Mit Louis Schaub holt sich der 1. FC Köln einen vielversprechenden Neuzugang in den Verein. Was der neue Offensivmann dem effzeh bringen kann, besprechen mit Journalist und Rapid-Fan Marcus Holzer.
Statt Europa-League-Qualifikation mit Rapid Wien lieber 2. Bundesliga mit dem 1. FC Köln: Diese Entscheidung hat Louis Schaub in dieser Woche getroffen und den Wechsel aus der österreichischen Hauptstadt zum effzeh perfekt gemacht. Der 23-jährige Nationalspieler, der offensiv vielseitig einsetzbar ist, kommt für eine kolportierte Ablösesumme von etwa drei Millionen Euro an den Rhein und unterschreibt beim Bundesliga-Absteiger einen Vierjahresvertrag bis 2022.
Warum Schaub bei Rapid ein Publikumsliebling war, ob der Offensivmann bereits ist für den Schritt in den deutschen Profifußball und auf welcher Position der Linksfuß seine besten Leistungen beim österreichischen Traditionsclub gebracht hat, besprechen wir mit dem Wiener Journalisten und Rapid-Fan Marcus Holzer. Ähnlich wie Toni Polster, Peter Stöger und nun Louis Schaub, zog es ihn einst aus der österreichischen Bundeshauptstadt nach Köln, wo er jahrelang für verschiedene Sportpublikationen und Tageszeitungen tätig war. Aber auch heute noch behält er die sportlichen Vertreter der Domstadt ganz genau im Auge.
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Louis Schaub verlässt Euch als Publikumsliebling, dem viele ein wenig nachtrauern. Wie hat er es zum Fanfavoriten bei Rapid gebracht?
Louis gilt als ein „echter Rapidler“. Er kam bereits als Zwölfjähriger zum Klub, durchlief danach alle Nachwuchsmannschaften bis zu den Profis. Er fiel nie durch Skandale oder unfaires Spiel auf, sondern konzentrierte sich immer auf die Arbeit auf dem Platz. Natürlich halfen auch große Spiele, wie etwa die Gala gegen Ajax Amsterdam 2015, als Schaub die Mannschaft auswärts mit zwei Toren (2:3 nach einem 2:2 im Hinspiel) ins Play-off der Europa-League schoss. Hinzu kommt, dass er nicht das erstbeste Angebot aus dem Ausland annahm, sondern sich in den letzten Jahren bewusst beim SK Rapid weiterentwickeln und festigen wollte. Dies ist heutzutage für einen Profi aus Österreich nicht selbstverständlich und wird von den treuen Rapid-Fans besonders geschätzt.
Auf den ersten Blick mag der Wechsel verwundern, könnte Louis Schaub mit Rapid doch zumindest in der Europa-League-Qualifikation spielen und sich vielleicht (erneut) ins Notizbuch eines Erstligisten aus dem Ausland spielen. Tatsächlich kann ich den Schritt aber sehr wohl nachvollziehen.
Von einem österreichischen Spitzenclub in Wien zum Bundesliga-Absteiger nach Köln. Ein Wechsel, den du verstehen kannst?
Auf den ersten Blick mag dies verwundern, könnte er mit Rapid doch zumindest in der Europa-League-Qualifikation spielen und sich vielleicht (erneut) ins Notizbuch eines Erstligisten aus dem Ausland spielen. Tatsächlich kann ich den Schritt aber sehr wohl nachvollziehen. Mit bald 24 Jahren ist seine Entwicklung bei Rapid zuletzt ins Stocken geraten. Dies mag auch daran liegen, dass er in den letzten drei Jahren mit Zoran Barisic, Mike Büskens, Damir Canadi und Goran Djurcin vier verschiedene Trainer mit teils völlig unterschiedlichen Auffassungen und Charaktereigenschaften hatte. Ich denke, dass die Karriere von Landsmann (und Ex-Kollege) Marcel Sabitzer als Vorbild gelten könnte, der damals zu Leipzig in die zweiten Liga wechselte und in seinem zweiten Jahr zum Leistungsträger in der Bundesliga reifte. Ein Gegenbeispiel wäre hingegen Florian Kainz. Er wechselte als Stammspieler von Rapid zu Bundesligist Werder Bremen und tat sich an der Weser lange schwer.
Ein starker linker Fuß – das weckt natürlich sofort Assoziationen zu einem gewissen Lukas Podolski. Hat Schaub das Zeug dazu, in diese Fußstapfen zu treten?
Ich verstehe diesen Vergleich natürlich, würde ihn aber nicht ziehen. Louis Schaub ist ein anderer Spielertyp, sowohl auf dem Platz als auch abseits davon. Ich denke aber, dass er sich auch in Köln zu einem echten Publikumsliebling entwickeln kann.
Ist Louis deiner Meinung bereit für den Schritt nach Deutschland? Wo liegen seine Stärken, wo seine Schwächen?
Der Schritt erfolgt meiner Meinung nach zum richtigen Zeitpunkt. Wie erwähnt, hat er bei Rapid in der Entwicklung zuletzt keinen weiteren Schritt nach vorne gemacht. Er bringt aber die nötigen Anlagen mit, um sich auch in Deutschland durchzusetzen, der Tapetenwechsel wird ihm guttun. Louis kommt von einem emotionalen Verein mit einer sehr leidenschaftlichen Fangemeinde. Bedeutet: Er passt zum FC, der FC passt zu ihm. Er ist ein technisch versierter Spieler, stark am Ball, verfügt über einen guten Schuss. Bei uns in Wien würde man ihn einen „Edelzangler“ nennen. Offensiv kann er praktisch auf allen Positionen eingesetzt werden. Allerdings ist er auch sehr sensibel. Bei Rapid herrschte in den letzten Jahren immer wieder Unruhe, dies wirkte sich auch auf seine Leistungen aus. So hatte er in den letzten Jahren regelmäßig mit Formschwankungen zu kämpfen. Manchmal ist er zu „ballverliebt“ und eigensinnig, weil er zu viel erzwingen möchte. Auch körperlich muss er noch ein wenig zulegen, um in der Bundesliga auf gutem Niveau mitzuhalten.
In der Offensive ist Schaub vielseitig einsetzbar, kann auf den Flügeln als auch als klassischer Zehner seine Qualitäten ausspielen. Auf welcher Position ist er denn am besten aufgehoben?
Ich persönlich fand ihn auf der Außenbahn immer besser als auf der Zehn, da er dort mehr Platz vorfand und seine Fähigkeiten am Ball besser zur Geltung bringen konnte. Bei Rapid hat er zumeist auf der rechten Außenbahn gespielt und ist dann immer wieder nach innen zum Tor gezogen, Versuche auf der Zehn waren hingegen zumeist personellen Notsituationen geschuldet.
Schaub war zumindest beim SK Rapid niemand, der die Mannschaft mitreißen konnte oder als Motivator auftrat. Für klare Worte auf und abseits des Rasens waren andere zuständig. Er ist aber zweifellos ein Spieler, der – etwa durch eine gelungene Einzelaktion – eine Partie drehen und entscheidende Impulse geben kann.
Der Offensivmann gilt als bescheiden und bodenständig. Was für einen Typen haben wir verpflichtet?
Bescheiden und bodenständig trifft es eigentlich sehr gut, ich würde das zuvor erwähnte Wort „sensibel“ noch ergänzen. Schaub war zumindest beim SK Rapid niemand, der die Mannschaft mitreißen konnte oder als Motivator auftrat. Für klare Worte auf und abseits des Rasens waren andere zuständig. Er ist aber zweifellos ein Spieler, der – etwa durch eine gelungene Einzelaktion – eine Partie drehen und entscheidende Impulse geben kann. Wenn er die ein oder andere Schwäche, gerade in Hinblick auf fehlende Konstanz, in ausmerzen kann, hat er das Zeug zum absoluten Leistungsträger beim FC. Auch in Anbetracht der Ablösesumme ist den „Geißböcken“ in meinen Augen ein richtig guter Griff gelungen.