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Spielweise des effzeh: Aktiv bleiben!

Foto: Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images

In der effzeh.com-Kolumne „Real Madrid des Westens“ blickt Arne Steinberg auf Entwicklungen rund um Taktik und Spielweise des effzeh. Dieses Mal im Fokus: Der effzeh zwischen Darmstadt und Wolfsburg.

Nach dem Sieg in Darmstadt erwartet den effzeh am Samstag ein anderes Kaliber – der VfL Wolfsburg hinkt den eigenen Ansprüchen zwar hinterher, weist aber insgesamt eine höhere individuelle Qualität auf. Wir vergleichen die beiden Partien aus taktischer Sicht.

Die Freudentränen über den höchsten effzeh-Sieg seit Ewigkeiten sind kaum getrocknet, schon stehen die nächsten Aufgaben auf dem Programm. Die Stöger-Schützlinge empfangen am Samstag zuhause den VfL Wolfsburg, bevor es am kommenden Dienstag im DFB-Pokal-Achtelfinale nach Hamburg geht. Nach den vier Unentschieden zum Ende der Hinrunde pulverisierte der 1. FC Köln angeführt von einem starken Yuya Osako am Samstag das Tabellenschlusslicht aus Darmstadt mit 6:1 – Rückschlüsse aus diesem Spiel auf die kommenden beiden Aufgaben zu übertragen dürfte allerdings nur teilweise zielführend sein.

Foto: Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images

Die Aufstellung und Herangehensweise in Darmstadt zeigte schon von Beginn an, dass man nicht willens war, den Darmstädtern auch nur irgendeine Chance auf einen Punktgewinn zu ermöglichen. Nachdem in den Vorjahren immer mal wieder der Weg der defensiven Stabilität gewählt wurde, um sich zu etablieren, kann der effzeh mittlerweile durchaus guten Gewissens zum Tabellenletzten fahren und dort ein Statement setzen. Obwohl die Lilien in der ersten halben Stunde gegentorlos blieben und gar in Jerome Gondorf eine gute Chance auf die Führung hatten, gewannen die Kölner am Ende mehr als deutlich – für die jüngeren effzeh-Fans sicherlich ein Grund zum Augenreiben. Zwar ist man pathologisch argwöhnisch, doch mittlerweile kann man eigentlich davon ausgehen, dass die “Geißböcke” in Normalform gegen jeden Gegner in der Bundesliga punkten können.

effzeh: Aktiv bleiben und Tore machen als neue Konsequenz?

Bei der Pressekonferenz nach dem Spiel konnte man Peter Stöger anmerken, dass dieser Sieg für ihn etwas Besonderes war: Der Österreicher freute sich über die Konsequenz seiner Spieler, die auch bei Führung aktiv blieben und weiter auf Torerfolge aus waren. Dass in der zweiten Halbzeit dann noch einige Spieler aus der zweiten Reihe Erfolgserlebnisse sammeln konnten, dürfte ebenfalls gut für das Mannschaftsklima sein. Milos Jojic werden zwar immer gute Trainingsleistungen attestiert, auf das Scoresheet kommt der Serbe dabei allerdings selten – vielleicht kann für ihn ja ein Erfolgserlebnis dafür sorgen, dass er wieder längerfristig selbstbewusst agiert und dem effzeh helfen kann.

Die kölsche Abkehr von Reaktivität hin zu Aktivität findet mit dem Erfolg in Darmstadt ein treffendes Symbol, was allerdings nicht darüber hinwegtäuschen soll, dass die Darmstädter Defensivleistung an diesem Tag nicht bundesligatauglich war. Sowohl gruppen- als auch individualtaktisch offenbarte der Tabellenletzte erhebliche Probleme, die der effzeh gezielt attackierte. Peter Stöger und seine Kollegen sorgten somit in der Vorbereitung des Spiels erneut für ein paar Prozentpunkte Vorsprung. Mit Rausch und Bittencourt die rechte Abwehrseite der Darmstädter bestehend aus Sirigu und Sam zu beschäftigen dürfte dabei nur einer von mehreren Aspekten gewesen sein. Die Tore zum 2:0 und 3:0 fielen jeweils beide über links.

Auf der nächsten Seite: Die Doppelsechs und der kommende Gegner aus Wolfsburg.

Veränderte Aufgabenstellung für Hector und Höger

Interessant war auch die veränderte Aufgabe für die Doppelsechs des effzeh: Während Stöger in den letzten Wochen vermehrt auf eine Dreierkette setzte, rotierte der wiedergenesene Dominic Maroh aus der Mannschaft und fand sich auf der Bank wieder. Mit Leonardo Bittencourt kam ein weiterer Offensivspieler herein, mit dem die Grundordnung zu einem 4-4-2/4-4-1-1 mit Osako im Zentrum wurde. Durch die hohe Rolle der Außenverteidiger Olkowski und Rausch schoben in Aufbausituationen die beiden verbliebenen Innenverteidiger Heintz und Sörensen auf ihre (in den letzten Wochen angestammten) Halbpositionen, um in der Mitte den Raum für Hector oder Höger zu öffnen.

Einer von beiden ließ sich dann im Aufbau zwischen die Innenverteidiger fallen, um von dort aus das Spiel zu strukturieren. In einer solchen Position hat man naturgemäß ein anderes Sicht- und Aktionsfeld als bei einer Dreierkette, da dort der zentrale Innenverteidiger für den Aufbau aus der letzten Linie verantwortlich ist. In einer 3-4-1-2-Grundordnung werden die beiden Sechser zwangsläufig auch in anderen Räumen angespielt, wo es dann auf Fähigkeiten in der Ballverarbeitung und -Weitergabe ankommt. Gegen Darmstadt betrieben Höger und Hector ihr Wechselspiel allerdings sehr gut: Einer baute auf, der Andere schaffte Tiefe durch eine höhere Position.

Foto: Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images

Wie viel man jetzt aus dem Darmstadt-Spiel in die Partie gegen Wolfsburg am Wochenende hinüberretten kann, dürfte dabei eine der großen Fragen dieser Woche sein. Ein 6:1-Erfolg schafft Selbstvertrauen und hilft gerade den Spielern, die zuletzt vielleicht ein wenig formschwächer waren und gar in der Kritik standen (Osako und Rausch zum Beispiel). Dennoch erwartet den effzeh am Samstag gegen den VfL Wolfsburg ein gänzlich anderes Spiel. Zwar hinken die Wölfe ihren eigenen Ansprüchen meilenweit hinterher, aufgrund der höheren individuellen Qualität des Gegners dürfte sich jedoch ein ausgeglicheneres Spiel entwickeln.

Die Strategie des VfL, Trainern wie Dieter Hecking oder Valérien Ismaël dabei jede Menge Millionen an die Hand zu geben, mit denen dann ein unbalanciertes Team zusammengestellt werden soll, wird in diesem Text nicht diskutiert. Zweifellos ist die Diskrepanz zwischen den finanziellen Ausgaben und dem sportlichen Ertrag bei den Wölfen ziemlich groß. Nachdem gegen Ende der Hinrunde mit drei Erfolgen am Stück die ganz große Not etwas gelindert werden konnte, verloren die Wölfe am vergangenen Wochenende in einem relativ wilden Spiel mit 1:2 gegen den FC Augsburg. Die Führung des VfL entstand durch ein Tor aus Abseitsposition, der Ausgleich durch einen individuellen Fehler.

VfL Wolfsburg: Neues System, alte Probleme

Dass sich Wolfsburg zum Hinrundenende etwas stabilisieren konnte, lag unter anderem an einer System- und Strategieumstellung, die Ismaël vorgenommen hatte: Der Franzose setzte bei den Erfolgen gegen Frankfurt und Gladbach auf eine Dreierkette, die von Yannick Gerhardt auf links und Daniel Caligiuri auf rechts zu einer Fünferkette ergänzt wurde. Dieses System kann taumelnden Teams eine Hilfestellung geben, in der Defensive durch einfache Schnittstellenpässe nicht mehr in allerhöchste Nöte zu geraten, allerdings beinhaltet es eben auch eine veränderte Struktur im Spiel mit Ball. Caligiuri dann letzte Woche an den FC Schalke abzugeben wurde dementsprechend vielerorten mit Kopfschütteln quittiert.

Wolfsburgs Mannschaft wurde gleichzeitig durch die Transfers von Malli (guter Mann!), Ntep (individuell extrem gut), Bazoer (wurde bei Ajax gehyped) und Dejagah (WTF?) ergänzt – vier Spieler in ein ohnehin nicht so gut funktionierendes System zu integrieren dürfte für den Trainer in den kommenden Wochen also eine große Aufgabe sein. Der effzeh könnte sogar das Glück haben, zum jetzigen Zeitpunkt auf die Wölfe zu treffen, da auch die Formationsumstellung die zugrundeliegenden Probleme in den Mechanismen und Strukturen der Mannschaft wahrscheinlich nur übertüncht und nicht behebt.

Wenn die “Wölfe” also am Samstag in Köln antreten, treffen zwei Mannschaften aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein können: Hier der effzeh, dessen Mannschaft über Jahre des kontinuierlichen Wachstums zu einem echten Anwärter auf Europa wird, dort der VfL Wolfsburg, der durch hohe Personalfluktuation und eine mangelnde sportliche Linie die eigenen Ziele zu verfehlen droht. Peter Stöger wird in der Vorbereitung des Spiels wieder die passenden Ansatzpunkte wählen, um den VfL zu dominieren – Dominanz kann dabei einerseits durch aktiven Ballbesitz, aber auch reaktive Kontrolle der gegnerischen Angriffsbemühungen entstehen. Dass der effzeh sogar mittlerweile etwas mit dem Ball anzufangen weiß, dürfte also noch für die ein oder andere Freudenträne sorgen.

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