Hamburg gegen Köln. Fuffzehnuhrdreißich. 56000 Zuschauer. Top Einschaltquoten. Scheiß Wetter Ergo: Alles wie in den Sechzigern? Nichts da. Denn die beiden Gründungsmitglieder spielten nicht um die DFB Meisterschaft sondern um den Klassenerhalt. Ein, dem Punktekonto angemessenes, Verhalten zeigten aber nur die Hanseaten und so konnte die junge Mannschaft des effzeh mit einer unglaublich routinierten Leistung das Spiel durch Fußballbasics nach Hause bringen. Aber der Reihe nach!
Ausgangslage
Die Hamburger haben sich für das Jahr 2015 viel vorgenommen und versuchen durch gigantische Umstrukturierungsmaßnahmen und Lockangeboten für Investoren das Ruder herumzureißen und so dem Damoklesschwert Abstieg zu entgehen. Nachdem im letzten Jahr der Trainerverschleiß enorm war und der Abstieg nur durch eine fast schon peinliche Relegation gerade noch so abgewendet wurde, änderte sich in der Hinrunde der Folge- also der laufenden Saison nichts. Nunja etwas vielleicht schon. Denn mit 17 Punkten sammelte man genau ein Pünktchen mehr als in der Vorjahreshinrunde. Da die Bundesliga anno 2015 aber unglaublich dicht gedrängt erscheint, reichten diese „nur“ für einen Punktgleichstand mit Bremen und Stuttgart auf den Plätzen 14 bis 16. Aber nun soll ja alles anders werden und dieses „Anders“ hat genau zwei Gesichter: die Herren Kühne und Olic – auch wenn deren Engagement nun wirklich Welten trennen wird. Lieber Herr Kühne: uns beschleicht das Gefühl, dass durch die baldige Fertigstellung der Elbphilharmonie die Stadt ein neues Geldloch braucht. Aufgepasst!
Auf der anderen Seite der effzeh. Gefühlt hätte alles, was man heute über den HSV schreiben kann, auch auf den effzeh passen können, hätte man den Verein in den letzten Jahren nicht stark umgekrempelt. Und so stehen sie in dieser Saison mit gefühlt einem Zehntel des Hamburger Etats ganze zwei Punkte vor demselbigen. Außerdem scheint der effzeh in dieser Saison endlich wieder Titel holen zu wollen: Nachdem in der Vorbereitung der unglaublich renomierte FloridaCup endlich an den Rhein geholt werden konnte, greift man nun nach der Auswärtsmeisterschaft. Was ein richtiger Jeck ist, der trägt die gute Stimmung halt auch in andere Gefilde. Um einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu diesem heroen Ziel zu gehen sollte nun der HSV klassisch im eigenen Stadion überrannt werden.
Spielverlauf
Bei all dem Spaß, den der Fußball den Leuten jede Woche ins Haus bringt, dürfen auch die ernsten Dinge im Leben nicht unbeachtet bleiben. Dem folgten an diesem Wochenende alle Bundesligastadien und gedachten vor dem Anpfiff mit stehenden Ovationen Junior Malanda. Der 20-jährige Belgier in Diensten des VfL Wolfsburg war anfang Januar auf dem Weg zum Trainingslager bei einem Autounfall tödlich verunglückt. Mit Ivica Olic spielt ein alter Teamkollege nun auf Seiten des HSV.
Der Kroate stellte bei den Hamburgern die einzige Spitze. Lasogga, der die gesamte Winterpause verletzungsbedingt nicht trainieren konnte, musste zunächst auf der Bank Platz nehmen.
Den Solostürmer beim effzeh machte Ujahs Tünn dahinter eine Dreierkette aus Peszko, Halfar und Risse. Vogt sowie Lehmann auf der Doppelsechs und dahinter die bekannte Abwehrformation.
Vor Beginn wurde Olic bei Nennung seines Namens durch den Stadionsprecher frenetisch durch die 56000 Zuschauer begrüßt – spielte er doch schon einmal für die Hanseaten. Angepeitscht von den lauten Gesängen, legten die Hamburger stark vor und übten sehr früh Druck auf die Kölner Defensive aus. Dies führte zu mehreren kleinen Möglichkeiten. Zwei davon konnten in letzter Not geklärt werden: Zunächst klärt Maroh eine Flanke über den freistehenden und einschussbereiten Olic hinweg und kurze Zeit später kann Horn einen Kopfball per Glanztat in das Torwart Aus abwehren.
Nach dieser Sturm- und Drangphase bekommen die Kölner das Spiel langsam in den Griff und können sich immer wieder durch ihre schnellen Spieler gute Chancen erarbeiten. Immer wieder im Fokus: Slawomir Peszko, der unglaublich viel arbeitet und ackert aber meistens an der letzten Konsequenz scheitert – sei es im Abschluss oder beim finalen Pass auf einen freien Mitspieler. Die größte Chance auf Seiten des effzeh vergibt Ujah. Nach passgenauer Flanke von Olkowski aus dem rechten Halbfeld steht der Nigerianer auf einmal frei vor Drobny. Der Schuss geht aber leider genau auf den Mann. Die Szene kann aber exemplarisch für die nun deutliche Überlegenheit des effzeh gezählt werden. Sei es drum: Mit 0-0 geht es in die Pause.
Zum zweiten Durchgang sieht man zunächst keine Wechsel – dafür aber unglaublich abgeklärt spielende Kölner. Zwar erarbeitet sich der HSV durch Götz eine erste Chance – danach lässt der effzeh nichts mehr anbrennen. So scheitern zunächst Halfar und im Nachschuss Peszko am starken Drobny aber kurz darauf ist es soweit. Peszko gewinnt den Ball auf rechts und schickt Risse. Trotz hartem Foul am Polen lässt der gute Schiedsrichter Stark weiterlaufen und so sehen die Zuschauer wie Risse mit Ball schneller ist als die HSV Abwehr und den Ball unnachahmlich Drobny durch die Hosenträger schiebt.
Danach macht der HSV auf und der effzeh kommt zu weiteren guten Chancen, kann aber nur eine davon nutzen. Vogt bekommt im Mittelfeld den Ball, schiebt quer auf Ujah und dieser hebt per Direktflanke auf Risse die Hamburgerabwehr aus. Der Kalker-Junge hat nun noch mehr Platz als beim ersten Treffer und schiebt am hanseatischen Schlussmann vorbei ins lange Eck.
Der Doppeltorschütze wird prompt durch Gerhardt ersetzt und holt sich seinen verdienten Applaus vom Kölner Anhang ab. In der Schlussfolge kommt der effzeh noch zu guten Angriffen, kann aber keinen besonders verwerten. Sei es drum: Der 2-0 Rückrundenauftakt ist perfekt.
Spieler im Fokus
Marcel Risse: Zwei Tore, 100% Trefferquote. Passt
Slawomir Peszko: Der Pole war immer sehr bemüht und ein unangenehmer Gegenspieler. Zog relativ geschickt eine eigentlich rote Karte für van der Vaart. Einzige schwache Szene von Stark, der hier nur Gelb zeigte. Für Beide! Nichts desto trotz muss da mehr Genauigkeit in alle Bereiche seines Spiels kommen.
Timo Horn: Zeigte mal wieder ein unheimlich souveränes Spiel und scheint in der Winterpause am Strafraumspiel gearbeitet zu haben. Nur die Faustabwehr könnte gerne noch ein bisschen weiter gehen.
Anthony Ujah: Zeigte ungeahnte Qualitäten im Passspiel. Nicht nur der 1A Assist zum 2-0 sondern auch eine Flanke für Peszko zeigten ein unglaubliches Ballgefühl. Beide Flanken kamen genau auf den Punkt. Wenn man etwas Negatives finden möchte dann der überhastete Abschluss in der ersten Hälfte. Mit etwas mehr Ruhe wäre hier die Führung drin gewesen.
Die 6er: Vogt und Lehmann dominierten das Mittelfeld. So einfach kann man es auf den Punkt bringen. Während Letzterer immer wieder als Balleroberer überzeugt, zeigte Vogt eine unnachahmliche Übersicht beim Umschaltspiel.
Die Gästefans: HSSV. Siehe Abbildung. Bockstark und Grimme-Preis verdächtig.
Fazit
Oh mein lieber effzeh. Selten war ich so überzeugt von dir. Denn du gehst deinen Weg weiter. Mit oder ohne Wintertransfer. Denn was du am Samstag gezeigt hast, das war nicht die Leistung eines abstiegsbedrohten Aufsteigers sondern die eines Bundesligaroutiniers. Die Schwächen Hamburgs wurden zunächst lange ausgeguckt um dann bei der nächsten Möglichkeit eiskalt zuzuschlagen. Eine Leistung, die mit Sicherheit auch der sehr schnellen Grundaufstellung geschuldet ist. So kann es weiter gehen. Denn kann man die Leistung nicht konservieren , wird es schon am Mittwoch gegen die Schwaben aus Stuttgart unglaublich schwer.
Stimmen zum Spiel:
Kevin Wimmer: Wir wollten unbedingt gewinnen, weil der HSV ein direkter Konkurrent im Abstiegskampf ist. Haben eine menge Chancen liegen lassen, wenn man die ein bisschen konsequenter ausspielt, dann lenkt man das ganze schon früher in unsere Richtung. Im Gesamten haben wir uns gut auf die Hamburger eingestellt, haben gut verteidigt und deren Fehler in der zweiten Halbzeit durch die Chancen von Marcel ausgenutzt. Wenn die spiele weiter so laufen wie heute dann wäre das sehr erfreulich und so könnte es weitergehen. Die Defensivarbeit war heute ein Schlüssel zum Spiel. Wir wussten, dass mit Olic ein Spieler hinzugekommen ist, der nur eine Aktion braucht um gefährlich zu werden. Das haben wir versucht in den Griff zu bekommen, wobei wir zwar anfangs noch Probleme mit ihm hatten aber im Verlauf des Spiels uns besser einstellen konnten und in der zweiten Halbzeit dann keine richtige Chance mehr zugelassen haben. Insgesamt haben wir das gemacht, was uns in der Hinrunde schon ausgezeichnet hat. Aus einer kompakten starken Defensive Konter herausspielen und das sind die Sachen, die uns einfach stark machen. Wenn wir das weiterhin so lösen wie heute, dann ist das sehr positiv für uns und bringt uns in unserer Entwicklung weiter.
zu Risses Toren: Der Marcel ist ja sehr bekannt, dass er sehr stark im Torabschluss ist, weswegen ich vor dem zweiten Torabschluss sehr sicher war, dass er das Tor macht und bin deshalb schon vorher nach vorne gelaufen
Kevin Vogt: Das war heute sehr sehr verdient, wobei wir uns vorwerfen müssen, dass wir in der ersten Halbzeit den Sack schon früehr hätten zu machen müssen. Unterm Strich ein verdienter Sieg. Ich freue mich riesig für Risse wegen seiner zwei Tore.
Peter Stöger: Wir haben ein wirklich gutes Spiel gemacht. Aus unserer Sicht hatten wir die reifere Spielanlage, hatten mehr Ruhe im Spiel. Es war klar – auch aufgrund der Verpflichtung von Olic – dass es zu anfangs sehr viel von den Rängen geben wird, worauf wir uns zunächst einstellen mussten. Mit dem weiteren spielverlauf konnten wir aber sehr gut damit umgehen. Es wird mit Sicherheit keine zwei Meinungen darüber geben, wer als verdienter Sieger vom Platz gegangen ist.
zu den Toren: Das ist das was wir uns vorgenommen haben: den Abschluss suchen, den Zug zum Tor suchen, den tiefen Weg gehen. Dinge die wir vermehrt trainieren, immer wieder ansprechen, das sind die Dinge, die schwierig sind in der Umsetzung, wo die Spieler an sich glauben müssen und heute hat es Gott sei Dank super funktioniert. Uns war klar, dass wir mit der Führung immer größere Räume bekommen werden und diese mit unseren Spielertypen sehr gut ausnutzen werden können. Darüber hinaus hatten wir weitere Chancen, die wir fast schon fahrig nicht genutzt haben. Das ist eine Frage des Selbstverständnisses, eine Frage der Erfahrung, die wir uns noch aneignen müssen. Aber wenn die Spieler das immer wieder im Kopf haben, wo jeder seine Stärken hat und diese einbringen muss, dann sind wir auf Dauer auf einem sehr guten Weg.
rund um die Transfergerüchte: Es wird immer wieder Diskussionen geben. Wenn wir bspw. mal zwei Spiele nicht gut spielen, dann werden alle sagen <ja das ist uns jetzt zu wenig, ihr wart zu blauäugig> und wenn es gut läuft wie heute dann sagen wieder alle <mit den Jungs reicht das>. Ich glaube, wenn man uns richtig zuhört, dann wird man seit dem ersten Tag hören, dass wir mit der Truppe, die wir haben zufrieden sind, dass wir die entwickeln wollen, dass wir froh sind, dass alle in der Vorbereitung dabei sein konnten, dass wir auch vor diesem Spiel zwei, drei Spieler gehabt haben, die wir auch ohne weiteres hätten bringen können. Am Ende haben wir uns von der Idee her aber für etwas anderes entschieden. Die Truppe ist gut aufgestellt. Wir haben uns immer definiert über die Gruppe, über die Gemeinschaft und das wird sich auch nicht ändern.
zu den Heimspielen: Bitte keine Frage zu den Heimspielen.