Zwei Siege in Folge konnte der effzeh vor dem Spiel gegen Dynamo Dresden aufweisen. Allein dieser Umstand scheint für die Jungs von Sport1 auszureichen eine „Aufstiegs-Erwartung“ zu konstruieren. So musste sich jeder Kölner Verantwortliche im Vorfeld des Spiels gegen die SG Dynamo aus Dresden nahezu penetrant dazu befragen lassen, dass die Kölner ja jetzt schon wieder vom Aufstieg reden. Jaja, das ist ja „typisch Köln“, dass man direkt wieder nach den Sternen greift. Oder ist es etwa typisch Sport1 dieses Klischee unbedingt am Leben halten zu wollen?
„Wie oft haben Sie diese Woche das Wort ‚Aufstieg‘ schon gehört?“, fragen sie den Stani. „Noch gar nicht!“, antwortet der. Enttäuscht ob dieser Antwort probierte man dann sein Glück beim gegnerischen Trainer Loose und endlich hatte Sport1 jemand der von „höheren Erwartungen“ und einem „hohen Etat“ in Köln redet. Also doch: der Effzeh muss jetzt aufsteigen!
Die SG Dynamo Dresden muss das nicht: „Wir spielen um den Klassenerhalt“, hieß es dort. Und das nach dem Derbysieg gegen Erzgebirge Aue. Also liebe größenwahnsinnigen Kölner, da kann man sich ein Beispiel nehmen. So sieht Bescheidenheit aus. Abgesehen von dieser Aufstiegs-Posse hat sich im Vorfeld des Spiels nichts wesentlich Aufregendes getan, das man nun hier noch erwähnen müsste.
Personelle Lage
Der Effzeh ist soweit vollzählig, was für Trainer Holger Stanislawski eine recht große Auswahl an Optionen bedeutete. Und wie man es schon gewohnt ist, stand auch diesmal eine andere Elf als in den Spielen zu vor auf dem Rasen. Nach seinen beiden Joker-Toren durfte nun Adil Chihi wieder in der Startelf ran, für ihn saß Christian Clemens auf der Bank. Im Sturm bleibt Anthony Ujah offenbar vorerst gesetzt, genauso wie Thomas Bröker im Mittelfeld. Begrüßenswert auch, dass der junge Kevin Wimmer wieder eine Chance in der Innenverteidigung bekam, nachdem er zwischenzeitlich nicht mehr in der Mannschaft war.
Lukas Podolski war zwar auch im Stadion, konnte aber leider nicht mitmachen. Aber manch einer mag ja noch hoffen, dass Poldi sich wenigstens am heutigen Dienstag für eine Schusstrainingseinheit am Geißbockheim sehen lässt. Warum? Das erklärt der Blick aufs Spiel.
Spielverlauf
Nach einem etwas fahrigen Beginn und einer recht flotten gelben Karte für Miso Brecko entwickelte sich ein teilweise lächerlich-dominantes Spiel seitens des effzeh. Dresden machte im Grunde gar nichts, außer hinten drinstehen und ab und zu, wenn möglich, mal einen widerwilligen Konterversuch zu starten. Zwischenzeitlich hatte der effzeh 73% Ballbesitz und 6:1 Schüsse aufzuweisen.Doch rum kam dabei nicht so wirklich was. Erst in der 20. Spielminute konnte man sich die erste gute Chance erarbeitet, die Ujah relativ kläglich vergeigte, der folgende zweite Versuch von Sascha Bigalke wurde geblockt.
Und der kleine Dribbeler, der kürzlich aus Unterhaching zum Effzeh kam, war dann auch gleich an einer der Slapstick-Situationen dieser Saison beteiligt. Außenverteidiger Christian Eichner erobert an der Seitenlinie den Ball, setzt dann nicht nach, sondern voraus, dass Bigalke den Ball übernimmt, was dieser allerdings nicht tut. Während die beiden sich noch verwundert anschauen, läuft der Dresdner Konter schon auf Hochtouren und Poté erzielt tatsächlich den völlig unverdienten Führungstreffer für die Sachsen. Das muss man alllerdings auch erst einmal hinbekommen, so dominant zu sein, dass man schon selbst so irritiert davon ist, dass man Mist fabriziert.
Nach ein paar geschockten Minuten berappelte sich die Mannschaft allerdings wieder und kam zu Chancen durch Chihi und Ujah kurz vor der Pause, die allerdings beide mehr oder weniger kläglich vergeben wurden. So konnte Dresden mit nur einer gewonnen Statistikwertung in die Pause gehen: Die Anzahl der erzielten Tore. Traditionell sind die recht entscheidend im Fußball.
Die zweite Halbzeit sollte für den Effzeh dann mit Pech beginnen: Zweimal scheitert Thomas Bröker im Abschluss, einmal am gegnerischen Pfosten nach einer Ecke von Chihi. Der ein oder andere Verzweiflungsweitschuss mischte sich in der Folge nun ins Offensiv-Repertoire der Geißböcke. Dresden machte weiterhin das, was sie offenbar am besten können: gar nichts. In der 57. Minute wurde dann der insgesamt doch eher enttäuschende Sascha Bigalke vom Platz genommen, für ihn kam Christian Clemens. Zwar kam es nun zu Abschlussmöglichkeiten im Minutentakt, diese wurden aber entweder einfach schlecht umgesetzt oder von den 11 sächsischen Verteidigern geblockt.
Gerade dann als man als Zuschauer geneigt war „Jetzt wechsel doch endlich mal noch einen Stürmer ein“ Richtung TV-Gerät zu brüllen, erlöste Anthony Ujah die Mannschaft, die Trainer und die Fans: Nach einer feinen Flanke von Miso Brecko wuchtet der Leihstürmer den Ball per Kopf in die Maschen. Endlich! Nach gefühlten 1234 Schüssen und 97% Ballbesitz also der Ausgleich. Kurz darauf hätte der Effzeh sich fast noch den Sieg gesichert, doch der nächste Kopfballversuch von Ujah landete knapp neben dem Pfosten.
Dresden probierte nun den Punkt über die Zeit zu retten, den Kölnern fiel auch nichts entscheidenderes mehr ein und somit blieb es beim Remis. Zwei verschenkte Kölner Punkte, so darf man das ruhig nennen. Die Abschlussschwäche dieser Mannschaft bleibt nachwievor problematisch. Oder man hatte einfach keine Lust zu gewinnen, damit ja niemand vom Aufstieg redet. Aber das wäre wohl die Sport1-Erklärung.
Spieler im Fokus
Adil Chihi – der dienstälteste Kölner Profi, der so oft von schweren Verletzungen zurückgeworfen wurde, hatte sich nach seinen beiden starken Auftritten als Joker nun also eine Chance in der Startelf verdient. Chihi macht viel, das kann man nicht anders sagen, er macht nur leider nicht allzu viel richtig. In der zweiten Halbzeit dann aber deutlich gesteigert, immer aktiv, leider aber auch nachwievor oft zu hektisch. Vergab eine gute Chance kläglich und trifft mit seinen Weitschüssen alles, nur nicht das Tor. Dennoch kein unbedingt schlechter Auftritt, aber ob es reicht, um sich dauerhaft für die Startformation zu empfehlen, darf bezweifelt werden.
Sascha Bigalke – hatte direkt nach seinem Wechsel einen furiosen Start in Köln mit einer tollen Leistung gegen St. Pauli. Seitdem kämpft er jedoch etwas mit seiner eigenen Form. Auch gegen Dresden war das nicht so zwingend. Zu viele Alibi-Pässe, seine eigentlich vorhandene Kreativität konnte er nicht auf den Platz bringen. Dann die Slapstick-Einlage in Koproduktion mit Christian Eichner. Kein guter Abend für Sascha Bigalke.
Anthony Ujah – die Leihgabe aus Mainz liefert wieder sein Tor ab. Allerdings muss man sich langsam schon fragen, ob man ihn auch flach anspielen darf. Was Schussmöglichkeiten angeht, war das durchaus kläglich, was der wuchtige Stürmer gezeigt hat. Dafür ist er mit dem Kopf umso besser, arbeitet nachwievor nahe gesundheitsbedrohend viel und ist vor allem emotional immer voll dabei. Postete nach dem Spiel bei Facebook „Wir sind FC!“. Allein deshalb schon kann man ihm seine vergeigten Schusschancen nicht so richtig übelnehmen.
Fazit
Keine wirklich neuen Erkenntnisse: In Liga 2 wird der Effzeh immer das Spiel machen müssen, gegen nahezu jeden Gegner. Das ist keine leichte Aufgabe und wird auch nicht leichter, wenn der Gegner so tief steht, wie die Sachsen gestern. Was bleibt, ist das altbekannte Problem: Der Effzeh kriegt den Ball einfach nur schwerlich über die Linie. Allein in Halbzeit 2 konnte man 15:0 Torschüsse zwischenzeitlich aufweisen, der Spielstand blieb unverändert bei 1:1. Das ist zu wenig für ein Heimspiel. Ob man nun aufsteigen will oder nicht, man darf sich in solch einem Spiel nicht die Punkte vom Teller nehmen lassen. Dafür macht die Mannschaft – abgesehen von ein paar Aussetzern – defensiv durchaus Fortschritte. Auch Matze Lehmanns Präsenz tut dem Team gut. Die Länderspielpause sollte also für Torschusstraining genutzt werden. Mit ein bisschen mehr Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor, braucht man sich um den Effzeh nämlich nicht allzu viel Sorgen machen. Und nein liebe Sport1-Redakteure: Das heisst nicht, dass wir aufsteigen. Aber vielleicht reicht es ja für einen billigen Pokalsieg und die Europa League.
Stimmen zum Spiel
Holger Stanislawski seziert den Fehler von Eichner und Bigalke, bleibt aber zuversichtlich: „Beides sind echt liebe nette Kerle, aber manchmal musst du auch Arschloch sein auf dem Platz. Da muss man auch mal sagen, wer den Ball nimmt. Beide haben es nicht getan. Wir mussten dann unheimlich viel investieren, um das wieder zu egalisieren. Aber wir sprechen über sowas und lernen daraus. Insgesamt muss ich aber ein Lob aussprechen: Was sie investiert hat, wie viele Torchancen sie raus gespielt haben. Ein großes Dankeschön auch an die Zuschauer. Wir machen einfach zu wenig Tore, da sind wir zu unruhig und hektisch. Insgesamt macht uns das hier aber Spaß den Jungs zuzugucken.“
Auch Anthony Ujah bleibt wie gewohnt positiv: „Ich bin froh, jetzt auch zu Hause getroffen zu haben – und dass ich Lukas Podolski ein wenig zum Lächeln bringen konnte“. Das konnte er bestimmt.
Und in diesem Sinne bleibt auch mir nur noch zu sagen: Wir sind FC!
Statistik
1. FC KÖLN
Aufstellung:
Horn – Maroh , Wimmer – Brecko , Eichner – Strobl – M. Lehmann – Bigalke, Chihi – Bröker – Ujah
Einwechslungen: 56. Clemens für Bigalke, 71. Jajalo für Strobl, 88. Royer für Bröker
Reservebank:
Kessler (Tor), Matuschyk, Hector, Przybylko
SG DYNAMO DRESDEN
Aufstellung:
Kirsten – Gueye , Bregerie , Savic , Schuppan – Losilla, Fiel – Koch , Trojan, Ouali – Poté
Einwechslungen: 63. Jänicke für Ouali, 73. Kitambala für Trojan, 90. Sliskovic für Poté
Reservebank:
Fromlowitz (Tor), Jungwirth, Subasic, Solga