An dieser Personalie kommt man als Verantwortlicher beim 1. FC Köln einfach nicht vorbei: Gerüchte über eine mögliche Rückkehr von Lukas Podolski zu seinem Herzensverein beschäftigen die Domstadt eigentlich seit seinem zweiten Abgang im Jahr 2012. Nun, da sich die Karriere des Weltmeisters dem Ende entgegen neigt und sein Vertrag in Japan ausläuft, bekommt das Thema in Köln einen ganz neuen Drive. Der neue Geschäftsführer Horst Heldt befeuerte die Debatte vor kurzem auch bewusst, in dem er bei der Pressekonferenz vor dem Spiel in Leipzig auf eine Journalisten-Frage antwortete und ein drittes mögliches Engagement von “Poldi” beim FC zumindest theoretisch nicht ausschloss.
„Es ist immer wichtig, verdiente Spieler an den Verein zu binden und einzubauen. Lukas hat herausragendes für den FC geleistet. Aber er muss für sich selbst entscheiden, was er machen will”, befand Heldt wenige Tage nach seinem Amtsantritt. Kurz darauf legte der neue Geschäftsführer nach und bezeichnete Podolski als „exzellenten Spieler”, der aktuell aber in Japan spiele. Dort läuft sein Vertrag Ende Januar 2020 aus und bis dato sieht es nicht so aus, als würde der Linksfuß sein Abenteuer in Fernost verlängern wollen. Zwischendurch waren immer wieder Gerüchte laut geworden, dass Podolski seine Karriere auch in Brasilien oder Polen fortsetzen könnte. Im Ausrichterland der WM 2014 ist der 34-Jährige enorm beliebt, in seinem Geburtsland könnte er für seinen Herzensverein Gornik Zabrze auflaufen.
Podolski darf nicht Hauptthema beim 1. FC Köln sein
Und weil man sich in Köln immer nach einem Heilsbringer sehnt, gerade wenn es mal wieder schlecht läuft, ist Podolski natürlich auch ein Thema in Köln. Bereits im Frühjahr hieß es, dass dem in Köln ausgebildeten Fußballer eine Rolle im neuen Kompetenzteam Sport zuteil werden könnte, um den Vorstand in sportlichen Aspekten zu beraten. „Wir wären ja mit dem Klammerbeutel gepudert, ihn nicht einzubinden. Lukas ist der Weltstar, der uns überall viele Türen öffnen kann”, lautete das Urteil des damaligen Vorstandskandidaten Werner Wolf.
In einer für den Verein und seine Fans sehr turbulenten Phase im Herbst setzte Horst Heldt dann das Thema erneut auf die Agenda. Mögliche Gründe könnten dafür sein, von der bedrohlichen sportlichen wie finanziellen Lage abzulenken und den Fans die Möglichkeit zum Träumen zu geben – denn welcher FC-Fan würde es ablehnen, “Prinz Poldi” nochmal im rot-weißen Trikot zu sehen? Fest steht aber auch: Beim 1. FC Köln sind momentan Problembereiche sichtbar, die dringend bearbeitet werden müssen und nichts mit Lukas Podolski zu tun haben.
Rückholaktionen als Markenkern des 1. FC Köln
Dass Rückholaktionen in dieser emotionalen Stadt immer etwas Besonderes sind, scheint dabei nichts Neues zu sein – bereits einmal kehrte der verlorene Sohn von einem Abenteuer in München zurück. Auch Spieler wie Christian Clemens (kam nach Stationen auf Schalke und in Mainz zurück) und Anthony Modeste (das astronomische Gehalt in China war gegen den Domblick dann doch nicht aufzuwiegen) können ein Lied davon singen, wie es ist, als Fußballer erneut in Köln anzuheuern. Und klar, Lukas Podolskis Wert ist noch ein wenig größer: einerseits, weil er nach 181 Spielen und 86 Toren ganz klar den Status einer Vereinslegende hat – besonders für Fans jüngerer Generation. Andererseits war der in Bergheim aufgewachsene Podolski Profi und Fan des Vereins gleichermaßen – und ist es bis heute geblieben.
Sein Wert als Markenbotschafter für den 1. FC Köln, der die rot-weißen Farben in die Welt hinausträgt, ist kaum zu bemessen. Allerdings brauchte der 150fache Nationalspieler dafür kein Salär – er tat es einfach. Von daher wäre es in gewisser Hinsicht schon sinnvoll, ihn in eine Tätigkeit beim Verein einzubinden, bei dem er seine Strahlkraft (4,2 Millionen Follower alleine bei Instagram!) für den Verein nutzbar machen könnte. Die Ultra-Gruppe “Wilde Horde” ging beim Heimspiel gegen Augsburg sogar einen Schritt weiter und forderte mit einem Spruchband, dass Podolski zum FC zurückkehren solle. Im “Schwaadlappe”, einer Kurvenzeitung der Horde, wurde diese Forderung erklärt. Darin hieß es: „Ein FC-Fan, ein Kölner, ein großartiger Fußballer, der mit seinem starken Schuss den Ball samt Torhüter in den Kasten befördert und zum Ende seiner Laufbahn nochmal für seinen Verein auflaufen möchte! (…) Dieser Junge gehört nach Köln!”
Emotional ein Muss, rational ein Wahnsinn?
Natürlich fallen diese Sätze auf fruchtbaren Boden bei FC-Fans. Für die Generation DSF ist er die Identifikationsfigur schlechthin, der Weltmeister-Titel 2014 und seine zahlreichen Länderspiele und -tore verankerten ihn zudem im Gedächtnis aller Fußballfans. Emotional betrachtet gäbe es wenig, was das Müngersdorfer Stadion derartig in Wallung bringen würde wie die Tatsache, bei einer Mannschaftsaufstellung Podolskis Namen rufen zu dürfen. So viel zur emotionalen Seite der Debatte. Aus rationaler Sicht hingegen sind andere Aspekte wichtig: Der 1. FC Köln muss es endlich schaffen, von den Personaldebatten um einzelne Figuren zu lösen. Nur, weil jemand in der Vergangenheit gute Leistungen für den FC gebracht hat, heißt das noch lange nicht, dass eine erneute Verpflichtung sinnvoll wäre.
Dass Anthony Modeste mittlerweile wieder das Kölner Trikot trägt, ist ebenso eine Tatsache wie seine meistens schwache Form seit mehreren Monaten. Die einstigen Helden von 2017 befinden in einer neuen Mannschaft erneut im Abstiegskampf – Fußball ist ein Tagesgeschäft und die Meriten von früher zählen nicht viel. Hinzu kommt, dass die finanzielle Situation es derzeit wohl gar nicht ermöglichen würde, Lukas Podolski einen angemessenen Vertrag anzubieten. Damit der FC sich für die Zukunft aufstellen kann, müssen auch alte Zöpfe abgeschnitten werden – dem Aufbau von funktionierenden sportlichen und wirtschaftlichen Strukturen würde dann im Idealfall die Entwicklung von neuen Identifikationsfiguren folgen.
Keine Stimmungsmache auf Podolskis Rücken
Die Frage, ob Lukas Podolski als Spieler zum 1. FC Köln zurückkehren sollte, vereint also die emotionalen und rationalen Gesichtspunkte, unter denen man das Fußballgeschehen verfolgen kann. Daher ist es berechtigt, sich zu wünschen, dass er nochmal für den FC spielt – gleichzeitig ist es aber auch völlig in Ordnung, wenn es nicht der Fall sein sollte und er “nur” eine Rolle als Funktionär oder Berater einnehmen würde. Was aber auf gar keinen Fall geht: Weder Präsidium noch Geschäftsführung haben das Recht, auf dem Rücken von Lukas Podolski Stimmung für sich zu machen. Das gilt für Werner Wolf genauso wie für Horst Heldt. Beide haben ihre Ämter erst vor kurzem angetreten, sie müssen mit Sacharbeit überzeugen, statt nun lediglich mit Podolski zu kokettieren und sich dann für eine eventuelle Rückkehr abfeiern zu lassen.