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Kölner Fans boykottieren Montagsspiel in Bremen: Keine Klagen, bitte!

Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Teile der Kölner Fanszene boykottieren das Montagsspiel in Bremen, was der 1. FC Köln immerhin respektiert – einige Fans haben für die Entscheidung der Fanszene weniger Verständnis, beklagen sollten die sich aber lieber bei Clubs und DFL. Ein Kommentar.

Irgendwann im Jahr 2015 brütete Christian Seifert in Frankfurt über einem neuen TV-Vertrag für die Bundesliga. Und natürlich: Der Chef der Deutschen Fußball-Liga (DFL) machte sich Gedanken, wie er noch einmal deutlich mehr Geld für die TV-Lizenz der deutschen fußballerischen Crème de la Crème bekommen könnte. Die Milliardenmarke, sie sollte doch bitte auch endlich in Deutschland fallen. Was wünschen sich die TV-Sender also?

Na klar: Dass sich ihre teuer eingekauften Produkte nicht selbst kannibalisieren. Je mehr der wertvollen Spiele also gleichzeitig, zum Beispiel samstags um 15:30 Uhr stattfinden, desto schlechter lassen sich die einzelnen Begegnungen im TV an den Kunden bringen. Einzelspiele sind es, die gute Quoten und volle Aufmerksamkeit garantieren. Und bewerben kann man die ebenfalls ganz prächtig – vor allem wenn man sie exklusiv im Programm hat. All das weiß auch Christian Seifert.

So entsteht damals ein TV-Vertrag, der die traditionellen Anstoßzeiten der Bundesliga deutlich aufweicht – zugunsten der mächtigen Fernsehkonzerne, die um die Lizenzen buhlen. Das Ergebnis kennen wir mittlerweile alle: Statt nur noch auf „Sky“ läuft die Bundesliga nun auch auf „Eurosport“ – und zwar immer freitags, bei jedem der neu eingeführten Montagsspiele und auch bei ein paar merkwürdigen Sonntagmittag-Partien.

Montagsspiele sind reine Fernsehspiele

Und auch wenn „Eurosport“ seine Sache inhaltlich besser macht als der ehemalige Monopolist namens „Sky“: Für den Fußballfan bedeutet der neue Spielplan mehr Ausgaben und mehr Komplikationen – selbst wenn er “nur” ein reiner TV-Zuschauer sein mag. Ein Abonnement reicht nicht mehr aus, um alle Spiele des eigenen Clubs verfolgen zu können.

effzeh-Fans in London – an einem Donnerstag | Foto: Dan Mullan/Getty Images

Richtig bitter traf es aber diejenigen Anhänger, die gerne alle Spiele ihres Vereins im Stadion besuchen wollen. Selbst der späte Sonntagnachmittag-Termin ist bei weit entfernten Gegnern für Auswärtsfahrer oft schon eine richtige Tortur, Spiele an einem Montagabend auswärts zu verfolgen, erscheint für einige nun ganz und gar unmöglich.

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Gerade diese neuen Montagsspiele treffen die Auswärtsfans mit Abstand am härtesten: Um 20:30 Uhr soll angepfiffen werden. Für Kölner Anhänger, die das Spiel am 26. Spieltag in Bremen besuchen wollen, bedeutet das – wie man es auch dreht und wendet – mindestens einen halben Urlaubstag für den Besuch des Spiels einplanen zu müssen. Und selbst das wäre nur etwas für Leute, die gerne nachts reisen und mit Schlafmangel am nächsten Tag gut klar kommen.

Anreise ohne Urlaubstag quasi unmöglich

Anders ausgedrückt: Spiele am Montagabend sind, da hilft auch keine Frankfurter Nebelkerze, man wolle damit eigentlich die Europapokal-Clubs entlasten, im Grunde reine Fernsehspiele – und auch so gedacht. Die Überlegung bei Verband und Sendern ist simpel: Am Wochenende sind Menschen aktiver, am Montag arbeiten sie dann wieder und sind abends dementsprechend wenig unternehmungslustig: Was gibt es da besseres als Bundesliga-Fußball auf der Couch?

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Clubs waren für den neuen TV-Vertrag

Dass nun viele Fangruppen landesweit diesen Plan zu durchkreuzen versuchen, indem sie nicht die für die Bundesliga so typische Stadion-Atmosphäre auch am Montag liefern, ist legitim. Es sind schließlich genau die aktiven Fanszenen, die gewöhnlich bei allen Spielen ihren Verein im Stadion unterstützen, diese Vorgabe Spieltag für Spieltag konsequent erfüllen – und nun durch den neuen Spielplan in diesem Anliegen massiv behindert werden. Wer will es ihnen verübeln, für ihre Sache einzutreten?

Die Clubs können sich übrigens ebenfalls nicht beklagen: Gegen den neuen TV-Vertrag inklusive neuer Rekordeinnahmen hatten sie damals alle nichts einzuwenden. Beim 1. FC Köln weiß man das. Man “respektiere” die Entscheidung der eigenen Anhänger, erklärt Alexander Wehrle. Man wolle außerdem bei der nächsten Vertragsrunde mit der DFL noch einmal über den Montagstermin sprechen, führte der Kölner Geschäftsführer aus.

Überschwängliche Unterstützung für das Anliegen der Fans sieht zwar anders aus. Am Geißbockheim macht man aber wenigstens keinen Hehl daraus, dass man seinerzeit für die Einführung der Montagsspiele gestimmt hat. Der Hauptgrund, so erklärt es Wehrle, sei die Entlastung der Europapokal-Teilnehmer gewesen.

Foto: Friedemann Vogel/Bongarts/Getty Images

Ein edles Motiv, aber schon wieder hinfällig: Als die Kölner in der Hinrunde Entlastung durch Montagsspiele hätten brauchen können, hatten sie keines. Jetzt haben sie es, sind aus dem internationalen Geschäft aber bereits ausgeschieden. Bremen hat mit Europapokal-Spielen in diesem Jahr ohnehin nichts zu tun gehabt.

Fernsehgeld im Zweifel wichtiger als Unterstützung

Und so, das sagt zwar keiner offen und deutlich, ist in Köln wie überall sonst das Fernsehgeld im Zweifel wichtiger als die Unterstützung der Anhänger vor Ort. Das klingt unromantisch und traurig, ist aber die Realität. Dass die Fans keine Montagsspiele wollen, war schließlich schon bekannt, als Christian Seifert über dem neuen TV-Vertrag brütete – und die Clubs ihm später zugestimmt haben. Angesichts dessen nun darüber zu klagen, dass manche Fans dieses Spielchen nicht mehr mitspielen wollen, wäre also überaus dreist. Alexander Wehrle hat das glücklicherweise verstanden.

>>>1. FC Köln zum Montagsspiel-Boykott in Bremen: „Wir respektieren das“

Derzeit fühlen sich allerdings einige Kölner Anhänger dazu berufen, sich über die Entscheidung der Ultra-Gruppen so lautstark zu mokieren, als gäbe es ein natürliches Recht auf die Unterstützung der aktiven Fanszene. Das gibt es natürlich nicht. Und dass Menschen für ihr Anliegen eintreten, ist grundsätzlich begrüßenswert. Das müssten die Kritiker, die nun bedingungslosen Support einfordern, doch konsequenterweise genau so sehen.

Man kann sie dann in Bremen also vermutlich prima im TV bewundern, während sie im kaum gefüllten Auswärtsblock den 1. FC Köln im Abstiegskampf in Bremen so konsequent unterstützen, wie man das von den nun ausnahmsweise mal streikenden Ultra-Gruppen gewohnt ist. Vorausgesetzt natürlich, man hat ein “Eurosport”-Abo und schaut zu.

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