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Rezensionen

„Neulich im Geißbockheim – Rückkehr der Hennes-Ritter“: Amüsante Ablenkung in tristen Zeiten

Hinter die Kulissen des 1. FC Köln blicken? In der Neuauflage von „Neulich im Geißbockheim“ gibt uns Ralf Friedrichs erneut diese Chance auf satirische Art und Weise – und sorgt dabei für einen amüsanten Zeitvertreib mit einigen subtilen Seitenhieben.

Cover: Ralf Friedrichs/Joachim Rick

“Die Geschichte kennt kein letztes Wort“ – dieses Bonmot prägte einst Willy Brandt. Und auch wenn der frühere Bundeskanzler dabei sicherlich anderes im Sinne hatte: Wer sich heutzutage im kulturellen Leben umschaut, wird feststellen, dass auch eine einzelne Geschichte kaum ein Ende zu finden scheint. Buchhandlungen und Kinos sind voll mit Fortsetzungen, die auf einem Publikumserfolg aufbauen. Sequels, Prequels, Unmengen an Superhelden-Verfilmungen: Der Kreativität scheint beim Ausquetschen guter Ideen mittlerweile keine Grenzen mehr gesetzt zu sein.

Der Trend, das dürfte jedem klar sein, geht eindeutig zur Wiederverwertung. Da passt es doch hervorragend ins Bild, dass auch rund um den 1. FC Köln eine äußerst beliebte Reihe ihre Fortsetzung gefunden hat. Ralf Friedrichs hat das Satireformat „Neulich im Geißbockheim“, das sich vor allem während der Präsidentschaft von Wolfgang Overath bissig mit den Geschehnissen beim glorreichsten Fußballverein der Welt auseinandersetzte, aus dem Tiefschlaf erweckt und bereits im Sommer eine Fortsetzung unter dem Titel „Rückkehr der Hennes-Ritter“ im Selbstverlag veröffentlicht.

Wiedersehen mit alten Protagonisten und deren lieb gewonnenen Laster

Cover: Ralf Friedrichs / Joachim Rick

Schon die bisherigen Auflagen seines nicht immer, aber durchaus öfters ernst gemeinten Blicks hinter die Kulissen am Geißbockheim hatten für große Erheiterung bei den effzeh-Fans gesorgt, während die fiktiven Geheimprotokolle der Besprechung zwischen Overath, seinen Vizepräsidenten Jürgen Glowacz und Stefan Engels sowie Sportchef Michael Meier nicht bei allen Verantwortlichen dem Vernehmen nach sonderlich Anklang fanden.

Diesen kölsch-bissigen Sound, der „Neulich im Geißbockheim“ damals zum Publikumserfolg gemacht hatte, trifft Friedrichs auch nach Jahren der Auszeit wieder, wenn es um die satirische Aufarbeitung der Ereignisse rund um den 1. FC Köln geht. Es gibt ein Wiedersehen mit den alten Protagonisten, die sich ihre eigentlich geheimen Gedanken um den Rücktritt des Overath-Nachfolgers Werner Spinner machen.

Amüsanter Zeitvertreib mit subtilen Seitenhieben

Es gibt allerdings auch Einblicke in die Gedankenwelt der im Frühjahr 2019 handelnden Personen – geschickt eingebunden als „Whatsapp“-Chats zwischen Spinner und seinen Vizepräsidenten Toni Schumacher und Markus Ritterbach, die die Hintergrundgeschichte beleuchten. Auch hier gelingen Friedrichs durch die dem Genre innewohnende Überzeichnung der Charaktere nicht nur platte und manchmal vorhersehbare Gags, sondern auch so einige hintergründige Pointen.

Zeichnung: Joachim Rick

Und auch wenn es sich hierbei auch dem Selbstverständnis nach nicht um Welt-Lektüre handelt, die für intellektuelle Erschütterungen des eigenen Weltbildes sorgt: Ein amüsanter Zeitvertreib mit einigen subtilen Seitenhieben, die zum Schmunzeln einladen und den Leser des Öfteren zum lauthals Loslachen bringen, ist „Neulich im Geißbockheim – Die Rückkehr des Hennes-Ritter“ durchaus. Die Erzählidee zwischen den alt-bekannten „Meetings“ inklusive der alten Rollenverteilung und den auflockernden „WhatsApp“-Gesprächsverläufen des Spinner-Präsidiums macht Spaß, auch wenn die nette Idee der Hintergrundgeschichte dem Leser mitunter etwas zu sehr mit der Holzhammer-Methode nahe gebracht wird.

Das nostalgische “Jeföhl” wird mehr als ausreichend bedient

Montage: Ralf Friedrichs

Hier und da hätte der ersten Ausgabe der Neuauflage ein Lektorat ganz gut getan, auch die Aufmachung könnte etwas hochwertiger wirken. Aber das ist tatsächlich Jammern auf hohem Niveau: „Neulich im Geißbockheim – Die Rückkehr der Hennes-Ritter“ ist ein willkommene Ablenkung in tristen Tagen – und die Einladung dazu, das Treiben rund um den 1. FC Köln nicht immer bierernst zu nehmen. Wer von den neuen Einfällen des Overath-Triumvirats im Übrigen noch nicht genug hat, für den findet sich im Anhang der neuen Geschichte noch ein „Meeting“-Remix aus den guten alten Zeiten.

Das nostalgische „Jeföhl“, das der Kölsche so gern vor sich herträgt, wird also auch noch bedient. Das stellt sich auch bei den Zeichnungen des Karikaturisten Joachim Rick, der bereits die vorherigen Ausgaben von „Neulich im Geißbockheim“ treffend illustrierte, ein. Ein Erfolgsrezept, das verändert man eben nicht so einfach. Sondern man ergänzt es, variiert die Zutaten. Und das ist in diesem Fall auch gut so. Auch, dass es offensichtlich jetzt doch das letzte Wort in der Geschichte der Meetings sein dürfte.

Disclaimer: Autor Ralf Friedrichs schreibt auch für effzeh.com über den 1. FC Köln. Wir sind darüber hinaus Medienpartner seiner monatlich stattfindenden Diskussionsrunde „FC-Stammtisch Talk“, die sich großer Beliebtheit erfreut. Das Buch “Neulich im Geißbockheim – Rückkehr der Hennes-Ritter”, dessen Verkauf unter anderem auch den Fortbestand des Talks sichert, könnt ihr hier erwerben.

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