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Taktikwechsel

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„Vertikale! Des ischt wo wir in Zukunft spiele wolle. Denn nur so sind de Spanier und de andere Mannschafde heutzudage noch zu knagge.“ So oder so ähnlich läuteten unsere beiden Nationaltrainer Klinsmann und Löw damals die taktische Zeitenwende in der Nationalmannschaft ein. Was hatte das zu bedeuten?

Chronologisch ist das recht einfach nachzuvollziehen. Nachdem man jahrelang mit Libero und damit eigentlich mit fünf Abwehrspielern spielte, versuchte man sich an der Dreierkette. Weil das damals modern war und die in England das auch so spielten. Nachdem dieses Experiment völlig in die Hose ging, stieg man um auf ein 4-4-2. Jedoch aufgefächert. Das heißt, dass das Mittelfeld trotzdem noch mit zwei Defensiven agiert. Das große Manko an der Konstellation ist jedoch das große Loch im offensiven Mittelfeld, durch das die Gegner recht ungehindert bis hinter die Mittellinie gelangen ohne einen Mittelfeldspieler zu nutzen. Um diese Lücke zu schließen, schaltete man auf die „Raute“ im Mittelfeld um. Das opferte zwar einen Defensiven, brachte dafür aber maximale Offensive. Neben dem klassischen aufgefächerten 4-3-3 gilt diese Aufstellung bis heute als die von vornerein offensivste. Sie bringt jedoch den Nachteil mit sich, dass nach Überwinden der vorderen drei Spieler die Abwehrreihe recht schutzlos vor den Stürmenden steht und dass man extrem schnelle Spieler für diese Art zu spielen benötigt.

Deswegen hat sich der moderne Fußball aus einem starren Prinzip heraus bewegt und eine Sturm Mittelreihe eingeführt. Von oben betrachtet entspricht die Spielweise einem 4-5-1 und ist heutzutage neben dem 4-4-2 in der Raute die wohl am meisten praktizierte taktische Grundausrichtung. Man kombiniert beim 4-5-1 zwei defensive Mittelfeldspieler mit einer Dreierreihe hinter der alleinigen Spitze. Der Clou an der Geschichte ist, dass je nach Ballbesitzsituation diese Dreierreihe entweder offensiv oder defensiv auftritt. Das bringt neben einer Menge Laufarbeit auch große Anforderungen an das taktische Verständnis der eigentlichen Spieler mit. Und nebenbei zu sehr vielen vertikalen (also von unten nach oben auf dem Reißbrett) Pässen von den defensiven Mittelfeldspielern (DM), die in dieser Formation immer mehr die Rolle des Spielmachers übernehmen. Weitere Anforderung an dieses System ist neben passstarken DMs und laufstarken und cleveren OMs vor Allem ein Stürmer, der das Ablegen perfekt beherrscht (s. Lewandowski oder Mandzukic).

Jetzt stellt sich dem geneigten Leser natürlich die Frage: Und warum jetzt das ganze Vorgeplänkel? Die Antwort auf diese Frage ist ganz einfach. Ganz Köln fragt sich ob wir nun mit einem oder mehreren Stürmern spielen sollten? Und machen die Antwort auf diese Frage ganz alleine davon abhängig, ob unsere Etatmäßigen Stürmer zusammen harmonieren. Die Antwort ist jedoch vielschichtiger. Eine große Kölner Tageszeitung will sogar schon eine Krise ausmachen, da a) Stöger sie in Mainz nicht hat zusammenspielen lassen und b) beim letzten Spiel die beiden nichts gezeigt haben. Jedoch, und das will ich im Vornerein vorweg nehmen, ist jeder Gegner anders und damit auch die taktische Grundausrichtung mit der man gegen ihn antritt.

Kommen wir also nun dazu uns zu fragen wann der effzeh welches System spielen sollte. Und vor Allem mit welchem Personal.

 

Die Abwehr

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Hier gibt es nur wenig Diskussionsbedarf – taktisch sogar gar keinen. Wie oben bereits erwähnt, wird heutzutage mit vier Abwehrspielern und ohne Libero gespielt. Im Bedarfsfall ordnet sich ein DM in die Viererkette. Personell wird beim effzeh immer wieder über die linke Abwehrseite diskutiert. Die Auswahl besteht zwischen den jungen Spielern Hector und Wimmer. Ersterer hat eine überragende letzte Saison gespielt und wird nicht von Wenigen als einer der besten Einkäufe der letzten Jahre gehandelt. Wimmer hingegen konnte letzte Saison nicht überzeugen. Dieses Jahr hat er aber den Durchbruch geschafft und von der Verletzung McKennas und Nascimentos profitiert. Seine Stärken sind vor Allem das Kopfballspiel und seine präzisen Flanken. Beide Spieler haben ihre Daseinsberechtigung.

Derzeit ist die Diskussion hinfällig, wer auf der linken Seite zum Einsatz kommt, da Wimmer in der Innenverteidigung eingesetzt wird. Da McKenna und Nascimento jedoch auf dem Weg der Besserung sind und mit Golobart noch ein guter Innenverteidiger auf der Bank sitzt, wird Peter Stöger bald schon vor eine schwere Entscheidung gestellt. Diese wird aus seiner Sicht vor Allem durch die Spielweise im System entschieden werden. Und hierbei kommt es vor Allem darauf an ob man sich nach Vorne spielerisch arbeiten oder lange Strecken durch lange Bälle überwinden möchte. Hector ist durch seine Wuseligkeit eher der passende Spieler, der oft mit nach Vorne geht. Wimmer wäre sicherlich der Richtige um präzise und lange Bälle zu schlagen. Das Passspiel durch Mittelfeld (Hector) entspricht dem 4-5-1, die langen Bälle brauchen eher zwei Abnehmer – ergo 4-4-2. Ich denke wir werden in Zukunft beide Varianten erleben. Und ich höre schon den Boulevard tönen, dass die beiden Außen sich nicht mögen…Gott bewahre uns davor.

 

Das Mittelfeld

Jetzt wird es eher kompliziert. Gehen wir mal davon aus, dass Marcel Risse auf der rechten Außenbahn unantastbar ist, was meiner Meinung nach keine gewagte These darstellt. Dann bleiben immer noch mehrere Diskussionspunkte.
Zum Ersten ist da das defensive Mittelfeld und die Stelle an der man versuchen muss Stögers Entscheidung Matthias Lehmann als Chef auf den Platz zu schicken zu erörtern. Lehmann zeichnen vor Allem zwei Dinge aus: Seine Arbeit nach

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hinten und seine diagonalen Langpässe auf die Außen in den Bereich neben den Sechzehner. Das defensive Arbeiten ist vor Allem für das offensivere 4-4-2 enorm wichtig. Denn Lehmann ist der letzte Spieler vor der Viererkette und ohne Unterstützung eines zweiten DMs braucht es dort einen erfahrenen Spieler mit Defensivfähigkeiten. Ich kann mir im Kader des effzeh in dieser Situation niemand Besseren vorstellen. Seine zweite Fähigkeit, der Pass neben den 16er ist wichtig im 4-5-1, bei dem die Außenspieler die Aufgabe haben die Abwehr auseinander zu ziehen damit der einzige Stürmer unbedrängter Bälle verwerten kann oder der letzte Pass hinter die Abwehr geschieht um die zentralen Mittelfeldspieler zu bedienen.
Ergo ist Matthias Lehmann in beiden Taktiksystem der ideale Mann im Kader. Jedoch lastet auf ihm sehr viel Beobachtung und er spielt auf einer Position, die Fehler selten verzeiht. Zudem wirkte er letzte Saison oft unglücklich. Jedoch hat sich dies in den letzten Spielen gewandelt und damit Stöger Recht gegeben auf ihn zu setzen.

Und dann wäre da ja auch noch Mato Jajalo. Seit Jahren beim effzeh und seit Jahren wird von ihm als der technisch stärkste Spieler gesprochen. Bei Stöger aber mittlerweile abgeschrieben und das wohl auch zu Recht. Ist neben der Position im DM aber auch ein Mann in der Offensive und wird somit immer mal wieder zu Einsatzzeiten kommen. Bis zu seinem zu erwartenden Transfer im Winter.

Viel interessanter wird nun schon das Drei- bzw. Zweigestirn, bestehend aus eventuellem zweiten DM, linkem Außenbahnspieler und Spieler in der Zentrale bzw. hinter den Spitzen. Wird ein 4-5-1 gegen tief stehende Mannschaften gespielt, so hat sich Yannick Gerhardt (aka die Entdeckung der Saison) auf der zweiten DM Position bewiesen. Seine Stärken sind mit Sicherheit seine Gesamtdynamik und sein übersichtliches Passspiel. Das macht ihn zum offensiveren Teil der zwei Sechser. Seine Aufgabe ist es, bei der Bewegung nach Vorne die Spielsituation richtig einzuschätzen und sich öffnende Räume zu erkennen um diese zu besetzen und somit anspielbereit zu machen. Der Ball wird normalerweise dann zunächst von Lehmann auf die Außenspieler gegeben, die im Doppelpass mit Gerhardt den Weg nach Vorne suchen. Die Position neben Lehmann ist somit sehr anspruchsvoll für Kondition und Technik. Bisher hat Gerhardt die Rolle aber gut ausgefüllt und lässt somit keine Alternative zu ihm erkennen, sollte 4-5-1 gespielt werden. Das ist vor Allem schade für Matuschyk. Denn auch dieser ist der richtige Spielertyp für die Position. Schwierige Entscheidung  für Peter Stöger und man möchte nicht in seiner Haut stecken.

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Das Gleiche gilt wohl für die linke Außenbahn. Denn auch hier könnte wieder Gerhardt spielen. Oder Peszko. Oder Exslager. Oder Thiel. Wobei wir Letzteren jetzt mal herauslassen, da er sich bisher noch nicht entscheidend durchsetzen konnte. Und dann wäre da ja noch die Variante mit Halfar auf links und dann Matuschyk hinter den Spitzen – bisher schon einmal gesehen. Habe ich aber auch damals schon nicht verstanden und ist für mich Perlen vor die Säue und kein gutes 4-4-2. Also bleiben wir bei Gerhardt, Exslager und Peszko und die Frage ob wir Kontrolle wollen oder Geschwindigkeit, 4-5-1 oder 4-4-2. Bei 4-5-1 wäre Gerhardt aufgrund der besseren Ballkontrolle wohl der bessere Mann auf Linksaußen und würde gleichzeitig den Weg frei machen für Matu auf der Sechs. So bisher aber komischerweise noch nicht richtig gesehen.
Exslager und Peszko sind ähnliche Spielertypen mit völlig unterschiedlicher Statur, die beide aber auch einzusetzen wissen. Beide kommen aus der Geschwindigkeit und einem respektablem Passspiel. Während Exslager eher der der Typ ist, der sich durchsetzt, ist Peszko der flinkere und windet sich eher um seinen Gegenspieler. Letzteren sehe ich im 4-4-2 als zu favorisieren. Aber mit Exslager und Thiel stehen dahinter Leute bereit, die die Schwächen Peszkos jederzeit wett machen können. Exslager wenn es gegen robuste Gegner geht und Thiel wenn der effzeh auf Biegen und Brechen torgefährlicher werden muss. Also ein Mann für die letzten 10 Minuten. Und nächstes Jahr von Anfang an.

Trotz nur zwei Vorlagen Daniel Halfar hat sich festgespielt egal welches System geplant ist und gespielt wird. AUSSER dem 4-4-2 in der Raute, welches auf das Personal des effzeh zugeschnitten scheint. Aber das wird so schnell nicht kommen und somit braucht Halfar nur einen Spieler zu fürchten und auch dieser wird an der Ausrichtung nichts drehen können. Denn mit Sascha Bigalke steht ein ähnlicher Spieler zwar bereit aber das derzeit nur im Kraftraum. Wie schon besprochen hat Jajalo immer nur im Training den guten Spieler gemimt und Halfar kann derzeit wirklich alles besser als der Kroate. Im 4-4-2 wird Halfar mehr in die Tiefe bzw. „Senkrechte“ spielen wie Jogi sagen würde. Im 4-5-1 hat er mehr Freiheiten und kann noch besser mit den Sechsern oder den Außen das Passen glorifizieren. Problematisch in diesem System ist nur seine ziemlich schlechte Schussstärke, weswegen der Pass von den Außen an den Strafraum weg fällt. Ergo könnte in Zukunft auch mal Patrick Helmes diese Situation übernehmen. Denn der kann auch passen. Aber leider nicht dribbeln.

 

Der Sturm

Aber dafür mit Ujah zusammen spielen. Denn Helmes kann passen und schießen und ist keiner für die zentrale Position im Sturm um im Zweikampf mit 300 Spartanern den Kopfball zu suchen. Helmes hätte gerne die Position Halfars

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NACHDEM dieser den Pass auf die Außen gespielt hat. Dann könnte er beim Rückpass von hinten abziehen. Ansonsten ist er der ideale Konterspieler und damit auch gemacht für das 4-4-2. Denn alleine auf zwei oder drei Abwehrspieler das könnte er nicht. Und dafür brauch er Ujah. Ujah kann Bälle erkämpfen und hat einen sehr guten Kopfball. Also das genaue Gegenteil von Helmes. Und damit der bessere Mann für ein 4-5-1. Das Halten von Bällen, das Gewinnen von Kopfballduellen sind essentiell für einen Stürmer im 4-5-1. Und das müssen wir spielen, wenn wir Gerhardt auf der Sechs, Peszko auf links und Halfar hinter den Spitzen spielen sehen wollen.

 

Fazit

In beiden Systemen hätte der effzeh das nötige Personal. Das 4-4-2 eignet sich besonders für schnelle Bälle nach Vorne bzw. generell für ein schnelleres Spiel, welches eine hohe Passgenauigkeit erfordert. Ein Beispiel für eine Mannschaft, die dieses System gerne spielt ist Hannover 96. Die Konsequenz wäre mit Sicherheit, dass Gerhardt zu weniger Einsatzzeiten käme. Ich bin mir sicher, dass wir das System nächste Saison in der ersten Liga öfters sehen werden, da die Gegner tendenziell offensiver auftreten und sich somit mehr Räume ergeben werden. Dass Stöger gegen Mainz nicht diese Variante wählte, wird sein Geheimnis bleiben. Aber am Ende hat er Recht gehabt. Höchstwahrscheinlich war es der Respekt vor dem Gegner.

Das 4-5-1 wird Pitter vor Allem gegen tief stehende Gegner anwenden um die Abwehr sukzessive auseinander zu nehmen mit kurzen schnellen Pässen auf die Außen, angetrieben von Gerhardt. Helmes wird dabei nur in 50% der Spiele eine Rolle innehaben. Und das ist kein Konkurrenzkampf mit Ujah sondern einfach ein System, was nicht auf seinen Spielertyp passt. Oder er lernt zu dribbeln.

Kommen wir zum Schluss zu genau dem System, welches der Pitter gerne spielen würde.

Das fließende 4-5-1. Nur dazu bräuchte er einen spielenden Stürmer. Der spielt aber immer noch für Arsenal und ist derzeit leider verletzt.

Zuletzt zur Veranschaulichung, die aus meiner Sicht wohl besten Aufstellungen je nach Gegner:

Aufstellung im 4-5-1 © effzeh.comAufstellung im 4-4-2 © effzeh.com

 

 

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