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1:2-Niederlage des 1. FC Köln in Wolfsburg: Ich glaub, es geht schon wieder los!

Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images

Nichts zu holen gab es für den 1. FC Köln im Auftaktspiel der Bundesliga-Saison 2019/20 beim VfL Wolfsburg. Die 1:2-Niederlage bei der Rückkehr in die höchste deutsche Spielklasse war zwar vor allem aufgrund der zweiten Halbzeit verdient, doch für die „Geißböcke“ ebenso vermeidbar gewesen. „Heute wäre mehr drin gewesen“, schloss auch effzeh-Keeper Timo Horn nach der Partie. Leichte Fehler, fehlendes Matchglück und eine falsche Schiedsrichterentscheidung: Die Mixtur der 90 Minuten in der Autostadt war schon wieder mit altbekannten Zutaten gewürzt, die den Kölnern bereits beim Abstieg 2017/18 das Leben ungenießbar machten.

Doch ganz so schlimm war es nicht: Gegen den Europapokal-Teilnehmer, der in der vergangenen Spielzeit als Sechster ins Ziel einlief, zeigte der 1. FC Köln besonders in der ersten Halbzeit gute Ansätze, konnte allerdings die sich durch hohes Pressing bietenden Gelegenheiten nicht ausreichend nutzen. „Uns hat ein Quäntchen Glück gefehlt“, betonte Achim Beierlorzer nach seinem erfolglosen Debüt als Bundesliga-Trainer, nahm aber auch die Mannschaft in die Pflicht: „Wir können nicht zufrieden sein, weil wir nicht auf allen Positionen unser bestes Spiel abgeliefert haben“, so der effzeh-Coach, dessen Team in der zweiten Halbzeit die Kontrolle über die Partie zunehmend verlor.

Zu viele Fehler sind zu viele Fehler

Auffällig war dabei über weite Strecken der Begegnung eine zu hohe Fehlerquote auf Kölner Seite, die letztlich nach 90 Minuten den Ausschlag zugunsten der „Wölfe“ gab. Vor dem ersten Gegentor klärte Florian Kainz unbedrängt per Kopf ins Zentrum, wo Maximilian Arnold den Ball volley nahm und äußerst sehenswert zur Führung für die Gastgeber traf. Noch ärgerlicher und deutlich vermeidbarer war derweil das 2:0 für Wolfsburg: Erst verlor Drexler den Ball tief in der eigenen Hälfte beim Versuch, Gegenspieler Schlager zu tunneln, dann degradierte Weghorst Czichos im Zweikampf zum Statisten – ein Nackenschlag, den die „Geißböcke“ so schnell nicht verdauen konnten.

Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images)

Es dürfte die lehrreichste Lektion dieses Auftaktspiels für die Beierlorzer-Schützlinge gewesen sein: In der Bundesliga werden Fehler deutlich härter bestraft als eine Spielklasse tiefer. Denn es waren nicht nur die Patzer vor den Gegentoren gewesen, die dem effzeh das Leben schwer gemacht hatten. Gerade im Aufbauspiel hatten der Aufsteiger einige Schwierigkeiten, sich aus dem aggressiven Pressing der Wolfsburger zu befreien. Auch im letzten Drittel waren die „Geißböcke“ zu unpräzise, um sich abseits der Schusschance von Anthony Modeste zu Beginn der Partie größere Möglichkeiten herauszuspielen. Die Fehler des Gegners ausnutzen: Darin war der Gegner an diesem Samstagnachmittag eindeutig besser.

Das Limit ist das Limit für den 1. FC Köln

Das offenbarte ein grundlegendes Problem in dieser Partie: Wolfsburg wirkte gegen den Aufsteiger, der neben Trainer Beierlorzer weitere sieben (!) Bundesliga-Debütanten (Czichos, Ehizibue, Verstraete, Schindler, Drexler, Skhiri und Churlinov) verbuchen konnte, abgezockter. Die Nervosität des Starts war dem effzeh über weite Strecken des Spiels anzumerken, doch es war beileibe nicht die Schuld der Neulinge. Insgesamt konnten die „Geißböcke“ nach dem unglücklichen Rückstand zum Seitenwechsel nicht mehr an ihre ordentliche Leistung anknüpfen, die Gastgeber hatten sich zunehmend auf das Angriffpressing der Kölner eingestellt und konnten die gefährlichen Situationen über die Flügel, die in den ersten 45 Minuten noch öfters vorkamen, eindämmen.

“Wir können es noch besser und genau das muss es jetzt sein: Wir müssen abrufen, was in jedem einzelnen Spieler drinsteckt.”

Schon zuvor war vielen nach den Eindrücken der Vorbereitung klar gewesen: Will der 1. FC Köln in Wolfsburg Zählbares mitnehmen, muss die Mannschaft sehr nah an die 100 Prozent herankommen. Gelingt den Beierlorzer-Schützlingen das nicht über einen Großteil der Partie und auf einem Großteil der Positionen, dann wird es nahezu unmöglich. Der Befund nach dem Abpfiff war weniger ernüchternd denn mutmachend: Individuell und kollektiv konnte der effzeh, der fünf Kilometer weniger lief als sein Gegner, nicht am Leistungslimit kratzen, dennoch war bei den „Wölfen“ ein Punktgewinn mit etwas mehr Glück durchaus möglich. „Wir dürfen nicht hadern. Wir können es noch besser und genau das muss es jetzt sein: Wir müssen abrufen, was in jedem einzelnen Spieler drinsteckt“, gab Beierlorzer die Marschroute für die kommenden schweren Aufgaben vor.

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Unwucht auf den Außen, der VARnsinn ist zurück

Dabei wird dem 1. FC Köln auch Jhon Cordoba wieder zur Verfügung stehen: Der Sturmtank, der den „Geißböcken“ aufgrund seiner Tätlichkeit im Zweitliga-Heimspiel gegen Regensburg letztmalig gesperrt fehlte, wird gegen Borussia Dortmund wieder spielberechtigt sein. Wie sehr die physische Urgewalt des Kolumbianers dem Spiel der Kölner abging, war in Wolfsburg nicht zu übersehen. In Cordobas Abwesenheit setzte Beierlorzer nicht auf einen Doppelsturm mit Modeste und Terodde, sondern auf eine defensivere Variante mit Drexler als hängende Spitze. Was in den ersten 45 Minuten noch gut funktionierte, wenngleich dem effzeh die Präsenz im Strafraum dadurch etwas abging, entwickelte sich mit zunehmender Spielzeit zum Mühlstein am Kölner Spielbein.

Denn das Wolfsburger Pressing setzte dem Aufsteiger nach dem Seitenwechsel vermehrt zu, so dass entweder Ballverluste in der eigenen Hälfte drohten oder auf lange Bälle zurückgegriffen werden musste. In vorderster Linie war allerdings Modeste gegen die körperlich starke „Wölfe“-Verteidigung auf sich allein gestellt – das machte es dem effzeh schwer, den Ball in den eigenen Reihen und das Spiel weg vom eigenen Tor zu halten. Offensive Gefahr war im zweiten Durchgang daher Mangelware, das änderte sich erst nach Teroddes Hereinnahme, der als zweiter Angreifer direkt für mehr Unruhe in der Defensive der Gastgeber sorgte. Dass letztlich der Joker in der Nachspielzeit den Anschlusstreffer erzielte, war aufgrund der veränderten Ausrichtung daher kein Zufall.

Die Unwucht auf den Außen des 1. FC Köln

Dass der effzeh allerdings erst in der Schlussphase zu gefährlichen Abschlüssen kam, lag auch an den offensiven Außen, die in dieser Partie ihre Qualitäten kaum ins Spiel bringen konnten. Florian Kainz konnte seine starken Vorbereitungsleistungen in Wolfsburg nicht reproduzieren, Kingsley Schindler blieb besonders in seinen Aktionen im letzten Drittel unglücklich. Es zeigte sich allerdings eine für die Kölner ungewohnte Unwucht auf den Außen: War es doch vor allem die in den vergangenen Jahren chronisch schwächelnde rechte Seite, die für mehr Druck im Angriffsspiel des Aufsteigers sorgte. Der abermals überzeugende Ehizibue legte durch seine Dynamik immer wieder den Vorwärtsgang ein, zusammen mit Schindler und dem stets ausweichenden Drexler bildete der niederländische Neuzugang die bessere von zwei Außenbahnen.

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Insbesondere die Abläufe und das Zusammenspiel funktionierte besser als bei ihren Pendants Hector und Kainz auf links. Vor allem der Kölner Kapitän hatte keinen Sahnetag erwischt, wenngleich die Zahlen eine deutlich positivere Sprache sprechen als der Eindruck im laufenden Spiel. Hector hatte die meisten Ballkontakte aller Spieler (84) und eine ordentliche Passquote (fast 80 Prozent), in Sachen Zweikämpfe (11 von 23 erfolgreich) allerdings häufiger das Nachsehen. Abseits aber jedweder Einzelkritik: Gerade angesichts der körperlich präsenten und kopfballstarken Angreifer beim effzeh ist auf außen noch gewaltig Luft nach oben – die Hereingaben waren in Wolfsburg leider nur selten zu gebrauchen. Ohne Optimierungsbedarf blieb allerdings kein Mannschaftsteil an diesem Samstagnachmittag.

Der VARnsinn ist zurück

Optimierungsbedarf gab es derweil auch auf anderer Ebene: Nach einem ruhigen Jahr in der 2. Bundesliga ohne Video-Assistent dauerte es etwas mehr als eine halbe Stunde, da hatte der 1. FC Köln den nächsten Aufreger mit dem VAR-System. Drexler wurde im Strafraum bedient, kam vor Guilavogui an die Kugel und wurde vom französischen Kapitän der Wolfsburger gefoult. Doch Schiedsrichter Sven Jablonski entschied statt auf Elfmeter für den effzeh auf Abstoß für die Gastgeber. Wer hoffte, der den Fußball so unendlich gerechter machende Eingriff via dem frisch renovierten Kölner Keller würde erfolgen, der sah sich eines Besseren belehrt. Der eigentlich fällige Strafstoß – er blieb den „Geißböcken“ verwehrt, die große Möglichkeit auf den bis dato verdienten Ausgleich kam nicht zustande.

So manch effzeh-Fan hatte ein wenig Roland Kaiser im Sinne: „Ich glaub, es geht schon wieder los – das darf doch nicht VAR sein“, könnte der Schlagerbarde in den Gedanken zum Besten gegeben haben. Zu früh abgehoben hätte er, war Jablonskis Eindruck von der Szene laut des gefoulten Drexlers. Eine Einschätzung, die sich bei Anblick der Bilder nicht halten lässt. Wieso Video-Assistent Aytekin dem Schiedsrichter keinen Gang in die Review Area empfohlen hat, wird wohl auf ewig ein Rätsel bleiben. „Wir müssen einen klaren Elfmeter kriegen“, schätzte auch effzeh-Coach Beierlorzer die Situation ein. „Die Bilder sprechen für sich“, erklärte Drexler nach der Partie. Und auch wenn die Niederlage für die Kölner letztlich verdient war: Ein etwaiges 1:1 noch vor dem Pausenpfiff hätte die Dynamik der Partie deutlich verändert. Es bleibt festzuhalten: Nach den äußerst schlechten Erfahrungen aus der Abstiegssaison war die Rückkehr des 1. FC Köln einmal mehr geprägt von einer Fehlentscheidung zuungunsten der „Geißböcke“.

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