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#KOESVW-Auswärtsspiel: “Der Druck liegt eher bei euch”

(Photo by Oliver Hardt/Bongarts/Getty Images)

Der Endspurt um Europa beginnt mit einem Duell gegen ein formstarkes Werder Bremen. SVW-Fan Johanna spricht mit uns im #KOESVW-Auswärtsspiel über den Höhenflug an der Weser. 

Zu den Spielen unseres geliebten und glorifizierten ersten Fußballclubs Köln werden wir auch in dieser Saison einem Fan der gegnerischen Mannschaft ein paar Fragen stellen. Und weil Gegner ja immer irgendwie “auswärts” sind, egal ob der effzeh zu Hause oder auf fremdem Platz antritt, und weil die Sichtweise von “auswärts” kommt, heißt die Kategorie folgerichtig “Auswärtsspiel”. Wir sind nicht nur gespannt, wieviel effzeh in den Anhängern der anderen Bundesligisten steckt, sondern erwarten auch eine Einschätzung zur Situation der eigenen Mannschaft.

Die Mannschaft der Stunde in der Bundesliga heißt: Werder Bremen! Die Hanseaten haben sich mit einem sensationellen Lauf aus der Abstiegszone auf Platz sechs katapultiert. Die Euphorie beim SVW kennt kaum Grenzen – jetzt soll auch im direkten Duell um Europa beim 1. FC Köln gepunktet werden. Vor der enorm wichtigen Partie sprechen wir im #KOESVW-Auswärtsspiel mit Werder-Fan Johanna, Vorsitzende des Werder Twitter-Fanclubs #twerder und Mitglied des Werder-Podcasts Weserfunk, über den Höhenflug an der Weser, den Protagonisten Alexander Nouri sowie die ausgeprägte Werder-Familie in Bremen.

Neun Siege aus den letzten elf Partien, die letzte Niederlage rührt vom 20. Spieltag: Aus dem Abstiegskandidaten Werder Bremen ist ein Europapokal-Aspirant geworden. Kannst du dieses Wunder von der Weser schon begreifen?

Die Serie als Wunder zu bezeichnen, finde ich fast vermessen. Dafür waren die wirklichen Wunder von der Weser zu groß. Aber es stimmt schon, begreifen kann ich es immer noch nicht wirklich. Nach dem desaströsen Saisonstart und miesen Rückrundenbeginn mit Platz 16 im Februar konnte man nun wirklich nicht damit rechnen. Ich genieße es derzeit einfach, da die letzten Jahre im Abstiegskampf wirklich anstrengend waren

Dank der Wintervorbereitung unter Nouri konnte endlich ein System einstudiert werden. Jetzt funktioniert es fabelhaft und der Konterfußball liegt unseren Spielern. Selbst die Verletzungsmisere, als jedes Spiel ein neuer Verletzter dazu kam, konnte kompensiert werden.

Wie war dieser Höhenflug mit begeisternden Auftritten möglich? Was sind die Kernelemente, die Werder aktuell so stark machen?

Dank der Wintervorbereitung unter Nouri konnte endlich ein System einstudiert werden. Die Dreierkette in der Abwehr hat er schon mit der U23 in der 3. Liga spielen lassen, deswegen haben wir damit schon fast gerechnet. In den ersten Spielen der Rückrunde musste das neue System nur noch eingespielt werden, was leider etwas länger gedauert hatte als erhofft. Jetzt funktioniert es fabelhaft und der Konterfußball liegt unseren Spielern. Der Teamgeist ist meiner Meinung nach derzeit das Nonplusultra. Selbst die Verletzungsmisere, als jedes Spiel ein neuer Verletzter dazu kam, konnte kompensiert werden. (Von Ausfällen könnt ihr diese Saison ja auch ein Lied singen.) Dass momentan selbst ein fitter Serge Gnabry nicht in die Startelf kommt, spricht auch sehr für das Team, würde ich sagen.

Foto: Michael Kienzler/Bongarts/Getty Images

Nun kommt es in Köln zu einem enorm wichtigen Duell, für den effzeh scheint es fast schon ein Endspiel um Europa zu sein. Ist die Sichtweise bei Euch in Bremen ähnlich?

Klar! Wenn wir gegen euch gewinnen, sind wir sechs Punkte vom effzeh weggezogen. Bei dann noch zwei zu spielenden Partien klingt es fast nach einem Endspiel um Europa.

Spielen Euch die Vorzeichen vielleicht sogar in die Karten? Schließlich kann der effzeh nur mit einem Sieg an Euch vorbeiziehen.

Wir gehen eigentlich ziemlich entspannt in das Duell, würde ich sagen. Der Druck liegt eher bei euch, als bei uns. Unsere Spieler reden erst seit ein paar Tagen über die Europa League und dass sie es jetzt natürlich dorthin schaffen wollen. Da wir aber im Prinzip nichts zu verlieren haben, können wir befreit aufspielen. Ich hoffe allerdings nicht, dass es so ein Spiel wird wie in Ingolstadt, wo wir unverständlicherweise nicht unser Spiel gespielt und abgewartet haben, was der Gegner macht.

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an Alexander Nouri und der Turnaround an der Weser

Sinnbildlich für den Bremer Aufschwung auf dem Platz steht sicherlich Max Kruse. Ist der Ex-Nationalspieler der Schlüsselspieler, den es für uns auszuschalten gilt?

Max ist in der Form seines Lebens, ihm scheint momentan alles zu gelingen. Deswegen ist es umso trauriger, dass er uns in der Hinrunde so lange gefehlt hat. Er ist DER Spieler bei uns derzeit, absolut. Aber Fin Bartels unterschätzen einfach zu viele. Und wie betont Max immer so schön? “Ohne die Mannschaft würde ich die Tore nicht machen.”

Für den Transfer von Delaney muss man Baumann eigentlich schon jetzt ein Denkmal bauen. Es ist, als ob er schon immer hier gewesen wäre. Auf ihn haben wir nur gewartet. Er sagt immer, er ist nicht der Heiland, der zu uns kam, aber gefühlt ist es doch so. Wir freuen uns jetzt schon auf die neue und erste komplette Saison mit ihm.

Wer uns sehr imponiert hat, ist Winter-Neuzugang Thomas Delaney. War er das Puzzlestück, das Werder noch zum Glück fehlte?

Für den Transfer von Delaney muss man Baumann eigentlich schon jetzt ein Denkmal bauen. Es ist, als ob er schon immer hier gewesen wäre. Auf ihn haben wir nur gewartet. Er sagt immer, er ist nicht der Heiland, der zu uns kam, aber gefühlt ist es doch so. Wir freuen uns jetzt schon auf die neue und erste komplette Saison mit ihm. Toller Typ.

Neben dem Rasen ist vor allem Trainer Alexander Nouri für das derzeitige Auftreten verantwortlich. An ihm war zwischenzeitlich gezweifelt worden, nun gilt er als Herr des Höhenflugs. Ist es einzig das Vertrauen in ihn, das sich auszahlt, oder musste auch er den Schalter umlegen?

Alex Nouri ist einfach ein ganz feiner Mensch. Auch, oder vor allem, außerhalb des Platzes sagt er einfach viele richtige und wichtige Dinge. Mit Sicherheit musste er auch noch dazu lernen und vielleicht auch etwas ändern, aber das ist ja nur normal. Die Zweifel wurden meiner Meinung nach nur von außen heran getragen. Intern waren sie sich ziemlich sicher, dass Alex das packt. Er ist aber auch in sich so gefestigt, dass es nicht wirklich an ihn ran gekommen ist.

Foto: Oliver Hardt/Bongarts/Getty Images

Insgesamt scheint Werder nach schwächeren Jahren den Turnaround zu schaffen, agiert auch auf dem Transfermarkt zuletzt sehr zielstrebig. Wie schätzt du die Arbeit von Sportdirektor Frank Baumann ein?

Eigentlich hat Baumann nur einen wirklichen Fehler bisher begangen – und das war die Vertragsverlängerung mit Viktor Skripnik. Eigentlich sogar, dass überhaupt mit Skripnik weiter gemacht wurde. Aber das ist Vergangenheit. Die Transfers von ihm waren eigentlich durch die Bank gut, lässt man Fallou Diagne mal außen vor. Kruse, Gnabry, Bauer, Delaney, Sané, Moisander, Kainz. Das liest sich wirklich verdammt gut. Auch, dass er “Kaderleichen” (wie eben Diagne, Petsos, Thy, Fröde) verliehen oder verkauft bekommen hat, schafft nicht jeder. Ich bin wirklich sehr zufrieden mit ihm in seiner ersten Saison auf dem Posten.

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Werder-Familie und Identifikation mit dem Verein

Was von außen auffällt: In Bremen setzt man häufig auf die interne Lösung mit „Stallgeruch“. Ist die Befürchtung da, die Werder-Familie könne vielleicht zu sehr im eigenen Saft schwimmen?

Wir mögen den Stallgeruch hier an der Weser. Ich weiß nicht warum, aber du musst scheinbar Werderaner sein, um mit diesem Verein erfolgreich zu sein. Was nicht heißt, dass es mit jedem Werderaner klappt, aber auch unter Viktor Skripnik gab es sehr gute Zeiten. Robin Dutt zum Beispiel kam nie wirklich hier an. Das hätte uns schon bei seiner Antritts PK auffallen müssen, wo er “Mon mon.” statt “Moin” sagte (lacht). Bei Thomas Eichin war das was anderes, er hat uns echt wieder in bessere wirtschaftliche Gewässer gebracht, dafür bin ich ihm auch immer noch sehr dankbar. Er hat das mit der “Werder-Familie”, die nunmal einfach existiert, nicht verstanden und wegen Differenzen musste er dann irgendwann gehen. Rouven Schröder hätte ich jedoch gerne weiter hier gesehen.

Das kann man schon so sagen. Diese Stadt hängt einfach an dem Verein wie an nichts anderem. In Bremen hat man sonst halt auch nichts, womit man sich so identifizieren kann. Das macht uns aus.

Der Zusammenhalt an der Weser ist jedenfalls groß, im Abstiegskampf standen die Fans stets wie eine Wand hinter dem Verein. Braucht es das, um Bremen angesichts des eher finanzschwächeren Umfelds in der Liga zu halten?

Das kann man schon so sagen. Diese Stadt hängt einfach an dem Verein wie an nichts anderem. In Bremen hat man sonst halt auch nichts, womit man sich so identifizieren kann. Das macht uns aus.

In ähnlicher Kategorie wie ihr befindet sich in der Liga auch der effzeh. Wie ist dein Blick auf unseren großartigen Klub? Was verbindet dich mit dem effzeh?

Einen wirklichen Bezug zum effzeh habe ich nicht, ich komme jedoch immer wieder gerne zu unseren Gastspielen bei euch und treffe mich auch gerne rund ums Spiel mit einigen FC-Fans. Bei euch im Stadion gefallen mir sogar die Karnevalslieder – und das will bei mir was heißen! Allgemein sehe ich euch als richtig sympathischen Traditionsverein (das sag ich auch nicht über viele Vereine) mit einem super Typen als Trainer. Nur an die Cheerleader werde ich mich wohl nie gewöhnen.

Foto: Oliver Hardt/Bongarts/Getty Images

Zum Abschluss: Rheinische Knallköppe gegen hanseatische Fischköppe – wer geht am Ende erhobenen Hauptes nach Hause?

Gute Frage. Ich tippe ja immer aus Prinzip ein 2:1 auf uns. Egal, wie der Gegner heißt. Das unsere Jungs – vorne weg Robert Bauer – so heiß sind auf die Europa League, glaube ich, dasss wir Vollgas geben und den Sieg mit nach Hause nehmen. Da ihr nach der echt guten Saison natürlich auch dorthin wollt, erwarte ich jede Menge Gegenwehr und vor Anthony Modeste habe ich sowieso Angst. Ich erhoffe mir einfach ein rasantes Spiel unter Flutlicht mit viel grün-weißem Jubel.

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