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Nachspiel

Risses Hammer als Weckruf

Es sah lange Zeit nicht gut aus, aber am Ende emotionalisiert der effzeh das Spiel und gewinnt mit 3:2 in Mainz. Risses Hammer, Jojic erstes effzeh-Tor und Modestes Volley bringen drei immens wichtige Punkte.

Foto: Alex Grimm/Bongarts/Getty Images

In unserem Vorspiel hatten wir noch dafür plädiert, dass der effzeh die dringend benötigten Punkte für die Beseitigung der Restzweifel am Klassenerhalt durchaus mit destruktiven Mitteln holen und dementsprechend auf spektakuläre Spielverläufe verzichten solle, um unsere Nerven nicht noch weiter zu strapazieren. Wie so oft im Fußball und besonders beim effzeh kam es anders, als man dachte. Doch der Reihe nach.

Die Ergebnisse aus den vorherigen Spielen des 30. Spieltags sorgten nicht unbedingt dafür, dass der Ruhepuls des gemeinen effzeh-Fans sich auf gesundheitlich vertretbarem Niveau bewegte. Hoffenheim, Augsburg, Bremen, Darmstadt – alle dieser vier hinter dem effzeh platzierten Mannschaften konnten dreifach punkten und selbst das abgeschlagene Schlusslicht aus Hannover schickt sich an, in den letzten Spielen dann doch noch ein paar Gegner zu ärgern und Punkte zu sammeln. Frankfurt, Hamburg und Stuttgart verloren zwar – aber es war schon so, dass sich ohne das Zutun des effzeh die Gesamtsituation verschlechterte. Vor Anpfiff der Begegnung in Mainz betrug der Vorsprung auf den Relegationsplatz nur drei Punkte, weswegen ein gewisses Maß an Druck spürbar war.

Beide Gegentore nach Standardsituationen

Peter Stöger schien sich dieser Situation ebenfalls bewusst zu sein, der Österreicher wollte mit einer stabilen defensiven Grundordnung versuchen, drei Punkte oder zumindest ein Unentschieden aus Mainz zu entführen, wohlwissend über die Heim- und Formstärke der Gastgeber. Dementsprechend brachte er mit Maroh, Mavraj und Heintz drei Innenverteidiger. Das mit der Dreierkette ist ja immer so eine Sache: in den Spielen gegen Frankfurt und Berlin startete man beispielsweise mit dieser Formation ins Spiel, wurde sich dann ihrer Fehlfunktionen bewusst und stellte später auf Viererkette um, woraufhin es bedeutend besser lief. Ich kann Stöger verstehen, wenn er versucht, durch einen Fokus auf solide Defensivarbeit in der aktuellen Phase des effzeh erst einmal Stabilität bringen möchte, allerdings war das Ganze schon relativ schnell hinfällig: der effzeh startete denkbar schlecht in die Partie. Einen Eckball (getreten von Daniel Brosinski, München vergessen wir nie) fiel nach einem Kopfballduell zwischen drei Kölnern und dem Mainzer Bell dem starken kolumbianischen Stürmer Cordoba vor die Füße, der aus kurzer Distanz das 1:0 erzielte.

Photo by Alex Grimm/Bongarts/Getty Images

Das 1:0 durch Jhon Cordoba
Photo by Alex Grimm/Bongarts/Getty Images

Ein Gegentor nach einer Standardsituation kann natürlich immer passieren, egal ob mit Dreier- oder Viererkette, allerdings war die angedachte Herangehensweise des effzeh damit schon früh nicht zweckmäßig. Die Mainzer erwischten einen aus ihrer Sicht idealen Start, mit dem sie einen verunsicherten und nicht gerade vor Selbstvertrauen strotzenden Gegner mit einer frühen Führung aus der Reserve locken konnten. In der Folgezeit präsentierte sich die Elf von Peter Stöger zugegebenermaßen nicht gerade wie eine Mannschaft, die von sich selbst behauptet, ohne Probleme die Klasse halten zu können. Erst zwei Eckbälle von Marcel Risse, bei denen Maroh und Mavraj zumindest annähernd so etwas wie Torgefahr heraufbeschwörten und eine Einzelaktion von Anthony Modeste sorgten dafür, dass der effzeh in dem Spiel den Fuß in die Tür bekam. Die deutlich klareren Torchancen hatten allerdings die Mainzer, die das Spiel auch zu jeder Zeit kontrollierten. Stefan Bell und kurz vor der Pause Yunus Malli hätten durchaus schon in der ersten Halbzeit das 2:0 erzielen können. Dies fiel dann allerdings erst kurz nach der Pause, nachdem Peter Stöger zwischenzeitlich bereits die Aufgabenbereiche von Filip Mladenovic und Dominique Heintz etwas verändert hatte. Heintz übernahm die Position des linken Verteidigers, der Serbe rückte etwas nach vorne, um mit seinen Flankenläufen etwas mehr offensive Durchschlagskraft zu erwirken. Doch auch diese Umstellung konnte nicht verhindern, dass Leon Balogun nach einem Freistoß von Brosinski relativ problemlos einköpfen konnte. Spätestens jetzt war es vorbei mit dem Ruhepuls, hektisch wurden die Termine der Relegationsspiele im Kalender eingetragen.


Die Bilder zum Spiel: [g-carousel gid=”26327″ height=”75″ per_time=”5″]


Mit Osako und Jojic kommt die Wende

Peter Stöger hatte zu diesem Zeitpunkt keine andere Wahl mehr, als mit Yuya Osako und Milos Jojic zwei Offensivspieler zu bringen, um irgendwie noch in das Spiel zurückzukommen. Cleverer Schachzug, könnte man hinterher meinen, doch Jojic fügte sich erst einmal mit einer für ihn in dieser Saison leider typischen Aktion ein, als er aus aussichtsreicher Position lieber selbst aufs Tor schoss, anstatt den Ball auf Osako oder Gerhardt querzulegen. Mit den beiden Neuen hatte der effzeh allerdings eine andere Balance als noch zuvor, da Osako und Jojic sich relativ hoch im Feld und um Anthony Modeste herum positionierten. Ein zu weit gezirkelter Mladenovic-Eckball fiel dann Marcel Risse vor die Füße, der den Ball sehenswert ins Tor prügelte. Man mag dem Mainzer Platzwart danken, da ein solcher Schuss sonst normalerweise auch ganz gerne mal Richtung Autobahn fliegt, wenn man ihn nicht so perfekt trifft. Sei’s drum, der effzeh war wieder im Spiel. Und Filip Mladenovic lief so richtig heiß. Nach einem an sich harmlosen Zweikampf an der Eckfahne stellte der Serbe sein Temperament und seine auch recht kurze Zündschnur eindrucksvoll zur Schau. So etwas braucht es eben auch manchmal, um die Zuschauer wieder ins Boot zu holen und dem Gegner zu zeigen, dass man da ist und sich eben noch nicht aufgegeben hat.

Photo by Alex Grimm/Bongarts/Getty Images

Kölner Jubel nach dem Ausgleich
Photo by Alex Grimm/Bongarts/Getty Images

Der Ausgleich eine Viertelstunde vor dem Ende war jetzt auch nicht zwingend dem atemberaubenden Kurzpassspiel des effzeh zuzuschreiben: Mladenovic schlug eine recht gute Flanke auf Modeste, die dieser im Zurücklaufen nicht zielsicher ablegen konnte. Stefan Bell hatte eigentlich alle Möglichkeiten, den Ball ruhig und sicher klären zu können, da er unbedrängt war. Seine unzureichende Kopfballabwehr wurde von Yannick Gerhardt wieder scharf gemacht, der U21-Nationalspieler bewies Übersicht (sofern es denn Absicht war) und Ballgefühl, indem er den Ball in den torgefährlichen Raum zurückbrachte. Dort spritzte Milos Jojic in die Flugkurve des Balles und drückte ihn rein. 2:2! Der effzeh war wieder zurück! Gerade in einem solchen Spiel, in dem vielleicht nicht alles funktioniert und man eher mit Wille, denn mit Können etwas erreichen kann (fragen wir nach in Liverpool), bringen Szenen wie Jojic’ entschlossenes Ballholen direkt nach dem Torerfolg und insbesondere Grätschen wie die von Mladenovic in letzter Sekunde gegen Malli im ersten Mainzer Angriff nach dem Ausgleich vielleicht die entscheidenden Prozentpunkte, die es für den Erfolg braucht.

Linienläufer Modeste in der entscheidenden Szene nicht im Abseits

Dem bis dato schon recht verrückten und nicht wirklich erklärbaren Spielverlauf setzte dann die 82. Minute die Krone auf. Matthias Lehmann setzte zu einem der unzähligen langen Bälle in den Lauf von Anthony Modeste an, der sich dieses Mal nicht im Abseits befand (was er sonst ja aufgrund seiner Spielweise relativ häufig tut, siehe unten).

Lehmanns langer Ball fiel dem Franzosen perfekt auf den Fuß und er brachte das Kunststück fertig, mit einer Direktabnahme das 3:2 zu erzielen und den proppevollen Gästeblock zum kompletten Ausrasten zu bringen. Die geschockten Mainzer brachten im Anschluss nichts mehr zustande, woraufhin der effzeh ein etwas komisches, aber in jedem Fall leidenschaftlich geführtes Spiel gewann. Sicher, über die taktische Herangehensweise lässt sich diskutieren, auch die Galligkeit in den ersten 60 Minuten war sicherlich alles andere als gut – die Mannschaft hat jedoch gezeigt, dass sie funktioniert. Wenn es nicht über die spielerische Klasse funktioniert, dann eben über die Emotionen. Drei immens wichtige Punkte werden aus Mainz mitgenommen und jetzt verbleibt in den letzten vier Spielen die Möglichkeit, mit einem Sieg auf die anvisierten 40 Punkte zu kommen. Das sollte machbar sein. Notfalls eben mit Emotionen.

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