Die Abstimmung mit den Vereinsgremien sorgt nach wie vor für Konflikte beim 1. FC Köln. Präsident Werner Spinner scheint sich derweil bereits seit geraumer Zeit eher “Abnick-” als Aufsichtsräte zu wünschen. Ein Kommentar.
Spätestens seit Edward Snowden weiß die Welt, was ein Whistleblower ist. Die Enthüllungen des einstigen CIA-Mitarbeiters gaben Einblicke in das Ausmaß der weltweiten Überwachungs- und Spionagepraktiken von Geheimdiensten und sorgten so für eine globale Debatte. Nicht nur darüber, was Geheimdienste dürfen, sondern auch darüber, ob das nun Verrat oder ein Dienst an der Allgemeinheit war, was Snowden da gemacht hat.
Am Dienstag hat die EU-Kommission nun einen Gesetzesentwurf zum Schutz von „Whistleblowern“ vorgelegt. Bisher drohten jedem, der über Missstände in seinem Unternehmen auspackt, heftige Konsequenzen. Die werden wohl auch in Zukunft zwar nicht ohne sein, doch der Gesetzesentwurf könnte die Situation für alle Mitarbeiter mit funktionierendem Gewissen verbessern. So müssen Unternehmen und Behörden in Zukunft Anlaufstellen einrichten, bei denen Mitarbeiter auch anonym Fehlverhalten melden können. Als Ultima Ratio bleibt dann noch der Gang an die Öffentlichkeit. Diese Regelung wird glücklicherweise auch für den 1. FC Köln gelten. Und der Geißbock-Club scheint sie durchaus nötig zu haben.
Erst kein Kommentar, dann Stellungnahme
Als effzeh.com am Freitag exklusiv von erneuten internen Konflikten innerhalb des Vereins berichtete, sorgte das vor allem für internen Wirbel beim 1. FC Köln. Auf eine Anfrage unserer Redaktion, bei der wir dem Verein unseren Text vorab zur Stellungnahme zur Verfügung gestellt hatten, kam zunächst keine inhaltliche Reaktion. Dann wurde kurz vor der von uns gesetzten Deadline erklärt, man werde öffentlich nichts zu derartigen Interna sagen und sei irritiert darüber. Also veröffentlichte effzeh.com seine Recherchen. Und wenige Stunden später schien man es sich beim 1. FC Köln bereits anders überlegt zu haben.
Am Freitagabend veröffentlichte der Club eine Stellungnahme mit Bezug auf unseren Bericht. Die Quintessenz? Alle Gremien seien rechtzeitig von der Verpflichtung Markus Anfangs in Kenntnis gesetzt worden. Als Kronzeugen treten in dieser Pressemitteilung die Vorsitzenden des Beirats, Dr. Karl-Ludwig Kley und der des Aufsichtsrats, Lionel Souque, auf. Beide beteuern, sie seien rechtzeitig und korrekt informiert worden. Damit zeigt der Club ganz bewusst mit dem Finger auf die restlichen Mitglieder des bei Verpflichtungen beteiligten „Gemeinsamen Ausschusses“, die in der Stellungnahme nicht in der Zeugenrolle aufgeführt wurden.
“Gemeinsamer Ausschuss” wichtigstes Kontrollorgan des Clubs
Der „Gemeinsame Ausschuss“ ist im Grunde das wichtigste Kontrollorgan innerhalb des 1. FC Köln. Dort kommen der Vorstand, die Vorsitzenden des Bei- und Aufsichtsrat und die Chefs des Mitgliederrats zusammen. Die einzigen nicht vom Vorstand berufenen Mitglieder dieses Gremiums sind die Vertreter des Mitgliederrats – alle anderen Kontrolleure hat sich die Vereinsführung mehr oder weniger selbst ausgesucht. Und sie wie im Fall Jürgen Sieger auch gerne mal kurzerhand ausgetauscht, wenn sie ihre Aufgabe ernst genommen haben.
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Bis ins Frühjahr 2016 war Sieger der Vorsitzende des Aufsichtsrat – und mahnte dem Vernehmen nach intern immer wieder die Art und Weise an, wie Vorstand und Geschäftsführung bei neuen Verträgen mit den Gremien umgingen. Kurz darauf verkündete der Verein den Abgang Siegers – mit offiziellem Dank von Präsident Spinner, aber ohne jede Erklärung über die Hintergründe für Mitglieder und Öffentlichkeit. Dass dieser Vorgang kaum Staub aufgewirbelt hat, ist vermutlich nur der eisernen Professionalität Jürgen Siegers zu verdanken – der Jurist hat sich bis heute nie zu seiner Demission beim FC geäußert.
Seitdem scheint aus dem Kölner Aufsichtsrat jedoch eher ein „Abnickrat“ geworden zu sein. Im Herbst 2017 holte der FC-Vorstand dann auch prompt noch einmal inhaltliche Verstärkung in das Gremium. Nach kontroversen Diskussionen über das Engagement des 1. FC Köln in China präsentierte das Präsidium Britta Heidemann als neues Aufsichtsratmitglied – eine ausgewiesene China-Liebhaberin, die nicht gerade mit differenzierten Betrachtungsweisen, was das Reich der Mitte angeht, auffällt. Nachtigall, ick hör dir trapsen.
Interna in der Presse keine Außergewöhnlichkeit beim 1. FC Köln
Dass nun, eine sportliche Talfahrt später, offensichtlich erneut Mitarbeiter oder Vertraute des Clubs es für notwendig erachteten, so manchen Vorgang an ausgewählte Journalisten durchzustecken, ist für den Vorstand des 1. FC Köln passenderweise auch kein Vorgang, der zum Nachdenken anregen könnte. Stattdessen gab man am Freitagabend die flott zusammengeschusterte Stellungnahme heraus und drohte den Verantwortlichen gar mit Rauswurf. Das ist auf mehreren Ebenen skurril.
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Schließlich dringen ironischerweise immer wieder Informationen aus dem Club nach außen, die nur einem sehr ausgewählten Kreis an Personen zugänglich sein dürften – ob bei Markus Anfang oder dem vollkommen peinlichen Chaos um die mögliche Verpflichtung von Horst Heldt im Winter. Oder jetzt beim sich ankündigenden Verbleib Timo Horns – vermeintliche Gehälter, Sonderregelungen und Co. werden schon am Dienstag in der Presse diskutiert, ebenso hat das vermeintlich neue Gehalt Jonas Hectors bereits seinen Weg an die Öffentlichkeit gefunden. Eine Stellungnahme mit angedrohtem Rauswurf für diejenigen, die diese Informationen lanciert haben, gibt es deswegen allerdings nicht.
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