Es war eine Szene, wie man so sehr häufig in der Nachspielzeit eines Fußballspiels sehen kann. Der höchst angespannte Trainer der führenden Mannschaft weist einen seiner Spieler an, mit dem Ball zur Eckfahne zu gehen und ihn dort zu halten. Wenn man das dann als Spieler ausführt, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Man kann seinen massigen Körper zwischen Ball und Gegenspieler bringen, ein bisschen rumwackeln, irgendwann einen Einwurf/Abstoß/Eckball provozieren, manchmal auch ein Foul. Man kann es aber auch so lösen, wie es Louis Schaub beim Auswärtssieg des 1. FC Köln am Sonntag in St. Pauli gemacht hat.
Der österreichische Neuzugang nahm den Ball auf Höhe der Seitenauslinie an, weit vom Tor entfernt – natürlich mit der Sohle. Danach lupfte der 23-Jährige den Ball über das Bein des angreifenen Buballa, der ihm den Ball abjagen wollte. Schaub wetzte hinterher und hatte dann gegen Neudecker direkt den nächsten Zweikampf zu bestreiten. Durch seine gute Körperbalance und seine Beschleunigung vernaschte er auch Neudecker – gleich zweimal. Der Kölner Offensivmann zog dann Richtung Strafraum, um dort prompt wieder abzudrehen und St.Paulis Verteidigund ins Leere laufen zu lassen. Danach drehte er wieder ab zur Eckfahne und gab den Ball nach diesem 20 Sekunden andauernden Schauspiel an Hauptmann weiter.
Louis Schaub: Der Go-to-Guy des 1. FC Köln
In dieser Szene konnte man erkennen, welch tollen Fußballer der 1. FC Köln da im Sommer von Rapid Wien loseisen konnte. Generell war der Auftritt gegen St. Pauli die bisher stärkste Leistung des Österreichers, der in der Länderspielpause mit dem ÖFB auf Schweden und Bosnien & Herzegovina treffen wird. Den Anschlusstreffer von Clemens bereitete er mit einer Flanke von rechts vor, das 4:2 durch Guirassy mit einem uneigennützigen, aber dennoch schwierigen Querpass. Den Schlusspunkt von Salih Özcan leitete er ebenfalls mit einem Pass ein.
Doch auch unabhängig von den Scorerzahlen: Schaub beweist, dass er sich in der Offensive bestens aufgehoben fühlt und dort für den 1. FC Köln den Unterschied machen kann. Er ist quasi der Go-to-Guy des effzeh. Seine Stärken liegen im ersten Kontakt, mit dem er sich schon vor Ballannahme in Richtung des gegnerischen Tors drehen und seine Optionen (Abspiel, Abschluss?) ausloten kann. Durch seine gute Beweglichkeit und den vergleichsweise niedrigen Körperschwerpunkt kann Schaub sehr gut das Tempo wechseln und sich so dem Druck der Gegenspieler entziehen.
Neben dieser Stärke im Dribbling bringt Schaub auch eine hohe Torgefahr mit, was sich daran verdeutlicht, dass er den vierthöchsten Wert der durchschnittlichen Torschüsse pro Spiel bei den Kölnern aufweist. Bislang reichte dies allerdings nur zu einem Tor im DFB-Pokal gegen BFC Dynamo. “Es ist ein altes Problem von mir, dass ich noch nicht oft genug den Abschluss suche. Daran muss ich arbeiten, denn wer es nicht versucht, kann auch nicht treffen”, gestand er vor kurzem der Kölnischen Rundschau.
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Der kölsche Arjen Robben? Zumindest ein bisschen!
Schaub ist auf der Position des rechten Mittelfeldspielers, wenn er also im Taktikblogger-Jargon “invers” agieren und nach innen dribbeln kann, etwas wie der kölsche Arjen Robben. “Da fühle ich mich wohler, wenn ich nach innen reinziehen kann”, räumt er ein, um pflichtbewusst nachzuschieben, dass er sich auch auf der linken Seite bestens zurechtfindet.
Zwar geht er weniger auf individuelle Aktionen als der Niederländer, Schaubs Quirligkeit und technische Stärke sorgen jedoch dafür, dass er sich schnell befreien und Raum durch eine Einzelaktion überbrücken kann. Durch seine Stärke im Kombinationsspiel und eine hohe Spielintelligenz kann man Schaub wohl als einen der Fixpunkte in der Kölner Offensive beschreiben, die sich aufgrund der vielen Neuzugänge erst einmal finden muss. Schaubs Bedeutung dabei ist jedoch bereits deutlich zu erkennen.
Bereits nach wenigen Wochen eine echte Verstärkung
Dabei war es durchaus ein überraschender Transfer, den der effzeh im Sommer landete: Dem 23-Jährigen war eigentlich ein Wechsel zu einem Erstligisten zugetraut worden, da der Weg nach Deutschland und in die Bundesliga für ihn der nächste Schritt auf der Karriereleiter sein sollte. Gehaltsmäßig wird er beim 1. FC Köln nur geringfügig Abstriche gemacht haben müssen, vielleicht ist das aber auch sinnvoll: Ein Jahr in der zweiten Liga akklimatisieren, danach mit dem effzeh in der ersten Bundesliga für Furore sorgen. So stellt man sich das in Köln zumindest vor.
Seine ersten Wochen in der Domstadt legen aber durchaus nahe, dass den “Geißböcken” da eine echte Verstärkung geglückt ist. “Die 2. Liga präsentiert sich mir so, wie ich mir das erwartet habe. Sehr intensiv, aber das habe ich gut angenommen, wir hatten ja eine entsprechende Vorbereitung”, erklärte der Österreicher vor wenigen Tagen gegenüber dem kicker. Nun reist Schaub jedoch erst einmal zur Nationalmannschaft, um dort mit seinen Teamkollegen zwei weitere Spiele zu bestreiten und seine gute Form zu unterstreichen. Bleibt zu hoffen, dass er mit Erfolgserlebnissen und unverletzt zurückkehrt.