“Endlich wieder Fußball!” – Das hätte man sicher gesagt, wenn der Bundesligaauftakt des glorreichen 1. FC Köln gegen Darmstadt 98 das Ende einer qualvollen sommerlichen Dürreperiode gewesen wäre, in der man das runde Leder schmerzlich vermisst hätte, sich mit Fußball-Erinnerungsvideos an vergangene (un-)glorreiche Zeiten durchs Leben geschlagen hätte und das Kicker-Sonderheft aufgrund mangelnder Alternativen und zu viel Freiraum im Alltag schon zweimal von vorne bis hinten gelesen hätte. Nach Monaten der Suche hätte dieses Spiel das Vakuum am Samstag um 15:30 Uhr endlich wieder zu füllen vermocht.
Nun hat sich diesen Sommer eine ganz andere Geschichte abgespielt. Nachdem man zuvor schon mit Millionsten Bayern-Meisterschaft in Folge quälend gelangweilt wurde und auch der effzeh (glücklicherweise!) am Ende der Saison nicht mehr für allzu viel Spannung und Spektakel sorgte, setzte die beinahe schon gewöhnliche Fußball-Müdigkeit im Mai ein, die allerdings nicht wie für gewöhnlich zwei Wochen später durch die Freude auf die kommende Saison ersetzt wurde, sondern weiter gefüttert wurde mit drögen DFB-Testspielen vor der Europameisterschaft sowie noch viel drögereren Spielen während eben jener.
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Und als dieses in diesem Sommer wenig packende Event mitsamt seiner hunderttausend ahnunglosen Eventfans vorbei war, bereiteten sich die ersten Vereine schon wieder auf die Saison vor. Dank Social Media wurde man auch hier dauerhaft davon beschallt, wie Fußballteams durch Asien oder die Staaten tourten. Als wäre das alles nicht genug, gab es dieses Jahr sogar bei Olympia ganz viel Fußball. Frauen wie Männer rackerten sich in Rio parallel zu den ersten Spielen der zweiten und dritten Liga Deutschlands ab. In Italien, England und Spanien rollte der Ball ebenfalls wieder, und so fiel die sommerliche Pause irgendwie ins Wasser.
Trotz aller Fußball-Müdigkeit, die vor allem während der Europameisterschaft eintrat, vermag der Saisonstart des 1. FC Köln dennoch wieder zu begeistern. Es ist eben doch ein ganz anderes Gefühl, was einen durchflutet, wenn man daran denkt, am Samstag wieder im Stadion zu stehen und die offiziell schönste Hymne aller Bundesligisten in bestem Kölsch herauszuschmettern. Wenn man sich vorstellt, wieder mit einem Kölsch in der Hand über den wundervollsten Verein der Welt zu diskutieren anstatt ahnungslosen Deutschlandfarbenaufdenwangentragenden zu erklären, wie das mit dem Fußball überhaupt geht. Bundesliga ist dann eben doch noch einmal eine andere Nummer.
Die Vorfreude auf jene neue Spielzeit liegt aber auch darin begründet, dass der effzeh mittlerweile wieder ein halbwegs konkurrenzfähiger Verein ist und nicht aus einem von diversen Erdteilen zusammengeschusterten Haufen besteht, der von Beginn an wenig Lust auf mehr macht und schon vor dem ersten Anpfiff der Saison böse Abstiegsängste schürt. Mit sieben gebürtigen Kölnern geht der effzeh in die Saison, mehr Lokalpatriotismus besitzt kein anderer Bundesligist in den eigenen Reihen. Und irgendwie herrscht mittlerweile ein gewisses Ur-Vertrauen in die Macher.
Gibt es für einen Fußballfan also schönere Gefühle, als sich voller Vorfreude bei 30 Grad und Sonnenschein auf die Tribüne des stimmungsvollsten Stadions der Bundesliga zu begeben und eine Bundesligasaison zu eröffnen, die Angenehmes verspricht? Wohl kaum.
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Osako und Modeste bejubeln das 4:1 gegen Darmstadt | Foto: Jürgen Schwarz/Bongarts/Getty Images
Wiedersehen mit der Trainer-Schwalbe
Zugegeben: Gegen dieses Darmstadt, das in das allseits bekannte und ach so schwierige zweite Jahr geht und dessen schon zuvor wenig hochwertiger Kader massiv an Qualität eingebüßt hat, rechnet man ja doch irgendwie mit einem erfolgreichen Auftakt in Form eines Sieges. Alleine schon um dem höchst sympathischen neuen Darmstädter Führungsduo um Trainer-Schwalbenkönig Norbert “Ich weiß auch nicht, wie ich es geschafft habe, noch einmal Bundesligatrainer zu werden” Meier und Holger Fach einen Dämpfer zu verpassen, wäre ein Auftaktsieg Gold wert.
So geht der effzeh selbstverständlich als Favorit ins Spiel gegen die Mannschaft mit dem geringsten Etat der Bundesliga, die vor der Saison mit Wunderstürmer Sandro Wagner, Torwart Christian Mathenia, den Innenverteidigern Slobodan Rajkovic und Luca Caldirola sowie einem gewissen Konstantin Rausch gleich fünf wichtige Eckpfeiler abgeben musste und nun zum Auftakt wohl auch noch auf den Kapitän und die absolute Stütze im Team verzichten muss. Innenverteidiger Aytac Sulu ist verletzt, sein Einsatz mehr als fraglich.
Mit Sven Schipplock, Immanuel Höhn, Antonio Colak, Laszlo Kleinheisler oder Änis Ben-Hatira hat sich Darmstadt dafür in der Tradition der abgelaufenen Saison wieder jede Menge Spieler geholt, die sich bei einem anderen Bundesligaverein nicht durchsetzen konnten. Der effzeh dagegen hat das Wunder vollbracht und es geschafft in einem völlig überhitzten Transfersommer mit den Vertragsverlängerungen von Jonas Hector, Anthony Modeste Timo Horn und Leonardo Bittencourt gleich drei gefragte wie junge Spieler im Verein zu halten und sich zusätzlich dazu punktuell zu verstärken.
Im Pokal hat sich die Mannschaft von Peter Stöger anders als so viele andere Bundesligateams sehr souverän aus der Affäre gezogen. Die Form stimmt, der Konkurrenzkampf ist so groß wie noch nie und eigentlich spricht relativ viel für einen gelungenen Saisonauftakt. Doch dieser Verein hat seine Fans bekanntlich schon oft genug überrascht und vielleicht gelingt es ihm trotz aller Vorzeichen die anfängliche Freude zu dämpfen, was bei einem Blick auf die Geschichte nicht einmal so schlecht wäre.
Und sonst so?
- Dreier- oder Viererkette, das ist die taktische Frage zum Saisonauftakt. Im Pokal vertraute Stöger wieder auf die bewährte Viererkette und gegen die vermeintlich ebenfalls eher tiefstehenden Darmstädter sollte sie in Verbindung mit der Doppelspitze im Sturm auch wieder zum Einsatz kommen. Die Dreierkette werden wir wohl eher gegen offensiver ausgerichtete Teams zu sehen bekommen.
- Nicht nur die Formation, sondern auch das Personal vom Pokalspiel in Berlin darf wahrscheinlich auch in die Bundesligasaison starten. Das heißt: Für den kölschen Neuzugang Marco Höger bleibt zunächst einmal nur die Bank, weil Hector und Lehmann gesetzt sind. Sven Müller wird dagegen direkt durch Olympia-Silbermedaillengewinner Timo Horn im Tor ersetzt. Die unsicherste Stellung haben Rudnevs und Jojic. Der Lette könnte vorne durch den im Pokal starken und technisch versierteren Yuya Osako ausgetauscht werden, für Jojic könnte Zoller spielen oder Risse im Tausch mit Olkowski oder Sörensen weiter nach vorne rücken.
- Bei Darmstadt muss Trainer Meier in der Verteidigung gleich auf vier von fünf Positionen neue Spieler einsetzen. Im Tor wird wohl wie im Pokal Esser beginnen. Sulu wird durch Neuzugang Milosevic ersetzt, der letzte Saison bei Hannover schon einige Male wackelte. Auch der zweite Innenverteidiger Höhn sowie Außenverteidiger Fedetskyy sind neu. Ob effzeh-Schreck Ben-Hatira von Beginn an auflaufen wird, ist dagegen fraglich.
- Für die Vergesslichen sei gesagt, dass der effzeh vor fast genau vier Monaten am 31. Spieltag der Saison 2016/17 mit einem 4:1-Sieg den höchsten Erfolg der abgelaufenen Spielzeit einfuhr. Modeste und Risse schürten jeweils einen Doppelpack. Diese Geschichte darf sich gerne wiederholen.