Die Aussagen des DFL-Chefs Christian Seifert sind auf ein großes Echo gestoßen. Die Fanorganisation „Unsere Kurve“ kritisiert die Äußerungen in einem öffentlichen Brief scharf.
Mit scharfen Worten kritisiert die Fanorganisation „Unsere Kurve“ die Äußerungen des DFL-Geschäftsführers Christian Seifert. In einem offenen Brief weist die Interessengemeinschaft darauf hin, dass Gesetze und Gerichte über Rechtsverstöße entscheiden würden – und nicht Firmen und Verbände. „Lieber Herr Seifert, wir möchten Sie daran erinnern, dass die Bewertung, was freie Meinungsäußerung und was Beleidigung ist, in Deutschland das Strafgesetzbuch und im Zweifel ein ordentliches Gericht übernimmt. Juristische Grenzen müssen dabei keinesfalls ausgelotet werden – sie stehen durch die genannten Institutionen längst transparent fest“, betont „Unsere Kurve“.
„Wir wundern uns sehr über Ihre Rechtsauffassung, wenn Sie ein brutales und fragwürdiges Vorgehen der spanischen Polizei herbeisehnen, welches erst kürzlich die Verantwortlichen des FC Bayern München dazu brachte, die Bundesregierung um Unterstützung zu bitten“, heißt es weiter im offenen Brief: „In einem Punkt stimmen wir Ihnen aber zu, Herr Seifert. So ist es auch uns schleierhaft, warum manches Stadion durch die Polizei in ein Krisengebiet verwandelt wird. Hier scheinen die populistischen Forderungen der Polizeigewerkschaften wohl wichtiger, als fundierte Polizeiarbeit und wissenschaftliche Erkenntnisse. Die IG Unsere Kurve appelliert deshalb an Sie, die DFL wie auch den DFB juristische Einschätzungen dem deutschen Rechtsstaat zu überlassen.“
Seifert: “Das Verhalten ist verachtenswert”
Seifert hatte in einem Interview mit ausgewählten Journalisten unter anderem die Vorfälle in Köln thematisiert: „Die Verhaltensweise von einigen Fans ist asozial – das hat nichts mehr mit kritischer Meinungsäußerung zu tun. Es geht hier um das Ausloten persönlicher und vielleicht juristischer Grenzen unter dem Deckmantel der Fußballkultur. Das Verhalten ist verachtenswert und dient nur noch zur Selbstinszenierung“, erklärte der DFL-Geschäftsführer. In Wahrheit seien diese Personen die Totengräber der Fankultur, um die es ihnen angeblich ginge. Seifert verzichte lieber auf Choreografien, wenn der Preis dafür Gewalt-Exzesse und Pyro seien.
„95 Prozent der Zuschauer ist nicht mehr klarzumachen, warum Stadien aussehen wie militärische Krisengebiete, weil über der Stadt die Hubschrauber kreisen und vermummte Polizisten rumlaufen. Wenn das alles nötig ist, um die vermeintliche Fußballkultur zu schützen, sollten wir darüber nachdenken, was wir unter Fußballkultur verstehen“, betonte Seifert, der darüber hinaus die Gesetzlage und vermeintlich laschen Umgang mit potenziellen Gewalttätern kritisierte: „Eine Besserung ist schwer zu erreichen, wenn in Madrid Täter für vier Monate ins Gefängnis gehen, aber bei uns in Deutschland Busse mit Schlagstöcken, Schlagringen und brennbaren Materialien aufgehalten werden und dann werden nur die Personalien aufgenommen und die Leute nach Hause geschickt.“