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Lasse Sobiech im Porträt: Ein erfahrener Hüne im besten Alter – und mit Haltung

Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images

Der 1. FC Köln verpflichtet für die kommende Zweitliga-Saison mit Lasse Sobiech einen im Fußball-Unterhaus erfahrenen Profi – wir stellen den Neuzugang vom FC St. Pauli im Porträt näher vor.

Eine allzu große Überraschung war es nicht mehr, als der 1. FC Köln am Dienstag verkündete, dass Lasse Sobiech der erste Neuzugang für die anstehende Zweitliga-Saison werden würde. Der 27-Jährige hatte bereits vor einigen Monaten bekannt gegeben, dass er seinen Vertrag beim FC St. Pauli nicht verlängern würde – zu diesem Zeitpunkt galt der 1. FC Köln auch schon als Interessent. St. Paulis Sportchef Uwe Stöver hatte es im Winter gar zu seiner “größten Herausforderung” erklärt, Sobiech im Hamburger Stadtteil zu behalten.

Aus fußballerischen und menschlichen Gründen wollte er seinen Führungsspieler halten, was dann aber nicht gelang. Für Sobiech war dies keine einfache Entscheidung: “Ich habe mir über längere Zeit schon ganz viele Gedanken gemacht und sehr viele Gespräche geführt. Wir hatten mehrere Gesprächsrunden, es war alles immer ganz offen”, gestand er dem “Abendblatt”. Nun schließt sich der zweitliga-erfahrene Innenverteidiger also dem 1. FC Köln an, wovon er gehaltsmäßig sicherlich profitieren wird. Der Vier-Jahres-Vertrag wird für Zweitliga-Verhältnisse gut dotiert sein, Sobiech hat also im besten Fußballeralter einen langfristigen Vertrag unterschrieben, der ihn finanziell bestimmt absichern wird.

Der 1. FC Köln bekommt im Gegenzug einen Akteur, der sich in der zweiten Liga nach mehr als 130 Einsätzen bestens auskennt und dort in den letzten Jahren immer zu den Stärksten seines Fachs gehörte. Dadurch, dass Sobiech ablösefrei nach Köln wechselt, kann man Armin Veh für dessen Weitsicht schon gratulieren. Es wird allerdings abzuwarten bleiben, ob Sobiechs Verpflichtung ausreichen wird, um die sportliche und menschliche Lücke, die Dominic Maroh hinterlässt, zu schließen.

Lasse Sobiech: Fußballerisch aufgewachsen beim BVB

Sobiech selbst wurde in Schwerte geboren, spielte ab dem zwölften Lebensjahr für seinen Traumverein Borussia Dortmund, wo er sich im Profibereich allerdings nicht gegen die damals prominente Konkurrenz bestehend aus Hummels, Subotic und Santana durchsetzen konnte. In seine Zeit fällt auch seine wohl kurioseste Verletzung: im Jahr 2011 wurde ihm im Hamburger Hafen durch ein einfahrendes Boot das Bein eingeklemmt, das er nach unten hatte baumeln lassen – Sobiech fiel sechs Wochen aus.

Lasse Sobiech (nicht links oder in der Mitte) | Foto: Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images

Gegenüber dem Portal “Gib mich die Kirsche” sagte er dazu lakonisch: “Das ist eine längere Geschichte. Letztlich musste ich damals sechs Wochen pausieren. Der Einstieg ins erste Seniorenjahr war natürlich nicht optimal. Dadurch hatte ich seinerzeit die ganze Vorbereitung in Dortmund verpasst und damit auch die Chance, mich zu zeigen und damit etwas näher an die Mannschaft heranzurücken.  Aber wer weiß, wofür es gut war. Es war jetzt nichts, was meine Karriere behindert hätte.”

24 Einsätze für Fürth in der Bundesliga

Der 1,96 Meter große Abwehrspieler wurde danach zuerst nach St. Pauli verliehen, wo er damit bei seiner späteren Station bereits im Spieljahr 2011/2012 aktiv war. In der folgenden Saison wurde er zum damaligen Bundesliga-Aufsteiger aus Fürth verliehen, Sobiech brachte es dort auf auf 24 Einsätze und zwei Tore in der Bundesliga. Damit schien Sobiech die Ligakonkurrenz auf sich aufmerksam gemacht zu haben: Der kopfballstarke Innenverteidiger schloss sich dem Hamburger SV an, für den er in der Bundesliga zehnmal auflief.

Auf der nächsten Seite: Warum Sobiech mal eals einer der besten Innenverteider der Bundesliga galt.


Interessanterweise galt Sobiech während seiner Zeit bei der Spielvereinigung als einer der besten Innenverteidiger der Bundesliga – zumindest wenn man Fußballautor Christoph Biermann in seinem neuesten Werk “Matchplan” Glauben schenken darf. Sven Mislintat, damals noch beim BVB tätig, hatte laut Biermann einen Algorithmus entwickelt, auf dessen Grundlage die beste Elf der Saison 2012/2013 festgelegt wurde. Der Algorithmus quantifizierte die Leistungen der Bundesliga-Profis, allerdings ohne sie entsprechend zu relativieren.

In jedem Fall wies er Lasse Sobiech als einen der Top-Innenverteidiger der Bundesliga aus. Dies lag in erster Linie an der sehr defensiven Ausrichtung der Fürther, die ihrem Gegner den Ball und das Feld überließen. Dementsprechend wurden viele Flanken geschlagen, die Sobiech dann aufgrund seiner Statur und Kopfballstärke aus dem Strafraum beförderte. Dem Algorithmus fehlte also die entsprechende Relativierung, Sobiechs Saison war allerdings trotz Abstieg dennoch ordentlich.

Groß gewachsen und neben dem Platz durchaus engagiert

Und damit wären wir auch schon bei seinem Spielstil: Sobiech ist ein groß gewachsener, zweikampfstarker Innenverteidiger, der sich in den letzten Jahren zu einem der konstantesten und besten Spieler seiner Zunft entwickelt hat. Darüber hinaus erhält der 1. FC Köln einen Spieler, dem auch die soziale und politische Komponente seines Berufs zumindest nicht verborgen geblieben ist: Im Jahr 2015 übernachtete Sobiech in einem Flüchtlingszelt und machte damit auf die Situation der Geflüchteten aufmerksam. Die offizielle Seite der Bundesliga zitiert ihn wie folgt: “Ich finde es richtig und wichtig, dass der Verein und wir als Mannschaft dort klare Botschaften und Zeichen nach außen gesandt haben. Außerdem engagieren sich der Club und unser Team für die Flüchtlinge in Hamburg.”

Sobiech im Trikot des HSV (r.) | Foto: Ronny Hartmann/Bongarts/Getty Images

Sobiech ergänzte in Bezug auf die Geflüchteten: “Einfach mal von Ihnen selbst zu hören, was ihre ganz  persönlichen Hintergründe sind, wie die Zustände in ihren Ländern sind, außerhalb von dem, was man in Deutschland mitbekommt. Das war etwas ganz Besonderes und Berührendes.” Und dann sagte er ein paar Sätze, die man in dieser Form sicherlich nicht von allen Bundesliga-Profis zu hören bekommen wird:” Der Fußball kann eine gute Plattform sein, um Botschaften zu vermitteln und damit eine breite Öffentlichkeit zu erreichen. Am Ende müssen aber all diese Botschaften mit Leben gefüllt werden. Jeder kann helfen, jeder kann etwas tun.”

Bemerkenswerte Worte über Homophobie im Fußball

Die Zeitung “Die Welt” traf Sobiech im Jahr 2013, als er noch in Diensten des HSV stand und sprach mit ihm und einem Homosexuellen über das Thema “Homophobie im Fußball”. Sobiechs Worte dazu: “(…) trotzdem muss man ja konstatieren, dass Homophobie im Fußball auch heutzutage noch ein heikles Thema ist. Die Gesellschaft scheint da weiter als Teile der Fußballfamilie zu sein. Ich bin mir sicher, dass jeder Spieler, der über ein Outing nachdenkt, sich sehr wohl bewusst darüber ist, dass es kein einfacher Schritt wäre. Gerade deswegen wäre jede Unterstützung von allen Seiten nur wünschenswert, auch von DFL und DFB.” Bemerkenswerte Worte eines Fußballers, auf den man sich aus dieser Perspektive in Köln dann wohl freuen darf.

Doch auch sportlich dürfte Sobiech, dessen Bruder Joran als Innenverteidiger beim rheinischen Regionalligisten Bonner SC aufläuft, in der zweiten Liga eine sinnvolle Verstärkung sein: In der abgelaufenen Spielzeit zählte er beim “kicker” zu den notenbesten Spielern der Liga, überzeugte trotz der sportliche schwierigen Situation beim FC St. Pauli. Satte 74 Prozent aller Zweikämpfe entschied der Neuzugang des 1. FC Köln in 26 Partien für sich, brachte solide 85,15 Prozent aller Anspiele an den eigenen Mann und erzielte dazu noch drei Tore. Körperliche und charakterliche Präsenz erhoffen sich die “Geißböcke” vom ehemaligen Kapitän des FC St. Pauli. Mit Kopf und Köpfchen – willkommen beim effzeh, Lasse Sobiech!

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