Der effzeh bleibt nichts für Herzinfarkt-gefährdete Anhänger: Nach 60 Minuten zum Aufregen kommt eine Schlussphase mit brandgefährlichen Aktionen auf beiden Seiten. Erneut hat Peter Stöger ein Ass im Ärmel, erneut bleibt der Sturmtank eiskalt, erneut ist kurz vor Schluss noch alles möglich. Die Einzelkritik.
Timo Horn Einfach immer da, wenn man ihn braucht. Was sonst Männer nur über ihre besten Freunde sagen, trifft in der Regel auch auf Timo Horn zu. Rondorfs Finest, beim Gegentor machtlos, wurde nicht oft geprüft, war aber stets auf dem Posten. Mit den Fingerspitzen der linken Hand lenkte das effzeh-Eigengewächs den Ilicevic-Schuss an die Oberkante der Latte – und ermöglichte damit die Aufholjagd. Die drei Punkte und der Torwart-Hüne: Ziemlich beste Freunde!
Jonas Hector „Kerngeschäft nicht vernachlässigen, Krieger“ riefen wir ihm letzte Woche hinterher. Das schien der Nationalspieler, erneut von Bundestrainer Joachim Löw ins DFB-Team berufen, zu beherzigen. Schwebte wie gewohnt sicher über den Platz, musste allerdings in der Luft gegen Gregoritsch Schwerstarbeit verrichten. Das Gegentor fiel erneut über seine Seite, auch wenn ihn wenig Schuld traf. Nach der Auswechslung mit zwei Debüts: Erst Kapitän und dann der erste Torvorlage in der Bundesliga. Eine Binde mit Flügeln quasi.
Dominique Heintz Bodenständig wie sein Charakter. Im Spielaufbau ganz häufig mit dem langen Schlag (Hoch und weit bringt Sicherheit!), der allerdings selten den eigenen Mitspieler fand. Beim 0:1 leider nicht aufmerksam genug. Dennoch: Ließ auch diesmal im Verbund mit Sörensen wenig zu, war aber gegen Leichtathlet Schipplock nicht die schwerste Aufgabe. Mitunter recht unbeholfen bei der Klärung von gefährlichen Situationen, da wurde mehrfach das Kreisliga-Holz (fünf Meter weit, 30 Meter hoch!) ausgepackt. Es muss auch nicht immer Feinkost sein!
Frederik Sörensen Ice, Ice, Baby! Hat unseren Dänen eigentlich schon jemand in Hektik verfallen sehen? Mit nordischer Noblesse schickt Kölns Dolph Lundgren auch gegen den HSV die Gegner zu Boden und macht dabei viele kleine, aber enorm wichtige Dinge extrem gut. Nur einmal, da schien Dänemarks Ein-Mann-Bollwerk unaufmerksam: Cleber schnüffelte jedoch nur kurz am Ausgleich. Das Lächeln nach dem Abpfiff: Fast ein Emotionsausbruch für den Abwehr-Hünen.
Pawel Olkowski Auf dem Weg zurück zu alter Stärke? Da hat sich der gute Pawel leider erst einmal verfahren. Sah gegen Ilicevic häufig nicht optimal aus – und blieb offensiv nahezu wirkungslos. Die Hoffnung bleibt, dass Stöger und Co beim in der Vorsaison so starken Polen das Navi wieder richtig einstellen und er zurück in die Spur findet.
Matthias Lehmann Gegen den HSV wie ein Kapitän ohne Schiff, denn die Mittelfeld-Zentrale gehörte an diesem Samstag ganz klar den Gästen. Kam gegen Ekdal, Holtby, Jung und Kacar nicht in die Duelle und dort mehrfach zu spät. Und während er noch im Logbuch kramte, ob nicht auch Kölner Offensivkräfte auf dem Platz zu finden seien, nahm ihn Peter Stöger von der Brücke. Und setzte damit das Segel für eine stürmische Schlussphase.
Kevin Vogt Der Balancegeber im Kölner Mittelfeld suchte selbst nach der richtigen Feinabstimmung, war aber erneut der heimliche Chef auf dem Platz. Vogt lief, grätschte, köpfte, kämpfte, spielte, dirigierte, diskutierte – immer am Anschlag. Beherrscht die feine Klinge ebenso wie den Gegner über selbige springen lassen. Vor dem 0:1 mit grobem Patzer (nicht sein einziger an diesem Tag!), vor dem Ausgleich mit dem klugen, öffnenden Pass (nicht sein einziger an diesem Tag!). Vogt eben!
Marcel Risse Bayern hat Thiago, der effzeh hat Diago. Egal, wo er den Ball bekam, egal, wer da vorne herumturnte: Marcel Risse brachte den Ball von der rechten Seite aus quer Richtung Angriff. Das war 60 Minuten nicht das cleverste Mittel, weshalb Peter Stöger die Notbremse zog. 20 Meter weiter hinten als Rechtsverteidiger sah Risse auf einmal wieder Spieler vor sich, die er flach in den Fuß anspielen konnte. Oh Wunder, ein Wunder!
Leonardo Bittencourt Ein verspielter Welpe auf einer grünen Wiese. Immer aktiv, immer in Bewegung, aber alles irgendwie ziellos und ohne die rechte Effizienz. Das beste Beispiel lieferte die Nachspielzeit, als er die Verlängerung von Anthony Modeste klasse antizipierte und dann beim Querpass nicht konzentriert genug war. Die Schönheit des Spiels liegt manchmal in seiner Einfachheit – Leo muss das noch lernen!
Anthony Modeste Der Tarnkappenbomber des 1. FC Köln. War lange Zeit bei Spahic und Cleber sehr gut aufgehoben und dürfte angesichts der Vielzahl der langen Bälle heute an Nackenstarre leiden, dazu wurde „Big Mo“ noch einmal ordentlich von Adler abgeräumt. Nach einer Stunde kam dann wohl sein Zwillingsbruder: Abschlussfreudig und mit starken Laufwegen. Vor dem Elfmeter mit einer Georgi-Donkov-Gedächtniseinlage, die allerdings nur kurz währte. Vom Punkt dann wieder der alte, der gute Anthony Modeste!
Simon Zoller Der effzeh hatte in der Vergangenheit ein großartiges Händchen dafür, den falschen Bruder aus einer Familie zu verpflichten. Die Namen Cebinac und Arveladze seien hier spontan in die Runde geworfen. Bei Simon Zoller hatte man auch lange das Gefühl, der FCK hätte uns das untalentierte Geschwisterkind aus der Zoller-Familie geschickt. Doch nach Leihe kehrte wohl der gute der beiden zurück. Nur gegen den HSV schien dieser nicht zu können. Technische Fehler reihten sich aneinander, Zoller bekam kaum Bindung zum Spiel und wandelte kurzzeitig an der Kante zur Gelb-Roten Karte. Nächste Woche dann bitte wieder der richtige “Zolli”!
Milos Jojic Ein zauderndes Genie, ein Mann mit göttlichem Gefühl in den untersten Extremitäten und der Handlungsschnelligkeit von Mato Jajalo. Was für Traumpässe Jojic aus dem Fußgelenk zauberte, wie oft er mit dem Ball am Fuß einschlief. Wie ein serbischer Dittsche, nur ohne Bademantel. Unberechenbar. Es könnte, ma sagn, der geniale Einfall kommen – es könnte aber auch die x-te Wiederholung des Klassikers „Ey Mann, wie kam denn da der Unsinn zustande?“ werden.
Philipp Hosiner I werd narrisch: Auch ohne die Vorgeschichte wäre das ein Debüt nach Maß gewesen. So ist es aber die vermutlich schönste Storyline, die der effzeh in den vergangenen 20 Jahren schreiben durfte. Hosiner ist der perfekte Joker: Direkt da, direkt wach, direkt gefährlich. Und vor dem Tor kälter als einst Toni Polster, der am 25. April 1998 gegen 1860 München das letzte Tor eines Österreichers im effzeh-Trikot erzielte (in der 1. Bundesliga wohlgemerkt). Willkumme in Kölle, Philipp!
Yannick Gerhardt Zeig der Welt, dass du besser bist als Holtby! Ob Manfred Schmid ihm diese Unverschämtheit ins Ohr geflüstet hat, als Yannick direkt nach dem 2:1 zur Absicherung der Führung ins Spiel kam – und damit den wohl undankbarsten Job des Tages abräumte? Seine Aufgabe war jedenfalls simpel: Sich mit Macht gegen die Angriffswellen der dezimierten Hamburger stemmen. YG31 konnte jedenfalls nicht viel ausrichten: Drei Ballkontakte, eine hundertprozentige Passquote und drei Zweikämpfe später waren die drei Punkte im Ziel.