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Rudelbildung zur Transferphase: “Keep calm and trust Schmöger”

Die abgelaufene Transferphase des 1. FC Köln ruft hitzige Diskussionen hervor, auch bei uns in der Redaktion. Unsere Rudelbildung debattiert über Fehlinvestitionen, Stammtisch-Meinungen und Vertrauensvorschüsse rund um den Transfersommer des effzeh.

Die Transferphase ist vorbei, der effzeh mit null Punkten Tabellenvorletzter, spielt ohne seinen ehemaligen Top-Torjäger und noch mit offensichtlichen Defiziten in mehreren Mannschaftsteilen. Dennoch wurde sich nicht mehr zusätzlich verstärkt – dies führt schon nach zwei Spieltagen zu kontroversen Diskussionen im Fanlager. Waren die 17 Millionen für John Cordoba zu viel und kann er Anthony Modeste auch nur ansatzweise ersetzen? Hätte man nicht lieber Hector auf links vertraut und sich für die Zentrale verstärken sollen? Braucht der effzeh nicht noch mehr Kreativspieler in der Offensive?

Zahlreiche Fragen, zu denen es diverse Meinungen gibt. Zeit also auch für uns darüber zu diskutieren, ob das Transferfenster sinnvoll genutzt wurde und die Strategie der Verantwortlichen in Köln richtig ist. Unsere Rudelbildung bewertet die abgelaufene Transferphase.

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

“Der effzeh hat letzte Saison über seine Verhältnisse gespielt”

Arne: Ich bin nach wie vor der Meinung, dass der effzeh seinen Kader in dieser Transferperiode sinnvoll verstärkt hat. Davon rücke ich auch aufgrund der beiden Niederlagen zu Beginn nicht ab. Es wäre ja fahrlässig, wenn die Kaderplanung alleine durch einzelne Ergebnisse bestimmt werden würde. Ich bin mir sicher, dass der effzeh langfristig wieder Spiele gewinnen wird, wenn die offensiven Schlüsselspieler Risse, Osako und Bittencourt zu ihrer Form finden. Jhon Cordoba halte ich für eine extrem gelungene Verpflichtung, weil mit diesem Stürmer-Typ Platz geschaffen werden kann für einen kreativen Nadelspieler wie Osako. Dass Modeste nicht sofort ersetzt werden konnte, sollte klar sein – vielen fällt auch jetzt erst auf, wie sehr der effzeh in der vergangenen Saison über seine Verhältnisse gespielt hat.

David: Ja, der effzeh hat im letzten Jahr wohl besser gespielt, als es der Kader eigentlich hergegeben hat. Und ja, auch der aktuelle Kader ist kein schlechter und vermutlich zumindest ausreichend für eine solide Bundesliga-Saison. Dennoch bin ich mit der Transferphase nicht wirklich glücklich, da in meinen Augen nicht die richtigen Schwerpunkte gesetzt wurden. Während man eine ohnehin schon gute Defensive für rund 20 Mio. verstärkt hat und man das Modeste-Loch im Mittelsturm – auch da stimme ich Arne zu – sinnvoll mit Jhon Cordoba gestopft hat, wurden (alte) Baustellen mal wieder unbearbeitet gelassen.

Bereits im Vorsommer wäre ein offensiver Mittelfeldspieler, idealerweise auf mehreren Positionen einsetzbar, eine wichtige Kader-Ergänzung gewesen. Bekommen haben wir im Winter dann Clemens, der das Anforderungsprofil auf dem Papier zwar erfüllt, aber weit davon entfernt ist, eine echte Verstärkung, gar eine ernsthafte Konkurrenz für Bittencourt und Risse zu sein. Nun wurde diese Planstelle erneut nicht besetzt, erneut wird der effzeh abhängig von Form und Fitness eben dieser Stammspieler sein und wieder – so mein Gefühl – wird das auf die Saison gesehen nicht ausreichen, um offensiv einen Schritt nach vorne zu machen. Da die Kasse nicht klamm und der Sommer lang war, ist dieses Loch im Kader für mich nicht nachvollziehbar.

“Eine historische Chance wurde verpasst”

Thomas: Ich würde da sogar noch einen Schritt weiter gehen als du, David, denn ich bin sehr enttäuscht über den Verlauf der Transferperiode. Hier wurde aus meiner Sicht eine historische Chance verpasst, den Kader kurz- wie mittelfristig auf eine andere Ebene zu hieven. Bei aller Dankbarkeit dem Team, das uns Europa bescherte, gegenüber: Mit den i-Tüpfelchen, die Jörg Schmadtke versprochen hat, ist es nichts geworden. Weder im zentralen defensiven Mittelfeld noch auf der Außenbahn wurde reagiert, stattdessen sehr viel Geld in einen torungefährlichen Stürmer und zwei talentierte Abwehrspieler gesteckt. Da bin ich dann auch definitiv Davids Meinung: Wir haben um unsere Baustellen heruminvestiert. Und das ist schade, denn mit all der Euphorie und dem dank Modeste vorhandenen Kleingeld hätten wir mehr erreichen können.

Wir haben um unsere Baustellen heruminvestiert. Und das ist schade, denn mit all der Euphorie und dem dank Modeste vorhandenen Kleingeld hätten wir mehr erreichen können.

David: Sehe ich auch so, deshalb mache ich das auch nicht. Ich sehe Bedarf auf der Außenbahn bereits seit dem Sommer 2016. Das ist auch mein einziger echter Kritikpunkt. Die Verstärkung im zentralen Mittelfeld, die oftmals gefordert wurde, halte ich hingegen gar nicht für zwingend notwendig. Hector kann das spielen und mit Jojic, Höger und Lehmann sind ausreichend weitere Spieler mit Erfahrung vorhanden, die diese Position bekleiden könnten. Hinzu kommen Talente wie Özcan oder Nartey. Doch genau diese Tiefe fehlt auf den Flügeln komplett. Bittencourt hat als Spielertyp keinen wirklichen Backup und für Risse haben wir nur Clemens und Notlösungen. Und das nicht erst seit den beiden Niederlagen zu Saisonbeginn.

Arne: Die Frage ist, ob die Diskussion genauso geführt worden wäre, wenn der effzeh die ersten beiden Spiele gewonnen hätte. Hätte sich Sörensen beispielsweise in der Vorbereitung verletzt, wäre Schmadtke für seinen Weitblick gelobt worden, mit Meré gleich einen Ersatz besorgt zu haben – eine Transferperiode anhand von zwei Ergebnissen zu beurteilen ist in meinen Augen daher kompletter Unsinn.

Auf der nächsten Seite: passende Gelegenheiten und Vergleiche zum “Football Manager”.

“Nur bei passenden Gelegenheiten zuschlagen”

Thomas: Die ersten beiden Niederlagen haben aus meiner Sicht damit recht wenig zu tun. Der Bedarf war ja auch schon während der vergangenen Saison offensichtlich. Und das haben die Verantwortlichen doch ähnlich gesehen: Im letzten Sommer wurde lange an Salif Sanè gebaggert, diesmal war es Mark Uth. Einen Plan B gab es in beiden Fällen offenbar nicht. Und das finde ich angesichts der einmaligen Ausgangslage doch enttäuschend.

Severin: Jetzt lasst den Dom doch mal in Kölle, Jungs und Mädels. Das ist hier nicht der Fußball Manager von EA, sondern das reale Leben. Spieler, die uns klar verstärken würden, sind nicht leicht zu kriegen, auch nicht mit der Europa League im Rücken. Gerade angesichts der horrenden Preise (wer legt bitte für eine Krampe wie Bebou fünf Millionen Euro auf den Tisch?), die aktuell aufgerufen werden, ist es sinnvoll, nur bei passenden Gelegenheiten zuzuschlagen. Und wenn es die nicht gab, dann ist es richtig, Verzicht zu üben. Ich denke aufgrund der letzten Jahre gilt: Keep calm and trust Schmöger.

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

“Die Planung ist fahrlässig!”

Christopher: Ich finde diese Transferperiode noch enttäuschender als die letzte. Um es ganz deutlich zu sagen: wir haben Anthony Modeste durch Jhon Cordoba bei einer sonst praktisch gleich bleibenden Startelf ersetzt. Es wurden fast 20 Millionen Euro in Abwehrtalente investiert, obwohl spätestens seit dem Gerhardt-Abgang eine gewaltige Lücke im zentralen Mittelfeld klafft. Ich halte auch wenig davon, Jonas Hector im defensiven Mittelfeld einzusetzen, weil er da ähnlich wie Philipp Lahm einfach nicht annähernd so stark ist wie als Außenverteidiger. Da es noch genügend Geld gibt, muss ich mich vielen hier anschließen und sagen, dass ich von der sportlichen Leitung extrem enttäuscht bin und diese Planung für fahrlässig halte. Insbesondere weil es dieses Jahr keinen klaren Absteiger gibt, hätten wir positionsbezogen viel stärker nachlegen müssen. Ob wir ein Abstiegskandidat sind, kann man jetzt noch nicht sagen, aber Platz 15 würde ich heute unterschreiben.

Sarah: Gut, einigen wir uns darauf, dass man zwischen dem Einkaufsverhalten Schmadtkes im Sommer und den zwei Niederlagen bisher trennen muss. Kommen wir kurz darauf, was Arne eingangs aufwarf: Das Ergebnis der letzten Saison war sehr schmeichelhaft für den FC und wir haben sicherlich „über unsere Verhältnisse gelebt“. Der Modeste-Abgang schmerzt sportlich und er wird meiner Meinung nach auch nicht im Laufe der Saison zu 100 Prozent zu ersetzen sein. Wir werden in dieser Saison viel weniger Tore machen als letzte Saison, darauf sollten wir uns einstellen. Wenn ich aber wie nach dem HSV-Spiel Pfiffe von der Tribüne höre (und damit meine ich sicher nicht die Südkurve), dann regt mich das maßlos auf.

Pfiffe gegen die eigenen Spieler will ich in unserem Müngersdorf nicht hören und erst recht nicht in der aktuellen Situation. Dass wir uns mit einer verstärkten Defensive gute und vor allem junge Talente geholt haben, ist generell nicht falsch, doch der Druck, auf anderen Positionen nachzulegen – wie dem offensiven Mittelfeld –  erschließt sich auch mir. Aber wie Severin sagt: Man muss auch gucken, was der Markt hergibt. Wenn Schmadtke sich einen backen könnte, hätte er das sicher getan. Ihr seht, ich bin auch etwas ratlos und harre mal der Dinge, die da kommen.

“Stammtisch-Meinungen gehen gegen den Strich”

Martin: Ich muss an dieser Stelle auch mal einwenden, dass mir momentan auch einige Stammtisch-Meinungen ein wenig gegen den Strich gehen. Sätze wie “Warum werden die Talente nicht endlich eingesetzt?”, bei denen ich denke, dass es der Entwicklung von Jungs wie Nartey oder Özcan nicht unbedingt förderlich wäre, nach zwei Auftaktniederlagen plötzlich auf einer Schlüsselposition ins kalte Wasser geworfen zu werden. Was bringen eigentlich diese Stammtisch-Meinungen?

Der Druck, auf anderen Positionen nachzulegen – wie dem offensiven  Mittelfeld –  erschließt sich auch mir. Aber wie Severin sagt: Man muss auch gucken, was der Markt hergibt. Wenn Schmadtke sich einen backen könnte, hätte er das sicher getan. Ihr seht, ich bin auch etwas ratlos und harre mal der Dinge, die da kommen.

Oder dieses “Wir brauchen einen waschechten Zehner”. Kann mir einer auf der Stelle fünf klassische Zehner auf Weltklasseniveau nennen? Nein, weil es die auch bei Real, Barca oder Juve nicht mehr gibt. Wo soll der effzeh plötzlich einen herbekommen? Zumal Osako für mich schon relativ nah an dieses Ideal herankommt. Und zu diesen Meinungen zählt es auch, den effzeh schon jetzt zum Abstiegskandidaten zu erklären, wenn nicht noch mindestens drei Neue kommen. Also einfach mal abwarten.

Auf der nächsten Seite: Klagen auf hohem Niveau und junge Leute in der Hinterhand.

Moritz: Ich halte eine Diskussion auch für verfrüht. Grundsätzlich bin ich aber der Meinung, dass der 1.FC Köln so gut aufgestellt ist wie seit Jahren nicht mehr. Klar, das liegt an den Transfers und Vertragsverlängerungen von Bittencourt, Sörensen und Co, da wurde alles (!) richtig gemacht. Und jetzt wird viel an die Zukunft gedacht. Genau das finde ich richtig. Wenn wir dann in diesem Jahr nur 15. werden, aber in Europa spielen, dann ist das so! Der große Unterschied zu früher ist doch, dass überhaupt an die Zukunft gedacht wird. Ich denke an die Springers und Scherz’, könnt ihr euch noch an diese Kader erinnern? Oder noch grausliger, der zusammengewürfelte Haufen Söldner unter Daum, was waren das für Truppen? Jetzt sind wir jung und haben Potential.

Zwei Dinge, um die uns viele andere Teams beneiden. Zudem ist Peter Stöger unumstritten ein Top-Trainer, die Mannschaft wird noch zeigen, was sie kann. Ein VfB Stuttgart holt Aogo, Badstuber, Beck. Mag sein, dass die alle sofort in der Bundesliga helfen können. Aber ganz ehrlich, da habe ich lieber Özcan, Nartey, Meré und Handwerker in der Startelf.

Foto: Patrik Stollarz/AFP/Getty Images

“Es geht nicht darum, die aktuelle Mannschaft oder die Verantwortlichen schlecht zu reden”

Martin: Da muss ich aber ganz kurz nochmal einhaken, Moritz. Ich bin da grundsätzlich bei dir und setze gerne auf Perspektive. Was ich aber im “realen Leben”, wie Severin es formulierte, auch sehe: der effzeh darf nicht mehr so spielen, als hätte es die Transferperiode nie gegeben. Die ersten zwei Partien sahen noch sehr nach Modeste-Fußball aus, nur eben ohne Modeste. Cordobas Stärken müssen besser ins Spiel gebracht werden, sonst war das viele Geld wirklich in den Wind geschossen. Doch auch dafür benötigt es Zeit.

Thomas: Bevor ihr mich übrigens falsch versteht: Es geht auch aus meiner Sicht keinesfalls darum, die aktuelle Mannschaft oder die Verantwortlichen schlecht zu reden. Ich sehe nur, dass wir eine hervorragende Ausgangslage hatten und daraus in der Offensive aus meiner Sicht zu wenig gemacht haben. Es war letzte Saison nicht alles Gold, was glänzte. Es gibt halt auch in einer Mannschaft, die so erfolgreich zusammenarbeitet wie unsere, Baustellen, die angegangen werden müssen. Das bedeutet aber nicht, dass ansonsten alles schlecht ist – vor allem nicht wegen zweier Niederlagen. Dennoch hätte ich mir gern einen Schuss zusätzliche Qualität gewünscht, um uns für die anstehenden Aufgaben zu wappnen.

Martin: Ja, da kommen wir dann auch auf einen Nenner, Thomas. Vor diesem Hintergrund wollte ich zum Schluss auch anmerken: Schmadtke hat bei etlichen Vereinen gezeigt, dass er aus nichts oder sehr wenig ziemlich viel machen kann und richtig stark darin ist, Struktur in einen Verein zu bringen. Er ist aber noch einen Beweis schuldig, dass er aus viel auch sehr viel machen kann. Und da habe ich auch meine Zweifel, ob das diesen Sommer, wo die Ausgangslage erstmals so stark war, so gelungen ist. Und Zweifel sind durchaus angebracht, Panik jedoch nicht. Kritik ist erlaubt und auch nicht aus der Luft gegriffen, doch wie Severin schon sagte: Keep calm and trust Schmöger.

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