Dank eines Last-Minute-Treffers von Rückkehrer Simon Terodde nach einer Flanke von Konstantin Rausch entscheidet der 1. FC Köln das Derby gegen Borussia Mönchengladbach mit 2:1 für sich. Die zentrale Erkenntnis? Das Glück ist zurück in Müngersdorf.
Zu Beginn der Rückrunde bleibt der 1. FC Köln der Statistik treu: Durchschnittlich 1,7 Punkte haben die Geißböcke in ihrer Bundesliga-Geschichte am ersten Spieltag im neuen Jahr geholt, so viele wie der FC Bayern München. Im Derby gegen Borussia Mönchengladbach gab es nun sogar gleich drei Zähler – vor allem, weil der in der Hinrunde von konsequentem Pech verfolgte Club plötzlich wieder Glück hatte. Und Simon Terodde.
Aber von vorne: Stefan Ruthenbeck, der seit Dezember als Nachfolger von Peter Stöger die Kölner Profis trainiert, hatte bereits unter der Woche angekündigt, seine Mannschaft werde im Derby mit „Vollgas“ zu Werke gehen. „Hoch konzentriert“ wäre rückblickend aber wohl die treffendere Beschreibung gewesen. Denn zunächst ließen am Sonntagnachmittag beide Mannschaften einiges an Tempo im Spielaufbau vermissen. Die Gladbacher kamen in der ersten Viertelstunde immerhin einmal zum Abschluss, der FC gab erst nach gut dreißig Minuten den ersten Torschuss ab. Bis dahin war es, wie man so schön sagt, ein Spiel auf Augenhöhe. Da beide Teams zu diesem Zeitpunkt merklich auf der Bremse standen, allerdings an fußballerischen Maßstäben gemessen kein allzu gutes.
Plötzliche Führung für den 1. FC Köln
Doch nur vier Minuten nach dem ersten Kölner Torschuss, sollte sich die bis dato etwas schleppend verlaufende Partie schlagartig verändern: Köln bekam einen Freistoß auf der rechten Mittelfeldflanke zugesprochen, Milos Jojic zirkelte den Ball an den langen Pfosten zu Frederik Sörensen – und der Innenverteidiger stocherte das Spielgerät an Sommer vorbei ins Gladbacher Tor. Der 1. FC Köln lag plötzlich vorn. Und Entstehung, Spielverlauf davor und der Umstand, dass der Treffer nach einer Standardsituation gefallen war, sind wahrscheinlich bereits die ersten Vorboten der späteren Quintessenz dieses Rückrunden-Auftakts: Der effzeh muss nicht immer nur Pech haben. Doch bevor Rückkehrer Simon Terodde diese Erkenntnis mit seinem märchenhaft-romantischen Siegtreffer tief in der Nachspielzeit untermauern konnte, mussten die Kölner erst noch einmal bangen.
Im zweiten Durchgang wechselten die Gladbacher zum einen nämlich Raffael ein, zum anderen erhöhten sie auch merklich den Druck – aber vermutlich ist das auch irgendwie gleichbedeutend. Denn natürlich war es der dynamische Brasilianer, der in der 69. Spielminute den Ausgleich für die Borussia erzielte – zuvor hatte Timo Horn noch überragend gegen Patrick Herrmann pariert, beim zweiten Nachschuss war die Kölner Defensive dann aber doch machtlos. „Nach dem 1:1 hat man schon gedacht, das kippt wieder in die andere Richtung“, fasste der gut aufgelegte Torhüter nach dem Spiel die Stimmungslage auf und neben dem Platz in dieser Phase passend zusammen. Ein Remis war für die Kölner schließlich auf jeden Fall zu wenig.
Gladbach kriegt den Elfer nicht
Ruthenbeck setzte dementsprechend auf mehr Offensive – Sehrou Guirassy, Christian Clemens und Konstantin Rausch kamen auf den Platz. Trotzdem sah es bis tief in die Schlussphase hinein danach aus, als würde es beim 1:1-Unentschieden bleiben. Bis Jonas Hofmann plötzlich beim Schussversuch im Kölner Strafraum recht deutlich von Jorge Meré abgeräumt wurde. Doch Felix Zwayer pfiff nicht. Das allein fühlte sich schon glücklich an, aber da war ja noch der Video-Schiedsrichter. Köln bangte und sah die drohende Niederlage schon kommen. Und tatsächlich: Der Schiedsrichter prüfte die Szene an der Seitenlinie höchstpersönlich. Und blieb bei seiner Entscheidung.
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„Da stand es auf Messers Schneide“, lieferte erneut Horn nach der Partie die richtige Einordnung. Spätestens nach dieser Szene war aber auch klar: Das Glück ist wirklich zurück! Und es ist mit den Tüchtigen. Dass es ausgerechnet eine wunderbare Flanke von Konstantin Rausch war, die Terodde in den allerletzten Augenblicken der Partie per Kopf ins Tor beförderte, unterstreicht das eindrucksvoll. Unzählige Flanken hatte der Linksverteidiger in dieser Saison zuvor bereits erfolglos in den gegnerischen Strafraum befördert. „Die Mannschaft hat eine Leidenschaft rausgehauen, das ist sensationell“, lobte Ruthenbeck zurecht dann auch die Leistung seiner Schützlinge, die zwar nicht mit Vollgas, aber hochkonzentriert und mit viel Kampfgeist zu Werke gegangen waren. „Wir haben das erste Endspiel gewonnen.“
Nächstes “Endspiel” in Hamburg
Das zweite wartet bereits am kommenden Samstag auf den FC. Mit Blick auf die Aufgabe beim Hamburger SV, der plötzlich nur noch sechs Punkte vor dem effzeh auf dem 17. Tabellenrang liegt, sei der Derbysieg „ganz wichtig für die Köpfe“, erklärte Dominique Heintz prompt. Tatsächlich wäre eine Niederlage gegen Gladbach wohl zu einem erneuten heftigen Stimmungskiller in der Domstadt geworden. Stattdessen könnte der Erfolg gegen den ewigen Rivalen nun wie eine echte Vitaminspritze auf die Stimmung beim 1. FC Köln wirken. Und auf das Umfeld des Vereins ebenso.
„Wenn der Funken Hoffnung jetzt nicht zündet, weiß ich auch nicht mehr“, gibt Horn auch prompt die Richtung vor. „Wir haben die Chance auf drei Zähler heranzukommen – und da glauben wir dran.“ Die Kölner Motivation – davon kann man ausgehen – dürfte gegen den HSV, dessen Trainer bereits vor Wochen durchscheinen ließ, dass er nicht mehr so richtig mit der Konkurrenz aus Köln rechnet, nicht nur wegen dieser riskanten Aussage Markus Gisdols also am absoluten Limit sein. „Wir gehen es jetzt an“, drückte Stefan Ruthenbeck es nach seinem ersten Derbysieg als Trainer des 1. FC Köln etwas nüchterner aus. Nach dem “Endspiel” ist schließlich vor dem “Endspiel”.