Die U21 des effzeh empfängt am Samstag mit der SG Wattenscheid 09 einen Gegner, der durchaus schon bessere Zeiten hinter sich hat – wir sprachen mit dem Wattenscheider Fanbeauftragten Mike Dröge, der die Glanzzeiten miterleben durfte und jetzt den Regionalliga-Alltag bewältigt.
Zu den Spielen unseres geliebten und glorreichen 1. FC Köln werden wir auch in dieser Saison einem Fan der gegnerischen Mannschaft ein paar Fragen stellen. Und weil Gegner ja immer irgendwie “auswärts” sind, egal ob der effzeh zu Hause oder auf fremdem Platz antritt, und weil die Sichtweise von “auswärts” kommt, heißt die Kategorie folgerichtig “Auswärtsspiel”. Wir sind nicht nur gespannt, wie viel effzeh in den Anhängern der anderen Vereine steckt, sondern erwarten auch eine Einschätzung zur Situation der eigenen Mannschaft.
-> Hintergrund: Warum wir nicht über das Spiel gegen RB Leipzig berichten
Foto: Mike Dröge
Frank-Kremer-Stadion, Anstoß 14 Uhr, Gegner aus Wattenscheid. Die Zutaten für einen traditionsreichen Fußballnachmittag sind am Samstag auf jeden Fall gegeben, wenn die zweite Mannschaft des 1. FC Köln zum 22. Spieltag die SG Wattenscheid 09 empfängt. Neben der gesamten Historie des Gastvereins, der zwischenzeitlich von einem der ersten Mäzene im deutschen Fußball bis in die Bundesliga geführt wurde, sprachen wir mit dem Fanbeauftragten Mike Dröge auch über den Alltag in der Regionalliga. Warum die Wintermonate dort die härtesten sind, Fußball ohne Fans keinen Spaß macht und nicht alle jugendlichen Supporter zu den großen Vereinen im Ruhrpott abwandern, erfahrt ihr in der Regionalliga-West-Sondereidition unserer Rubrik “Auswärtsspiel”. Und ja, in der “guten, alten Zeit” gab es im Fußball schon potente Geldgeber!
Hallo Mike, erst einmal Danke für deine Zeit. Kannst du uns kurz erklären, wie es dazu kam, dass du Fanbeauftragter der SG Wattenscheid geworden bist?
Die Fanabteilung der SG Wattenscheid 09 wurde im Jahr 2001 gegründet und ich habe damals den Posten des Fanbeauftragten übernommen. In der Fanabteilung, die offiziell zum Verein gehört, erledigen wir mit vier Leuten die anfallende Arbeit und sind damit gut ausgestattet.
Früh übt sich: Als Dreijähriger beim Auswärtsspiel
Wie bist du selber zum Fußball und zum Verein gekommen?
Ich habe dem Hörensagen nach mein erstes Auswärtsspiel in der Saison 1977/1978 als Dreijähriger im Kinderwagen miterlebt, weil mein Vater damals zu allen Spielen der SG 09 gegangen ist. Das hat mich natürlich geprägt und dann kam eins zum anderen: Mit sechs Jahren habe ich bei Wattenscheid in der Jugend angefangen, Fußball zu spielen. Als ich dann älter wurde, bin ich immer häufiger auch zu Auswärtsspielen mitgefahren und habe dann irgendwann meine Arbeit in der Fanabteilung aufgenommen.
Wie genau sieht jetzt dein Arbeitsalltag als Fanbeauftragter in der Regionalliga aus?
Wir sehen uns wie an anderen Standorten auch als Bindeglied zwischen Verein und Fans. Wir stehen in ständigem Kontakt mit beiden Seiten und kümmern uns um die Organisation der Heim- und Auswärtsspiele. Leider ist die Unterstützung bei Auswärtsspielen in den letzten Monaten etwas geringer geworden, aber wir planen für die Fans immer noch eine gemeinsame Anreise.
Die Leute bemühen sich zwar, dass alles so läuft wie sonst, das ist aber aufgrund des mangelnden Geldes nicht immer einfach. Es war auch nicht das erste Mal, dass im Januar oder Februar ein Engpass entstanden ist. Die Realität ist eben einfach so, wie sie ist.
Wie sieht der Alltag der Fans in der Regionalliga aus? Wie viele aktive Fans umfasst die Szene?
Foto: Bongarts/Getty Images
Die Fans, die regelmäßig auswärts fahren, sind wie gesagt weniger geworden, wobei es auch immer auf den jeweiligen Gegner ankommt. Spielen wir gegen Rot-Weiß Essen oder Rot-Weiß Oberhausen, sind schon mehr Leute dabei, weil es ja direkt vor der Tür liegt. Am Samstag werden uns ungefähr 50 Fans begleiten. Die Mannschaft hätte eigentlich eine bessere Unterstützung verdient, weswegen wir uns für die Zukunft etwas mehr erhoffen.
Sportlich läuft es, auf Vereinsebene eher nicht
Du sprichst es an: Sportlich ist die Situation bei der SG Wattenscheid eigentlich ganz gut momentan. Wie schätzt du die Leistungen der Mannschaft ein?
Vergleicht man die eingesetzten Mittel und den Tabellenstand, der dabei rausgekommen ist, können wir absolut zufrieden sein. Trainer Farat Toku leistet seit 2014 hervorragende Arbeit.
Zuletzt war allerdings viel von Querelen auf nicht-sportlicher Ebene zu lesen, Sportchef Dr. Hartmut Fahnenstich wurde Mitte Februar entlassen. Kannst du uns diese Geschichte kurz nacherzählen?
Für einen Verein wie die SG Wattenscheid 09 sind die Wintermonate immer schwierig, weil durch die Winterpause Einnahmen aus dem Catering und dem Sponsoring fehlen. Wenn finanzielle Mittel ausbleiben, ist es auch schwierig, erfolgreich zu arbeiten. Die Leute bemühen sich zwar, dass alles so läuft wie sonst, das ist aber aufgrund des mangelnden Geldes nicht immer einfach. Es war auch nicht das erste Mal, dass im Januar oder Februar ein Engpass entstanden ist. Die Realität ist eben einfach so, wie sie ist.
Auf der nächsten Seite: Mannschaft, Fanszene und alles zum ehemaligen Mäzen.
Am Samstag hielten dann die Wattenscheid-Spieler nach dem Siegtreffer gegen die zweite Mannschaft des FC Schalke 04 ein Trikot hoch, auf dem der Name “Fahnenstich” zu lesen war. Wie sollte man das als Außenstehender verstehen?
Das war ein starkes Zeichen der Mannschaft. Sie zeigt, dass sie zu Fahnenstich steht und er zur Mannschaft gehört. Diese Geste spiegelt die Einheit wider, die die Mannschaft auszeichnet. Es war eine sensationelle Geste, für die sich Fahnenstich bereits bedankt hat und die auch überall gut angekommen ist.
Und wie ist die Lage der SG Wattenscheid aus Sicht der Fans zu beurteilen?
Für die Fans ist das alles natürlich nicht so einfach. Der Zuspruch könnte besser sein, was auch daran liegt, dass in unserem unmittelbaren Umfeld mit Dortmund, Schalke und auch Bochum andere Vereine viele Zuschauer etwas mehr anziehen. Deswegen ist es auch normal, dass ab und an mal Leute nicht mehr wiederkommen. Natürlich lebt der Fußball aber von den Fans und je mehr da sind, umso geiler sind die Spiele.
Ist es bei Wattenscheid so, dass die Fanszene mit dem Verein altert? Kommen überhaupt noch junge Fans nach?
Natürlich sieht man noch viele ältere Fans von früher, aber auch das Nachrücken von jungen Leuten ist gegeben. Sie fahren mit, weil sie einfach Bock auf Fußball haben und die Mannschaft unterstützen wollen. Für sie gibt es nicht nur die Stars aus der Bundesliga.
Natürlich lebt der Fußball aber von den Fans und je mehr da sind, umso geiler sind die Spiele.
In den 60er und 70er Jahren galt Klaus Steilmann als der große Macher in Wattenscheid, als es noch nicht so viele Mäzene in Deutschland gab. Was hat ihn ausgezeichnet?
Als Steilmann hier das Sagen hatte, waren die finanziellen Sorgen natürlich wesentlich geringer als heute. Mit dem Geld, was er zur Verfügung gestellt hatte, wurde dem Verein vieles erleichtert. Als Mensch war er außergewöhnlich, da er immer ein offenes Ohr für alle im Verein hatte und immer erreichbar war. Er hat Wattenscheid geprägt wie kein andere und für den Aufstieg gesorgt. Als er dann jedoch anfing, sich zurückzuziehen, ging es auch mit dem Verein bergab. Es wäre schön, wenn man hier mal wieder irgendwann jemanden hätte wie ihn. Die Realität ist leider eine andere.
Wattenscheid: Ohne Steilmann bis in die Verbandsliga hinunter
Im Anschluss an seinen Rückzug spielte Wattenscheid sogar in der Verbandsliga – welche Fehler wurden begangen, dass der Verein einen solchen Niedergang erleben musste?
Das ist aus heutiger Sicht schwer zu beurteilen. Unter Steilmann war einfach das gesamte Umfeld ein anderes, viele Verantwortliche haben sich einfach auf ihn verlassen, er würde das schon irgendwie regeln. Man hat es damals allerdings verpasst, die Last auf mehrere Schultern zu verteilen. Sponsorengelder sind entscheidend für einen Verein wie Wattenscheid, das ist leider bis heute problematisch.
Was ist aus der Vergangenheit der SG Wattenscheid 09 geblieben? Der Verein spielte ja immerhin vier Jahre in der Bundes- und mehr als 20 Jahre in der zweiten Liga.
Am stärksten hat sich wohl der Begriff “der ehemalige Bundesligist” eingebrannt. Überall, wohin wir fahren, ist die Rede davon, dass Wattenscheid mal Bundesligist war. So lange ist es nun auch noch nicht her und die Zeit in der Bundesliga hat definitiv ihre Spuren hinterlassen. Wir haben allerdings den Realitätssinn nicht verloren, mitterweile sind wir völlig zurecht ein gestandener Regionalligist – mehr jedoch nicht.
Wie sieht die Zukunft der SG Wattenscheid 09 aus? Was sind die mittel- bis langfristigen Ziele?
In die dritte Liga zu kommen wäre natürlich eine richtig, richtig gute Sache. Das ist allerdings schwer zu realisieren, momentan ist die Regionalliga West für uns das höchste der Gefühle. Die Finanzen des Vereins sind das zentrale Problem, weshalb die Zukunft schwer vorauszusehen ist. Aktuell fehlen einfach zu viele Sponsorengelder, weswegen wir eine Mannschaft, die den Aufstieg anpeilen könnte, nicht tragen können. Wir können stattdessen froh sein, dass wir viele Traditionsvereine in der Liga haben. Für uns ist die Regionalliga daher kein verkehrtes Pflaster.
Wohin wird sich deiner Meinung nach die Regionalliga West entwickeln?
Sinnvoll wäre es schon einmal, wenn der Meister in der Regionalliga auch aufsteigen dürfte und nicht noch in die Relegation müsste. Eine Regionalliga mit Essen, Oberhausen und Wuppertal ist für uns aber sehr attraktiv, nicht zuletzt aufgrund der kurzen Wege. Ich habe aber keine definitive Antwort, wohin sich die Regionalliga entwickeln wird.
Wie stehst du Konstrukten wie Red Bull Leipzig gegenüber?
Foto: Alex Grimm/Bongarts/Getty Images
Den ganzen Ausnahmen wie Wolfsburg oder Leverkusen wurde mit diesem Konstrukt die Krone aufgesetzt. Für mich als Traditionalist ist es natürlich unschön, zu sehen, dass der Fußball dazu missbraucht wird, eine Marke in den Vordergrund zu stellen. Der Fußball braucht Feuer unter dem Dach und das ist ohne gelebte Tradition eben schwierig. Auf Dauer tun Spiele wie Leipzig gegen Hoffenheim dem deutschen Fußball nicht gut. Eine offene und lebendige Fankultur kann sich so nicht entwickeln. An vielen Orten geht es leider in die falsche Richtung.
Was für ein Spiel dürfen wir am Karnevalssamstag im Franz-Kremer-Stadion erwarten?
Spiele gegen zweite Mannschaften sind normalerweise vom Zuschauerandrang überschaubar. In Köln dürfte das allerdings an diesem Wochenende etwas anders sein. Zuletzt haben wir gegen die zweite Mannschaft des effzeh nicht so gut ausgesehen, man weiß ja auch nie, wer von oben herunterkommt und dann auf einmal auf dem Spielberichtsbogen steht. Ich hoffe aber trotzdem auf einen Punktgewinn.