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Aufbruch statt Abfuck: Fünf Gründe, warum Heldt und Gisdol unsere Unterstützung brauchen

Fotos: Friedemann Vogel/Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

1) Horst Heldt ist nicht Armin Veh

Aus Fehlern lernen. Das wird die Aufgabe von Horst Heldt sein. Auch aus den Fehlern seines Vorgängers. Denn es gibt gewisse Parallelen beim Amtsantritt der beiden Manager. Auch Armin Veh schlug von Beginn an ein Gegenwind aus Vorurteilen entgegen. Sein Umgang damit war einer, der viele davon bestätigte: Armin Veh war und blieb Armin Veh. Der Mann, der im Fußballgeschäft schon alles erlebt und gesehen hat, der sich selbst als Fels in der Brandung sieht und ohnehin weiß wie der Hase läuft – die Außenwirkung seiner Äußerungen hat er dabei in der Medienstadt Köln so sicher nicht immer einkalkuliert.

Auch Horst Heldt gilt als erfahren im Umgang mit Medien und einer größeren Öffentlichkeit. Doch sein Auftritt auf der Antrittspressekonferenz gibt durchaus Grund zur Hoffnung. Anders als Armin Veh hat Horst Heldt eine persönliche Beziehung zu Köln und zum wichtigsten Fußballclub der Region. Heldt kennt den Stellenwert, den der Fußball rund um den effzeh in und um Köln hat. Und anders als Armin Veh spürt er sie selbst, diese magische Anziehungskraft der glorreichen 1. FC Köln.

Horst Heldt präsentiert sich sofort so, wie ihn so mancher vielleicht eben nicht erwartet hat – und macht es damit auch gänzlich anders als Armin Veh. Heldt erwähnt die Gremien des Clubs gleich zu Beginn positiv, findet lobende Worte zum langwierigen Auswahlprozess inklusive Headhunter. Heldt äußert sich dankbar, demütig, nüchtern und doch klar. Er wolle „Ideen gemeinsam entwickeln, wie wir zu einer Gemeinschaft werden.“ Horst Heldt ist der Teamgedanke wichtig. Das war bei Armin Veh so nie zu spüren. Na, dann packen Sie es an, Herr Heldt!

2) Ein Trainer mit Feuer

Foto: Lukas Schulze/Bongarts/Getty Images

Achim Beierlorzer hat nur neun Tage nach der Demission beim effzeh einen neuen Club gefunden. Was zeigt das? Man muss das nicht als Armutszeugnis für den effzeh lesen, man kann es ganz einfach darauf reduzieren, dass Beierlorzer als ausgezeichneter Trainer gilt, dem eine gute Rolle in der Bundesliga zugetraut wird. Spielidee hin oder her. Denn zum Ende seiner kurzen Amtszeit in Köln hieß es plötzlich, der Kader passe nicht zum Stil Beierlorzers. Das wäre dann aber auch dem bislang nicht sonderlich in der Kritik stehenden Frank Aehlig und natürlich Armin Veh anzulasten. Nun ja, worum es mir geht: Beierlorzer ist daran gescheitert, dass er in Köln seine Spieler nicht bedingungslos hinter sich versammeln konnte. Es war kein Feuer drin. Dieser Trainer und diese Mannschaft, das hat am Ende nicht hingehauen. Und das war weniger an taktischen Mängeln oder fehlerhaftem Spiel abzulesen.

So etwas verzeihen wir in Köln, wir kennen es nicht anders. Was wir aber sehen wollen, sind Einsatz, Kampf, Wut, bedingungslose Bereitschaft, die Grätsche auch in der aussichtslosesten Situation noch auszupacken. Ja, auch ich goutiere einen die Abwehr zerschneidenden tödlichen Pass. Aber was ich von jedem Spieler des 1. FC Köln verlange ist, dass er sich für dieses Trikot zerreißt. Und genau das hat der sympathische Inbegriff eines Fußballlehrers namens Beierlorzer so nicht hinbekommen.

Nun also Markus Gisdol. Und ja, warum nicht Markus Gisdol? „Er hat uns bei seiner Vorstellung mehr als überzeugt. Er brennt für diese Aufgabe.“ Diese Worte wählte Vorstandsboss Werner Wolf. Und diese Worte geben mir Hoffnung. Denn wir brauchen einen, der brennt. Wir brauchen einen Trainer, der dieser Mannschaft zeigt, wo es langgeht und ihr klar macht, dass Kämpfen keine Option, sondern eine Grundvoraussetzung dafür ist, um in den Kader zu kommen. Und wenn das bedeutet, dass namhafte Spieler draußen bleiben, dann traue ich Markus Gisdol zu, dass er diese Entscheidung durchsetzt.

Die Gründe drei bis fünf lest ihr auf der nächsten Seite…

3) Mir stonn zesamme

Nicht nur Heldt, sondern auch Gisdol betonten in der ersten Pressekonferenz das „Wir“. „Wir müssen das zusammen angehen“, hieß es bei Gisdol, so ähnlich klang es bei Heldt. Und das zeigt eines ganz deutlich: von außen betrachtet, denn beide kommen von außen, hat dem effzeh zuletzt das Wir-Gefühl gefehlt. Und das ist eine sehr richtige und sehr wichtige Analyse. Dass Gisdol trotzdem betont die Arbeit gewissenhaft und grundlegend anzugehen, klingt nach einer Selbstverständlichkeit.

Nur: Wenn du mit einem vor der Saison von allen Experten als mindestens ordentlich eingestuftem Kader plötzlich wieder auf einem Abstiegsplatz stehst, dann fehlt es womöglich gerade an Selbstverständlichkeiten. Eine davon ist, dass der 1. FC Köln zusammenhält. Nichts ist größer als der Verein. Diese Lektion Nummer 1 sollten so langsam alle gemeinsam mal wieder verinnerlichen. Nur so können wir die Mannschaft auch wieder zu Erfolgen brüllen.

4) Nörgeln nicht um des Nörgelns willen

Foto: Sascha Steinbach/Bongarts/Getty Images

Was dafür aufhören muss, ist das ständige Nörgeln. Jede Entscheidung, sei es eine Aus- oder Einwechslung, sei es die Entscheidung einen Headhunter zu engagieren oder letztlich die Personalentscheidung pro Heldt und Gisdol, jede Entscheidung wurde sofort kritisiert. Mehr noch: die Kritik war schon allgegenwärtig, bevor die Entscheidung überhaupt getroffen wurde. Und ja, Mitbestimmung ist immens wichtig. Das ist so und ich bin froh, dass der 1. FC Köln mittlerweile eine Struktur hat, in der zumindest mehr Mitbestimmung seiner Mitglieder und Fans möglich ist. Das bedeutet aber eben nicht, dass man jede noch so winzige Entscheidung der Menschen, die diesen Club führen, ständig in Zweifel ziehen muss. Ja, das Ausplaudern von Interna muss aufhören. Das gilt für alle Seiten. Aber vor allem ist es an der Zeit endlich mal aufhören zu nörgeln. Der Vorstand ist raus, es ist ein neuer Vorstand da – gebt ihnen die Chance zu zeigen, warum sie gewählt wurden.

Veh ist raus, Horst Heldt ist da – gebt ihm die Chance, zu zeigen, was er mit „Herzensangelegenheit“ meint, gebt ihm gerne mit auf den Weg, dass es auch für alle von uns eine Herzensangelegenheit ist, sonst wären wir längst nicht mehr dabei – mit rationalem Verhalten ist das ja nicht zu erklären. Aber hört auf ihn schon in eine Ecke zu schieben, bevor er überhaupt begonnen hat, für den geilsten Verein der Welt zu arbeiten. Gebt auch dem neuen Trainer eine Chance. Nein, wir sind nicht spürbar anders, egal was die Marketingexperten uns da einreden wollen. Von Kontinuität sind wir so weit entfernt wie eh und je. Aber den alten Trainer vom Hof jagen und dann den neuen als dritte Wahl abstempeln kann jeder. Wie wäre es mit ein wenig Unterstützung? Auch Markus Gisdol muss beim effzeh Erfolg haben, sonst ist seine Trainerkarriere wohl endgültig in einer Sackgasse. Muss das aber etwas Schlechtes sein? Los, Trainer, an die Arbeit. Wir sind am Samstag um 18:30 Uhr wieder da.

5) Anderer Blick auf die Entscheidungsfindung

Zuletzt noch ein kurzer Gedanke zum Entscheidungsprozess, denn auch der steht direkt wieder in der Kritik. So ist das eben in Köln. 27 Tage Manager-Suche sind zu lang, ein Trainer nach dem anderen sagt ab, Heldt wird es nicht, dann wird er es doch. Wie wäre es denn mit dieser Sichtweise: Es ist so wenig Wasserdichtes nach außen gedrungen im Prozess der Entscheidungsfindung, dass aus Gerüchten im Wartestand zunehmend Fakten wurden, von denen womöglich nicht alle auch Fakten waren. Das könnte umgekehrt auch bedeuten, dass hier im Hintergrund endlich mal in Ruhe und gründlich gearbeitet wurde. Ein Profil erstellen, einen Headhunter engagieren, ja, das klingt gewöhnungsbedürftig in einem von Emotionen geprägten Arbeitsumfeld. Nur: Ist das verkehrt?

Ich fände es extrem positiv, wenn wir nicht nur einen Manager- und einen Trainerkandidaten in der engeren Auswahl hatten. Doch am Ende hat man sich für zwei der Kandidaten entschieden, nach einem für die Beteiligten nachvollziehbaren Prozess und mit dem Ergebnis, dass beide Personalien zeitgleich in Ruhe vorgestellt wurden. Spricht für mich nicht für eine Panik-Entscheidung, sondern für ein sachliches und intensives Vorgehen. Einem Vorgehen mit Plan. Mensch, dat wäre ja mal wat!

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