https://effzeh.com

Nach dem Abstieg des 1. FC Köln: Eine direkte Rückkehr ist kein Selbstläufer

Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Zum sechsten Mal tritt der 1. FC Köln den bitteren Gang in die 2. Bundesliga an – mit dem Ziel direkter Wiederaufstieg. Das wird allerdings kein Selbstläufer, wie die letzten Wochen zeigen.

Zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt – das Klischee, das dem Kölner im Allgemeinen und dem Anhänger des 1. FC Köln im Speziellen anheftet, wurde in der vergangenen Woche bestens erfüllt. Erst verkündeten die „Geißböcke“ unter tosendem Jubel der effzeh-Fans den Verbleib von Jonas Hector und Timo Horn, nur um den darauffolgenden Samstag beim Auswärtsspiel in Freiburg auf dramatische Art und Weise den sechsten Abstieg der Vereinsgeschichte perfekt zu machen.

#durchetfüer – so lautet der Hashtag, den sich der effzeh aus der eigenen Vereinshymne zu Eigen gemacht hat. Auf Deutsch: Durch das Feuer, es schien auch an diesem Spieltag das Leitmotiv für die Saison des Europapokal-Teilnehmers zu sein. Das Feuer, durch das der gesamte Club nun gehen muss, nennt sich 2. Bundesliga – und der effzeh wäre nicht der effzeh, wenn das vollmundige Saisonziel nicht schon feststünde, ohne das die alte Spielzeit bereits beendet ist.

>>> Kommentar zur Gesamtsituation des 1. FC Köln: Mut zur konstruktiven “Unruhe”

„Wir ziehen unsere Lehren aus dem Misserfolg und arbeiten gemeinsam daran, in die 1. Liga zurückzukehren. Wir sind gut darauf vorbereitet. Dennoch wird das kein Selbstläufer, das muss jedem klar sein. Es ist ein harter Weg. Aber unser Ziel ist eindeutig: Aufstieg 2019!“, betonte Kölns Sportgeschäftsführer Armin Veh bereits direkt nach der Niederlage in Freiburg und fügte wenige Tage später hinzu: „Der Abstieg war nicht notwendig. Für einen Club wie den FC ist die erste Liga der richtige Platz. Es ist nicht schön, aber es ist nicht so, dass es uns unvorbereitet trifft. Egal wer mit runtergeht, es kann nur ein Ziel für uns geben: Wir wollen wieder hoch.“

Der 1. FC Köln – nur bedingt abwehrbereit

Dass dies, wie Veh völlig zurecht betonte, keineswegs ein Selbstläufer wird, zeigte nicht nur der Auftritt in Freiburg wieder einmal überdeutlich. Gerade defensiv muss der effzeh einen Neuanfang wagen, um wieder erfolgreich zu sein. Mit 63 Gegentreffern, nahezu zwei pro Partie, stellen die „Geißböcke“ den mit Abstand schlechtesten Abwehrverbund der Liga. Individuell wie kollektiv war der effzeh die gesamte Saison über in der Verteidigung zutiefst fehleranfällig und nicht bundesligareif.

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/GettyImages

Besonders auf der Position des Rechtsverteidigers rächte sich die Untätigkeit auf dem Transfermarkt in den vergangenen Jahren mehrfach. Aus der einstigen defensiven Stärke war zunehmend die Achillesferse des 1. FC Köln geworden – Abhilfe ist im Sommer dringend gefragt, wollen die „Geißböcke“ in Sachen Bundesliga-Rückkehr die Konkurrenz hinter sich lassen.

Auf der nächsten Seite: Die Mängel liegen nicht nur in der Abwehr.


Doch nicht nur defensiv zeigten sich massive Mängel in den vergangenen Wochen, als trotz personell voller Kapelle aus acht Spielen lediglich ein Sieg eingefahren werden konnte. Zu häufig präsentierte sich eine Mannschaft ohne taktische Identität und spielerische Lösungen. Gerade gegen aggressiv anlaufende Gegner verstand es der effzeh häufig nicht, einen vernünftigen Spielaufbau zu initiieren. Die Folge: Viele überflüssige Ballverluste, die besonders der Abwehr das Leben schwer machten.

Es wartet viel Arbeit auf Veh & Anfang

Auch gegen tief verteidigende Kontrahenten fehlte es der Mannschaft an der notwendigen Durchschlagskraft – klare Torchancen waren zumeist Mangelware, rund um den Sechzehner ging dem Team die Zielstrebigkeit ab. Wer sich die Partien in dieser Saison angeschaut hat, kann nur konstatieren: Es wartet viel Arbeit auf Armin Veh in Sachen Kaderplanung. Und auf Markus Anfang, der das Team im Sommer übernehmen wird.

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Denn die Probleme des unausgegoren zusammengestellten Kaders sind offensichtlich: Insbesondere im zentralen Mittelfeld ballen sich viele ähnliche Spielertypen, denen zumeist die Dynamik abgeht, um in den wichtigen Räumen für Platz zu sorgen. Auch um die Lufthoheit war es zuletzt vor der Abwehr eher schlecht bestellt – ein großer und robuster Spieler auf der Sechs wurde zwar einst gesucht, gefunden hatten die Verantwortlichen offenbar aber niemand Adäquates.

>>> Kommerzialisierung und Ultras: Was wird aus dem Fußball?

Das galt auch für die Besetzung der offensiven Außenbahnen, auf denen hinter Leonardo Bittencourt und Marcel Risse ein riesiges Leistungsloch klafft. Während der Verbleib des Deutsch-Brasilianers in den Sternen steht, muss beim verletzungsgeplagten Risse abgewartet werden, ob er weiterhin fit bleibt. Typen wie Risse und Bittencourt sind enorm wichtig, sorgen sie doch für die schmerzlich vermisste Torgefahr aus der zweiten Reihe, für die auch Yuya Osako in der 2. Bundesliga stehen könnte. Doch auch der technisch versierte Japaner könnte dem effzeh im Sommer den Rücken zukehren.

Große Fragenzeichen über den Kölner Köpfen

So verbleibt trotz der Treueschwüre von Marco Höger, Jonas Hector und Timo Horn derzeit ein großes Fragezeichen über den Kölner Köpfen. Wie groß wird der Umbruch ausfallen? Auf welchen Positionen gilt es zwingend nachzubesetzen? Und wer sind die Stützen für die kommende Spielzeit? Zum genanntem Trio, das auf die Nutzung seiner Ausstiegsklauseln verzichtete, stoßen neben Risse definitiv noch die Winter-Neuzugänge Simon Terodde und Vincent Koziello. Ein schlagkräftiges Gerüst, auf das sich definitiv aufbauen lässt.

Foto: Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images

Die ersten Neuverpflichtungen deuten sich dazu bereits an: Lasse Sobiech (Innenverteidigung, FC St. Pauli), der Leipziger Rechtsverteidiger Benno Schmitz sowie Offensivallrounder Louis Schaub, der von Rapid Wien zum effzeh stoßen könnte, gelten als sichere Kandidaten für den neuen Kader in der 2. Bundesliga. „Wir sind mit zumindest drei Spielern relativ weit. Es werden sicher noch weitere folgen“, erklärte Veh unter der Woche und sprach davon, dem Kader das notwendige frische Blut zuzuführen.

>>> Transferticker: Bittencourt nach Bremen? Berater: “Entschieden ist noch nichts”

Darüber hinaus muss der Sportchef noch viel Überzeugungsarbeit leisten, um Leistungsträgern wie Bittencourt, Osako oder auch den Innenverteidiger Dominique Heintz und Jorge Meré, die in den vergangenen Wochen unter ihren Möglichkeiten blieben, einen Verbleib in Köln schmackhaft zu machen. Die finanziellen Möglichkeiten sind jedenfalls da, um ein Dürrejahr problemlos zu überstehen: Der effzeh ist trotz massiver Einnahmeeinbußen von etwa 50 Millionen Euro wirtschaftlich gerüstet und dürfte neben den vielleicht ebenso prominenten Mitabsteigern als absoluter Krösus in die neue Saison der 2. Bundesliga starten.

Als Gejagter in die 2. Bundesliga

Die Ausgangslage ist allerdings klar: Der 1. FC Köln will den direkten Wiederaufstieg und ist für jeden Gegner der Gejagte.  Eine Situation, die einer Mannschaft behagen muss, um darin erfolgreich zu sein. Dass ein Anpassungsprozess auch etwas dauern kann, zeigte der VfB Stuttgart im Vorjahr: Nach Stotterstart inklusive Trainerwechsel kehrten die Schwaben letztlich souverän wieder in die Beletage des deutschen Fußballs auf. Je nach Größenordnung des Umbruchs im Kader könnte in Köln zu Saisonbeginn Geduld die Tugend der Stunde sein.

>>> Das halbe Dutzend ist voll: Der 1. FC Köln und der überflüssige Abstieg aus der Bundesliga

ZurückSeite 1 von 2