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Kolumnen

Kölns letzte Tabellenführung: Zum Spitzenreiter gepolstert

Die effzeh-Geschichte ist reich an Triumphen, Tiefschlägen und amüsanten Anekdoten. „Für ’ne Moment“ ruft besondere Ereignisse wieder in Erinnerung. Diesmal: Die letzte Tabellenführung des glorreichen 1. FC Köln!

Foto: Nationaal Archief / Wim van Rossem

Rundum glücklich wirkte Toni Polster trotz seines Doppelpacks im Freiburger Dreisamstadion nicht. Während die Fans den unerwartet starken Saisonauftakt des 1. FC Köln mit „Spitzenreiter, Spitzenreiter“-Rufen feierten, wirkte der österreichische Stürmerstar nachdenklich: “Ich will von Anfang an spielen und bin natürlich mit der Reservistenrolle nicht zufrieden”, meinte Polster, der den effzeh soeben mit beiden Treffern erstmals seit sieben Jahren an die Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga geschossen hatte. “Ich muss halt das Beste aus der Situation machen“, resümierte „Toni Doppelpack“, der seinem Namen wieder alle Ehre gemacht hatte. Zwei blitzsaubere Konter veredelte der damals 32-Jährige in der Schlussphase der Partie und brachte dem effzeh den dritten Erfolg im dritten Spiel. “Ich widme meine Tore den Fans im Müngersdorfer Stadion. Doch für diese Leute wären sogar 50 Treffer pro Saison als Dank zu wenig”, schwärmte Polster nach der Partie.

Toni Polster, 1. FC Köln

Durfte in der Saison 96/97 gleich 21 Tore bejubeln: FC-Torjäger Toni Polster (Foto: Bernd Lauter/Bongarts/Getty Images)

Doch der Publikumsliebling musste beim 3:1 in Freiburg lange auf der Bank schmoren, bis er entscheidend ins Spiel eingriff: Erst in der 78. Minute wurde er von Trainer Peter Neururer für Holger Gaißmayer, der den effzeh früh mit 1:0 in Führung geschossen hatte, eingewechselt. “Wenn ich von mir aus eingewechselt hätte, wäre ich ein ganz Großer gewesen. Ich musste Holger Gaißmayer herausnehmen, der sich Blutblasen gelaufen hatte”, gestand der effzeh-Coach nach der Partie freimütig. Gaißmayer hatte sogar die Einwechslung des Österreichers gefordert. “Deswegen wird Holger jetzt aber kein Gehalt als Co-Trainer bekommen”, witzelte Neururer, dessen Beziehung zu Polster stets schwierig blieb. Zu einem Lob konnte sich der nie um einen Spruch verlegene Übungsleiter dennoch durchringen: “Die Tore hat er sensationell gemacht!“[perfectpullquote align=”left” cite=”Toni Polster” link=”” color=”” class=”” size=””]”Ich widme meine Tore den Fans im Müngersdorfer Stadion. Doch für diese Leute wären sogar 50 Treffer pro Saison als Dank zu wenig”[/perfectpullquote]

Im dritten Spiel das dritte Mal, dass Polster nicht in der Startelf stand. Ein Affront für den Wiener, den er in Freiburg mit seinen ersten Saisontoren bekämpfte. Die Breisgauer schienen ihm zu liegen: Bereits seine ersten Toren in der Bundesliga erzielte der damalige Neuzugang von Rayo Vallecano gegen den Sportclub – es war der Auftakt einer Ära, in der Polster zum Publikumsliebling und „Toni Doppelpack“ wurde. Auch Ende August in Freiburg ließ es Toni wieder polstern – und machte den Topstart der „Geißböcke“ endgültig perfekt. Nach dem 3:0-Derbyerfolg bei Fortuna Düsseldorf gewann der effzeh, eine Saison zuvor erst am letzten Spieltag in Rostock gerettet, dank Ion Vladoiu auch gegen 1860 München. Weil die Partie des VfB Stuttgart beim Rivalen Karlsruher SC aufgrund dessen UI-Cup-Finalteilnahme verlegt wurde, machte die makellose Auftaktbilanz durch das 3:1 im Breisgau die Tabellenführung perfekt.

“Ich lasse mir die Tabelle noch fotografieren”

Peter Neururer, 1. FC Köln

Führte den 1. FC Köln letztmals an die Tabellenspitze: Peter Neururer (Foto: Bongarts/Getty Images)

Während die Kölner Fans von Größerem träumten, blieb ausgerechnet Neururer auf dem Teppich: “Wir werden jetzt analysieren, was die Situation momentan darstellt. Wir haben auch Schwächen gezeigt, die auf Dauer nicht dazu ausreichen, um an der Tabellenspitze mit dabeizusein. Auch wenn die momentane Ausgangslage ,rosarot’ ist, weiß die Mannschaft sich selbst einzuordnen“, war sich der „Feuerwehrmann“ der Situation bewusst. Dennoch wusste er den Moment zu genießen: „Ich lasse mir die Tabelle noch fotografieren, weil dies mit dem 1. FC Köln nicht allzu oft passieren wird in dieser Saison”, so Neururer. Er behielt damit Recht: Bereits vier Tage musste sich der effzeh zuhause gegen Hansa Rostock mit 0:2 geschlagen geben, ein Doppelpack von Jonathan Akpoborie ließ die Kölner von der Tabellenspitze stolpern. Es war der Auftakt zu unruhigen Zeiten: Torwart-Star Bodo Illgner verschwand über Nacht Richtung Madrid, kurz darauf blamierte sich der effzeh in der 2. Runde des DFB-Pokals beim FSV Zwickau.

Doch auch ohne den großen Rückhalt im Tor und trotz des schwelenden Streits zwischen Polster und Neururer konnten die „Geißböcke“ bis ins neue Jahr von einer Qualifikation für das internationale Geschäft träumen. Am Ende reichte es aufgrund eines schwachen Frühlings, gekrönt von zwei 2:5-Heimklatschen gegen den MSV Duisburg und Arminia Bielefeld, nur zu Rang zehn. Immerhin versaute der effzeh, auch durch einen Hattrick von Toni Polster, der werbetreibenden Tochter eines Chemiekonzerns am vorletzten Spieltag noch die Meisterchance. Der Tag im Breisgauer Sommer steht aber noch länger in den Geschichtsbücher des glorreichen 1. FC Köln: Es ist bis dato die letzte Tabellenführung der Kölner – und es ist bis heute auch der letzte Auswärtssieg in Freiburg.

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