Der Abstieg war ein Rückschlag für die FC-Frauen. Doch Teammanagerin Nicole Bender blickt optimistisch in die Zukunft. Zum großen Interview mit effzeh.com treffen wir uns an ihrem Arbeitsplatz – in den Katakomben des Franz-Kremer-Stadions.
Frau Bender, die FC-Frauen haben in der vergangenen Saison einen Punkterekord aufgestellt und sind trotzdem abgestiegen. Woran lag’s?
Wir hatten zunächst mal einen Kader, der viel stärker war als der der Vorjahre. In denen wurden wir mehrfach, einfach gesagt, abgeschossen. Der Punkterekord ist ein Resultat des stärkeren Kaders und natürlich freut uns das auch. Leider hat es nicht gereicht, weil wir mit 17 Punkten genauso viele wie Duisburg und Leverkusen hatten, aber das schlechteste Torverhältnis. Das zählt nun einmal auch. Somit sind wir dann abgestiegen. Das ist ein unglücklicher Abstieg, aber es gehört zum Sport und zum Fair-Play dazu, das zu akzeptieren. Wir sehen viele kleine Schritte, die wir trotzdem positiv bewerten.
Womit waren Sie zufrieden, wenn Sie auf die Saison 2019/20 zurückblicken?
Zunächst bin ich damit zufrieden, wie der Trainerwechsel zwischen Willi Breuer und Sascha Glass von der Hin- zur Rückrunde lief. Der Wechsel war nicht unbedingt notwendig, aber Sascha ist ein modernerer Trainer. Er brachte zudem einen frischen Wind, den wir uns damals schon von ihm erhofften. Zufrieden waren wir insbesondere mit der Corona-Zeit. Da bin ich wirklich ziemlich stolz auf die Mädels. Wir mussten unter ganz besonderen Voraussetzungen arbeiten, weil wir das Hygienekonzept einhalten mussten. Das war eigentlich 1:1 das der DFL. Das sah etwa eine einwöchige Quarantäne, beziehungsweise ein ‘Trainingslager’, vor und während der Vorbereitungszeit für den Neustart mussten wir unter anderem alle 3-4 Tage eine PCR-Testung mit dem kompletten Team durchführen. Für unsere Spielerinnen bedeutete das, dass sie elf Werktage Urlaub nehmen und sich isolieren mussten. Das heißt, niemand durfte die Familie besuchen. Das finde ich als Privatperson schon heftig. Vor dem Hintergrund des Programms mit acht Spielen in vier Wochen, wobei wir davon zwei Nachholspiele bestreiten mussten, fand ich es sehr stark, wie positiv das Team damit umgegangen ist. Der psychische Stress war krass. Es sind ja nicht alles Profifußballerinnen, 60 Prozent unseres Kaders gehen arbeiten. Unsere Mädels sind hervorragend mit der Situation umgegangen.
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Was hat Ihnen denn neben dem bereits betonten Zusammenhalt sportlich gut gefallen?
Die Disziplin und die Einstellung der Spielerinnen. Als wir nicht wussten, wie es weitergeht, hat jede individuelle Aufgaben erhalten. Sobald das Teamtraining wieder losging, haben wir gesehen, dass sich die Fitnesswerte deutlich verbessert hatten. Dabei war die Umstellung von Team- auf Einzeltraining, bei dem alle zuhause arbeiten, schwierig. Vor diesen Ergebnissen ziehe ich wirklich den Hut – auch vor unserer Co-Trainerin Mirella Junker, die diese Pläne erstellt hat. Zudem haben wir schnell gemerkt, dass Sascha ein moderner Trainertyp ist. Er hat uns taktisch neue Impulse gegeben, die die Mannschaft gut umsetzte. Die akribische Arbeitsweise des neuen Trainerteams färbt deutlich auf die Mannschaft ab und wir haben uns auch taktisch weiterentwickelt.
Was würden Sie rückblickend anders machen, wenn sie noch einmal vor der Saison stünden?
Vielleicht hätten wir im Winter, als wir gemerkt haben, dass es sehr eng wird, nicht nur Johanna Tietge holen sollen, sondern noch eine weitere Spielerin. Das haben wir zwar versucht, aber wir hätten uns vielleicht noch mehr trauen müssen, da nehme ich mich mit in die Verantwortung. Diese Investition wäre sicher besser gewesen als ein Abstieg. Andererseits kann man es natürlich nicht zwingend an einer Person festmachen. Ich glaube, wir müssen insgesamt einfach mutiger und entschlossener handeln. Und hinterher ist man ja sowieso immer schlauer. Schauen wir auf einzelne Spiele, etwa das in Duisburg, frage ich mich: Was wäre gewesen, wenn wir in den letzten drei Minuten besser verteidigt und gewonnen hätten? Hätten wir dann diesen Last-Minute-Sieg gegen Essen eingefahren? Wir wissen es nicht. Natürlich hatten wir viel Pech, aber eben auch eine Menge Glück, auch beim späten Sieg gegen Jena. Am Ende hat sich die höhere Qualität unserer Konkurrenz leider durchgesetzt.
Wie lautet Ihr Fazit der Saison?
Wir haben auf unseren Kader geschaut und die Stärken und Schwächen analysiert. Dabei fiel uns auf, dass der Kader zu unausgewogen besetzt war. Es gab zwar eine ordentliche erste Elf, dahinter wurde es aber schnell dünn. Unser Ziel zur neuen Saison war es daher auch, dass wir nicht nur einzelne Mannschaftsteile verstärken, sondern den Kader bei 18-19 Spielerinnen auch so aufstellen, dass wir auf jeder Position jederzeit gut besetzt sind.
Welche Mannschaftsteile (Tor, Abwehr, Mittelfeld, Angriff) haben Sie letztlich als ausschlaggebend für den Abstieg gesehen? Ich hatte beispielsweise den Eindruck, dass sich gerade nach dem Trainerwechsel die Defensive noch einmal verbesserte. Allerdings haperte es vorne, gerade im letzten Angriffsdrittel kam es oft auf Einzelaktionen mancher Spielerin an. Haben Sie das ähnlich gesehen?
Ja. Wir hätten sehr von einer eiskalten Knipserin profitiert. Wir hatten ja in den meisten Spielen gute Chancen und es lag auch nicht an ‘der’ einen Spielerin. Mit Mandy Islacker bekommen wir nun jemanden, der diese Qualität hat. Es war allerdings nicht nur die Offensive, sondern auch teilweise auch die Defensive. Nehmen wir mal das 1:1 in Duisburg: Klar springt da jemand nicht im Strafraum hoch, aber die Flanke aus dem Halbfeld hätten wir auch schon unterbinden müssen. Insofern: Ja, wir sind defensiv stabiler geworden, allerdings auch, weil wir teilweise von einer Vierer- auf eine Fünferkette umgestellt haben und das Angreifen darunter litt. Mit Sharon Beck kommt nun noch eine torgefährliche, hängende Spitze hinzu, die 1,80 Meter groß und kopfballstark ist und dazu einen guten Schuss hat. Somit sind unsere Stürmerinnen wie Eunice Beckmann oder Amber Barrett nicht mehr so sehr auf sich allein gestellt.
Sie haben den Trainerwechsel von Willi Breuer zu Sascha Glass im Winter bereits angesprochen, ich frage trotzdem noch einmal nach: Was bewog Sie dazu und wie schätzen Sie den Wechsel nun ein?
Wir wussten am Anfang der Saison, dass Willi Breuer zum Ende der Saison aufhören wird. Er sagte damals selbst, dass er nach der Saison frischen Wind befürwortet. Daraufhin habe ich mit den Klubverantwortlichen überlegt, wen wir ab 2020/21 als Cheftrainer einstellen sollten. Ich musste da allerdings gar nicht suchen, denn ich habe Sascha Glass schon länger beobachtet und gemerkt, dass er mit seiner emotionalen Art sehr gut zum FC passen würde. Er schafft es zum einen, die Spielerinnen zu pushen. Zum anderen hat er ein hohes taktisches Verständnis und allgemein ein großes Fußballfachwissen, zudem legt er viel Wert auf Standardsituationen. Ich fand es daher auch einfach spannend, mit ihm zusammenzuarbeiten. Wir wollten den Wechsel dann aber schon zur Winterpause durchführen, da wir den Kader der neuen Saison zusammen mit dem neuen Trainer planen wollen – auch wenn ein Trainerwechsel zur Winterpause im Frauenfußball sehr ungewöhnlich ist. Ich bin nach wie vor extrem froh, dass das geklappt hat und es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Ich schätze Willi Breuer sehr, wir kennen uns ja auch schon viele Jahre und der Verein ist ihm für seine Arbeit sehr dankbar. Der Übergang im Winter lief sehr gut ab. Böses Blut gab es nicht, da wir mit allen immer offen und transparent umgegangen sind.
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