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Kolumnen

WM-Serie: Die kölsche Kampfmaschine

Maynor Suazo verbrachte nur eine Saison im Dress der rot-weißen Götter. In der einen Spielzeit hinterließ er aber nachhaltigen Eindruck und sorgte für einen legendären Moment.

Die Fußballweltmeisterschaft ist neben den Olympischen Spielen das größte Sportereignis der Welt. Für die Vereinsmannschaften bedeutet das vor allem eines: Ruhe. Wir verweilen währenddessen aber nicht in den Liegestühlen und erinnern uns an FC-Helden oder Nicht-Helden aus den jeweiligen WM-Nationen. Heute: Die kölsche Kampfmaschine aus Mittelamerika, Maynor Suazo.

Honduras – Ecuador   21.06.2014, 0:00 • Arena da Baixada, Curitiba • Gruppe E

Wenn in der Nacht von Samstag auf Sonntag Honduras auf Ecuador trifft, dann werden sich das wohl nur die wenigsten Fußballfans rot im Kalender angestrichen haben. Es sei denn die rote Farbe bedeutet in ihrem Kalender: Randduell, Außenseitermatch, Kampfspiel. Die Familienväter- und mütter werden wohl nicht bis 2 Uhr wachbleiben, um sich das Aufeinandertreffen der beiden Teams aus dem amerikanischen Kontinent anzuschauen und selbst der gemeine Chinese legt sich vielleicht erst eine Runde schlafen.

Während die Ecuadorianer im ersten Spiel der Weltmeisterschaft durchaus auf ein spielerisches Moment bedacht waren und im Spiel gegen die Schweiz überlegen waren, machte Honduras genau das, was die Fußballwelt vom acht Millionen Einwohner großen Staat in Mittelamerika erwartet hatte: Die gesamte Mannschaft igelte sich in der eigenen Hälfte ein und trat nach allem, was sich gerade so über das Feld bewegte. Folgerichtig sah der vom Papier her beste Spieler der Honduraner, Wilson Palacios, auch relativ schnell rot und flog vom Platz.

Das “Attentat” von Köln

Maynor Suazo wird die Weltmeisterschaft höchstwahrscheinlich daheim vor dem Fernseher anschauen, mit dem Kopf schütteln und brüllen: “Was für Weicheier!” Natürlich brüllt er nicht mehr laut, er springt auch nicht auf, er wird es sich einfach nur still denken, denn Maynor Suazo lässt seine Karriere derzeit in Honduras ausklingen und ist mit mittlerweile 34 Jahren auch ein verdienter Fußballer, ein Veteran.

 ©  CCAA2007, Wikipedia

© CCAA2007, Wikipedia

Vor fast genau sechs Jahren sah die Sache da noch etwas anders aus. Zu einer Zeit, als Suazo sich noch für die Nationalmannschaft von Honduras über den Platz wälzte und sich den Allerwertesten aufriss. Zu einer Zeit, als er in Köln vom damaligen Manager Michael Meier, der schon immer einen Hang zur Polemik besaß, bei seiner Verpflichtung als “Kampfmaschine” vorgestellt wurde. Zu einer Zeit, als Maynor Suazo auf dem rechteckigen Rasen noch “Attenate” (O-Ton: Ralf Rangnick) verübte.

Suazo war einer dieser Spieler der Ära Meier, die schnell kamen und schnell wieder gingen. Nur ein Jahr blieb der Honduraner in Köln. Für die Aufstiegssaison 2007/2008 wurde er als Leihspieler vom türkischen Erstligisten Antalyaspor verpflichtet, nachdem er zuvor schon mehrere Jahre für Austria (später: Rasenballsport oder so) Salzburg in Europa Erfahrung gesammelt hatte. Nach der Saison wollten die Verantwortlichen Suazo kaufen, aber er war zu teuer für den Effzeh. Anders als viele seiner Mitstreiter war er aber einer dieser Spieler, die Eindruck hinterließen. Nachhaltigen Eindruck. Nachzufragen besonders bei einem derzeitigen WM-Teilnehmer: Sejad Salihovic.

Der zahnlose Sejad

Auf dem Höhepunkt der kurzweiligen Köln-Hoffenheimer Rivalität in einem der wichtigsten Duelle der Zweitligasaison 2007/2008 wollte Maynor Suazo seine Kollegen wachrütteln. Der Effzeh konnte am 31. Spieltag einen enorm wichtigen Schritt in Richtung Aufstieg machen, doch nachdem der bis dato überragende Salihovic einen Elfmeter zum 1:1 verwandelt hatte und den Treffer sehr zur Freude der besten Fans der Welt aufreizend vor der Südkurve gefeiert hatte, hingen die Köpfe der damaligen rot-weißen Götter auf Halbmast.

Bis Suazo eben das tat, was man so tut, wenn man das eigene Team wachrütteln will. Wie ein Rammbock rannte er Kopf voraus in einen nichtsahnenden Salihovic, der gerade damit beschäftigt war, einen Ball auf Höhe der Mittellinie anzunehmen. Als hätte der Bosnier einen roten Punkt am Kopf tätowiert, rammte ihm Suazo im Stile eines Stieres sein Gesicht in die Visage des Hoffenheimers.

Die Folge: Salihovic verlor einen Zahn (passiert halt), Suazo strich sich kurz über das Gesicht und wirkte so, als sei gerade eigentlich nichts geschehen und die gelbe Karte, die ein sehr milder Peter Gagelmann ihm entgegenstreckte, nicht verständlich. Die Hoffenheimer Bank sprang in höchster Theatralik auf, das Stadion war wieder voll da, die Kölner Mannschaft war wieder voll da. Nur 10 Minuten später hatte der Effzeh aus einem 1:1 ein 3:1 gemacht, wodurch der Aufstieg fast sicher war und nur zwei Spieltage später beim Heimspiel gegen den FSV Mainz 05 klargemacht wurde.

Nach dem Spiel gegen Mainz stand Suazo noch ein letztes Mal im Fokus: Kein Spieler rannte so schnell mit dem mehrere Liter fassenden Kölschglas über den Platz. Keiner flüchtete so edel vor den heranstürmenden Fans. Maynor Suazo war für eine Saison lang ein Held in Köln, danach versandete seine Karriere wegen diverser Verletzungen und vielleicht auch ein wenig, weil die wahren Kämpfer auf dem Platz mittlerweile immer weniger gefragt sind. Eines ist jedenfalls klar: Der defensive Mittelfeldspieler hätte Honduras auch bei dieser WM einen gewissen “Punch” gegeben.

Suazos Vereine:

07/1999 – 06/2000: CD Marathon

07/2000 – 06/2002: SV Austria Salzburg

07/2002 – 06/2003: CD Olimpia

07/2003 – 03/2006: RB Salzburg

04/2006 – 06/2006: SK Brann

07/2006 – 07/2007: Antalyaspor

08/2007 – 06/2008: 1. FC Köln

07/2008 – 06/2009: Antalyaspor

07/2010 – 12/2010: Atlético Veragüense

01/2011 – 06/2011: Hispano FC

Seit 2011: Atlético Choloma

Suazos Erfolge:

Österreichischer Vizemeister mit RB Salzburg 2006

Teilnahme am UEFA-Cup mit Austria Salzburg 2003/04

Aufstieg in die Bundesliga mit dem 1. FC Köln 2008

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