Der 1. FC Köln muss für sich definieren, was er sein möchte: Ein Verein, der zwischen Bundesliga und 2. Bundesliga pendelt, eine sogenannte Fahrstuhlmannschaft? Oder aber ein regelmäßiger Teilnehmer im europäischen Wettbewerb? Wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Wie man es als großer Traditionsverein macht, sich mit nachhaltig guten sportlichen Leistungen wieder in der Bundesliga zu etablieren, demonstriert gerade Eintracht Frankfurt. Auch wenn die Transferpolitik mit vielen ausgeliehenen Spielern zu Beginn für Skepsis sorgte, hat sie mittlerweile die Kritiker verstummen lassen: Der DFB-Pokalsieg und die aktuelle Saison sind Auszeichnung genug für Sportdirektor Fredi Bobic, der insbesondere darauf setzt, junge, entwicklungsfähige Spieler zu leihen oder zu kaufen, um diese dann mit großen Gewinn weiterzutransferieren.
Ein ähnliches Modell könnte auch für den 1. FC Köln interessant werden, da nicht alle guten Spieler, egal welches Potenzial sie haben, auf ewig in Köln bleiben möchten, weil die Lebensqualität in dieser Stadt so hoch ist. Auch im aktuellen Kader stehen analog zum Zweitliga-Jahr 2013/2014, das im Aufstieg mündete, talentierte junge Spieler, die nach den turbulenten letzten Jahren in dieser Spielzeit hoffentlich endgültig zu bestimmenden Figuren werden können. Gegen Schalke rückten vor diese Spieler mit Individualleistungen ins Rampenlicht. Inwieweit diese jetzt für einen langfristigen Trend stehen, wissen wir auch nicht – auffallend waren sie allerdings schon.
Drei Spieler für den Ausbildungsverein
Und wenn man bedenkt, dass Jorge Meré, Salih Özcan und Serhou Guirassy alle noch unter 23 sind und ihren Entwicklungsprozess noch längst nicht abgeschlossen haben, kann man sich nur wünschen, dass sie diese Saison dazu nutzen, zu Leistungsträgern heranzuwachsen und damit wichtige Rollen beim 1. FC Köln einnehmen. Wenn der Wiederaufstieg gelingen sollte, braucht es ein gutes Konstrukt mit der nötigen Mischung aus jungen Kräften und arrivierteren Spielern. Beim Aufstieg 2014 waren Kevin Wimmer, Timo Horn, Yannick Gerhardt und Anthony Ujah, die die (Spiel-)Zeit in der 2. Bundesliga zur individuellen Entwicklung nutzen und danach zum Teil für teures Geld verkauft wurden. Realistisch betrachtet muss dies auch das Ansinnen bei den drei aktuellen Spielern sein, wenn der 1. FC Köln dem erstrebenswerten Status als Ausbildungsverein in der Bundesliga nachkommen möchte.
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Jorge Meré – Gewachsen an seinen Aufgaben
Der mittlerweile 21-jährige Meré zeigte gegen S04 eine extrem starke Partie und war in der Defensive stärkster Kölner. Der Spanier überzeugte insbesondere durch seine Spielintelligenz, die es ihm auffallend oft erlaubte, Situation frühzeitig zu antizipieren und damit Zweikampf und Ball zu gewinnen. Aber auch in der Luft zeigte sich der Spanier souverän und erledigte seine Aufgabe komplett zufriedenstellend. Seine besondere Stärken, die ihn in Zukunft für potente Abnehmer interessant machen können, liegen aber speziell im Spiel mit dem Ball.
Der Kapitän der spanischen U21-Nationalmannschaft ist ein Freund des Spielgeräts und kann dieses mit einem oder höchstens zwei Ballkontakten zu seinem Mitspieler weitergeben. Dass er auch seinen linken Fuß zum Passen benutzen kann, verschafft ihm Vorteile anderen Spielern gegenüber, die vielleicht einen Kontakt mehr brauchen – Meré hingegen erledigt diese Aufgabe meist sehr souverän und konnte gegen S04 sogar teilweise in offensiven Eins-gegen-Eins-Situationen seine Ballfertigkeit unter Beweis stellen. Er ist damit der erste Baustein, der für die Zukunft des effzeh wichtig werden könnte.
Auf der nächsten Seite: Zwei weitere Juwele – Salih Öczan und Sehrou Guirassy.
Der zweite dieser Bausteine ist schon ein wenig länger da, wurde in Köln geboren und ausgebildet und ist dementsprechend ein Kind des Vereins. Auch Salih Özcan ist ein bedeutender Faktor in seiner Jugend-Nationalmannschaft und genau wie Meré Kapitän, in seinem Fall in der deutschen U20-Auswahl. Kölns Nummer 20 ist mittlerweile in seinem dritten Profijahr unterwegs und er deutete an, dass für ihn dieses Jahr ein ganz wichtiges werden könnte. Gegen Schalke 04 zeigte er sich wie so oft extrem lauf- und zweikampfstark, er spielte die Rolle als Achter im halbrechten Raum ebenfalls auffallend gut.
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Während ihm in der Vergangenheit immer ein wenig der erste Kontakt zu schaffen machte, scheint er diese Schwäche in den letzten Wochen und Monaten ein wenig in den Griff bekommen zu haben, sodass er nicht direkt wieder in einen Zweikampf muss, sondern den Ball konstruktiv weiterspielen kann. Sein großer Aktionsradius bringt ihn zwangsläufig in viele Situationen, die er erfolgsstabiler löst als noch in der letzten Saison, als er auch unter mangelnder Absicherung litt. Doch in dem Wissen, dass mit Marco Höger noch ein Sechser hinter ihm agiert, der die Viererkette schützt, kann Özcan seine Kreise ziehen. Gegen Schalke klappte das gut und es ist zu hoffen, dass er diese Leistungen auch in der 2. Bundesliga konstant bringen kann, um in der Zukunft des effzeh eine weitere Säule zu werden.
Serhou Guirassy – Der ungewöhnliche Flügelspieler
Mit Serhou Guirassy in der Startelf hat der 1. FC Köln in dieser Saison noch nicht verloren. Der 22-jährige Franzose hat jetzt zwar nicht überragende Scorer-Statistiken, die ihn als den go to guy in der effzeh-Offensive definieren würden. Mittlerweile scheint er aber mit seiner Rolle als linker Angriffsspieler seinen Frieden gemacht zu haben, obwohl es eigentlich nicht seinem Naturell entspricht. Aufgrund seiner starken Physis schien Guirassy eher der prädestinierte Zentrumsspieler zu sein, aktuell ist aber als inverser Linksaußen unterwegs. Damit bringt er eine andere Dynamik in das Spiel des effzeh als beispielsweise ein Leo Bittencourt, der aufgrund seiner Dribbelstärke und Schnelligkeit Räume bis ins Zentrum bespielte.
Guirassy hingegen kommt weniger über das Tempo, sondern eher über sein betont langsames, aber durchaus effizientes Dribbeln – er schirmt den Ball gut ab und geht geschickt in die Räume, die ihm die Gegenspieler anbieten. Dadurch bindet der Franzose meist mehrere Gegenspieler und öffnet Räume für andere – die muss er dann allerdings auch finden. Man hat den Eindruck, dass ihm dieser Move besser gelingt als noch in der Vergangenheit, als er sich häufiger verzettelte und damit für unnötige Ballverluste sorgte. Es ist ihm zu wünschen, dass er in einem mittlerweile besser funktionierenden Konstrukt weiterhin viel Spielzeit bekommt, um sich als der junge Spieler, der er immer noch ist, weiterentwickeln zu können. Dann nämlich könnte er ein Spieler werden, an den man sich in Köln noch lange zurückerinnern wird – und das nicht nur aufgrund seines Siegtors gegen Arsenal vor etwa einem Jahr.