Dass viele effzeh-Fans mit Magengrummeln nach Dortmund fuhren, lag sicherlich nicht an Befürchtungen, es könnte im Ruhrpott ungemütlich werden. Zu eng sind offenbar die Bande zwischen beiden Fanlagern nicht nur unter den Ultras verknüpft. Auf der Anreise zum Westfalenstadion wurden manche Fans mit Freundschaftsschals gesichtet, immer wieder waren gemischte Reisegruppen unterwegs.
Nein, das Magengrummeln kam einzig und allein von den sportlichen Aussichten. In Dortmund hatte der effzeh zuletzt häufig sehr schlecht ausgesehen, erst einmal in diesem Jahrhundert (3:3 in der Saison 2000/01) konnten die “Geißböcke” im Westfalenstadion überhaupt punkten. Der letzte Sieg liegt sogar fast 25 Jahre zurück. So ist kaum verwunderlich, dass der Jubel im Gästeblock einem erleichterten Aufatmen glich. Ein Zähler beim BVB – WAHNSINN! Und es wäre sogar noch mehr drin gewesen… aber wir wollen ja nicht maßlos werden!
Ausgangslage
Das 4:2 gegen Eintracht Frankfurt ließ den effzeh im Abstiegskampf durchatmen und unsere “Geißböcke” entspannter nach Dortmund reisen. Der gröbste Druck, unbedingt punkten zu müssen, war weg – und BVB galt trotz seines Tabellennachbar-Daseins als großer Favorit der Partie. Im Duell Zehnter gegen Elfter hätte die Kölner Stöger-Elf aber durch eine Überraschung einen großen Schritt Richtung Klassenerhalt machen können.
Den haben die Dortmunder bereits getan: Nach fünf Spielen ohne Niederlage in Serie (vier Siege, ein Unentschieden) ist der absturzgeplagte und abstiegsgefährdete BVB wieder in sicheres Gewässer geschippert. Dennoch gab Borussias Coach Jürgen Klopp die Devise aus: Köln ist ein Sechspunktespiel, das unbedingt gewonnen werden muss. Dazu hatte der BVB noch eine Rechnung aus dem Hinspiel offen, das der effzeh überraschend mit 2:1 gewann und die Dortmunder in eine große Krise beförderte.
Personal
Auf einen Baustein des Abwehrbollwerks musste effzeh-Coach Peter Stöger verzichten: Kevin Wimmer fehlte nach seinem überflüssigen Platzverweis gegen Frankfurt für die Partie und wurde im Defensivzentrum von Mergim Mavraj ersetzt. Ansonsten vertraute der Österreicher auf dieselbe Elf, die die Woche zuvor Eintracht Frankfurt besiegen konnte. Bedeutete: Der effzeh traute sich mit einer Doppelspitze ins Westfalenstadion.
Auch beim BVB änderte sich im Vergleich zur Vorwoche nicht viel. Sebastian Kehl startete anstelle von Sven Bender – ansonsten hieß es: Nichts Neues im Westen. “Batman” Marco Reus und “Robin” Pierre-Emerick Aubameyang sollten zwei Wochen nach dem Derbyerfolg auch für einen Dreier gegen den effzeh sorgen. Auf Punktegarant Nuri Sahin musste Jürgen Klopp verzichten, Stars wie Sokratis, Ciro Immobile oder Kevin Kampl blieb nur der Platz auf der Bank.
Spielverlauf
Auf Ballverluste lauern und dann schnell umschalten – die effzeh-Strategie wurde im Westfalenstadion schnell offensichtlich. Und hätte sich schon nach kurzer Zeit beinahe gelohnt: Ujah bediente Sturmkollege Deyverson, doch im Unterschied zum Frankfurt-Spiel war der Lupfer des Brasilianers diesmal zu schwach, so dass BVB-Keeper Weidenfeller parieren konnte (2.). Der war kurz danach aber schon geschlagen, als Ujah ihn umkurvte. Der Nigerianer wurde jedoch dabei so weit nach außen abgedrängt, dass ein Torschuss nicht mehr in Frage kam (6.).
Danach bot sich ein zäher Spielverlauf: Der BVB hatte deutlich mehr Ballbesitz, rannte aber völlig kopflos an. Wer einen derby’esken Sturmlauf der Dortmunder erwartete, sah sich eines Besseren belehrt. Unsere “Geißböcke” ließen in der Defensive kaum etwas anbrennen, verpasste es mangels Präzision im Umschaltspiel jedoch, Kapital aus den Ballgewinnen zu schlagen. Dass es torlos in die Pause ging, wunderte im Westfalenstadion jedenfalls niemanden.
Der Spielstand hätte sich allerdings nach dem Seitenwechsel schnell ändern können, wenn nicht sogar müssen: Der effzeh kam hellwach aus der Kabine und hatte die große Chance zur Führung. Über Peszko und Ujah kam der Ball direkt nach Wiederbeginn im Strafraum zu Deyverson, der allerdings deutlich verzog (51.). Auch kurz danach konnte der Brasilianer eine ähnliche Situation nicht erfolgreich verwerten (58.).
Erst nach einem Doppelwechsel (Kampl und Blaszczykowski kamen für die schwachen Mkhitaryan und Kagawa) lief es für den BVB besser, die Gastgeber erspielten sich sogar ihre erste Torchance. Bei einem abgefälschten Reus-Schuss war effzeh-Keeper Horn allerdings auf dem Posten (65.). Sechs Minuten später schlug es dann im Kölner Tor ein: Nach einer scharfen Hereingabe drückte Aubameyang den Ball mit dem Arm über die Linie. Schiedsrichter Schmidt verweigerte dem Treffer zurecht die Anerkennung (71.).
Es begann aus Kölner Sicht eine Abwehrschlacht: Der BVB wurde zunehmend gefährlicher, die “Geißböcke” bauten spielerisch stark ab. Doch der effzeh-Defensivriegel hielt bis zum Abpfiff – die 8.000 mitgereisten Fans konnten den Punktgewinn bejubeln!
Spieler im Fokus
Timo Horn Ist da, wenn er gefordert wird. Bravourös bei seiner Parade gegen den abgefälschten Reus-Schuss, trotz hektischem Gegenpressing stets sicher bei den zahlreichen Rückgaben seiner Mitspieler. Einzig beim Herauslaufen mitunter zu zögerlich, dennoch: Gab eine gute Visitenkarte ab, falls der BVB einen Weidenfeller-Nachfolger sucht!
Mergim Mavraj Nach der Sperre gegen Wimmer verteidigte er erstmals neben Dominic Maroh. Und machte seine Sache blendend. Fußballerisch souverän und zweikampfstark – eine überragende Partie des Innenverteidigers. Zeigte damit, dass wir uns auf dieser Position derzeit keine Sorgen machen müssen, falls einer des Trios ausfällt!
Slawomir Peszko Legte im Westfalenstadion einen echten Peszko auf den Rasen. Mitunter an der Marin’schen Grenze zum Schwalbenkönig wandelnd, stets sehr gallig im Zweikampf, aber fußballerisch mit sehr viel Luft nach oben. Dass er auf der Außenbahn dennoch eine Belebung ist, liegt vor allem an seinen ungewohnten Qualitäten in der Rückwärtsbewegung!
Deyverson Nicht nur Ujah tut ein Partner neben sich gut, auch für das effzeh-Spiel ist Deyverson ein belebendes Element. Angesichts der Probleme, die die Mannschaft im Aufbauspiel und im Herausspielen von klaren Chancen hat, ist seine unorthodoxe Spielweise ein Segen. Einzig seine theatralische Art kann er sich getrost sparen!
Stimmen zum Spiel
Peter Stöger: “Wir haben in der ersten Halbzeit einige Chancen ungenutzt gelassen. Wir sind aber zufrieden. Wenn man die Möglichkeiten liegen lässt, ist es normal so, dass man so ein Spiel noch verliert. Um einen Dreier mitzunehmen, hätten wir einige Situationen besser lösen müssen.”
Timo Horn: “Unser Matchplan ist aufgegangen. Wir hatten uns vorgenommen etwas mitzunehmen. Man hat gesehen, dass Dortmund zu alter Stärke zurückgefunden hat. Am Ende haben sie uns enorm unter Druck gesetzt, aber durch den großen Kampf haben wir uns den Punkt verdient.”
Fazit
Mit einer kämpferisch starken und taktisch enorm präsenten Leistung verdient sich der effzeh einen Punkte beim BVB. Ein enorm wichtiger Zähler im Abstiegskampf – und das Zeichen, dass der Heimsieg gegen Frankfurt kein bloßes Strohfeuer ist. Die Mannschaft hat den Warnschuss, den sie im Pokal in Freiburg erhalten hat, verstanden – und weiß um den Ernst der Lage.
Auch offensiv ist das Team nun präsenten, was auch an Neuzugang Deyverson liegt. Ärgerlich ist aber weiterhin das Umschaltspiel. Gemeinhin als Stärke genannt macht der effzeh viel falsch, wenn er den Gegner zu einem Fehler gezwungen hat, und verliert dadurch zahllose eroberte Bälle direktemang wieder. Aber das ist nach diesem Kampfspiel wirklich Jammern auf hohem Niveau.
Die Statistik des Spiels
Borussia Dortmund: Weidenfeller – Kirch, Subotic, Hummels, Schmelzer – Kehl, Gündogan – Reus, Kagawa (61. Kampl), Mkhitaryan (61. Blaszczykowski) – Aubameyang (76. Immobile)
1. FC Köln: Horn – Olkowski, Maroh, Mavraj, Hector – Lehmann, Vogt – Risse (89. Brecko), Peszko (83. Svento) – Deyverson (74. Osako), Ujah
Tore: –
Gelbe Karten: Aubameyang (71.), Schmelzer (84.)
Rote Karten: –
Schiedsrichter: Markus Schmidt (Stuttgart)
Zuschauer: 80.667