Sieg Nummer fünf in Folge für den 1. FC Köln: Am Montagabend löste die Mannschaft von Trainer Markus Anfang die Aufgabe gegen den 1. FC Magdeburg souverän und gewann mit 3:0. Es war das fünfte Spiel seit der 0:1-Niederlage in Hamburg, seitdem hat der effzeh in fünf Auftritten 21 Tore selbst erzielt und nur zwei kassiert. Neben der Maximalausbeute von 15 Punkten schon beeindruckende Zahlen. Und wenn wir uns an die damalige Zeit recht entsinnen, war man sich bezüglich der Ausrichtung mit zwei klaren Zentrumsstürmern zu Beginn nicht so ganz sicher – mittlerweile zeigt der Tabellenzweite aber konstant ansprechende Leistungen und weist dabei Muster auf, die für das Bespielen und Bezwingen der meisten Gegner in der zweiten Liga absolut zielführend sind.
Ein Blick auf die Zahlen und andere Auffälligkeiten: Der effzeh verzeichnete 18 Torschüsse, von denen zehn aufs Tor der Magdeburger gingen. Der Ballbesitz lag mit etwa 60 Prozent relativ deutlich auf Seiten der Kölner. Gegen Magdeburg war darüber hinaus auch auffallend, wie strukturiert und ruhig der 1. FC Köln insbesondere bei Flachabstößen agiert. Eine entscheidende Rolle kommt dabei Keeper Timo Horn zu, der obwohl bereits einigermaßen erfahren und routiniert, in den letzten Wochen und Monaten einen deutlichen Entwicklungsschritt in der Arbeit mit Andreas Menger und Markus Anfang durchlaufen hat.
Sicheres Aufbauspiel, Horns Pässe und Czichos’ Andribbeln
Anfang verlangt von seiner Mannschaft im Aufbauspiel, dass der Ball zielgerichtet über die Innen- und Halbverteidiger ins Mittelfeld transportiert werden soll. Daher spielt Horn den Ball bei Flachabstößen meist kurz auf Czichos, Meré und Schmitz. Wenn die drei jedoch zugestellt sind, schlägt der Kölner Torwart den Ball im Normalfall nicht blind ins Mittelfeld, sondern gezielt auf einen der Außenverteidiger – gestern waren es Risse und Hector. Zu Beginn des Spiels bereitete Horn auch die erste Chance durch Cordoba mittels eines langen Balles vor, dem Ganzen ging aber eher ein Fehler eines Magdeburger Verteidigers hervor.
Foto: Mika Volkmann/Bongarts/Getty Images
In der Statistik werden diese Bälle dann zwar als “lange Pässe” geführt, weil sie eine Distanz von 20 bis 30 Metern überschreiten, sie folgen aber dennoch einer klaren Struktur und Idee. Gegen Magdeburg war zudem auch auffällig, dass die Kölner Verteidiger in Ballbesitz extrem ruhig blieben und den Ball ruhig und konstruktiv in die nächsten Zonen transportierten. Dazu gehört neben der nötigen Passsicherheit auch das Freilaufverhalten, wenn die erste Pressinglinie überspielt wird und dann ein Raum entsteht. Gegen Magdeburg zeigte insbesondere Czichos, dass teilweise auch das gezielte Andribbeln von freien Räumen für Raumgewinn sorgen kann – Beispiele waren die 19. und 62. Minute, in denen der Innenverteidiger mit Ball am Fuß nach vorne preschte und damit recht einfach über die erste Verteidigungslinie der Magdeburger kam.
Fußball spielen wollen – Anfangs Handschrift ist sichtbar
Mit ihm, Meré und Schmitz scheint Anfang auf diese Weise eine Besetzung in der letzten Verteidigungs- und ersten Aufbaulinie gefunden zu haben, die die vielfach zitierte Pressingresistenz mitbringt und daher auch gegen hoch pressende Gegner Lösungen findet. Diesen Entwicklungsschritt hin zum planmäßigen Aufbauspiel kann man auch unabhängig von den Ergebnissen positiv beurteilen.
Auf der nächsten Seite: Realtaktische Aufstellung, Spielerprofile und eine gute Phase.
Unabhängig von Resultaten und Zahlenreihen wie 4-1-4-1 oder 3-1-4-2 beurteilt auch Kölns Trainer Markus Anfang die jüngste Entwicklung seiner Mannschaft positiv. Im Interview mit dem “Kölner Stadtanzeiger”, das am Tag des Magdeburg-Heimspiels erschien, sagte der ehemalige Kieler: “(…) umgekehrt haben wir schon gegen Duisburg zwanzig Minuten lang in genau der Ordnung gespielt wie jetzt. Deswegen ist es immer schwierig, von Ordnungen zu sprechen. Wir lösen uns davon und fragen stattdessen: Wer bespielt welchem Raum? Über welche Position kommt wer am häufigsten? Welche Spieler wollen wir vorn haben – und wie bekommen wir sie dann in die Position, in der sie torgefährlich sind? Wo auf dem Platz schaffen wir Überzahl?”
markus anfang spricht immer über räume und weniger über zahlenfolgen in einer grundordnung. die realtaktische aufstellung des #effzeh gegen magdeburg verdeutlicht das ganz gut. risses rolle als reiner flügelspieler wird deutlich. pic.twitter.com/dhfrzn9iuQ
— Arne (@steinberg_arne) December 17, 2018
Risse klarer Flügelspieler, Hector rückt ein und vor
Schaut man sich die realtaktische Aufstellung der Partie gegen den Tabellenvorletzten genauer an, fällt auf, dass von der viel zitierten Grundordnung mit drei Verteidigern nicht mehr viel zu sehen ist. Denn die Besetzung der wirklich spielrelevanten Räume erfolgt im dynamischen Spiel sowieso ohne Rücksicht auf vorher abgestimmte Zahlenreihen. Aus dem obigen Screenshot, entnommen von der Webseite “whoscored”, ist ersichtlich, dass Marcel Risse in diesem Spiel seine Rolle weitaus offensiver interpretierte als sein Gegenüber Jonas Hector und eine Symmetrie sowieso nicht erkennbar ist. Über die Gründe dafür lässt sich nur spekulieren: Eventuell fehlt Hector nach seiner Verletzungspause noch ein wenig die Fitness, vielleicht war es aber auch bewusst geplant, mehr über die eigene rechte Seite anzugreifen.
Fast die Hälfte aller Kölner Angriffe lief nämlich über die rechte Seite, auf der Schmitz und Risse zusammen auf mehr als 170 Ballkontakte kamen. Zusammen mit Niklas Hauptmann, der in seinem vierten Startelfeinsatz in dieser Saison den halbrechten Achterraum besetzte, wurde das Spiel des effzeh immer wieder über diese rechte Seite angekurbelt. Hector selbst agiert eher weniger streng als Wing-Back, sondern eher als einrückender spielmachender Außenverteidiger – wenn man diesen Begriff denn einführen möchte. Der Nationalspieler rückte vielfach ins Zentrum und übernahm dort sowohl im Spielaufbau als auch in Abschlusssituationen Verantwortung – auch wenn ihm ein Tor bei zwei sehr guten Gelegenheiten an diesem Tag verwehrt blieb.
Individuelle Qualität als Faustpfand des 1. FC Köln
Interessant ist, inwieweit das Profil eines Akteurs und dessen Interpretation einer Position die Balance im Spiel einer gesamten Mannschaft verändern kann, denn auch trotz der vielfachen taktischen Vorgaben und Einschränkungen können die Fußballer ihre eigenen Stärken und Ideen ins fließende Spiel einbringen. Trotz der Qualitäten von Jannes Horn, die analog zu Marcel Risse auf der rechten Seite speziell bei den Hereingaben liegen, zeigte sich am Montagabend, warum Nationalspieler Hector ein ganz besonders starker Spieler für die zweite Liga ist. Und so ergibt es sich dann auch, dass eine realtaktische Aufstellung in einem Spiel gänzlich anders aussehen kann als im Spiel zuvor.
Wovon der 1. FC Köln in dieser Phase auch profitiert, ist die individuelle Qualität seiner Spieler und insbesondere die Präsenz im gegnerischen Sechzehnmeterraum. Die ersten beiden Tore gegen Ingolstadt entstanden durch Folgeaktionen an Torchancen: Zuerst scheiterte Drexler an Brunst beim 1:0, bevor Cordoba einlochte. Das zweite Tor fiel im Anschluss an eine scharfe Risse-Flanke, die Abwehr des Magdeburger Keepers verwertete Drexler gefühlvoll per Kopf. Dem dritten Tor des 1. FC Köln durch Terodde gingen dann 32 Pässe der Mannschaft voraus, ohne dass ein Magdeburger den Ball berührte.
Dass es beim effzeh momentan läuft, hat natürlich viele Gründe, aber erfreulich zu sehen ist, dass die Mannschaft ihrer Favoritenrolle in dieser Phase gerecht wird – Anfangs Umstellungen und Anpassungen haben dazu ihr Übriges getan, der Fußballlehrer profitiert vom Fundament, das auch in den Phasen gelegt wurde, in denen es nicht so gut lief.