13 Heimspiele ohne Niederlage gegen neuen Bundesliga-Auswärtsrekord eines Aufsteigers: Das Heimspiel gegen Ingolstadt wird für den effzeh zum Duell zweier Serienkiller. Wir fragen uns: Wer macht den Dexter?
Nichts ist im Fußball größer als der Aberglaube. Rituale, Symbole, Vorzeichen und Angstgegner inklusive. Blaue Pullover und blaue Hemden waren in Köln eine gewisse Zeit lang absoluter Kult. „Weißt du noch die letzten beiden Derbys, als die Borussia als Tabellenletzter gegen uns antrat?“ war wohl einer der häufigsten Sätze vor dem Duell gegen den Erzrivalen, auch gerne vom Autor dieser Zeilen. Von einem Blick in die allgemeine Statistik natürlich ganz zu schweigen. Letztlich selbstverständlich alles Kokolores, wie Otto Rehhagel es nennen würde. Und effzeh-Coach Peter Stöger es empfindet.
Dennoch ist es schon verwunderlich, wie viel sich im Fußball offenbar in der Birne abspielt. Immer wieder diese Fragen: Wann haben wir denn das letzte Mal gegen die gut ausgesehen? Und warum kann der Gegner auch mit der halben A-Jugend antreten und trotzdem immer wieder gewinnen? Beim effzeh fragt man sich derzeit allerdings anderes – und das wäre vor einem Jahr noch völlig abwegig gewesen. Unsere Jungs mit dem Geißbock auf der Brust sind nämlich seit 13 Heimspielen ohne Niederlage. Könnt ihr Euch noch an den Tag erinnern? Es war an Nikolaus – und Alexander Essweins abgefälschte Murmel in der Schlussminute ließ uns gegen Augsburg verzweifelt an den Kopf fassen. Seitdem ist viel Wasser am Dom vorbeigeflossen. Mittlerweile ist das Müngersdorfer Stadion, einst als Folterkammer der Republik bekannt, zu einer echten Festung geworden. Ob Angstgegner wie Leverkusen oder Mönchengladbach, ob Topteams wie Wolfsburg (gleich doppelt) oder Schalke, ob unangenehme Kontrahenten wie Hamburg oder Frankfurt: Sie alle kamen nach Köln und fuhren ohne Sieg wieder nach Hause. Der effzeh, der Dexter unter den Bundesligisten!
Und nun kommt ein Kontrahent nach Köln, der mit einer historischen Serie in die Bundesliga gestartet ist. Dreimal ging der FC Ingolstadt auf fremdem Platz an den Start, dreimal siegten die „Schanzer“ mit 1:0. Das gelang zuvor noch niemals einem Aufsteiger. Der FCI – ein Serientäter aus Überzeugung. Perfekt orchestriert von einem Österreicher, der sich nicht nur in Sachen Zweitliga-Meisterschaft anschickt, seinem effzeh-Landsmann nachzueifern. Ralph Hasenhüttl hat in Oberbayern ein schwer zu bespielendes Kollektiv geschaffen, das von der taktischen Disziplin, der Laufbereitschaft und fiesen Nadelstichen in der Offensive lebt. Schön ist anders – aber wer sind wir schon, dass wir nach neun torlosen Remis in der vergangenen Saison so etwas sagen sollten? Einen Vorgeschmack, wie schwierig das Ganze werden würde, bekam der effzeh bereits in seiner Aufstiegssaison. Unsere Jungs hatten nur Tage zuvor ihre Startserie von exakt 13 Spielen ohne Ligapleite weggeworfen – und trafen dann auf Ingolstadt, ein „dankbarer Gegner“, wie wir vor dem Spiel noch dachten. Pustekuchen: Der Ex-Kölner Moritz Hartmann (ausgerechnet!!!) sorgte für den ersten – und wohl einzigen – Schockmoment in dieser glanzvoller Spielzeit. Zwei Niederlagen in Folge? Seitdem nur noch einmal vorgekommen in der effzeh-Welt. Nach dem 0:2 in Berlin könnten wir auf eine Wiederholung sicherlich alle verzichten. Immerhin sind wir schon seit satten zwei Spielen ohne Sieg gegen den FC Ingolstadt.
Da hat sich unser Team schon bei größeren Brocken als „Serienkiller“ betätigt. Nach zehn Jahren endlich wieder ein Derby-Heimsieg, nach elf Jahren im eigenen Stadion Borussia Dortmund bezwungen und sogar nach 23 Jahren endlich wieder auf Schalke gesiegt. Was sind denn da schon zwei Spiele ohne Sieg gegen den FCI? Und was drei 1:0-Erfolge auf fremdem Platz? Werd’ zum „Serienkiller“, effzeh!
Was ist sonst noch interessant?
- Der effzeh lädt zum Freitagsspiel 1.000 Flüchtlinge aus dem kompletten Kölner Stadtgebiet ein und ruft zu gezielten Sachspenden (neue Unterwäsche und Strümpfe für Herren, Damen und Kinder), die am Stadion abgegeben werden können. Dazu verzichtet REWE auf das Trikotsponsoring in dieser Partie, stattdessen läuft der effzeh mit „Toleranz“ auf der Brust auf. Eine tolle Geste, die nach dem Desaster mit der „Bild“-Aktion „Wir helfen!“ das Engagement des Klubs für eine Willkommenskultur in der Stadt wieder in das passende Licht rückt.
- Insgesamt werden 47.000 Zuschauer erwartet. Der Andrang aus Ingolstadt hält sich dabei in Grenzen: Satte 200 Karten sollen die „Schanzer“ für die Partie im Müngersdorfer Stadion erworben haben. Es dürfte also das zweite Heimspiel ohne nennenswerten Gästesupport geben. Kurios: Es wurde angeblich sogar keine einzige Sitzplatzkarte nach Ingolstadt verkauft.
- Beim FCI gibt es gleich mehrere Wiedersehen mit dem effzeh: Trainer Ralph Hasenhüttl stürmte von 1998 bis 2000 mehr schlecht als recht für unsere „Geißböcke“ (41 Spiele / drei Tore), Kapitän Marvin Matip war von 2005 bis 2010 für den effzeh aktiv. Dazu kommt noch Moritz Hartmann, der eine Zeit lang für die effzeh-Amas spielte.
- Es pfeift Christian Dingert. Der Diplom-Verwaltungswirt aus Lebecksmühle leitet zum achten Mal ein Bundesliga-Spiel des effzeh. In der 1. Liga sind unsere Jungs mit ihm an der Pfeife noch ungeschlagen. Das letzte effzeh-Spiel für ihn war das 0:0 im Heimspiel gegen den SC Paderborn in der vergangenen Saison.
- Verzichten muss der effzeh definitiv auf Kevin Vogt, der sich unter der Woche in Berlin einen Nasenbeinbruch sowie eine Gehirnerschütterung zuzog. Ihn dürfte in der Mittelfeldzentrale Yannick Gerhardt ersetzen, der nach seiner Einwechslung bei der Hertha einen guten Eindruck machte. Ansonsten scheint Peter Stöger wieder auf dasselbe Team setzen zu wollen, das bereits gegen Mönchengladbach und in Berlin begann.