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#HSVKOE-Auswärtsspiel: “Wir werden die Partie sicherlich nicht abschenken”

Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Der DFB-Pokal hält für den effzeh eine Reise nach Hamburg bereit. Über die zwei HSV-Gesichter, Mergim Mavraj und das Image des Chaosklubs sprechen wir im #HSVKOE-“Auswärtsspiel” mit HSV-Blogger Alexander.

Zu den Spielen unseres geliebten und glorifizierten ersten Fußballclubs Köln werden wir auch in dieser Saison einem Fan der gegnerischen Mannschaft ein paar Fragen stellen. Und weil Gegner ja immer irgendwie “auswärts” sind, egal ob der effzeh zu Hause oder auf fremdem Platz antritt, und weil die Sichtweise von “auswärts” kommt, heißt die Kategorie folgerichtig “Auswärtsspiel”. Wir sind nicht nur gespannt, wieviel effzeh in den Anhängern der anderen Bundesligisten steckt, sondern erwarten auch eine Einschätzung zur Situation der eigenen Mannschaft.

Der Traum von Berlin lebt noch – und steht in Hamburg auf dem Prüfstand. Beim krisengeschüttelten HSV, der erst am Wochenende einen enorm wichtigen Erfolg gegen Leverkusen feierte, kämpft unser glorreicher 1. FC Köln um den Einzug ins Pokal-Viertelfinale. Vor dem Duell zweier früherer Schwergewichte des deutschen Fußballs sprechen wir mit HSV-Blogger Alexander, der unter viertermann.com über seinen Verein schreibt, über die zwei Gesichter der Rothosen, den ehemaligen effzeh-Verteidiger Mergim Mavraj und das Image des Chaosklubs, das den Hanseaten anhaftet.

Das 1:0 gegen Leverkusen war für den HSV enorm wichtig im Abstiegskampf. Die Erleichterung, dass der erste Sieg 2017 gelungen ist, dürfte entsprechend groß sein, oder?

Ja, klar. Der Druck vor dem Spiel war enorm! Es verbleiben ja immer weniger Spiele, in welchen man sich vor dem Abstieg retten kann…

Der Start ins neue Jahr war sehr holprig, gerade der Auftritt in Ingolstadt war erschreckend. Wie sind solche Leistungsschwankungen zu erklären?

Foto: Marc Mueller/Bongarts/Getty Images

Die dürften das Resultat mehrerer Faktoren sein: Beim HSV haben sie es ja in den letzten Jahren in relativ kurzer Abfolge mit sehr unterschiedlichen Trainertypen versucht. Vom eher ballbesitzorientierten Fußball unter Thorsten Fink zum „Konter“-Trainer Slomka war (fast) alles dabei. Die Mannschaft musste sich immer wieder an zum Teil ganz andere taktische Ansätze gewöhnen. Wie sollen unter derartigen Voraussetzungen Stabilität und Konstanz entstehen? Konstant, so könnte man spötteln, war beim HSV der letzten Jahre doch nur eins: Unruhe in und rund um den Club. Man darf nicht vergessen, dass Markus Gisdol erst nach Beginn der Saison verpflichtet wurde und daher im Sommer keine gemeinsame Saisonvorbereitung mit der Mannschaft hatte. Dazu gesellten sich erneut zahlreiche Neuverpflichtungen, die erst integriert werden müssen. Das ist ein Prozess, der grundsätzlich Zeit benötigt.

Beim HSV haben sie es ja in den letzten Jahren in relativ kurzer Abfolge mit sehr unterschiedlichen Trainertypen versucht. Wie sollen unter derartigen Voraussetzungen Stabilität und Konstanz entstehen?

Auffällig in den letzten Jahren ist auch, dass die Truppe regelmäßig gegen vermeintlich ebenbürtige Gegner enttäuschte, um dann gegen klar favorisierte Gegner (BVB, Gladbach, Bayer) mit positiven Leistungen und Resultaten zu überraschen. Das ist meines Erachtens auch eine Frage der inneren Einstellung der Spieler. Auch hier gab es mindestens in der Vergangenheit erhebliche Mängel bei der Mentalität des Teams. Und auch daran wurde und wird weiter gearbeitet werden müssen.

In der Winterpause wurde in Hamburg nochmals gut nachgelegt. Ihr habt nicht nur uns Mergim Mavraj abgeluchst, ihr habt dazu noch Papadopulos und Wallace an die Elbe gelockt. Sind damit die Schwachstellen im Kader ausgemerzt?

Mavraj und Papa sind in meinen Augen ganz erhebliche Verstärkungen. Auch im Hinblick auf die eben angesprochenen Mentalität. Dass wir in den letzten Jahren offensiv erhebliche Defizite hatten, lag zudem nicht nur am Sturm sondern auch an dem Schlafwagentempo, mit dem wir vor Gisdols Amtsantritt aus der Abwehr gespielt haben. Walace ist bislang nicht einzuschätzen, da er ja noch nicht eine Minute für uns gespielt hat. Dem wird man einige Eingewöhnungszeit zubilligen müssen. Mit Blick auf den Kader war die Verpflichtung eines Sechsers jedoch absolut sinnvoll und dringend geboten.

Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images

Mergim scheint jedenfalls in den ersten Partien einen guten Eindruck hinterlassen zu haben, knüpft nahtlos an die Leistungen aus den effzeh-Tagen an. Siehst du ihn für den HSV bereits ähnlich wertvoll, wie er bei uns in den ersten 16 Spielen war?

Wir werden sehen. Vielleicht wird er für uns am Ende sogar noch wertvoller, da er charakterlich besser ins Team zu passen scheint als der doch immer etwas umstrittene Spahic.

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Image als Chaosklub und Gönner Klaus-Michael Kühne 

Nun kommt es im Pokal zum Aufeinandertreffen mit dem effzeh. Könnte es sein, dass Glück haben und in Hamburg die kommenden Aufgaben in der Liga als wichtiger erachtet werden?

Ich denke schon, dass für den HSV die Priorität auf den verbleibenden Bundesligaspielen liegen muss. Das ist nun einmal das Kerngeschäft. Aber abschenken werden wir die Partie sicher nicht.

Schon im Ligaspiel konntet ihr bis zum überflüssigen Platzverweis gut mithalten, danach fiel das Team allerdings auseinander. Hat es Markus Gisdol geschafft, die Mannschaft besser in den Griff zu bekommen?

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Tja, unser Disziplin-Problem… Er arbeitet jedenfalls auch an der Mentalität, wie etwa der Übergang der Kapitänsbinde von Djourou auf Sakai zeigt. Wie bereits angesprochen, betrachte ich das alles aber als einen andauernden Prozess. Da ist jede weitere Woche, jeder Monat der Zusammenarbeit zwischen Trainerteam und Mannschaft sicher hilfreich.

Auf dem Punktekonto und in der Spielweise schlägt sich der Trainerwechsel von Labbadia zu Gisdol klar nieder. Ist er der richtige Mann, um Euch aus den Abstiegsrängen zu führen?

Ja, Markus Gisdol scheint mir aus diversen Gründen ein Glücksgriff zu sein.

Es schmerzt schon sehr, dass sich der HSV inzwischen seit Jahren größtenteils selbstverschuldet zum Gespött der Liga entwickelt hat. Zumal der Fußball, den man inzwischen seit Jahren zeigt, – freundlich ausgedrückt – bestenfalls rustikal zu nennen ist.

Insgesamt ist rund um den HSV immer viel Unruhe, immer wieder gibt es öffentlich ausgetragene Possen. Wie ist das so, Anhänger eines Chaosklubs zu sein? Wir haben das ja mittlerweile schon wieder vergessen. 

Schwer. Es schmerzt schon sehr, dass sich der HSV inzwischen seit Jahren größtenteils selbstverschuldet zum Gespött der Liga entwickelt hat. Zumal der Fußball, den man inzwischen seit Jahren zeigt, – freundlich ausgedrückt – bestenfalls rustikal zu nennen ist. Spielerisch kommt da bislang noch wenig.

Mit Heribert Bruchhagen habt ihr einen neuen Kapitän auf der Kommandobrücke. Schafft es der erfahrene Rückkehrer, den HSV bei seinem zweiten Engagement in ruhigeres Fahrwasser zu führen?

Wir hoffen es zumindest. Grundsätzlich ist Hamburg als selbstempfundene „Weltstadt“ und als Medienstandort aber ein bekannt heißes Pflaster. Das ist so und lässt sich auch nicht einfach ändern. Die Ruhe, die Bruchhagen ausstrahlt, seine Abgeklärtheit sind aber auf jeden Fall hilfreich.

Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images

In der Kritik steht immer wieder das Engagement von Klaus-Michael Kühne, der sich auch mitunter öffentlich lautstark zu Wort meldet. Wie nimmst du die Situation um den finanzstarken Förderer, der auch Anteile am HSV hält, wahr?

Grundsätzlich wäre es wohl nicht nur mir lieber, der HSV wäre nicht so stark von einer Person abhängig. Die Wahrheit ist aber auch: Ohne das Engagement von Herrn Kühne hätte man die berühmte Uhr längst abstellen müssen. Wir wären wahrscheinlich längst insolvent und hätten die Lizenz verloren – so einfach, so grausam.

Der effzeh nahm zuletzt eine entgegengesetzte Entwicklung – vom Chaosklub, der 2012 nach dem Abstieg in Trümmern lag, bis zum Anwärter auf einen Europapokalplatz fünf Jahre später. Wie ist dein Blick auf unseren Verein?

Foto: SASCHA SCHUERMANN/AFP/Getty Images

Absolut positiv. Ich halte viel von Stöger und Schmadtke. Die leisten aus der Ferne betrachtet großartige Arbeit.

Was verbindest du mit dem effzeh? Hältst du eine ähnliche Entwicklung in deinem Verein für möglich?

Um mit dem zweiten Teil der Frage zu beginnen: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Mein Vater war Fan des FC, und einer meiner absoluten Lieblingsspieler hieß? Heinz „Flocke“ Flohe! Den dürftet ihr ja noch kennen. Der FC war und ist ein Verein, für den ich große Sympathie empfinde. Deswegen freut es mich sehr zu sehen, wie sich die Dinge beim FC seit einigen Jahren in die richtige Richtung entwickeln.

Der HSV ist derzeit ein wenig eine Wundertüte. Knüpft das Team an die Leistung gegen Leverkusen an, wird es zumindest sehr schwer für den FC. Fallen sie auf das gegen Ingolstadt gezeigte Niveau zurück, wird ganz sicher nur der FC feiern dürfen.

Was kann sich der HSV vielleicht vom effzeh abschauen?

Umsichtige Personalplanung, personelle Kontinuität in der sportlichen Leitung.

Zum Schluss: Wird an der Elbe oder am Rhein der Einzug ins Pokalviertelfinale gefeiert?

Der HSV ist derzeit ein wenig eine Wundertüte. Knüpft das Team an die Leistung gegen Leverkusen an, wird es zumindest sehr schwer für den FC. Fallen sie auf das gegen Ingolstadt gezeigte Niveau zurück, wird ganz sicher nur der FC feiern dürfen.

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