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Meinung

Mitgliederversammlung des 1. FC Köln: Eine schallende Ohrfeige für den Vorstand

Die Mitgliederversammlung des 1. FC Köln ist einmal mehr zu einem denkwürdigen Abend geworden. Die Ereignisse und Ergebnisse in der Kölnarena sind eine schallende Ohrfeige für den effzeh-Vorstand. Der effzeh.com-Kommentar.

Foto: Sebastian Bahr

Es war schon 1.30 Uhr, als bei der Mitgliederversammlung des 1. FC Köln das ersehnte Ergebnis vorlag. Zwölf der 41 Kandidaten haben letztlich ein ausreichendes Votum der in der Kölnarena erschienenen Mitgliedschaft erhalten. Ein bemerkenswertes Ergebnis, bleiben doch drei Plätze in dem Gremium zukünftig frei. Ein bemerkenswertes Ergebnis aber auch in dergestalt, dass unter dem Dutzend, das den Vorstand berät und kontrolliert, zahlreiche ausgewiesene Kritiker des derzeitigen Präsidiums zu finden sind. Mittendrin: Stefan Müller-Römer, der trotz einer selbst für effzeh-Verhältnisse unterirdischen Kampagne gegen seine Person und den Mitgliederrat im Gesamten letztlich klar die Wiederwahl geschafft hat.

Es war der Schlusspunkt einer nicht nur aufgrund der zeitlichen Ausgestaltung denkwürdigen Mitgliederversammlung, es war auch eine schallende Ohrfeige für die Vereinsführung. Es war nicht die einzige an diesem Tag: Das vom Vorstand befürwortete Begehr, die Satzungsänderungsanträge und die Mitgliederratswahl vor die Berichte der Gremien und die Aussprache zu setzen, lehnte der Souverän des Vereins klar ab. Nach der Wahl des neuen Mitgliederrats, aber vor der Verkündung des Ergebnisses dann die nächste bittere Schlappe für Werner Spinner und Co: Der Satzungsänderungsantrag, der unter anderem vorsah, die Vorschlagsfrist des Mitgliederrats für den Vorstand zu verkürzen, erhielt nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit.

Respektlosigkeiten auf und vor dem Podium

Foto: Sebastian Bahr

Dabei hatte es zu Beginn der Veranstaltung alles andere als nach einer solchen Blamage für das Triumvirat an der Vereinsspitze ausgesehen: Bei der Vorstellung der Personen, die während der Mitgliederversammlung auf der Bühne Platz nehmen werden, erntete Müller-Römer neben aufmunterndem Applaus auch ein stattliches Pfeifkonzert. Das konterten die Vorstandskritiker mit Pfiffen und Buh-Rufen gegenüber der Geschäftsführung und den Präsidiumsmitgliedern. Der Ton des „Familientreffens“ war gesetzt – und er sollte sich über die gesamte Versammlung nicht mehr grundsätzlich verändern. Und da bekleckerten sich beide Seiten nicht mit Ruhm: Es wurde aus dem Publikum bei Wortmeldungen gepfiffen, dazwischen gebrüllt, auch auf dem Podium mehrten sich mit zunehmender Dauer der Mitgliederversammlung die Respektlosigkeiten.

Es wurde durch die hoch emotionale und teilweise erschreckend niveaulos geführte Veranstaltung deutlich, wie sehr die Vereinsführung mit ihrem einstigen Anspruch „Verein vereinigen“ gescheitert ist. Die angespannt und latent aggressive Stimmung in der Kölnarena machte klar, dass die zuletzt noch von Markus Ritterbach beschworene Einigkeit im Club ein Märchen ist. Anstatt ausführlich Rechenschaft über die schlechteste Bundesliga-Saison der FC-Geschichte abzulegen, verzettelte sich das Vorstandstrio in einem Kleinkrieg mit seinen Kritikern, ganz besonders den Ultras. Auf der Gegenseite taten einige wenig dafür, die unentschiedenen Mitglieder des Vereins auf ihre Seite zu ziehen. Aggressive Zwischenrufe, ständiges „Hoodie“-Gegröle, respektlose Reaktionen – all das sorgte nicht gerade dafür, dass die teils berechtigten Anliegen und das eigene Klientel im Gesamten ernst genommen wurde und auch zukünftig wird.

Unwürdiges Schauspiel sorgt für Fremdscham

Vieles, was sich bis in den Donnerstag hinein bei einer Vielzahl von Mitgliedern, die zu einem überwiegenden Teil eben nicht der aktiven Fanszene oder gar den Ultragruppierung zuzurechnen ist, entladen hat, hat sich der Vorstand allerdings selbst zuzuschreiben. Anstatt in alle Richtungen auf der Mitgliederversammlung beschwichtigend einzugreifen, goss er bei einzelnen Themen Öl ins Feuer, bei anderen schwieg er beharrlich und ausdrucksstark. Auch an diesem Abend zeigten Werner Spinner und Co, wie weit es mit der Kritikfähigkeit der Vereinsführung derzeit gediehen ist. Zwischen teils komplett am Thema vorbeigehenden Repliken, hochnotpeinlichen Antworten auf Wortmeldungen und Anträge sowie offensiv zur Schau gestellter Missachtung von Mitgliedern und derer Anliegen zerlegte sich das Präsidium auf der Bühne endgültig in seine Einzelteile. Teilweise mussten sich selbst hart gesottene effzeh-Fans angesichts des unwürdigen Schauspiels vor Fremdscham zusammenreißen. Von einem „feinen Verein“, den Toni Schumacher einst wieder aus dem 1. FC Köln machen wollte, war bei dieser Mitgliederversammlung nicht viel zu spüren.

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Dass sich das Theater auch viele eher neutral eingestellte und an diesen Konflikten unbeteiligte Anwesende nicht bieten lassen wollten, lässt sich simpel an den Wahlergebnissen ableiten. Das war für die Verantwortlichen kein Warnschuss mehr vor den Bug, das war der größte Schiffbruch, den ein effzeh-Vorstand erlitten hat, seit Wolfgang Overath 2010 die Entlastung verweigert wurde. Wer die Gesichter auf der Bühne während der Mitgliederversammlung sah, der konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dies dem Triumvirat an der Spitze des 1. FC Köln auch deutlich bewusst geworden ist. Der Flurschaden im Binnenverhältnis des Clubs allerdings, der vor allem, aber nicht ausschließlich durch den effzeh-Vorstand in den vergangenen Monaten entstanden ist, wird sich wahrscheinlich nicht so leicht reparieren lassen wie der Abstiegsunfall. Vielleicht ist statt der vehement abgelehnten Fahrerflucht das kontrollierte Entfernen vom Ort des Geschehens nach Aufnahme des Schadens die cleverste Idee.

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