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Zum Einstieg ungeeignet: Der 1. FC Köln und junge Talente von außerhalb

Quelle: 1. FC Köln

Der Abgang von Joao Queiros ist nur das jüngste Beispiel dafür, dass es dem FC kaum gelingt, aus dem Ausland transferierte Talente in den Kader einzubauen. Ein Blick auf die letzten zehn Jahre verrät nämlich: Queiros ist kein Einzelfall. Er steht symbolisch für viele, die in jungen Jahren zum FC kamen und ihr Glück, wenn überhaupt, lediglich nach einem Abgang woanders fanden.

Am Ende lief es fast wie am Anfang: geräuschlos. Weder die Verpflichtung, noch der Abgang von Joao Queiros wurden beim FC stark hervorgehoben. Zwar kündigte Jörg Schmadtke vor rund einem Jahr an, Queiros solle mit seinem großen Potential langsam an den Kader herangeführt werden. Obwohl der FC drei Millionen Euro Ablöse investierte, bekam jedoch niemand den Eindruck, Queiros sei kurzfristig eine Alternative für die Startelf. Trotzdem klang es logisch, ein solches Talent zu holen, wenn man doch längerfristig von seinem Potential überzeugt war.

Nun folgte nach nur einem Jahr die Leihe nach Lissabon. Eine Pressemitteilung des Clubs gab es dazu erst spät, auch sonst schweigen sich die Verantwortlichen bislang dazu aus. Zurück bleibt nun der Eindruck einer kostspieligen Fehlinvestition. Jörg Schmadtke sah offenbar etwas in Queiros, das Armin Veh augenscheinlich nicht erkannte. Also musste Queiros gehen; der neue Coach Markus Anfang plant ohnehin mit den Neuzugängen Rafael Czichos und Lasse Sobiech. Gelungene, langfristige Planungen sehen jedoch anders aus, insbesondere bei Transfers junger Spieler aus dem Ausland, die die deutsche Sprache nicht beherrschen.

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Schwieriger dürfte es werden, im Fall Jorge Meré so ruhig zu bleiben. Der Spanier kam für rund acht Millionen Euro als U21-Nationalspieler mit vielversprechenden Anlagen, die er auch in der vergangenen Katastrophensaison oft zeigte. Nach eigener Aussage hat sich bis vor einigen Wochen noch kein Verantwortlicher bei ihm gemeldet, was nahelegt, dass der FC einen Abgang samt Ablöse zumindest nicht mit aller Kraft verhindern will. Darauf deuten vor allem die Transfers von Czichos und Sobiech hin, zumal man Frederik Sörensen wohl ebenfalls nicht so einfach los wird.

Was passiert mit Jorge Meré?

Für Meré sind das klare Signale. Doch die Ausstiegsklausel von 12 Millionen Euro wird vermutlich niemand bezahlen, der FC scheint aber auch unterhalb dieser Summe gesprächsbereit. Wahrscheinlich – sollte sich Meré zum Wechsel entscheiden zumindest – ist also wie bei Queiros: ein Verlustgeschäft.

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Meré und Queiros stehen für eine lange Liste von jungen Talenten, die aus dem nicht-deutschsprachigen Ausland zum FC transferiert wurden und deren Karrieren in Köln nur ganz selten erfolgreich begonnen haben. Die meisten Spieler gingen schnell wieder weg, wohl aus Sorge, dass sie andernfalls nirgendwo noch eine Anstellung mit guter Perspektive finden. Die folgende auf transfermarkt.de basierende Übersicht gibt an, welcher Spieler wann in welchem Alter aus dem Ausland zum FC stieß (bis zu einem Alter von 24 Jahren, ohne die gezahlten Ablösesummen).

Eine Dekade voller Fehlschläge

  • 08/09: Pedro Geromel (22), Miro Varvodic (19)
  • 09/10: Zoran Tosic (22) (Leihe)
  • 10/11: Konstantinos Giannoulis (22), Alexandru Ionita (20), Mato Jajalo (22), Tomoaki Makino (23)
  • 11/12: Mikael Ishak (18), Ammar Jemal (24) (Leihe), Odise Roshi (19)
  • 12/13: Bruno Nascimento (21)
  • 13/14: Bard Finne (18), Roman Golobart (21), Kazuki Nagasawa (22)
  • 14/15: Deyverson (23) (Leihe), Tomas Kalas (21) (Leihe), Pawel Olkowski (24)
  • 15/16: Filip Mladenovic (24), Frederik Sörensen (23)
  • 16/17: Sehrou Guirassy (20)
  • 17/18: Vincent Koziello (22), Jorge Meré (20), Joao Queiros (19)
  • 18/19: 

Nimmt man die letzten zehn Jahre als Grundlage für eine Bilanz ergibt sich ein erschreckendes Bild. Von den fest verpflichteten Spielern war ausschließlich Pedro Geromel ein langjähriger Leistungsträger, dessen Zeit in Köln allerdings ein unwürdiges Ende nahm. Alle anderen waren entweder bestenfalls Teilzeitstammkräfte (etwa Mato Jajalo und Pawel Olkowski) oder wurden nach maximal einem Jahr nahezu ohne Einsatzzeiten wieder abgegeben (u.a. Tomoaki Makino, Alexandru Ionita, Tomas Kalas oder Bruno Nascimento).

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Mit Mikael Ishak (20 Scorerpunkte in der letzten Saison in Nürnberg) hatte man keine Geduld, obwohl auch er damals schon gute Anlagen besaß. Ein finanzielles Plus erreichte der FC gerüchteweise lediglich bei Bard Finne und Kazuki Nagasawa.

Foto: Lucas Uebel/Getty Images

Für die finale Beurteilung von Jorge Meré, Sehrou Guirassy und Vincent Koziello ist es noch zu früh, wenngleich sich bei Meré ebenfalls ein Abgang andeutet und Koziello in Nizza schon einige Jahre auf Profiniveau absolvierte. Die Tendenz ist trotzdem eindeutig: Der FC hat bei Transfers von jungen Spielern aus dem Ausland eine Dekade voller Fehlschläge erlebt. Trotzdem gab es in dieser Zeit weder Fehleranalysen, noch zog der Klub Lehren für die Zukunft. Wer nicht sofort unumstrittener Stammspieler war, verschwand schnell wieder auf dem Abstellgleis.

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Mit Blick auf einzelne Spieler zeigt sich auch, dass das Scheitern dieser Spieler nicht ausschließlich an fehlender sportlicher Qualität gelegen haben kann. Ishak war einer der Topscorer der vergangenen Zweitligasaison, Geromel steht im WM-Kader Brasiliens und Tomas Kalas ist seit Jahren Stammspieler in Fulham. Hat der FC also möglicherweise andere Faktoren vernachlässigt, die zu den vielen Fehlschlägen führten?

Solche wären insbesondere die Sprache, der Bildungsstand der Spieler oder das soziale Umfeld. Diese zentralen Integrationsaspekte wird man zwar nur im Einzelfall exakt beurteilen können. Bei den Neuzugängen in der gleichen Altersklasse, die von einem deutschen Verein kamen oder aber dort ausgebildet wurden, ist die Quote an gelungenen Transfers – in finanzieller und sportlicher Hinsicht – allerdings deutlich besser, wie die folgende Auflistung verdeutlicht.

Die sportliche Qualität war nicht immer entscheidend

  • 08/09: Miso Brecko (24), Daniel Brosinski (19), Wilfried Sanou (24)
  • 09/10: Sebastian Freis (24), Lukas Podolski (24), Christopher Schorch (20)
  • 10/11: Christopher Buchtmann (18)
  • 11/12: 
  • 12/13: Sascha Bigalke (22), Daniel Royer (22) (Leihe), Tobias Strobl (22) (Leihe), Anthony Ujah (21) (Leihe, später fest verpflichtet), Kevin Wimmer (19)
  • 13/14: Maurice Exslager (22), Marcel Risse (23), Maximilian Thiel (20)
  • 14/15: Yuya Osako (24), Kevin Vogt (22), Simon Zoller (23)
  • 15/16: Leonardo Bittencourt (21), Dominique Heintz (21), Milos Jojic (23)
  • 16/17: 
  • 17/18: Jhon Cordoba (24), Tim Handwerker (19), Jannes Horn (20)
  • 18/19: Matthias Bader (21), Niklas Hauptmann (22), Louis Schaub (23), Benno Schmitz (23)

Zwar muss man auch hier die Einzelfälle betrachten (Lukas Podolski etwa ist lediglich aufgrund des Alters aufgeführt), aber diese machen das Gesamtbild noch spannender. Wenn Spieler schon einige Jahre auf Profiniveau agierten, haben sie tendenziell deutlich länger beim FC als Stammspieler gespielt als jene, die den FC als Einstieg in den Profibereich nutzen wollten.

Foto: Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images

Hier stehen also Spieler wie Miso Brecko, Anthony Ujah oder Dominique Heintz gegenüber von Christopher Buchtmann, Daniel Brosinski oder Maximilian Thiel. Auch Frederik Sörensen war ein gefestigter Profi, als er zum FC kam, er blieb immerhin einige Jahre im Kader (er würde ins vierte gehen, sollte sich kein Abnehmer finden), wenn auch nie als absolute Stammkraft. Sörensen brachte zudem wie Mato Jajalo deutsche Sprachkenntnisse mit.

Auf der nächsten Seite: Für den Karriereeinstieg war der FC meistens die falsche Wahl

Es bleibt festzuhalten, dass der FC für junge Spieler, die den Sprung in den deutschen Profifußball schaffen wollten, meistens die falsche Adresse war – unabhängig davon, ob sie aus dem Ausland kamen oder nicht. Hatten die Spieler trotz jungen Alters jedoch schon eine gewisse Profierfahrung, funktionierten sie meistens auch besser.

Relativierend könnte man zwar anführen, dass der Einbau von Spielern aus der eigenen Jugend hier nicht betrachtet wurde und die sportlichen und strukturellen Schwankungen der letzten zehn Jahre es für junge Spieler außerdem erschwerten, sich zu etablieren. Wechsel des Führungspersonals wurden ihnen – so ist das oft in diesem Geschäft – besonders schnell zum Verhängnis.

Für den Karriereeinstieg meist die falsche Wahl

Dennoch ist ein Umstand besonders auffällig: Junge Spieler ohne Kenntnisse der deutschen Sprache haben es fast nie geschafft, beim FC Fuß zu fassen. Weder kurz-, noch mittel- oder gar langfristig. Pedro Geromel ist hier die absolute Ausnahme. Dem FC scheint es demzufolge nie wirklich gelungen zu sein, erfolgreich zur Integration junger Leute in eine völlig neue Umgebung beigetragen zu haben.

Quelle: 1. FC Köln

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Dazu kommt, dass man bei Talenten aus dem Ausland, denen man gerade aufgrund der Umstellungen mehr Zeit einräumen müsste, öfter auch einmal vergleichsweise ungeduldig war. Entpuppten sie sich nicht, wie im Falle Geromels, sofort als Leistungsträger, schickte man sie schnell wieder weg. Der FC arbeitete außerdem kaum mit anderen Instrumenten, etwa Leihverträgen, um den Spielern eine Perspektive zu bieten.

Durchschnitt statt Ambition

Man gab den “ganz jungen” zudem kaum Räume für Fehler, die aber zu deren Entwicklung gehören (was Freiburg oder Gladbach beispielhaft vorleben). Etablierten Kräften verzieh man Schwächen eher. Man begnügte sich jahrelang damit, beispielsweise die Rechtsverteidigerposition mit dem oft unterdurchschnittlichen Miso Brecko zu besetzen, anstatt einen ambitionierteren Transfer zu tätigen. So scheint es jetzt auch zu sein: Bei Czichos und Sobiech weiß man, was man bekommt, nämlich ordentliches Zweitliganiveau. In der kommenden Saison dürfte das reichen, aber auch für die Bundesliga?

In Anbetracht der letzten Jahre, scheint es nun wahrscheinlich, dass sich Spieler wie Czichos oder Sobiech länger im Kader des 1. FC Köln befinden werden als ihre jüngeren Kollegen. Steigerungspotential böten natürlich eher Spieler, die den Großteil ihrer Karriere noch vor sich haben, dafür aber eben auch manchmal zu Formschwankungen neigen. Die hat man in Köln in den letzten Jahren allerdings meistens schnell wieder weggeschickt – der kurzfristige Erfolg schien dabei stets wichtiger zu sein als die langfristige Entwicklung von talentierten Spielern. Das ist natürlich legitim – aber eben auch eine Schwäche.

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