Zurück zur Aufholjagd oder Bühne frei zur Abschiedstournee? Dem Auftritt des 1. FC Köln bei Eintracht Frankfurt kommt enorme Wichtigkeit zu. Mit SGE-Fan Malisa Pfeifer sprechen wir über die Partie.
Nach dem Rückschlag gegen Dortmund ist vor dem nächsten schweren Gang: Der immer noch akut abstiegsgefährdete 1. FC Köln reist zu Eintracht Frankfurt, die in dieser Saison um den Europapokal mitspielen. Die Hessen leben von einem kampfstarken Kollektiv, von einer taktisch disziplinierten Spielweise. Wir sprechen mit Eintracht-Fan Malisa Pfeifer, die als Journalistin zehn Jahre lang in Köln gelebt hat und aktuell für den Hessischen Rundfunk in ihrer Heimat tätig ist, über den Höhenflug der “Adler”, Publikumsliebling Sebastien Haller und die AfD-Schelte des Eintracht-Präsidenten Peter Fischer.
Für dich ist der Gastauftritt des 1. FC Köln in Frankfurt kein normales Duell, da du lange in Köln gelebt hast. Wie steht es um deine Sympathien am Samstag?
Ich gestehe, dass am Samstag zwei Herzen in meiner Brust schlagen – zum einen trage ich den Adler im Herzen, immer und überall. Zum anderen ist mir der effzeh sehr ans Herz gewachsen in meiner Kölner Zeit. Im Zweifel fällt mein Jubel, sollte die Eintracht ein Tor schießen, nicht ganz so laut aus wie sonst. Und im Umkehrschluss gönne ich den Kölnern auch ihre Tore. (Einen Sieg aber dann doch nicht, soweit geht meine Sympathie für die Geißböcke nicht.)
Unter der Woche ist die Eintracht im Pokal verdient ins Halbfinale eingezogen. Könnte die Englische Woche ein Vorteil für uns sein?
Früher, unter Armin Veh (Glückwunsch beziehungsweise Beileid übrigens) wäre das ein Riesenvorteil für den effzeh gewesen. Da ließ die Fitness der Eintracht einiges zu wünschen übrig, wahrscheinlich würden die meisten Spieler schon nach der ersten Hälfte auf dem Zahnfleisch gehen. Aber Kovac ist ein kleiner Treiber, der macht Felix Magath Konkurrenz und lässt die Jungs ordentlich laufen. Die Mannschaft wirkt ziemlich fit – für Frankfurter Verhältnisse jedenfalls – und ist, glaube ich, seit dem langerhofften Heimsieg gegen Gladbach und jetzt dem Pokalspiel echt ordentlich angefixt. Und sie kennen die Stimmung bei uns im Waldstadion, die haben Bock drauf, hier noch mal zu gewinnen.
Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images
Insgesamt spielt Frankfurt eine richtig starke Saison – da macht das Fansein doch bestimmt aktuell richtig Spaß, oder?
Einerseits ja, aber anderseits macht einen dieser Verein echt fertig. Ich lebe ja in ständiger Angst, dass es schon zum nächsten Spiel wieder bergab gehen könnte – so wie gegen Augsburg. Das war mies, ganz mies, das Spiel tat echt weh. Und genau so holt einen die Eintracht immer wieder auf den harten Boden der Tatsachen zurück. Wenn ich eines gelernt habe in den vergangenen Jahren, dann kleine Brötchen backen, bloß nicht träumen und keine Höhenflüge wagen. Aber klar, ich feier die Jungs gerade schon tierisch ab! Alter, Rebic die Granate. Und Haller. Und – oh Gott oh Gott oh Gott – Europa ist fast zum Greifen nah!
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Auffällig: Ihr seid auswärts bärenstark, aber zuhause klappt es noch nicht so ganz. Woran liegt die Differenz zwischen den Auftritten?
Wie gesagt, nach dem Spiel gegen Gladbach habe die Jungs auch zuhause wieder Blut geleckt und ich hoffe, dass sich die Serie von zwei Heimsiegen weiter fortsetzt. Chandler hat ja mal mit Augenzwinkern gesagt, dass die Fans zu Hause zu laut sind. Glücklicherweise kommen die Spieler der Eintracht damit klar und bekommen nicht, wie so manch Leipziger Star, Kreislaufprobleme, weil die Fans zu laut sind. Spaß beiseite: So richtig kann sich das keiner erklären, woher die Heimschwäche kommt. Vielleicht ist es das typische „zu viel wollen“, das baut Druck auf und dann klappt es eh nicht. Ich weiß es auch nicht.
Dieser Verein macht einen echt fertig. Ich lebe ja in ständiger Angst, dass es schon zum nächsten Spiel wieder bergab gehen könnte – so wie gegen Augsburg. Das war mies, ganz mies, das Spiel tat echt weh. Und genau so holt einen die Eintracht immer wieder auf den harten Boden der Tatsachen zurück.
Am Wochenende habt ihr den Sprung auf Platz zwei verpasst. Warum reicht es noch nicht zum großen Höhenflug bei der Eintracht?
Das ist gefühlt eine reine Kopfsache. Das hat man gemerkt, die Spieler sind zum Teil zu lax in das Spiel gegangen, die waren im Kopf schon irgendwo in Europa unterwegs. Und konnten es nicht fassen, dass Augsburg sie komplett überrannt hat und sich auf das Spiel der Eintracht eingestellt hatte. Glücklicherweise hat der Warnschuss gewirkt und die Eintracht war am Mittwoch gegen die Clowns aus Mainz wieder wach und mit dem Kopf auf dem Platz.
Foto: Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images
Niko Kovac macht unfassbar gute Arbeit bei Euch – und soll sogar im Fokus der Bayern stehen. Traust du ihm das zu?
Ich hoffe so sehr, dass er bleibt. Und glaube auch, dass er auf jeden Fall seinen Vertrag erfüllen wird und bis 2019 bleiben wird. Dazu ist er in meinen Augen zu sehr Ehrenmann, um Vertragsbruch zu begehen und sich früher davonzustehlen. Er hat das ja auch bei Spieler angeprangert und findet das Verhalten (siehe Aubameyang und Konsorten) nicht ok. Klar traue ich ihm zu, dass er auch bei den Bayern gute Arbeit machen würde, er hat ja auch den für UIi Hoeneß so wichtigen FC-Bayern-Stallgeruch. Aber er muss sich dort mit anderen Größen messen und das könnte schwer werden, weil er da ja auch mit anderen Spielertypen zu tun haben und andere Bedingungen vorfinden wird. Hier in Frankfurt hat er eine Menge Einfluss und kann viel nach seinem Gusto einrichten und schalten und walten. Die Eintracht lässt ihm einen Menge Freiheiten und hat viel nach seinen Wünschen verändert, das Regime ist härter geworden. Das alles müsste er bei den Bayern wieder abgeben und bei Null anfangen. Ich weiß nicht, ob er da so Bock drauf hätte.
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In der Fairplay-Wertung steht ihr allerdings am Tabellenende. Ist die Eintracht etwa eine Tretertruppe?
„Ist die Eintracht etwa eine Tretertruppe?“ – hattest Du was anderes erwartet? Wir waren schon immer ein wenig rüpelhafter unterwegs – klar sind wir eine Tretertruppe. So Typen wir Rebic oder vor ein paar Jahren Zambrano: Sowas ist Eintracht, das brauchen wir Fans und das belebt das Spiel auch ein wenig. Die Liga ist eh viel zu weich und jammerig geworden, alle paar Meter lässt sich irgendwer fallen oder steht impulsiv auf. Das nervt und macht das Spiel kaputt. Es sollte entschieden mehr alter englischer Treterfußball gespielt werden und nicht mehr so theatralisches Balletösen-Gedöns.
Beeindruckend ist auf jeden Fall die Transferpolitik in Frankfurt. Schon wieder habt ihr eine No-Name-Truppe zusammengebastelt und zum Funktionieren gebracht. Der richtige Weg aus deiner Sicht?
Der absolut richtige Weg. Anders geht es auch finanziell gerade bei der Eintracht gar nicht. Und erstaunlicherweise machen Bobic und Konsorten das ziemlich gut mit den Mitteln, die zur Verfügung stehen. Ich sag nur Haller! Der Junge ist der absolute Kracher und hat verhältnismäßig wenig gekostet. Gut, er ist der teuerste Eintracht-Spieler, aber im Liga-Vergleich waren die gemunkelten sieben Millionen ja nur Peanuts. Und dass wir Rebic und Wolf letztendlich gekauft haben, ist auch einfach der Knaller. Wie gesagt: Für eine Mannschaft, die vor zwei Jahren noch Relegation gespielt hat und auch sonst immer tendenziell eine (unteres) Mittelfeld-Mannschaft war, ist das der einzig richtige Weg. Mit den ganzen Großen könne Vereine wie die Eintracht oder auch der effzeh, trotz der Modeste-Millionen, eh nicht mithalten. Und was soll der ganze Transfer-Wahnsinn überhaupt? Das will mir eh nicht in den Kopf. Aber das ist eine andere Geschichte, das Fass mache ich jetzt nicht auf.
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Wie du auch gesagt hast: Ins Auge sticht bei der Eintracht vor allem Sebastien Haller, der in vorderster Front überzeugt und auch das Hinspiel gegen den effzeh entschieden hat. Ist er auf dem besten Wege zum Publikumsliebling bei der Eintracht?
Ein Kumpel von mir hat den wunderbaren Hashtag #HallerALLER geprägt, der mittlerweile Standard für SGE-Fans ist und es sogar ins Eintracht.-Magazin geschafft hat. (Grüße! an dieser Stelle.) Der sagt ziemlich viel über den Stand von Haller bei den Fans aus. Wir lieben ihn. Er ist ein durchaus guter und würdiger Ersatz für AMFG. Von Nachfolger will ich nicht reden, dann an den Fußballgott kommt keiner ran – das ist in meinen Augen nur Alex Meier. Aber Sebastian Haller ist auf einem guten Weg dahin und die Leute feiern ihn. Aber die Leute feiern auch den kompletten Kader. Weil die Mannschaft einfach geil ist.
Foto: Alex Grimm/Bongarts/Getty Images
Ein anderes Thema, das derzeit rund um die Eintracht diskutiert wird, sind die Anti-AfD-Kommentare eures Präsidenten Peter Fischer. Wie stehst du dazu – und wie werden die Äußerungen in Frankfurt aufgenommen?
Die Wiederwahl von Peter Fischer mit 99 Prozent spricht da ja Bände – jedenfalls, was die Fans betrifft. Hier sind alle stolz auf Fischer, aber das waren wir auch schon vorher. Er ist ein schillernde Figur, die sich schon immer stark auf die Seite der Fans, vor allem der Ultras, gestellt hat. Und das feiern hier viele. In der Stadt Frankfurt kamen Fischers Äußerungen auch sehr gut an, wurden extrem positiv aufgenommen. Die AfD hat es in Frankfurt aber eh schwer, denn wir sind eine sehr bunte Multikulti-Stadt, die von Immis lebt und vor allem profitiert. Der Frankfurter kennt das doch gar nicht anders. Und ich feier Fischer eh für seine Äußerungen und die Eintracht und ihre Fans für ihr Engagement und Weltoffenheit. Dafür liebe ich meine Stadt sehr. Wirklich sehr.
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Zum Abschluss: Attila oder Hennes – wer hat am Samstag Grund zum Jubeln?
Leeven Jungs, dat kann ich nicht beantworten, da bin ich abergläubisch… Gönnen würde ich es beiden Vereinen und eines noch zum Schluss – ich will den effzeh nicht verlieren, sondern bitte bitte in der ersten Liga behalten. Also strengt euch mal an. Aber nicht unbedingt gegen meine Eintracht.