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Ehrentribüne

Lebenswege beim 1. FC Köln: Sebastian Zinke – mit Podolski beim FC, Aufstiegsheld bei der Fortuna

Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs traf Sebastian Zinke, der unter anderem in der Jugend des FC ausgebildet wurde und später zum Aufstiegshelden der Fortuna avancierte.

Foto: Micha Will/Bongarts/Getty Images

Die Spannung war buchstäblich greifbar, die Luft im Stadion an der Grünwalder Straße wie elektrisch geladen. Die Zuschauer sahen einen Kampf auf Biegen und auf Brechen, die temporeiche Begegnung wogte hin und her, Torszenen gab es zuhauf. Die Begegnung – das war das Relegationsrückspiel zwischen der zweiten Mannschaft von Bayern München und Fortuna Köln, in dem es um die Entscheidung über den Aufstieg in die 3. Liga ging. Für den Verein aus der Kölner Südstadt ging es um mehr, um viel mehr. Die Existenz, das Weiterbestehen der Fortuna stand auf dem Spiel. Die deutlich höheren Einnahmen in der untersten der deutschen Profiligen wären für den Klub so wichtig wie die Luft zum Atmen, ein weiteres Jahr in der Regionalliga würde man finanziell kaum überleben. Sein oder Nicht-Sein, Sekt oder Selters, das war an diesem frühsommerlich warmen Junisonntag des Jahres 2014 the name of the game für die Fortuna.

Fortuna Köln hatte das Hinspiel 1:0 gewonnen, nun lagen die Spieler von Trainer Uwe Koschinat – nach der gelb-roten Karte für Kristoffer Andersen nur noch zu zehnt – wenige Minuten vor Schluss mit dem gleichen Ergebnis zurück, die Verlängerung nahm drohende Gestalt an. Da stoppte der Linksverteidiger der Bayern, Ylli Sallahi, einen Pass 20 Meter vor dem Tor, ließ den Ball noch einmal kurz aufspringen und traf ihn dann mit seinem linken Fuß so perfekt, dass er unhaltbar ins rechte Eck des von André Poggenburg gehüteten Tors einschlug – 2:0 für die Elf des heutigen Trainers von Ajax Amsterdam, Erik ten Hag.

Aufstieg in allerletzter Sekunde

Auf der Tribüne schlug Fortuna-Präsident Klaus Ulonska fassungslos die Hände vors Gesicht, Vorstandsmitglied Thomas Olschewski rutschte vor Entsetzen halb von seinem Sitzplatz, die Bayern-Fans um sie herum jubelten dagegen beinahe so ausgelassen wie nach dem Gewinn einer Meisterschaft. Regulär waren noch zwei Minuten zu spielen, das Spiel und damit der Aufstieg der Mannen um Alessandro Schöpf, Tobias Schweinsteiger und Benno Schmitz schien entschieden.

In der dritten Minute der Nachspielzeit drosch der Mannschaftskapitän der Fortuna den Ball noch aus der eigenen Hälfte in Richtung Bayern-Tor. Das runde Leder sprang im Strafraum der Münchener auf, Torwart Lukas Raeder verschätzte sich und Fortunas Oliver Laux, eigentlich schon im Zurücklaufen begriffen, drehte sich auf Zuruf noch einmal um und köpfte den Ball ins leere Tor. Der alles entscheidende, bei Torgleichheit doppelt zählende Auswärtstreffer, an den selbst die eingefleischtesten Fortuna-Fans kaum noch geglaubt hatten, war gelungen, der Aufstieg greifbar nahe. Schiedsrichter Robert Kampka ließ den Anstoß zwar noch ausführen, wenige Augenblicke später besiegelte sein energischer Pfiff jedoch das Ende der Partie und den Aufstieg der Fortuna.

Ein Kasselaner feiert mit Fortuna Köln in München

Danach öffneten sich bei den Südstädtern alle Schleusen. Spieler, Trainer, Betreuer und Offizielle wussten kaum mehr wohin mit ihren Glücksgefühlen, sie umarmten sich, hüpften, lachten und vergossen Freudentränen. Präsident Klaus Ulonska gab später zu Protokoll, er habe geweint wie seit seiner Kindheit nicht mehr, Vorstandsmitglied und Ex-Fußballer Thomas Olschewski tat es ihm gleich und bezeichnete diese Momente nach dem Abpfiff als die emotionalsten seiner gesamten Fußballkarriere.

Jubel auch bei Sebastian Zinke |  Micha Will/Bongarts/Getty Images

Die Fortunen waren inzwischen zu ihren Fans gelaufen und tauchten in den kollektiven Jubel ein. Ein Spieler stand ganz vorne am Zaun, das Trikot mit der 24 auf dem Rücken hatte er ausgezogen und schrie seine Freude in den Himmel über dem Grünwalder Stadion. Er hatte seine Mannschaftskameraden angetrieben, als die Köpfe nach unten gingen und das Spiel verloren schien, hatte sie aufgerichtet und war vorangegangen. Und er war es, der den langen Ball geschlagen hatte, der seine Mitspieler und die vielen Fans auf Wolke sieben schweben ließen, er, der Mannschaftskapitän, Sebastian Zinke.

Sebastian Zinke erblickt am 20. Februar 1985 in Kassel das Licht der Welt. Fußballerisch ist er durch seine Eltern vorbelastet, sein Vater hat als Torwart lange in Waldau gespielt und auch seine Mutter ist bis zur Geburt von Zinkes älterer Schwester fußballerisch aktiv gewesen. Im zarten Alter von vier Jahren tritt er seinem ersten Fußballverein bei, dem Kasseler Stadtteil-Club TuSpo Waldau, für den er neun Jahre lang die Fußballschuhe schnürt und bei dem sein Vater als Trainer und Nachwuchsleiter fungiert.

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„Für mich gab es nichts anderes als Fußball. Sobald ich nach der Schule zu Hause war, habe ich den Ranzen in die Ecke geschmissen und bin auf den Fußballplatz,“ sagt er. Sebastian Zinke lächelt bei der Erinnerung an unbeschwerte Kindertage. Er ist hoch aufgeschossen, schlank und drahtig, eine sportlich-elegante Erscheinung in Anzug und Krawatte. Wir sitzen in seinem Büro im KölnTurm hoch über den Dächern der Domstadt. Das runde Leder hat er inzwischen gegen Laptop und Smartphone eingetauscht.

Anfänge in Baunatal, erstes Interesse des 1. FC Köln

Der ebenfalls in Kassel beheimatete TSV Wolfsanger ist seine nächste Station. Hier spielt der zweikampfstarke Abwehrspieler so gut, dass er den Verantwortlichen des KSV Baunatal auffällt und 1999 zum größten Sportverein der Sportstadt Baunatal wechselt. Bald werden auch die Verantwortlichen der Hessenauswahl auf den hochgewachsenen Linksverteidiger aufmerksam, der schnell zu einer Stütze der U15 der Baunataler wird. Weitere Berufungen in die Hessenauswahl folgen, in der Saison 2001/2002 wird er von André Schubert, dem späteren Trainer von Borussia Mönchengladbach, noch als B-Jugendlicher in die U19 des KSV Baunatal hochgezogen.

Mit Podolski in der U19 – Zinkes erste Schritte im Seniorenbereich

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