https://effzeh.com

Rudelbildung zum effzeh-Auftakt: “Europa ist keine Pflicht”

Der Auftakt ins neue Jahr rückt näher – und der Traum vom Europapokal pocht in uns effzeh-Fans 2017 besonders laut. Die Rudelbildung zum zweiten Halbjahr der Saison und der #roadtobaku.

Einen ganzen Monat mussten wir warten. Einen Monat ohne den glorreichen 1. FC Köln, einen Monat ohne Bundesliga, einen Monat ohne Zittern, Leiden und Mitfiebern. Am Sonntag haben die Spieltagsplaner ein Einsehen mit uns, wenn der effzeh die Hinrunde mit dem Auswärtsspiel bei Mainz 05 beschließt. 25 Punkte konnten die “Geißböcke” im abgelaufenen Halbjahr der Saison 2016/17 bereits einsammeln, ein hervorragender siebter Rang steht zum Einstieg in die letzten 18 Partien der Spielzeit zu Buche.

Doch wozu reicht es am Ende? Schlägt wirklich unsere Stunde und dem effzeh gelingt die erste Qualifikation für Europa seit 25 Jahren? Oder geht es dann doch den Lauf der Dinge und zum Schluss dürfen wieder die üblichen Verdächtigen auf internationalem Parkett tanzen? Wir haben uns in der Redaktion die Köpfe heiß diskutiert. Über zu hohe Erwartungen, über zu wenig Alternativen und über zu viele Konjunktive. Herausgekommen ist die erste Rudelbildung 2017!

Thomas: Am Sonntag startet der effzeh ins neue Jahr. Ob 2017 das Jahr der Europapokal-Rückkehr unseres glorreichen Vereins wird, bleibt abzuwarten. Geht es nach Baku oder ist unser Sommerurlaub etwas länger? Die Testspiele haben aus meiner Sicht eines gezeigt: Der effzeh ist stabil. Stabiler als die Konkurrenz. Gelingt der recht auswärtslastige Start ins neue Jahr, dann hält uns keiner mehr auf der #roadtobaku auf. Es sei denn, die Verletzungsseuche hält an…

Foto: Matthias Kern/Bongarts/Getty Images

Arne: Ich bin da ein wenig zurückhaltender. Gewiss, der effzeh ist stabil, er funktioniert unter verschiedenen Bedingungen, mit oder ohne Schlüsselspieler. Um aber den nächsten Schritt zu machen, sprich Sechster zu werden, braucht es aber mehr als nur Stabilität. Der effzeh muss insgesamt präsenter im letzten Drittel werden, da man in der Hinrunde extrem von der guten Chancenverwertung profitierte. Wegen der Regression zur Mitte ist nicht davon auszugehen, dass das für immer so bleibt.

Thomas: Regression zur Mitte? Über außen müssen die Jungs angreifen! Der Blick in den Rückspiegel sagt mir aber, dass da aus meiner Sicht nicht mehr soviel droht. Wir müssen halt uns da oben weiter festbeißen!

Lukas: Ich bin da eher bei Arne. Klar, wir haben im Vergleich zum letzten Jahr es endlich geschafft, auch gegen die vermeintlich Kleinen der Liga konstant zu punkten. Jedoch sehe ich verschiedene Aspekte noch kritisch. Um nur einen zu nennen: In der Offensive ohne Alternative zu Modeste. Eine kleine Verletzung oder nur ein kurzer Verlust des Torriechers und der effzeh ist nichts anderes als Liga-Durchschnitt.

Martin: Ich bin mir da aus besagten Gründen auch nicht sicher, ob es schon zu Platz sechs reicht. Zumal in meinem Rückspiegel noch Teams wie Bayer oder Schalke lauern und ich von den Teams vorm effzeh nur die Eintracht vor einem Leistungsabfall sehe. Aber ich sage mal so: Der Pokal ist bekanntlich der kürzeste Weg nach Europa. Was spricht also gegen einen DFB-Pokal-Run in 2017?

Lukas: Da hast Du verdammt noch mal recht. Denn eines ist klar: Der effzeh hat über die letzten zweieinhalb Jahre Bundesliga gezeigt, dass er immer wieder in der Lage ist, die Großen in einem Spiel zu schlagen. Und das ist alles, worauf es im DFB-Pokal ankommt.

Gero: Wollen wir wirklich genau jetzt über den DFB-Pokal spekulieren? Ich bin nicht bereit, schon das Handtuch zu werfen. Natürlich ist der Blick auf Leverkusen und Schalke schon etwas sinnvoller – aber lasst uns doch mal beim effzeh anfangen. Im Bestfall holen wir noch 54 Punkte, können aber vor allem vor RB Leipzig landen, die ebenso einbrechen wie Hertha, Frankfurt und Hoffenheim. Im Resümee: Ich setze zum Saisonende auf Platz vier!

Foto: Lukas Schulze/Bongarts/Getty Images

Arne: Wir sollten uns nicht zu sehr blenden lassen, kann mich da nur wiederholen. Es ist witzig, mit überzogener Erwartungshaltung zu kokettieren, aber wenn es dann ernst wird, sollten wir realistisch bleiben. Europa in diesem Jahr ist keine Pflicht, ich bleibe dabei.

Thomas: Platz vier halte ich auch für deutlich überzogen, ein klassischer Gero. Aber warum sollten wir nicht eine der Überraschungsmannschaften wie Frankfurt noch hinter uns lassen? Ich sehe uns – wie gesagt – auf Platz sechs oder sieben zum Abschluss. Die wichtige Frage ist, ob wir dafür tief genug besetzt sind. Könnte uns da der noch nicht ersetzte Abgang von Mavraj einen Strich durch die Rechnung machen?

Rudelbildung, Pt II: Über die Transferpläne, eine mögliche
Überraschung und Druck auf anderen Schultern

David: Ja, könnte er. Mavraj war in der Hinrunde unter den besten Innenverteidigern der Bundesliga und maßgeblich an der Stabilität der Defensive beteiligt. Dass Maroh zurückkehrt, mag diesen Abgang in gewisser Weise kompensieren, dennoch sollte man am Geißbockheim nicht versuchen, einen 18-Jährigen Birk Risa als legitimen Ersatz für Mavraj zu verkaufen. Der Markt im Winter mag schwierig sein – dennoch sollte man Leistungsträger nur abgeben, wenn man sie adäquat ersetzen kann. Denn eine Garantie dafür, dass der effzeh 2017 erstmal von Verletzungen verschont bleibt, gibt es nicht. Wer ernsthaft um Europa mitspielen will, sollte in Sachen Kader also immer auf das schlimmste Szenario eingestellt sein. Wintermarkt hin oder her – hier sehe ich den Club angesichts gut gefüllter Kassen in dieser Transferphase bisher nicht auf Top-Niveau.

Lukas: Da hast Du mit Sicherheit Recht – wir sollten jetzt aber nicht aus einer EL-Diskussion eine Diskussion, über die Fähigkeit gute Wintertransfers zu tätigen, führen.

David: Wieso nicht? Verletzen sich Maroh und Heintz, spielen wir mit Risa und Sörensen als Innenverteidiger. Das könnte – ohne Risa das Potenzial absprechen zu wollen – genau die Punkte kosten, die es für die EL gebraucht hätte. Und das wäre auch angesichts anstehender Verhandlungsrunden mit Sponsoren… schade.

Foto: NORBERT SCHMIDT/AFP/Getty Images

Thomas: Den Anspruch, auf das schlimmste Szenario eingestellt zu sein, sehe ich beim effzeh noch nicht. Das können wir aus meiner Sicht noch nicht leisten. Aber selbst wenn das eintritt: Ich hätte nicht gedacht, dass wir praktisch ohne drei Viertel des Stammmittelfelds in der Bundesliga auf Augenhöhe sind. Ich hätte nicht gedacht, dass ein dritter Torwart wie Sven Müller einen derart souveränen Auftritt hinlegt. Ich denke daher, dass wir tatsächlich nur etwas machen sollten, wenn es wirklich für uns wirtschaftlich und charakterlich passt. Auf Zwang irgendwen zu holen, um Europa-Ambitionen nachzukommen, passt nicht mehr zum effzeh. Schließlich sollte der Spieler im Idealfall länger als sechs Monate bei uns sein…

David: Natürlich sollte das so sein. Kaufen um des Kaufens willen hat selten zum Erfolg geführt. Mir scheint es offenbar nur etwas schwerer zu fallen, zu akzeptieren, dass man angeblich nichts passendes finden kann und konnte – die Welt ist groß, da wird doch irgendwo ein passabler Innenverteidiger verfügbar sein.

Thomas: Ich glaube, dass der Zielkorridor für den effzeh aktuell recht klein ist, wenn man bedenkt: Er sollte verfügbar sein, er sollte uns sportlich weiterbringen, er sollte finanzierbar sein, er sollte charakterlich passen. Die Zurückhaltung hat sicherlich auch damit zu tun. Aber, bevor das hier missverstanden wird: Ich würde natürlich auch lieber noch einen Innenverteidiger sehen. Die Verpflichtung sollte nur nicht zwingend etwas mit der kurzfristigen Zielsetzung für das zweite Halbjahr zu tun haben.

David: Ich hätte eigentlich erwartet, dass man im Zweifel das Clubinteresse vor das eines Spielers stellt und Mavraj nicht zu einem BL-Konkurrenten abgibt ohne einen Ersatz an der Angel zu haben – überraschender und in meinen Augen auch gefährlicher Move.

Thomas: Als hätte da nicht das Clubinteresse überwogen. Man kassiert eine deutlich siebenstellige Ablöse und signalisiert den Spielern dadurch etwas. Nämlich, dass sich Einsatzwille, Loyalität und Qualität auch auszahlt. Es wird niemand gegen seinen Willen hier gehalten. Mir scheint, als wäre das auch im Hinblick auf den Charakter des Teams nicht die schlechteste Einstellung.

Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Gero: Warum sprecht ihr nur von Mavraj und Risa? Es gibt schließlich auch noch die Veränderung Mladenovic und Klünter. Ich sehe Klünter durchaus als tragfähige Option für die Positionen in der Verteidigungskette. Unabhängig davon rechne ich tatsächlich noch mit einem Neuzugang während der aktuellen Transferperiode. Mit Christian Clemens haben wir zudem einen Motor im Mittelfeld, der unser Umfeld sehr genau kennt – außerdem erhält Jojic ein weiteres Mal seine Chance. In Folge dessen spekuliere ich auf einen jungen und entwicklungsfähigen Spieler für die Positionen IV/LV vor Ende des Monats.

Thorsten: Ja. Ich mach mir da auch keine Sorgen. Die Löcher sind immer irgendwie gestopft worden. Da tut sich vermutlich auch wieder irgendeine Überraschung auf, Klünter könnte das durchaus werden. Viel wichtiger ist nach wie vor der Teamgeist und die mannschaftliche Geschlossenheit. Ob das dann Europa wird oder Urlaub, ist mir letztendlich egal.

Moritz: Schmadtke muss aus meiner Sicht noch was tun. Einen Verteidiger holen, am besten direkt noch mit Horn verlängern. Vielleicht plant er aber auch gerade einen 15 Millionen Euro schweren Sommercoup… Bei Clemens bin ich gespannt, wie konstant er auftreten wird. Offenbar scheint es Jojic dagegen nicht zu packen. Und noch weiter vorne: Wenn Zoller mal öfter zeigt, was er kann, wenn Osako mal mehr Zug zum Tor hat und wenn Guirassy irgendwann mal länger trainiert, könnte es was werden mit Europa. Viele wenns….

Martin: Ich sehe das letztendlich nicht so eng. Kein Mensch plant mit der Europa League und wenn es nicht klappt, ist keiner traurig. Wir haben es ja auch ohne die Zusatzeinnahmen geschafft, eine schlagkräftige Truppe zusammenzustellen, die vor allem über die mannschaftliche Geschlossenheit kommt. Das Motto “irgendwo wird es ja wohl einen guten Verteidiger geben” halte ich da für zu einfach gedacht. Und wenn gerade keiner verfügbar ist, der passt, dann heißt es halt “et hätt noch immer joot jejange”. Andere Mannschaften stehen in der Rückrunde weit mehr unter Druck.

Thomas: Alles kann, nichts muss. Na, wenn das kein hervorragendes Motto für das zweite effzeh-Halbjahr ist!

ZurückSeite 1 von 2