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Karl-Heinz Rummenigge und Bayern: Dann verpisst euch endlich!

Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images for BMW

Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge will über den deutschen Fußball bestimmen, die CSU-Minister über die Bundespolitik. Wir kommentieren, warum das keine Selbstverständlichkeit sein und der Freistaat sich notfalls abspalten sollte.

Es war eigentlich keine große Überraschung, dass Karl-Heinz Rummenigge schäumte. Der “CEO” des deutschen fußballerischen Aushängeschilds aus München war sauer, weil am vergangenen Donnerstag eine Entscheidung getroffen wurde, die ihm nicht ganz so in den Kram passte. Bei der Mitgliederversammlung der DFL in Frankfurt wurde eine Wahl durchgeführt, dessen Ergebnis eine Beibehaltung der “50+1”-Regelung vorsieht. Zwar solle weiterhin ein “Prozess zur Verbesserung der Rechtssicherheit sowie weitere Überlegungen hinsichtlich geänderter Rahmenbedingungen” stattfinden, an der 50+1-Regelung werde allerdings nicht gerüttelt. Von den 34 anwesenden Vereinsvertretern stimmten 18 für diesen Antrag, neun enthielten sich – und vier waren dagegen. Dazu gehörten neben dem Vereinsvertreter des FC Bayern München (der übrigens nicht Karl-Heinz Rummenigge hieß) auch die Abgesandten aus Heidenheim, Fürth und wenig überraschend auch aus Leipzig.

Das Ergebnis sorgte beim ehemaligen Weltklassestürmer aus Lippstadt für Verdruss. Dementsprechend war es keine große Überraschung, dass nur wenige Tage später in der Printausgabe des “kicker” ein vierseitiges Interview mit Rummenigge erschien, in dem sich der FCB-Boss über den Zustand des deutschen Fußballs mokierte, ein fragwürdiges Demokratieverständnis offenbarte und gleichzeitig ziemlich deutlich erkennbar machte, dass es ihm nur um die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Ladens geht.

Karl-Heinz Rummenigge: Ein fragwürdiges Demokratieverständnis

Der frustrierte Rummenigge sprach von einer Liga, die “offensichtlich zerrissen” sei und von der er sich inzwischen “geistig verabschiedet” habe. Persönlich ausfallend wurde er natürlich noch auch noch: Für ihn sei es “befremdlich”, dass der Antrag auf die Beibehaltung der “50+1”-Regelung vom FC St. Pauli gekommen sei – einem “mäßigen Zweitligisten”, der natürlich noch nie in einem europäischen Wettbewerb mitgespielt, aber am vergangenen Donnerstag dennoch eine laut Rummenigge “dominierende Rolle” eingenommen habe.

Foto: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images

Aber so ist das nun einmal in einer Demokratie: Wenn 36 Profiklubs abstimmen dürfen, davon aber nur 34 anwesend Vertreter sind (WTF, Kaiserslautern und Regensburg?) und schließlich 18 dieser Vereinsvertreter sich FÜR den Antrag von Pauli entscheiden, dann ist das so. Das hat auch nichts damit zu tun, ob Pauli schon einmal in einem internationalen Wettbewerb gespielt hat oder nicht, genauso wenig mit der Vita von Andreas Rettig – der ja immerhin selbst einmal Geschäftsführer bei der DFL war. Mit Kopfschütteln zu quittieren ist auch Rummenigges Rückgriff auf das bedeutungsschwangere Wort “Populismus”, das bei solchen Prozessen natürlich immer gerne herangezogen wird, wenn man mit etwas nicht ganz einverstanden ist. Dass man aber selbst eventuell nicht ganz populismusfreie Äußerungen tätigt, sollte man gegebenenfalls auch mal hinterfragen.

Geld aus dem Ausland = Gewinn der Champions League?

Rummenigges Wut rührt in erster Linie daher, dass sein FC Bayern München aufgrund der mittlerweile erstarkten finanziellen Konkurrenz insbesondere aus England (Manchester City) und Frankreich (PSG) immer weniger Chancen darauf hat, seit 2013 erneut die Champions League zu gewinnen. Damals traf man sich im ersten und wohl auch einzigen deutschen Finale in London mit dem BVB und gewann zum zweiten Mal nach 1999 die Champions League. Von den bisher 25 ausgetragenen Endspielen in der Königsklasse des modernen Fußballs gewannen deutsche Mannschaften somit drei Titel (der BVB siegte 1997).

Dominierende Nation in Europa ist, was den Fußball betrifft, Spanien – Real Madrid und der FC Barcelona gewannen die Champions League zusammen insgesamt zehn Mal. Es wäre also vielleicht ganz ratsam, wenn sich Karl-Heinz Rummenigge diese Statistik noch einmal vor Augen führt, denn es ist beileibe nicht so, dass das Bestehen der 50+1-Regelung dafür sorgt, dass kein deutscher Verein mehr die Eliteklasse gewinnt. Der Ligaverband wurde im 2001 aus dem DFB ausgelagert, als der FCB noch eine größere Nummer war in Europa als jetzt.

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Es ist daher wirklich erstaunlich, dass Rummenigge St. Paulis Geschäftsführer Andreas Rettig ein “emotionales und populistisches Spektakel” vorwirft, wenn er selbst trotz aller Bekundungen zu einem spannenden Wettbewerb und der Emotionalität des Sports Fußball darauf pocht, die Chancen auf den Gewinn der Königsklasse zu erhöhen. Noch weiter: Wenn Rummenigge davon spricht, dass der deutsche Fußball eine “Vision” brauche, dann meint er damit wohl eher den ungehinderten Zufluss von ausländischen Geldern auf die Konten der Kapitalgesellschaften, vorzugsweise natürlich auf das eigene in München. Das ist ja teilweise durch den “Hamad International Airport” aus Katar schon der Fall – woher das Geld kommt, ist ja dann eher weniger wichtig. Hauptsache, es ist da, oder Kalle?

Eine Auseinandersetzung mit der eigenen Vereinsphilosophie im Zwiespalt zwischen Internationalisierungsstrategien und Vetternwirtschaft (Hoeneß) wäre in dem Falle auch notwendig, sodass der FCB vielleicht erst einmal für sich klären sollte, wer denn in der kommenden Saison auf der Trainerbank Platz nimmt. Nach dem kommunikativen Debakel in Bezug auf die Personalie Tuchel wäre das vielleicht ein wichtigerer Schritt, als sich Sorgen über die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Fußballs zu machen. Aber wer sind wir schon, um das zu beurteilen.

Was aus Bayern kommt, ist selten gut

Dass Karl-Heinz Rummenigge in diesem Atemzug auch nicht davor zurückschreckt, Chelsea, PSG und Manchester City als Vorbilder heranzuziehen, ist einfach brillant: Die mehreren Fantastilliarden, die in den letzten Jahren an diesen Standorten durch Abramowitsch oder Katar investiert wurden, haben insgesamt nämlich genau zwei CL-Titel gebracht. Alleine mit dem Zupumpen von Geldern hat man nämlich immer noch keine außergewöhnlich gute Mannschaft geschaffen, auch wenn das vielleicht mancherorts immer noch geglaubt wird.

Und so kann man nach all diesem Aufruhr, bei dem sich sogar Rettig genötigt sah, eine Reaktion über den Twitter-Kanal von St. Pauli zu veröffentlichen, eigentlich nur konstatieren: Was aus Bayern kommt, ist für Deutschland selten gut. Wenn im neuen Bundeskabinett drei von 16 neuen Ministerinnen und Ministern aus Bayern kommen und die Regionalpartei CSU vertreten, ist das an sich ja schon schlimm genug. Dass eine Partei, die insgesamt 6,2 Prozent bei der Bundestagswahl erreicht, aber dennoch die gesamte Bundespolitik vor sich hertreiben und dann schlussendlich für Horst Seehofer (!) noch den Zusatz des “Heimatministeriums” herausschlagen kann, eigentlich niemals so ein großes Gewicht in einer funktionierenden Demokratie haben dürfte, sollte eigentlich jedem auffallen.

Ähnlich ist es mit den Äußerungen des Bayern-CEOs Rummenigge, der sich zwar über das Ergebnis bezüglich 50+1 ärgern mag, dessen Bestrebungen für die Internationalisierung und Wettbewerbsfähigkeit des FC Bayern im Endeffekt außer dessen Fans und Christian Seifert aber niemanden interessieren. Und wenn alle Stricke reißen, kann er sich ja mit seinem FCB in die europäische Superliga der UEFA verabschieden und schauen, ob er dort glücklich wird. Ähnliches ist auch dem Freistaat Bayern zu empfehlen, wo die CSU seit 60 Jahren nach Belieben herrschen darf und dann vielleicht mit Markus Söder auch endlich einen passenden König zur Verfügung hätte. Und mal ehrlich: Es wäre für uns alle doch wesentlich entspannter, wenn die Bayern ihr eigenes Ding drehen. Und uns in Zukunft mit ihren wirren Ideen und Visionen in Ruhe lassen würden.

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