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Vehs Frontalattacke: Mitgliederrat des 1. FC Köln reagiert mit deutlichen Worten

Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Als effzeh.com vor zwei Wochen in einem Leitartikel anmahnte, die Führungsetage des 1. FC Köln nähere sich dem Stil ihres Vorgängers Wolfgang Overath an, war bei manchen Lesern die Aufregung groß. Werner Spinner, Toni Schumacher und Markus Ritterbach als Sonnenkönige zu betiteln – gibt es dafür denn eine Grundlage? Die Antwort lautet immer noch ja. Denn spätestens mit dem jüngsten Vorstoß Armin Vehs, dem loyalen Geschäftsführer des Vorstandstrios, ist nun auch für den letzten treuen Vorstandsfan bewiesen, was in letzter Zeit ohnehin offensichtlich war: Den Verein vereinen, das will in Vorstand und Geschäftsführung wirklich niemand mehr.

Kurz vor der Mitgliederversammlung fallen beim 1.FC Köln die Masken. Zunächst hatte der Vorstand mit seinen erneuten Hoodie-Geschenken und der mit der Einladung zur Mitgliederversammlung verschickten harschen Kritik an einem Satzungsänderungsantrag die heiße Phase eingeleitet, nun hat Veh nachgelegt.

Anlass für Vehs Vorstoß war die Berufung Jörg Jakobs in den Aufsichtsrat – der Immobilienexperte Joern Stobbe musste für den ehemaligen Kaderplaner kurzerhand im Gremium weichen. Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Besetzung des Aufsichtsrats kurzfristig ändert: Im April 2016 trennte man sich sogar überraschend vom damaligen Vorsitzenden Jürgen Sieger – zuvor war es zum Streit über die Einhaltung grundsätzlicher Regeln gekommen. Beim Vorstand dürfte man sich nun zu dem Schritt entschieden haben, da Jakobs sportlich ein nachgewiesener Experte ist – dass man nach dem Abstieg mit der gleichen sportlichen Inkompetenz auf Führungsebene weitermache, kann mit Jakobs im Aufsichtsrat niemand mehr bemängeln. Das dürfte die Überlegung in der Führungsetage gewesen sein.

Jakobs-Berufung kommt überraschend

Dennoch kommt die Personalie überraschend: Jakobs hatte sich vor nicht allzu langer Zeit gegen ein weiteres Engagement beim 1. FC Köln entschieden, man trennte sich nicht gerade in freundschaftlicher Herzlichkeit. Nun sitzt mit dem ehemaligen Kaderplaner jemand im mächtigen Kontrollgremium, der vor kurzem noch Gehalt von dem Unternehmen bekommen hat, das er nun überwachen soll. Verboten ist das nicht – aber es wirft Fragen auf. Auch bei den Vorsitzenden des Mitgliederrats, die der Personalie effzeh.com-Recherchen zufolge nicht zugestimmt haben, da offene Fragen im Vorfeld von der Vereinsführung nicht beantwortet wurden.

Stefan Müller-Römer | Foto: Sebastian Bahr

Es ist unbekannt, ob sich Armin Veh darüber aufgeregt hat, dass die Mitgliederrats-Vertreter die Entscheidung nicht mitgetragen haben oder welche Motive der Geschäftsführer Sport sonst noch hatte, als er am Dienstag nach der Partie gegen Ingolstadt zur Frontalattacke auf den Mitgliederrat und seinen Vorsitzenden, Stefan Müller-Römer, ansetzte. Veh, der einzige in der Führungsriege, dem der Misserfolg des Abstiegs kaum anhaftet, lederte vor versammelter Presserunde los. „Vollamateure“ säßen im Mitgliederrat und „der mit dem Doppelnamen“ sei „unerträglich“ ließ der Mann mit überschaubarer FC-Vergangenheit wissen. Ohnehin wollten einige in diesem Gremium, „den Verein übernehmen“, erklärte Veh.

Vehs Attacke ist eine respektlose Unverschämtheit

Unabhängig davon, dass der 57-Jährige inhaltlich daneben liegt: Seine Worte sind eine respektlose Unverschämtheit, die in jedem mittelständischen Unternehmen zur Kündigung, mindestens aber zu einer saftigen Abmahnung führen würden. Dass ein Angestellter über die Aufsichtsgremien des Vereins öffentlich herzieht und einzelne Vereinsmitglieder öffentlich angeht, würde in keinem seriösen Unternehmen dieser Welt geduldet werden. Zumal Veh bei der KGaA angestellt ist – die Belange des Vereins gehen ihn nichts an. Der Geschäftsführer hat die gewählten Gremien des Vereins weder öffentlich zu bewerten, noch sonst irgendwie zu kritisieren.

“Ein Problem ist für mich, dass nicht mehr mit Respekt um die Sache gerungen wird. Es werden Menschen persönlich angegangen.”

Auf effzeh.com-Nachfrage wollte man sich beim 1. FC Köln nicht weiter dazu äußern. Dass die Verantwortlichen weder eine Entschuldigung noch eine anderweitige Stellungnahme zum Gepolter des Geschäftsführers abgeben wollten, ist bezeichnend. Noch vor wenigen Tagen ließ Finanzchef Alexander Wehrle im „Express“ schließlich wissen: „Ein Problem ist für mich, dass nicht mehr mit Respekt um die Sache gerungen wird. Es werden Menschen persönlich angegangen.“ Es scheint den einen Geschäftsführer ziemlich wenig zu interessieren, was der andere Geschäftsführer so erzählt. „Ich habe was gesagt und dabei bleibt’s“, ließ Veh den „Express“ am Mittwoch in üblicher Manier noch wissen.

Für effzeh.com gab es nicht einmal dieses Statement. Da die Richtung unserer Berichterstattung ja ohnehin schon feststehe, brauche man auch keine Stellungnahme abgeben, ließ man auf unsere Anfrage wissen. Eine Antwort auf unsere Fragen, ob Veh sich erklären oder gar entschuldigen wolle, gab es vom Verein also nicht. Ein Grund für die Verweigerung weiterer Erklärungen zur Attacke Vehs könnte sein, dass Armin Veh andere als “Vollamateur” bezeichnet, streng genommen aber selbst genau das ist: Veh ist Fußballtrainer, den Job des Geschäftsführers hat er nicht gelernt und bisher bei einem Bundesliga-Club lediglich für kurze Zeit beim VfL Wolfsburg (wenig erfolgreich) ausgefüllt. Das merkt man in diesen Tagen auch.

Mitgliederrat ist mit Vollprofis besetzt

Dass die Worte Vehs nicht ohne Widerspruch bleiben würden, dürfte aber selbst dem Geschäftsführungsanfänger aus Schwaben nicht überrascht haben. Schließlich sitzt im Mitgliederrat des 1. FC Köln eine ganze Reihe Vollprofis aus verschiedenen Bereichen: Ob Juristen, ehemalige Verwaltungschefs, Aufsichtsräte in großen Unternehmen oder Unternehmensleiter – allein die Vorsitzenden Stefan Müller-Römer und Carsten Wettich bringen als Juristen mehr Expertise in Sachen Gesellschaftsrecht mit, als Veh vermutlich in diesem Leben noch erlangen wird.

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effzeh.com-Informationen zufolge hat der Vorstoß Vehs daher auch zu heftigen internen Reaktionen seitens des Mitgliederrats geführt. Walther Boecker, Bürgermeister a.D. und somit kaum im Verdacht der Amateurhaftigkeit, hat sich am Mittwoch mit einem Brief an Armin Veh gewandt, den man guten Gewissens als schallende Ohrfeige bezeichnen kann. Unserer Redaktion liegt der Text vor. Die Einordnung Vehs sei entweder bösartig und damit ein Verstoß gegen die Charta des 1. FC Köln oder sie entspringe der ungenügenden Auseinandersetzung mit dem Mitgliederrat. „Das konnten Sie ja vielleicht auch deshalb nicht, weil sie bisher nur einmal bei einer Sitzung des Mitgliederrates anwesend waren“ so Boecker. Damit ist auch klar, dass Veh sich um das von ihm beleidigte Gremium bisher kaum geschert hat – also auch keinerlei Grundlage für seine Äußerungen hat.

Keinerlei Revolutionsbestrebungen bekannt

Der Vorwurf, Mitglieder des Gremiums wollten den „Verein übernehmen“, also sich ins Tagesgeschäft einmischen und „mitregieren“, ist ohnehin hanebüchen, da der Verein den Mitgliedern gehört. Mehr als die in der Satzung verankerte Kontrollfunktion möchte und darf das Gremium nicht wahrnehmen – Revolutionsbestrebungen sind effzeh.com auch nie bekannt geworden.

“Gerade nach den Äußerungen von Herrn Wehrle zum respektvollen Umgang wundern mich die persönlichen Angriffe doch sehr.”

Widerspruch gibt es aber nicht nur von Boecker, auch Ho Yeon-Kim, ebenfalls amtierender Mitgliederrat, äußert sich auf effzeh.com-Nachfrage deutlich zum Vorstoß des Geschäftsführers. „Die Äußerungen von Herrn Veh sind völlig deplatziert. Ich weiß, mit welchem Engagement Stefan und Carsten für den Verein aktiv sind. Als Vertreter unseres Gremiums sollen sie kritische Fragen stellen. Gerade nach den Äußerungen von Herrn Wehrle zum respektvollen Umgang wundern mich die persönlichen Angriffe doch sehr.“ Die Vorsitzenden Müller-Römer und Wettich verzichteten auf persönliche Stellungnahmen.

Dass mit Müller-Römer ein einzelner Vertreter unter der Gürtellinie angegriffen wurde, ist beim 1. FC Köln leider nichts Neues – und belegt, wie sich die aktuelle Führungsetage seinen Vorgängern angenähert hat. Schon Ex-Präsident Wolfgang Overath sah im damaligen FC-Reloaded-Chef einen persönlichen Feind. „Der mit den Haaren“, nannte Overath seinen Kritiker – und agierte dabei ähnlich stillos wie nun Veh.

Müller-Römer war maßgeblich an Neuausrichtung beteiligt

Wolfgang Overath | Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images

Müller-Römer nahm das ohne öffentliches Klagen hin. Als Overath sich selbst erledigte und den Verein (fast insolvent) im Regen stehen ließ, übernahm er Verantwortung, entwickelte in der Satzungskommission die neue Satzung und übernahm ehrenamtlich den Vorsitz des neuen Mitgliederrats. Der Jurist hat sich also durchaus um den Verein verdient gemacht – der 1.FC Köln hat ihm mehr zu verdanken als etwa Armin Veh. Müller-Römer gilt als hartnäckiger Kontrolleur – genau das ist allerdings auch seine Aufgabe im Mitgliederrat. Das Problem: Die Vereinsführung möchte sich offensichtlich nicht kontrollieren lassen.

Selbst bei eindeutig den Verein und nicht die KGaA betreffenden Vorgängen verweigert die Club-Führung dem Mitgliederrat unseren Informationen zufolge mittlerweile regelmäßig die Akteneinsicht. In Sachen Jörg Jakobs, so viel erklärte der Club auf Anfrage dann doch, seien die beiden Vorsitzenden rechtzeitig informiert gewesen. „Eine darüber hinausgehende Informationspflicht gegenüber dem Gremium Mitgliederrat bestand und besteht nicht” – eine vielsagende Andeutung.

Es mag derzeit unrealistisch erscheinen, aber zu Beginn ihrer Tätigkeit beim 1. FC Köln arbeiteten Spinner, Schumacher und Ritterbach noch konstruktiv mit dem Mitgliederrat zusammen. Im Laufe der Zeit distanzierte sich das Vorstandstrio ebenso wie Ex-Geschäftsführer Jörg Schmadtke und nun offenbar auch sein Nachfolger Veh zunehmend vom Kontrollgremium – stets mit der Begründung, der Mitgliederrat habe kein Recht auf Akteneinsicht.

Das Schweigen des Vorstands spricht Bände

Es ist geradezu ironisch: Ohne das langjährige Engagement Müller-Römers wäre der aktuelle Vorstand schließlich wohl nicht im Amt. Das Schweigen des Trios Spinner, Ritterbach und Schumacher nach Vehs unterirdischer Attacke, spricht Bände. Statt Veh zurechtzuweisen, gibt der Vorstand mit der stillschweigenden Billigung der öffentlichen Pöbelei des Geschäftsführers erneut ein schwaches Bild ab.

Es scheint der Vereinsführung nur noch um Eigeninteressen und einen für sie möglichst günstigen Ausgang der Wahl zum Mitgliederrat zu gehen – egal mit welchen Mitteln. Demokratische Verhältnisse, ein vereinter Verein und die Werte der FC-Charta stehen da offenbar hinten an. Und so ist klar: Es dürften turbulente Wochen und dann schließlich eine furiose Mitgliederversammlung auf den 1. FC Köln und seine Anhänger zukommen. Einiges wird in der Lanxess Arena zur Sprache kommen. Armin Veh hoffentlich nicht.

Text: David Schmitz und Christopher Kohl

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