https://effzeh.com

Heimniederlage gegen Duisburg: Selbstkritik nach System-Ausfall

Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images

Der Boden war bereitet vor dem Montagabendspiel des 1. FC Köln: Die Konkurrenz hatte nicht durchgehend gepunktet, es bestand die Chance, sich tabellarisch ein wenig abzusetzen und ein Polster zwischen sich und die ärgsten Verfolger zu bringen. Zu Gast war mit dem MSV Duisburg eine Mannschaft, gegen die man sich alleine aufgrund der Tabellensituation durchaus etwas ausrechnen konnte: Die “Zebras” waren in den bisherigen acht Spielen ohne Sieg geblieben und hatten deswegen ihren langjährigen Trainer Ilja Gruev entlassen. Neu auf der Kommandobrücke in Meiderich war Thorsten Lieberknecht; ein Trainer, der die zweite Liga bestens kennt und in Braunschweig unter Beweis stellen konnte, was für ein guter Trainer er ist. Das Ende vom Lied war, dass der 1. FC Köln verdient mit 1:2 verlor, Lieberknecht einen Start nach Maß feierte und nach den neun Punkten der Englischen Woche nun wieder viele Fragen am Geißbockheim gestellt werden.

Im Nachgang stellten die Kölner Akteure dann unter Beweis, dass sie die mangelhafte Leistung an diesem Tag eigentlich durchweg realistisch einschätzten. Markus Anfang sagte auf der Pressekonferenz, dass die erste Halbzeit richtig schlecht gewesen sei (dem stimmen wir zu), Timo Horn sprach gegenüber “Sky” von den schlechtesten 30 Minuten der Saison, auch hier würden wir vollumfänglich unterschreiben. Kapitän und Kopfballungeheuer Jonas Hector konstatierte am FC-TV-Mikrofon, dass Duisburg den effzeh “niedergekämpft” und man sich den “Schneid abkaufen lassen” habe – ebenfalls wahr. Was also beim 1. FC Köln momentan zu stimmen scheint, ist eine realistische Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit – schließlich hätte man sich auch hinstellen können und sagen, dass Duisburg mit Glück gewonnen habe. Denn dies war schlichtweg nicht der Fall, die Duisburger verdienten sich den Sieg total.

Mannorientierung und Positionsspiegelung als taktische Mittel

Werfen wir kurz einen Blick aufs Taktische: Beim effzeh gab es nur eine Veränderung personeller Natur, Clemens rückte im Vergleich zum Auswärtssieg in Bielefeld für Guirassy in die Startelf. Die Duisburger hingegen wählten taktisch eine neue Herangehensweise – Thorsten Lieberknecht reagierte auf das Aufbauspiel des effzeh mit einer Raute, in der die wichtigsten Aufbauspieler des 1. FC Köln mit einer simplen Mannorientierung gespiegelt wurden und dementsprechend sofort unter Druck standen, als sie den Ball bekamen. Iljutchenko und Gyau kümmerten sich um Czichos und Sobiech, Tashchy übernahm die Bewachung von Marco Höger. Weil die Duisburger den Kölner Aufbauspielern förmlich auf den Füßen standen, hatten die Gastgeber Probleme, ihr Spiel aufzuziehen.

Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images

Die erste Szene, die dies verdeutlichte, gab es bereits nach zwei Minuten zu bewundern: Im Aufbau spielte der effzeh einen Notpass nach dem anderen, bis Czichos von Cauly Oliveira Souza unter Druck gesetzt wurde. Der ehemalige Kölner in Diensten des MSV stibitzte den Ball und unternahm einen Lauf in Richtung Timo Horn, der den Schuss gerade so parieren konnte. Wer schon einmal Fußball gespielt hat weiß, wie wichtig die ersten Aktionen sind und wie sehr die Psyche die eigene Leistungsfähigkeit beeinflussen kann – in diesem Fall war es so, dass die erste gute Aktion den Duisburgern gehörte und sich die Gäste daran hochziehen konnten. Nach zehn Minuten ging Duisburg dann in Führung, als Souza einen zweiten Ball nach einer Ecke aufs Tor brachte und Horn die Sicht versperrt war.

Die Dynamik des Spiels sprach für Duisburg

Auch in der Folge lief es eher für die “Zebras”: dem effzeh fehlten Passschärfe und -genauigkeit, um in die gewohnten Abläufe des Offensivspiels zu kommen. Da die zentralen Aufbauspieler wie bereits erwähnt relativ wenig Konstruktives zum Spiel beitrugen, lag es an den anderen – Drexler, Schaub e tutti quanti versuchten es zwar, sich die Bälle tief abzuholen, es gelang allerdings nicht, den MSV damit wirklich vor Probleme zu stellen. Zu häufig blieb dann nur von einem aus dem Halbraum geschlagenen Longline-Ball, mit dem die Offensivabteilung natürlich wenig anfangen konnte. Mit jeder gelungenen Verteidigungsaktion pushten sich die Gäste hoch, begleitet von einem aktiven Lieberknecht an der Seitenlinie.

Auf der nächsten Seite: Warum der effzeh den Sieg nicht verdient hatte.

Dass der effzeh dann nach etwas mehr als einer halben Stunde zum Ausgleich kam, war auch eher dem Zufall geschuldet: einen von Schaub getretenen Eckball verlängerte Sobiech in die Mitte, dort drückte Hector den Ball über die Linie. Anfangs Mannschaft hatte dann aber schon das Glück, nicht mit einem erneuten Rückstand in die Pause zu gehen – Timo Horn reagierte gegen einen Bomheuer-Kopfball stark und lenkte ihn an die Latte. Nach dem Seitenwechsel war der effzeh ein wenig druckvoller in seinen Aktionen, auch die nackten Werte in den Statistiken konnten nach oben geschraubt werden. Am Ende der Partie hatte der 1. FC Köln mehr gewonnene Zweikämpfe, mehr Ballbesitz, mehr Schüsse, mehr Eckbälle – der Auswärtssieg für die Gäste ging aber trotzdem komplett in Ordnung.

Fehlender Plan B nach Rückstand: Nur noch lange Bälle

Dass dem so ist, lag an der Dynamik des Spiels: Duisburg verteidigte nach wie vor mit viel Hingabe und gewann auch immer wieder den Ball in Situationen, in denen man den effzeh in der Gegenbewegung erwischte und mit viel Raum auf Timo Horns Tor zulief. Zumeist wurden diese Situationen allerdings schlecht ausgespielt. Der gamechanging moment war dann Mesenhölers starke Parade gegen eine Terodde-Direktabnahme, beim anschließenden Eckball wehrte der ehemalige effzeh-Keeper dann noch einen Versuch von Hector ab. Wäre der effzeh in einer dieser Szenen in Führung gegangen, hätte man sich wohl ähnlich wie gegen Ingolstadt zum Sieg gequält – so allerdings ging Duisburg in Führung. Der eingewechselte Engin narrte Jannes Horn auf der Seite und brachte den Ball in die Mitte, wo Matthias Bader von Souza bedrängt wurde und den Ball über die Linie drückte.

Danach hatten die Meidericher noch eine glänzende Chance durch einen weiteren ehemaligen Kölner, Schnellhardts Schuss wurde jedoch abgefälscht. Beim effzeh kamen Guirassy und Cordoba, umgestellt wurde auf ein arg unkonventionelles 3-4-3 mit den beiden Jokern und Terodde ganz vorne. Viele, viele lange Bälle wurden geschlagen, bis auf einen Schaub-Schuss aufs Tordach, einen Sobiech-Kopfball und eine misslungene Einzelaktion von Drexler sollte allerdings nichts mehr herausspringen. Symptomatisch für das Spiel des 1. FC Köln an diesem Tag war dann eine Szene in der Nachspielzeit, in der erst Jannes Horn überhastet zwei missglückte Flanken schlug, sein Namensvetter Timo den Ball im Anschluss einem Duisburger in die Füße spielte und Jonas Hector mit einem Dribbling den Ball an der Mittellinie verlor.

Nach Länderspielpause: Auswärts in Kiel

Die zweite Heimniederlage des 1. FC Köln lag unter dem Strich zuvorderst an der eigenen mangelhaften Leistung in vielen Aspekten. Dass Fußball sich durch die Anwesenheit des Gegners verkompliziert, wusste schon Sartre und offenbar auch Thorsten Lieberknecht, der eine völlig legitime Herangehensweise wählte und mit seiner Mannschaft verdient drei Punkte aus der Domstadt entführte. Jetzt steht die Länderspielpause auf dem Programm, während der man beim effzeh weiter an der Balance arbeiten wird. Danach geht es weiter bei Holstein Kiel.

ZurückSeite 1 von 2