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Rückblick auf die Saison des 1. FC Köln (4): Spinners Abgang und viele interne Querelen

Damals noch ganz freundschaftlich: Markus Ritterbach und Werner Spinner | Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

>>> Saisonrückblick (1): Top aufgestellt in der falschen Liga
>>> Saisonrückblick (2): Vorentscheidung bei der Mitgliederversammlung
>>> Saisonrückblick (3): Sportliche Pflichterfüllung ohne Kür

Dass diese Saison des 1. FC Köln für alle Beteiligten so anstrengend war, lag auch daran, dass nicht immer das Sportliche im Vordergrund stand. Die Schwierigkeiten, die der Aufstiegsaspirant ab und an auf dem Feld hatte, wurden zum Teil deutlich davon überlagert, dass es in den verschiedenen Gremien und bei Entscheidungsträgern  Ärger gab. In dieser Saison gipfelten die Konflikte in einer turbulenten Mitgliederversammlung, die in einer schallenden Ohrfeige für das amtierende Präsidium endete, und im Rücktritt von Werner Spinner an Aschermittwoch.

Spinner war im Jahr 2012 zusammen mit Markus Ritterbach und Toni Schumacher angetreten – das Ziel lautete, den Verein zu vereinen. Durch solides wirtschaftliches Arbeiten und die konstruktive Zusammenarbeit von Jörg Schmadtke und Peter Stöger im sportlichen Bereich schaffte es der 1. FC Köln, sich innerhalb von fünf Jahren nach Amtsantritt des Vorstandes für die Europa League zu qualifizieren. Im Hintergrund arbeitete Alexander Wehrle als Geschäftsführer an der finanziellen Gesundung des Vereins.

Viel Konfliktpotenzial zwischen Vereinsführung und Mitgliedschaft

Bekanntermaßen brach die Koalition zwischen Stöger und Schmadtke im Zeitpunkt des Erfolges, ein beispielloser Niedergang folgte – an diesem war auch der Vorstand nicht unbeteiligt. Fehlende Kontrollmechanismen, zu viel personengebundenes Wissen und persönliche Eitelkeiten sorgten für eine fehlende Wettbewerbsfähigkeit des 1. FC Köln. Unterdessen verschlechterte sich das Verhältnis zwischen Vorstand und aktiver Fanszene unabhängig von den sportlichen Entwicklungen: ein wenig respektvoller Umgang mit einer Mitgliederinitiative, fragwürdige Aussagen und Projekte in Bezug auf das Land China und eine überwiegend diffuse Haltung zum Thema Stadion sorgten für viel Konfliktpotenzial.

Die Fans, die den Abstieg in der Vorsaison eher stoisch ertrugen und den Niedergang eher schunkelnd als protestierend verfolgten, mussten sich dann auf der Saisoneröffnung anhören, dass der 1. FC Köln bestens aufgestellt und die Frage nach der Rückkehr in die Bundesliga eigentlich keine sei – das sollte schon klappen, so der Tenor der Verantwortlichen. Durch Vertragsverlängerungen mit Publikumslieblingen wie Timo Horn und Jonas Hector war das Kölner Publikum zwar besänftigt, aber immer noch einigermaßen kritisch. Ein nächster Höhepunkt aus vereinspolitischer Hinsicht war dann die Mitgliederversammlung im Oktober, zu der mehr als 6000 Mitglieder kamen. In mehr als sieben Stunden wurde um die Zukunft des 1. FC Köln gerungen – nicht immer nett, nicht immer freundlich, aber durchaus konstruktiv.

Foto: Sebastian Bahr

Für den amtierenden Vorstand endete dieser Abend mit einer krachenden Niederlage: Satzungsänderungsanträge waren abgeschmettert worden, am Ende bestand das Team des neu gewählten Mitgliederrats überwiegend aus vorstandskritischen Mitgliedern. Das war insofern wichtig, weil das Gremium das Vorschlagsrecht für das Vorstandsteam besitzt – im September 2019 wird beim Kölner Traditionsverein neugewählt.

Der Veranstaltung waren mediale Kampagnen vorausgegangen, deren Höhepunkt eine Äußerung von Armin Veh darstellte. Der Geschäftsführer bezeichnete Stefan Müller-Römer, den Vorsitzenden des Mitgliederrats, und sein Gremium als “Vollamateure”. Dass Veh nicht davor zurückschreckt, in der Öffentlichkeit einen Streit vom Zaun zu brechen, erkannte die Öffentlichkeit dann wieder im März.

März: Veh sorgt für Spinner-Rücktritt

„Es gibt für mich ein Problem innerhalb des Vereins“, sagte der 58-jährige Geschäftsführer nach einem 2:1-Erfolg gegen den Ingolstadt. Dieses Problem habe „mit Vertrauen zu tun und ist wenig reparabel“. Veh arbeitete sich mit dieser Äußerung an seinem Vorgesetzten Werner Spinner ab, der zu diesem Zeitpunkt im Urlaub weilte. Bereits zuvor war der Druck auf den 1. FC Köln gestiegen, weil der Start ins neue Jahr misslang und Trainer Markus Anfang schon von der Öffentlichkeit und auch Veh angezählt wurde. „Wenn man bei mir einen Vertrauensverlust hat, kann man das nicht reparieren“, sagte Veh und ergänzte: “Ich weiß nicht, was das für Konsequenzen hat. Aber irgendwann gibt es welche.“

Auf der nächsten Seite: Konsequenzen des Spinner-Rücktritts und Suche nach den Nachfolgern.

Die Konsequenz: Werner Spinner informierte am Aschermittwoch den Gemeinsamen Ausschuss darüber, dass er von seinem Amt zurücktreten wolle. Wenig später sprach Markus Ritterbach in einem denkwürdigen TV-Auftritt bei “sky” über die Gründe für den Rückzug seines einstigen Weggefährten. Die Zusammenarbeit mit Spinner sei schwieriger geworden, der Präsident hätte sich nach seiner Herzoperation verändert – Ritterbach plauderte ohne Scham.

Ohne die Ereignisse von damals noch einmal in Gänze aufrollen zu wollen, diese Tage und Wochen waren dem 1. FC Köln nicht würdig. Als Konsequenz aus dem Rücktritt von Werner Spinner wurde Stefan Müller-Römer als Vorsitzender des Mitgliederrats in den Vorstand entsandt. Den Vorsitz des Mitgliederrats übernahm sein Stellvertreter Carsten Wettich, der gemeinsam mit Engelbert Faßbender und Walther Boecker die Suche nach einem neuen Vorstandstrio verantwortete.

Wolf, Sieger und Sauren – ein neues Trio für den 1. FC Köln

Als der Aufstieg der “Geißböcke” schlussendlich feststand, verkündete das Gremium Mitte Mai, dass es sich auf Werner Wolf, Jürgen Sieger und Eckhard Sauren geeinigt habe. Auf der Pressekonferenz zur Vorstellung sagte der designierte Präsident Wolf, der bereits lange in den Gremien des 1. FC Köln aktiv ist: “Die dauerhafte, stabile Zugehörigkeit zur Bundesliga muss der Anspruch des 1. FC Köln sein. Denn am Standort Köln sind die Voraussetzungen für einen langfristig erfolgreichen Verein so gut wie in kaum einer anderen deutschen Großstadt gegeben. Diese Voraussetzung müssen wir systematisch nutzen.”

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Die Frage nach der fehlenden Fußballkompetenz in diesem Team versuchte Eckhard Sauren mit der Erklärung zu zerstreuen, dass dem Vorstand fortan ein “Kompetenzteam Sport” zur Seite stünde – Jörg Jakobs als Fußballlehrer wird in Zukunft ein Bestandteil dieses Teams sein, das den Vorstand in Bezug auf sportliche Themen berät.

“Erklären kann ich gerne alles – diskutieren geht mir aber zu weit.”

Natürlich hatte auch Armin Veh im Gespräch mit dem “Express” gleich eine Meinung zu diesem Sachverhalt. Der Geschäftsführer gab zwar zu verstehen, dass er kein Problem damit habe, “transparent zu sein und die Dinge, die ich vorhabe, zu erklären“. Über das Erklären hinaus ginge es mit ihm aber nicht, weil der ehemalige Trainer ergänzte: “Erklären kann ich gerne alles – diskutieren geht mir aber zu weit.“

Ein Neuanfang in einer neuen Liga

Nach einer turbulenten Saison auf und neben dem Platz mit vielen internen Querelen hat der 1. FC Köln es immerhin geschafft, sich einigermaßen für die Zukunft aufzustellen. Mit dem neuen Vorstandstrio kehrt ein frischer Wind am Geißbockheim ein, obwohl die Frage nach der konstruktiven Zusammenarbeit mit Armin Veh, dessen Vertrag 2020 ausläuft, noch offen scheint. Achim Beierlorzer konnte als neuer Trainer vorgestellt werden – eine Wunschlösung des sportlichen Geschäftsführers, der seine Position innerhalb des Clubs durchaus erst einmal gestärkt haben dürfte.

Die zurückliegenden Jahre lassen sich am Geißbockheim aber nicht so schnell ausmerzen und es wird viel Arbeit des Vorstandsteams bedürfen, um alte Strukturen, Prozesse und Denkweisen aufzubrechen. In der Hoffnung, dass sich die handelnden Personen auf ihren Auftrag berufen und gleichzeitig persönliche Eitelkeiten in den Hintergrund stellen, kann der Bundesliga-Aufsteiger nun die Vorbereitung auf die Bundesliga beginnen. Dass es trotz Erfolgen aus sportlicher und wirtschaftlicher Sicht auch schnell wieder bergab gehen kann, zeigten die letzten Jahre auch – es bleibt zu hoffen, dass die Entscheidungsträger ihre Egos am Eingang zum Geißbockheim abgeben und dem Verein dienen.

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