https://effzeh.com

Nach dem Modeste-Geldregen: Einen großen Schritt nach vorne machen

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Wohin nur mit all den Modeste-Millionen? Das Geld dürfte vor allem in den Kader fließen – auch, um eine besondere Situation bestmöglich zu nutzen. Wir analysieren, wo investiert werden sollte.

Die nüchterne Erkenntnis zuerst: Der 1. FC Köln verkauft einen kostspieligen Neuzugang zwei Jahre später mit einem in der Vereinsgeschichte einmaligen Gewinn weiter. Wer neben dem sportlichen Erfolg noch ein Zeichen für die rasante Entwicklung des Vereins braucht: Wo früher hochdotierte Verträge mit erneutem Geldeinsatz aufgelöst werden mussten, sind die effzeh-Spieler nun mehr derart begehrt, dass sie für hohe Ablösesummen wechseln (könnten).

Der knapp 35 Millionen Euro schwere Abgang von Anthony Modeste versetzt die „Geißböcke“ auf einen Schlag in die bemerkenswerte Lage, auf dem Transfermarkt im Sommer besondere Schritte vollziehen zu können. Gepaart mit der Tatsache, dass der effzeh erstmals seit 25 Jahren im Europapokal vertreten ist, könnte das für die Entwicklung der Mannschaft einen nicht zu unterschätzenden Impuls bedeuten. Nach Jahren der erzwungen kleinen Schritte ist das Beinkleid in Köln etwas weiter geworden – es könnte sogar zum Bocksprung reichen.

Schmadtke: “Wir zahlen erst einmal Steuern”

Einen Kaufrausch sollten die Kölner Fans trotz der Ausgangslage nicht erwarten. Jörg Schmadtke, der bereits nach der vergangenen Saison davon sprach, dem Kader nur wenige i-Tüpfelchen verpassen zu wollen, gilt im Zusammenspiel mit Alexander Wehrle als ausgesprochen konservativer Planer.

Den Eindruck unterstrich er am Rande der „11Freunde-Meisterfeier“: „Wir zahlen erst einmal Steuern. Und ob wir den Rest dann deponieren und abwarten, oder ob wir nochmal interessante Dinge finden, zeigt sich dann. Vielleicht warten wir auch bis zum Winter oder sogar bis zum nächsten Sommer“, sagte der effzeh-Sportgeschäftsführer, der als bester Manager der Bundesliga ausgezeichnet wurde.

Nächste Seite: Welche Aufgaben auf den effzeh in diesem Transfersommer warten

Dennoch: Es warten noch Aufgaben auf die Verantwortlichen am Geißbockheim. Nicht nur der Abgang des besten Torschützen der vergangenen Spielzeit muss kompensiert werden, auch ist eine leichte Vergrößerung der Kaderbreite angedacht. In der abgelaufenen, von Verletzungspech geprägten Saison hat sich gezeigt, dass der effzeh-Kader auf Kante genäht ist – und der Ausfall von Schlüsselspielern zum Problem werden kann. Qualität und Quantität für den 1. FC Köln – eine Herausforderung für Schmadtke & Co.!

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Im Sturm variabler aufstellen

Die Abhängigkeit von Anthony Modeste im letzten Spieljahr ist offensichtlich: 25 Treffer erzielte der Franzose, der nun für Tianjin Quanjian in China stürmt, für den effzeh 2016/17 – fast die Hälfte aller Erfolgserlebnisse geht auf das Konto des Angreifers. Doch nicht nur die reine Trefferquote zeigt, wie sehr die „Geißböcke“ Modeste brauchten, auch im Angriffsspiel als auch in der Defensive war der 29-Jährige nicht nur dank seiner Kopfballstärke enorm wichtig für die Mannschaft von Trainer Peter Stöger.

Dies ist, aller neu gewonnener Finanzkraft zum Trotz, nicht durch reine individuelle Klasse zu ersetzen. Die körperliche Komponente konnte der effzeh durch den physisch präsenten, aber bisher deutlich torungefährlicheren Jhon Cordoba stärken. Nun gilt es, den Angriff deutlich variabler aufzustellen. War bis jetzt Modeste der Fixpunkt im Angriff, muss die Last für die anstehenden Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt werden. Obgleich in Köln der Sturm quantitativ stark besetzt ist, so stehen doch hinter Kandidaten wie Sehrou Guirassy oder Artjoms Rudnevs aus verschiedenen Gründen Fragezeichen.

Wunschkandidat scheint hierbei Mark Uth zu sein: Der gebürtige Kölner, dessen Vertrag in Hoffenheim 2018 ausläuft, vereint Qualitäten, die dem aktuellen effzeh-Team sehr gut zu Gesicht stehen würde. Hohes Tempo, spielerisch stark, dazu im Abschluss gefährlich – der 25-Jährige wäre ein gänzlich anderer Stürmertyp, der darüber hinaus auch auf den Außen eingesetzt werden kann. Ob alleinige Sturmspitze, als Komplementär zum bulligen Cordoba oder aber sogar in einem Dreierangriff: Das variable Einsatzgebiet des ehemaligen effzeh-Angreifers würde Peter Stöger viele Optionen ermöglichen und die „Geißböcke“ deutlich schwerer ausrechenbar machen.

Foto: Adam Pretty/Bongarts/Getty Images

Innenverteidigung komplettieren

Ebenfalls auf der Tagesordnung steht für die Verantwortlichen am Geißbockheim eine Stärkung der Innenverteidigung. Neben den Stammspielern Dominique Heintz und Frederik Sörensen steht dem effzeh aktuell nur noch Dominic Maroh für das Abwehrzentrum zur Verfügung. Zwar haben auch Jannes Horn und Lukas Klünter Erfahrung auf der Position und könnten im Notfall gerade als Teil einer defensiven Dreierkette einspringen, dennoch schauen sich die „Geißböcke“ nach dem Abgang von Mergim Mavraj im Winter und der beendeten Leihe von Neven Subotic zurecht nach einem Innenverteidiger um.

Auf der nächsten Seite: Welche Qualitäten der effzeh im
Abwehrzentrum
braucht und wo man noch nachlegen könnte

Blickt man auf das Team, sollte dieser vor allem eine Kernkompetenz mitbringen: Flexibilität. Peter Stöger stellt taktisch immer wieder um, agiert mit Dreier-, Vierer- oder Fünferkette und lässt dabei – in der Bundesliga durchaus ungewohnt – die Verteidiger mitunter während der Partie in anderen Rollen agieren. So könnte als Ergänzung zu den bisher vorhandenen Spielertypen wie Heintz oder Sörensen, die ebenso als Außenverteidiger eingesetzt werden, ein Innenverteidiger geholt werden, der neben seinen Qualitäten im Abwehrzentrum durchaus auch als Ankersechser im Mittelfeld fungieren kann.

Es wäre ein Schlagen zweier Fliegen mit einer Klappe, doch das Anforderungsprofil ist hoch. Strategische Fähigkeiten sind ebenso gesucht wie körperliche Präsenz und Kopfballstärke. Dass der effzeh in diesen Bereichen gesteigerten Bedarf sieht, zeigte schon das zähe Ringen um eine Verpflichtung des Hannoveraner Defensivspezialisten Salif Sané. Einen ähnlichen Spielertypen mit vergleichbaren Qualitäten zu finden würde das Kölner Abwehrbollwerk, das vor allem taktisch hervorragend funktioniert, noch einmal gehörig aufwerten.

Foto: Juergen Schwarz/Bongarts/Getty Images

Dynamik im Mittelfeld

Nicht ganz oben auf der Prioritätenliste, dennoch nicht zu unterschätzen: Dem Kölner Mittelfeld mangelt es im Zentrum gehörig an Dynamik. Einzig Leonardo Bittencourt, falls in halblinker Rolle eingesetzt, ist in der Lage, durch einen knackigen Antritt Löcher in die gegnerischen Abwehrreihen zu reißen. Gerade in der heutigen Zeit, in der Tempo eine wichtige Komponente im Angriffsspiel einnimmt, sollte dies nicht vernachlässigt werden, die spielerische Abhängigkeit von einem formstarken Bittencourt war in der letzten Saison kaum zu übersehen.

Vor allem angesichts der Tatsache, dass im offensiven Zentrum neben Milos Jojic (eher als verbindend agierender Achter unterwegs) und Yuya Osako (mehr hängende Spitze denn offensiver Mittelfeldspieler) eine Alternative ebenso denkbar ist wie auf den Außen, wo zusätzlich zum verletzungsanfälligen Bittencourt mit Marcel Risse und Christian Clemens zwei eher geradlinige Spielertypen ihr Unwesen treiben, sollte der effzeh über die Verpflichtung eines weiteren Offensivakteurs nachdenken.

Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images

Bis zur Europameisterschaft 2016 hätte Niculae Stanciu auf unserem Wunschzettel die oberste Position eingenommen, allerdings dürfte der Rumäne nach seinem Wechsel zum RSC Anderlecht im Regal eine Etage zu weit oben liegen. An Bartosz Kapustka war der effzeh in der jüngsten Vergangenheit interessiert, der Pole wechselt nun auf Leihbasis nach Freiburg. Sinnvoller wäre hier ein junges Talent mit einem vergleichbaren Profil ans Geißbockheim zu holen, das beim effzeh den nächsten Schritt gehen möchte. So könnte ein weiteres Loch im Kölner Kader unauffällig geschlossen werden – und sich gleichzeitig vielversprechende Perspektiven eröffnen.

ZurückSeite 1 von 3