. Außer Schiedsrichter Willenborg und sein Assistent an der Seitenlinie, die lässig weiterspielen ließen. In der Unterbrechung schlenderte der Unparteiische zum Bildschirm neben dem Platz – die Bilder ließen nun wahrlich keine zwei Meinungen zu. Doch statt Elfmeter und womöglich Gelb-Rot für den bereits verwarnten Niakhaté passierte…genau gar nichts. In einer an Fehlentscheidungen nun wahrlich nicht armen Hinrunde war der größte Aufreger perfekt – der FC verlor am Ende 1:3.

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Foto: Mainz 05

Das Pierre-Womé-Ritterkreuz in Silber für den schnellsten Seitenwechsel: Achim Beierlorzer

Apropos Mainz: Ein Kuriosum in der Bundesliga-Geschichte spielte sich im Zusammenspiel zwischen dem 1. FC Köln und dem 1. FSV Mainz 05 in der Hinrunde ab. Nach der 1:2-Niederlage gegen die TSG Hoffenheim am 11. Spieltag war für Achim Beierlorzer bei den „Geißböcken“ Schluss – etwas mehr als vier Monate war der gebürtige Franke in Köln damit lediglich im Amt gewesen. Doch Beierlorzer sollte nicht allzu lang ohne Job bleiben: Nach der Vertragsauflösung in Köln sicherte sich Mainz 05 die Dienste des damals noch 51 Jahre alten Fußballlehrers – nur neun Tage nach seiner Entlassung in Köln war der Seitenwechsel perfekt.

Sein erster Gegner bei den „Nullfünfern“? Die TSG Hoffenheim. Beierlorzer war so der historisch erste Bundesliga-Trainer, der innerhalb einer Saison zwei Spieltage in Folge gegen den gleichen Club antrat. Und bei seinem neuen Verein sogar mit Erfolg: In Unterzahl schossen die Mainzer Hoffenheim mit 5:1 ab, eine Woche später siegten die Rheinhessen im Derby gegen Eintracht Frankfurt. Hatte der effzeh etwa die Qualitäten des Trainers nicht genug gewürdigt? Eine Frage, die wohl unbeantwortet bleibt – manchmal passt es eben einfach nicht. Unnötig allerdings, dass der 1. FC Köln, der bei Beierlorzers Verpflichtung eine satte Ablösesumme an Jahn Regensburg überwiesen hatte, dem scheidenden Coach noch eine Abfindung bei der Vertragsauflösung hinterherwarf.

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Der Jörg-Schmadtke-Award für den unwürdigsten Abgang durch die Hintertür: Armin Veh

Nein, dass die Zusammenarbeit zwischen dem 1. FC Köln und Armin Veh reibungslos vonstatten ging, das würde rund ums Geißbockheim wohl niemand behaupten. Der eigenwillige Fußballlehrer, den die „Geißböcke“ im Dezember 2017 überraschend zum Sportchef machen, prägte den Club auf seine ganz eigene Weise: Trat gegen den vorherigen Trainer nach, polterte öffentlich gegen Vereinsgremien und schoss letztlich in einer medialen Schlammschlacht den Präsidenten ab. Wer kann das als Geschäftsführer Sport schon von sich behaupten? Den 1. FC Köln sportlich vorangebracht zu haben – das kann sich Armin Veh allerdings nicht auf die Fahne schreiben. Viel Geld gab er für neue Spieler aus, lag bei der Entscheidung für Achim Beierlorzer als Anfang-Nachfolger daneben – und machte sich dann aus dem Staub.

Nachdem er mit seinem Vertragspoker bereits im Sommer für ordentlich Unruhe im Verein gesorgt hatte, war es dann nach dem Hoffenheim-Spiel endlich vorbei: Der 1. FC Köln und Armin Veh einigten sich auf das Ende der bisherigen Zusammenarbeit und verkündeten dies praktisch mit dem Schlusspfiff bei der bitteren Last-Minute-Schlappe, die auch Achim Beierlorzer den Job kosten sollte. Schon eine Woche zuvor hatte der einstige Meistertrainer angekündigt, aus persönlichen Gründen seinen Vertrag bei den „Geißböcken“ nicht verlängern zu wollen. Immerhin – und das ist beim 1. FC Köln tatsächlich ein erwähnenswertes Detail: Eine horrende Abfindung wird Veh für seinen (mehr oder minder) freiwilligen Rückzug nicht erhalten.

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Das Team Sauren, Wolf, Sieger | Foto: effzeh.com

Sonderwürdigung für den konsequentesten Abschied der Hinrunde: Dr. Jürgen Sieger

Nach nicht einmal 100 Tagen war es aus mit der gemütlichen Dreisamkeit: Dr. Jürgen Sieger, erst auf der Mitgliederversammlung Anfang September gemeinsam mit Dr. Werner Wolf und Eckhard Sauren zum neuen Präsidium des 1. FC Köln gewählt, legte sein Amt aus „persönlichen Gründen“ mit sofortiger Wirkung nieder. Bereits beim überraschenden 2:0-Erfolg der „Geißböcke“ gegen Leverkusen hatte die Nachricht die Runde gemacht, einen Tag später bestätigte der Verein die Demission des renommierten Wirtschaftsjuristen, der an der Sanierung des Clubs nach dem Abstieg 2012 große Verdienste hatte.

Für nahstehende Beobachter des Vereins kam diese Entscheidung dagegen nicht überraschend: Im neuen Führungstrio hatte nach der Amtsübernahme schnell Uneinigkeit über den neuen Kurs geherrscht, die bei der Personalsuche nach einem neuen Sportchef und einem neuen Trainer ihren Höhepunkt fand. Nach 100 Tagen wollte der Vorstand Bilanz ziehen – die fiel wohl vor allem aus Siegers Sicht derart ernüchternd aus, dass er die Reißleine zog. Ein Rückschlag für die Reformer im Verein, die nach den Grabenkämpfen der letzten Zeit den FC wieder in seriöse Gewässer schippern lassen wollten. Bis zur nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung im Herbst 2020 hat der Mitgliederrat Dr. Carsten Wettich als Sieger-Ersatz in den Vorstand entsandt.

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