Zumindest aus sportlicher Sicht musste man als Fan des 1. FC Köln vor der Partie gegen Arminia Bielefeld aufpassen, nicht als komplett arrogant abgestempelt zu werden. Aus rein mathematischer Sicht hatte der Aufstiegsaspirant die Idealausbeute aus den letzten drei Spielen zwar geschafft, die spielerische Leistung aus den 270 Minuten gegen Sandhausen, in Aue und in Ingolstadt waren allerdings weniger überzeugend. Nachdem Markus Anfang als Cheftrainer vor diesem Zwischensprint bereits angezählt worden war, überlagerte in der Hinführung zum Heimspiel am 25. Spieltag eher das vereinspolitische Chaos die öffentlichen Diskussionen.
Vielleicht war es auch ganz gut so, denn auf diese Weise konnten sich Mannschaft und Trainer sich deswegen mit ein wenig mehr Ruhe auf das Spiel gegen die Ostwestfalen vorbereiten. Hilfreich war auch, dass im Vergleich zur Vorwoche keine großartigen personellen Veränderungen durchgeführt werden mussten – einzig Rafael Czichos fiel krankheitsbedingt aus und verpasste deswegen das zweite Spiel in dieser Saison. Diese Tatsache sorgte wieder für Personalrochaden beim effzeh: Jonas Hector rückte auf die Czichos-Position in der Dreierkette, Meré übernahm das Zentrum von Geis und Lasse Sobiech spielte als halbrechter Innenverteidiger. Im Mittelfeldzentrum ergab sich beim Tabellenführer der zweiten Liga somit das erste Mal die Konstellation, dass die beiden ehemaligen Schalker Höger und Geis gemeinsam aufliefen.
Bielefeld sehr passiv gegen den 1. FC Köln
Das Offensivtrio Drexler, Terodde und Cordoba komplettierte die Anfang-Elf, in der sich aufgrund der veränderten Anordnungen auch neue Dynamiken ergaben. Das Duo Geis und Höger wechselte sich im Spielaufbau ab, jeweils einer der defensiven Mittelfeldspieler übernahm den Sechserraum, während der andere sich etwas höher im Achterraum aufhielt. Gegen den Ball formierten sich beide dann fast klassisch als Doppelsechs, Drexler rückte daraufhin auch eher ins Zentrum.
Gegen Bielefeld war, so zumindest das plausible Szenario vor der Partie, mit einer laufstarken und körperlich robusten Mannschaft zu rechnen, die den effzeh mit hoher Intensität anlaufen und vor Probleme stellen würde. Darauf deutete auch die Aufstellung der Gäste hin, die mit Klos, Edmundsson und Voglsammer drei Stürmer aufboten – bei den Arminen fehlte aber auch Kapitän Julian Börner, bis dato ein Muster an Zuverlässigkeit. Der Ansatz der Mannschaft von Uwe Neuhaus sah dann vor, in einem klassischen 4-4-2 die spielbestimmenden Akteure des effzeh aus dem Spiel zu nehmen – und um es gleich vorwegzunehmen, der Plan ging nicht auf.
Aufbauspiel in der Raute als Erfolgsfaktor
Am Ende des Spiels kam der 1. FC Köln auf knapp 550 angekommene Pässe, eine Passsicherheit von 90 Prozent war die Grundlage. Die beiden Aufbauspieler Meré und Hector alleine teilten sich mehr als 200 erfolgreiche Zuspiele untereinander auf und passten sich in der Raute (mit Sobiech rechts und Geis/Höger davor) viele Bälle ohne großen Gegnerdruck zu. Das Problem aus Bielefelder Sicht war, dass der Sechserraum nicht aggressiv genug zugelaufen wurde und die erste Pressinglinie meist durch einen Pass überspielt werden konnte. Auf der Sechs konnten dann entweder Höger oder Geis das Spiel eröffnen – so fiel nach etwa einer Viertelstunde auch das 1:0, als Marco Höger den Tiefenlauf von Drexler antizipierte und mit einem langen Ball hinter die letzte Linie den Offensivspieler bediente. Der setzte sich robust gegen Börner-Vertreter Salger durch.
Auf der nächsten Seite: Die Entstehung der weiteren Tore und ein Luxusproblem.
Auch das 2:0 in der 21. Minute entstand aus einer solchen Situation: Geis konnte einen seiner zielgerichteten langen Diagonalbälle spielen, den Clemens direkt weiterverarbeiten wollte – ein Bielefelder Abwehrbein war allerdings dazwischen und es gab einen Eckball, den Geis perfekt auf den Kopf von Simon Terodde brachte. Kurz darauf bediente erneut Höger den agilen Drexler mit einem Heber, im Anschluss traf Terodde zum 3:0 – das Tor wurde aufgrund einer vermeintlichen Abseitsstellung von Drexler allerdings nicht gegeben. Es symbolisierte aber erneut, welche Probleme Arminia Bielefeld an diesem Samstagnachmittag in Köln hatte. Danach nahmen sich die “Geißböcke” eine Auszeit bis zur Halbzeitpause.
Simon Terodde mit den Treffern 24, 25 und 26
Das 3:0 entsprang danach einer beeindruckenden Einzelleistung von Jhon Cordoba, der sich im Laufduell gegen Behrendt durchsetzen und den Ball an Ortega vorbeischieben konnte. Beim vierten Tor war wieder das Muster aus der ersten Halbzeit erkennbar: Geis wurde im Spielaufbau nicht attackiert, spielte ähnlich wie im Heimspiel gegen St. Pauli einen genau getimten Flugball auf Clemens, dessen erster und zweiter Kontakt technisch absolut perfekt waren. Die Hereingabe war es nicht zwingend, rutschte Salger aber durch, sodass Terodde erneut treffen konnte. Durch eine abgefälschte Flanke kam Voglsammer zum 1:4, danach traf erneut Terodde nach einer Geis-Ecke zum 5:1.
Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images
Zwischendurch hatte Terodde noch per Kopf die Latte getroffen und auch Drexler ließ eine gute Chance liegen – er hatte Ortega bereits überwunden, sein Schuss wurde allerdings noch auf der Torlinie geklärt. Die Bielefelder wurden erst nach der 70. Minute ein wenig mutiger und nahmen eher am Spiel teil, Trainer Neuhaus bemängelte danach die hohe Passivität seiner Mannschaft. Interessanter Nebenaspekt: Die letzte halbe Stunde spielte der effzeh erstmals mit der Doppelspitze bestehend aus Terodde und Modeste, auch Schaub kam noch eine Viertelstunde zum Einsatz. Es wird interessant sein zu sehen, wie Modeste und Terodde ihre jeweiligen Rollen ausfüllen können – bereits gegen Bielefeld war ersichtlich, dass es noch einiges an Feinabstimmung benötigen dürfte, um beide nebeneinander spielen lassen zu können.
Die Begleiterscheinungen durch eine gute Leistung weggewischt
Wenn die beiden Top-Stürmer sich auf Höhe der Viererkette aufhalten, ist das erst einmal nicht verboten – wichtig sind dann die Läufe in entgegengesetzte Richtungen, um Lücken und Stress bei der Viererkette des Gegners hervorzurufen. Bei Eintracht Frankfurt funktioniert das in dieser Saison ziemlich gut, Jovic und Haller beispielsweise bewegen sich immer wieder entweder in die Tiefe oder in Richtung eigenes Tor, um eben genau diese Räume zu besetzen und Verwirrung zu schaffen. Mit Cordoba funktioniert das beim effzeh auch, der Kolumbianer agiert meist ein wenig tiefer als Terodde oder Modeste. In jedem Fall aber ist es ein ziemliches Luxusproblem, mit dem sich der effzeh da auseinandersetzen muss. Im Spiel gegen die Arminen fiel es auch noch etwas weniger ins Gewicht, weil die Gesamtleistung überzeugte.
Wir haben sehr mutig verteidigt, waren aggressiv in den Zweikämpfen und fußballerisch ist uns auch vieles gelungen.
Das Fazit von Markus Anfang sah nach dem Spiel dementsprechend positiv aus: “Wir haben mit Geis und Höger zusammen im Zentrum gespielt, weil wir wussten, dass wir an den Leuten dranbleiben müssen. Wir haben sehr mutig verteidigt, waren aggressiv in den Zweikämpfen und fußballerisch ist uns auch vieles gelungen.” Zudem sprach er seiner Mannschaft ein großes Lob aus, weil er ein “richtig gutes Spiel gesehen” hatte. Marco Höger ergänzte: “Heute konnte man sehen, dass niemand die Geschehnisse der letzten Tage zu nah an sich herangelassen hat. Das ist nicht immer einfach bei einem großen Verein, wenn solche Nebengeräusche entstehen.” Nach den jüngsten Begleiterscheinungen vereinspolitischer Natur und den nicht wirklich begeisternden Siegen ist dem effzeh mit dem 5:1 gegen Bielefeld allerdings ein wichtiges Statement im Aufstiegsrennen gelungen.