https://effzeh.com

Stefan Müller-Römer im Vorstand des 1. FC Köln: Die richtige Entscheidung

Stefan Müller-Römer | Foto: Sebastian Bahr

Die Nachricht kam am späten Montagabend per Pressemitteilung: Der Mitgliederrat des 1.FC Köln entsendet seinen Vorsitzenden Stefan Müller-Römer in den Vorstand des Vereins. Der 50-Jährige folgt auf Werner Spinner, der in der Vorwoche zurücktrat. An die Spitze des Mitgliederrates rückt der bisherige stellvertretende Vorsitzende Carsten Wettich, dessen Nachfolger wird Walther Boecker. Diese Regelung greift bis zur nächsten Vorstandswahl, die voraussichtlich im September stattfinden wird.

Damit verschiebt sich das Kräfteverhältnis im Geißbockheim deutlich. Im Gemeinsamen Ausschuss stimmen nun für sechs Monate drei gewählte Mitgliederräte ab, zwei Vizepräsidenten und die Aufsichts- und Beiratsvorsitzenden. Und obwohl der Verein die Pressemitteilung diplomatisch formulierte, ist im Grunde klar: Stefan Müller-Römer agiert künftig als Interimspräsident – wenngleich seine Gestaltungsspielräume begrenzt sind und er sich keiner öffentlichen Schlammschlacht darüber aussetzen wird, wie sein Titel künftig heißen soll. Das hat er direkt deutlich gemacht. Die Stimme der Vereinsmitglieder erhält damit mehr Gewicht in der Vereinspolitik. Wie nötig das ist, haben die letzten Wochen gezeigt.

Der Mitgliederrat steht für Professionalität

Der Mitgliederrat hat mit der Nominierung seines Vorsitzenden die richtige Entscheidung getroffen. Das Gremium signalisierte Stefan Müller-Römer, dass es geschlossen hinter ihm steht – schließlich fiel die Entscheidung einstimmig. Gleichzeitig rückt mit Walther Boecker ein von vielen geschätzter Mann nach, dessen politische und diplomatische Fähigkeiten nun noch besser zur Geltung kommen werden. Dass Carsten Wettich nun den Vorsitz übernimmt, ist ebenfalls eine logische Konsequenz. Vor allem bewies der Mitgliederrat aber Professionalität: Er handelte nach Spinners Rücktritt schnell, nachvollziehbar und geschlossen. Diese Sachlichkeit wäre im gesamten Klub wünschenswert – immerhin erhält ein Gremium sie am Leben.

Mit Müller-Römer rückt ein Fachmann ins Präsidium, der ehrenamtlich jahrelang für den Verein arbeitete und sich dabei nie in den öffentlichen Fokus rückte. Zum Dank dafür überzogen ihn diverse Vorstände und Club-Angestellte mit Attacken, meist um von ihrem eigenen Versagen abzulenken. Diese Versuche wird es wohl auch in den nächsten Monaten geben. Viel Wind nahm Müller-Römer seinen Kritikern aber sofort aus den Segeln, indem er klarstellte, dass er bei der nächsten Mitgliederversammlung für kein Amt kandidieren wird.

Mitgliederrat des 1. FC Köln | Foto: Sebastian Bahr

Abgesehen davon geht es im Vereinspräsidium ohnehin nicht um die Außenwirkung von Personalien: Die Vorstandsmitglieder müssen den Verein führen. Sie kontrollieren die Geschäftsführung, kommunizieren mit den Mitgliedern und sollen, abgesehen von allen vorgeschriebenen Aufgaben, vor allem eins sein: Vorbilder. Stefan Müller-Römer war das in den letzten Jahren. Nun erhält er zurecht die Gelegenheit, dies auch im Präsidium zu zeigen. Er ist zudem als Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses bestens in alle Vereinsangelegenheiten eingearbeitet und auch daher qualifiziert.

Verein ist handlungsfähig

Die aktuellen Vorgänge beweisen aber auch, dass der Verein durch seine Satzung handlungsfähig ist. Sie funktioniert – von kleineren Ungenauigkeiten wie der Nachfolgeregelung einmal abgesehen. Dank der Satzung trat etwas Einmaliges in der Vereinsgeschichte ein: Ein normales Vereinsmitglied rückt ins Präsidium auf. Die Vereinsdemokratie, die von Vorstand und Geschäftsführung im Laufe der Zeit immer mehr missachtet wurde, funktioniert immer noch.

Dank des modernen Regelwerkes hat der Mitgliederrat nun noch spürbareren Einfluss im Club – und kann diejenigen, die es sich seit Jahren im Geißbockheim bequem gemacht haben, unter Druck setzen. Auch, indem er einen neuen Vorstand vorschlagen wird. Dieser Vorschlag wird nach den absurden Intrigenspielen der letzten Wochen wohl kaum die Namen der beiden Vizepräsidenten Toni Schumacher und Markus Ritterbach enthalten.

Nächste Seite: Für die Vizepräsidenten und Geschäftsführer wird es ungemütlicher

Für beide wird es nun ungemütlich. Vor allem Ritterbach hatte in den letzten Tagen mit riesigem Einsatz versucht, die Entsendung Stefan Müller-Römers zu verhindern. Er und Schumacher wissen genau, was die Stunde geschlagen hat. Die Konsequenz? „Jetzt setzen wir auf eine konstruktive Zusammenarbeit sowohl im Vorstand als auch im Gemeinsamen Ausschuss im Sinne des 1. FC Köln.“ Jetzt also – bestand dafür zuvor etwa keine Möglichkeit? Nachdem Markus Ritterbach im Interview mit der “Kölnischen Rundschau” als auch im Gespräch mit “Sky” seine mangelnde Professionalität unter Beweis gestellt hatte, folgte nun der nächste kleine Lapsus – in der eigenen Pressemitteilung.

Tatsächlich wollen beide Vizepräsidenten im Herbst erneut für den Vorstand kandidieren. Was sie dafür qualifizieren soll, bleibt nach wie vor unklar. Bei allen inhaltlichen Unzulänglichkeiten haben sie sich auch in mehrfacher Hinsicht als illoyal erwiesen: Sie erledigten ihren demokratisch legitimierten Ex-Kollegen Spinner, nachdem ein Angestellter ihn öffentlich attackiert hatte und sie verbündeten sich mit den Geschäftsführern, statt ihre Vorstandsrolle ernst zu nehmen. Ob sie sich dahingehend in den nächsten Monaten ändern können, wird die Zeit zeigen.

Verhaltene Reaktion von Armin Veh

Alexander Wehrle und Armin Veh profitieren von der Entsendung Müller-Römers ebenfalls nicht: Die Mehrheiten im Gemeinsamen Ausschuss haben sich erheblich verändert. Die Geschäftsführer stehen nun auch unter Beobachtung. Ihr Einfluss übersteigt ihre Bedeutung für den Verein ohnehin inzwischen meilenweit. Der Spinner-Rücktritt dürfte im deutschen Profifußball schließlich ein einmaliger Vorgang gewesen sein: Die Geschäftsführer sprachen sich gegen eine weitere Zusammenarbeit mit ihrem de-facto-Vorgesetzten aus. Dafür wurden sie nicht entlassen und der Vorgesetzte trat zurück.

Armin Veh | Foto: Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images

Insbesondere Armin Veh scheint seine Autorität zu überschätzen und sich für unantastbar zu halten. Gestern erst sagte der Geschäftsführer bei “100 % Bundesliga – Fußball bei Nitro” noch: „Ich kann nicht damit leben, wenn Interna rauskommen. Das schadet dem Club und wenn sich das nicht ändert, wird es schwierig mit mir.“ Ja… Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn ein Angestellter nach einem Auswärtssieg vor der Presse seine Differenzen mit einem Präsidiumsmitglied öffentlich macht.

Nebenbei stellte sich Veh, ob gewollt oder nicht, noch ein schwaches Zwischenzeugnis für seine Arbeit aus: „Ich weiß nicht, wie es geht. Aber wie es nicht geht, das weiß ich.“ Wie die künftige Zusammenarbeit mit Stefan Müller-Römer funktionierten wird, ist offen. “Wir werden uns zusammen setzen und zusammen arbeiten, so gut es möglich ist.”

Mehr Sacharbeit, weniger Schlammschlacht

Kurzfristig bedeutet Müller-Römers Einzug in den Vorstand mehr Sacharbeit und weniger Schlammschlacht. Intern kommt es nun vor allem darauf an, wie die “Gegenseite” agiert. Mit Stefan Müller-Römer erhalten sie einen Gegenspieler, der den Erfolg des Vereins über alles andere stellt und dafür rund um die Uhr arbeiten wird. Zudem verfügt der Neue über erheblichen Rückhalt in den Gremien und dem Umfeld des Vereins. Versuche, ihn in der Presse oder auf sonstige Art anzuschießen, werden sofort offensichtlich sein. Wenn sich seine bisherigen Gegner gegenüber ihrem neuen Vorgesetzten öffentlich zurücknehmen und sich auf die sportliche Weiterentwicklung konzentrieren, also den Vereinserfolg in den Mittelpunkt ihres Handelns stellen, würden jedoch alle profitieren.

Müller-Römers Entsendung ist ein Signal dafür, dass der Mitgliederrat sich diesen Fokus wünscht. Der Vorschlag für ein neues Vorstandsteam dürfte in eine ähnliche Richtung deuten. Klar ist aber auch: Alle Risse im gespaltenen Club zu kitten, kann man in der kurzen Zeit vom neuen Vorstandsmitglied kaum erwarten. Diese schwierige Aufgabe wird ab September dem neuen Vorstand vorbehalten bleiben. Müller-Römer wird dann in den Mitgliederrat zurückkehren – und den Herrschaften wieder ganz genau auf die Finger schauen.

ZurückSeite 1 von 2