Ich nahm einen tiefen Schluck aus dem Kölschglas und sah mich um. Es war der letzte Sonntag, an dem in Kölner Kneipen geraucht werden durfte, und so schien es, als würden alle Menschen hysterisch an ihren Zigaretten ziehen, um noch einmal das Gefühl der Selbstbestimmung genießen zu können. Dünner Rauch streichelte die Decke der Kneipe.
Kurz zuvor hatte der effzeh das Spiel mit 1:1 gegen 1860 verloren. Irritation machte sich breit. Seit wann gehen Niederlagen unentschieden aus?
Ich nahm also einen tiefen Schluck aus dem Kölschglas und hörte mich folgenden Satz denken: “Hoffentlich gewinnt Lautern gegen Cottbus, dann hat das Hoffen endlich ein Ende”. Wartend blickte ich auf die Leinwand der Kölschbar. Würde gleich Anke Engelke die Punkte verkünden? Lautern three Points? Cologne: End of Game?
Ausgangslage
Lautern hat nicht gewonnen. Lautern hat auch nicht mit einem Unentschieden verloren, sondern mit 4:2. Gegen Cottbus. Das Schneckenrennen um Platz 3 geht also weiter. Idrissou, der so gerne Champions League spielt, brüllte anschließend etwas von der “dümmsten Mannschaft der Liga” und meinte damit seine eigene. Dabei könnte man doch meinen, der effzeh wäre dümmer, wenn man manch Kommentar der letzten zwei Wochen Glauben schenken möchte. Die Angst vor dem Aufstieg nannte der ksta die derzeitige Siegsperre des Clubs und überging dabei großzügig, dass der 3. Platz noch gar nicht unbedingt zum Aufstieg berechtigt. Vielmehr bietet er das Ticket für nervenaufreibende zwei weitere Spiele gegen einen Erstligisten, der seine Felle davon schwimmen sieht. Ob man das will? Solche Duelle? Fragt mal nach bei Kobiashvili. Der soll angeblich einen Antrag auf Streichung des 3. Platzes in der Endtabelle gestellt haben, ausgerechnet beim DFB, der ihn nun nicht so richtig lieb hat. Weil er keinen Bock auf Relegation hatte. Doch der Antrag wurde abgelehnt. Anders als in manchen Hotels, die aus Aberglaube über keinen 13. Stock verfügen, weist die Tabelle also weiterhin einen 3. Platz aus.
Ja, verdammt, will den denn keiner erreichen? Lautern sträubt sich, den Platz zu behalten, der effzeh sträubt sich, sich den Platz zu krallen und der FSV? Der lacht sich kaputt und fährt am Wochenende vergnügt nach Lautern, um ihn sich vielleicht zu holen. Den Platz, der nicht zum Aufstieg, aber zu den Spielen um den Aufstieg berechtigt.
Punkteabstand zwischen Lautern auf Platz 3 und Frankfurt auf Platz 5: Zwei Punkte. Und dazwischen der effzeh. Eieiei, das kann noch was werden.
Und der kommende Gegner? Heißt VfL Bochum und hat einen Trainer, der derzeit eine weitere Wiederaufstehung feiert und einen absurden Friseurtermin zum Haarefärben plant (wie er jeden wissen lässt). Seitdem Peter Neururer, der Trainer mit dem sympathischen Irrsinn, beim VfL erneut das Zepter schwingt, hat die Mannschaft drei ZuNull-Siege eingefahren. Eine ganze Stadt ist euphorisiert und (zu Recht) davon überzeugt, den Klassenerhalt zu schaffen. Übrigens ohne Relegation. Die ist nämlich noch stressiger, wenn es im Negativfall nach unten statt nach oben geht.
Wir spielen also gegen den VfL Bochum, dem Herbert Grönemeyer einmal die Textzeile “machst mit nem Doppelpass jeden Gegner nass” widmete. Seit letzter Woche wissen wir: Wir machen mit einem (missglückten) Doppelpass(versuch) jeden Gegner froh, schließlich leiteten wir das 1:1 dadurch am vergangenen Sonntag selbst ein. Keine Ahnung, wieso, aber das halten wir jetzt mal als ein gutes Omen fest.
Personelle Lage
Der VfL besiegte seine letzten drei Gegner stets mit derselben Startformation (Luthe – Freier, Maltritz, Acquistapace, Lumb – Kramer, Goretzka, Tasaka, Rzatkowski – Dedic, Aydin). Nun könnte allerdings Stürmer Mirkan Aydin ausfallen, der sich in der letzten Partie in Sandhausen eine Wadenprellung zuzog. Sollte dieser ausfallen, wird damit gerechnet, dass Alexander Iashvili in den Kader der Bochumer zurückkehrt, der bislang von Neururer noch nicht eingesetzt wurde. Letztgenannter wies jedoch darauf hin, dass die Aufstellung nicht der entscheidende Faktor sei, das Spiel erfolgreich zu gestalten. Vielmehr ginge es um die Einstellung seines Teams, um gegen den favoritisierten effzeh bestehen zu können, schließlich trennten beide Mannschaften fußballerisch Welten, so der Coach, der sich zuletzt mit Stani einen brutalen Beef lieferte. Zumindest wollten die Medien uns dies glauben lassen.
Empfehlenswert wird es zudem sein, bei unserem Gegner auf den jungen Leon Goretzka zu achten. Der 18jährige Mittelfeldspieler erzielte bislang in 29 Zweitligapartien vier Tore und wird von der halben Bundesliga gejagt, so dass es nicht verwundern würde, sollte er in der kommenden Spielzeit in einem anderen Trikot auflaufen.
Beim effzeh war zu hören, dass Strobl etwas Grippe hat. Ob er rechtzeitig fit wird, werden wir sehen. Andernfalls dürfte das Duo Matu/Lehmann erneut das defensive Zentrum bilden. Matu sollte dabei allerdings Acht geben, nicht zu stark hinzulangen, schließlich steht er bei vier Gelben Karten. Davon abgesehen bleibt die Gretchenfrage, wie Stani seine Offensive gestalten wird. Erhält Pritsche neben Ujah eine erneute Chance von Anfang an? Schließlich spielte er bei seinem Startauftritt zwar teilweise unglücklich, dennoch erwies er sich als belebendes Element im Sturm, das sichtbar Spielpraxis benötigt, um sich besser in die Angriffsabläufe einfinden zu können. Oder hält Stani an dem Major fest, der zuletzt einiges um die Ohren bekam, um ihm demonstrativ den Rücken zu stärken?
Ausblick
Gestattet sei noch ein kleiner Blick in die Glaskugel: Es wird interessant zu beobachten sein, inwiefern die zwischenmenschlichen Störungen uff de Betzebersch dazu führen werden, dass der FCK weiter ins Wanken geraten wird. Das sollte aber nicht das Hauptthema des effzeh sein. Vielmehr zeigen die letzten Wochen, dass eine zu starke Fokussierung auf dieses Fernduell (das ja durch den FSV zu einem Triell wird) lähmende Auswirkungen haben kann. Insofern ist es ratsam, sich ausschließlich auf den kommenden Gegner zu konzentrieren, der durch seinen Aufwind schwierig genug zu bespielen sein wird.
Da das Hinspiel 3:1 ausging, wird es nun 3:0 lauten. Für den effzeh. Weil einfach irgendwann einmal der offensive Knoten platzen muss, bei all dem Aufwand, der betrieben wird. Wobei ein 2:0 aus Kölner Sicht auch schon einmal schön wäre. Wie auch immer: Come On effzeh!!!
Stimmen der Redaktion
Clonelow: Läuft!
Gerosimo: Wer morgens verzagt hat’s mittags längst bereut. Es ist wie es ist, es wird Nacht und es wird Tag. – Spieltag Nummer 32 wird in die Geschichte eingehen als der, an dem der effzeh Platz 3 erreicht hat und bis zum Saisonende nicht mehr abgegeben hat. Dem Unentschieden in Kaiserslautern geht tags zuvor ein 3:1-Arbeitssieg des 1. FC Köln an der Ruhr voraus. – Leichter Schwur, Komm zur Ruhr.
taneu: Wieder mal darf der effzeh vorlegen. Laut dem Gesetz der Serie müsste es diesmal wieder klappen.
antistar: Das nächste Heimspiel im Pott. Die FC-Fans wieder fünfstellig als Rote Wand hinter ihrem Team. Da kann doch nichts schiefgehen, wenn sogar der Fußballgott uns eine neue Chance gibt. Ganz ehrlich, leeven Pitter: Am Ende tanzt der Hennes!!! P.S.: Hat Magic Ehret am Samstag Zeit?
PapaLöwe: Ein Unentschieden gegen 60 wird zunächst zur gefühlten Niederlage. Zwei Tage später ist es dank Cottbus plötzlich ein gefühlter Sieg. Was wurde gegen die Mannschaft gewettert, und doch fahren fahren wieder gefühlte 10.000 Kölsche nach Bochum mit. Sorry – da bin ich verwirrt. Fakt ist: Wir haben es selber in der Hand, weil Lautern nur noch 5 oder 7 Punkte holt. Und dafür brauchen Mannschaft und Verein uns jetzt. Uns! Die Fans des 1. FC Köln!