Vernunft und Gefühl waren noch nie besonders gute Freunde. Schließlich handelt es sich dabei um Gegenpole, die sich in der Betrachtung einzelner Situation zwar hin und wieder zähneknirschend akzeptieren, aber von einer Liebesbeziehung kann hier keine Rede sein.
Ausgangslage
Die Situation war klar: Der effzeh musste die Zebras aus Duisburg mit 12:0 vom Platz fegen, denn sonst brauchte er sich nicht mehr blicken zu lassen. Eine Niederlage in Aalen? Hallo? Und dann auch noch mit der teuersten Mannschaft aller Zeiten?
So ähnlich fühlte sich die Ausgangslage vor dem Spiel gegen den MSV an. Der Druck steigt, das ist deutlich spürbar. Und die Erwartung an die Mannschaft und den Trainer ebenfalls. Auch wenn lange Zeit Geduld versprochen wurde, scheint diese langsam aufgebraucht zu sein.
Personelle Situation
Stani wechselte wieder ein wenig durch und wusste dabei vor allem mit einer Personalie durchaus zu überraschen: Jonas Hector, ansonsten im Defensiven Mittelfeld zu Hause, begann statt Eiche als Linksverteidiger. Damit, so Stani, wollte er mehr Aggressivität auf der linken Abwehrseite erzeugen. Zudem kam McKenna in der Innenverteidigung, um die Kopfballhoheit zu sichern. Sowohl defensiv als auch offensiv.
Das Defensive Mittelfeld bildeten Lehmann, bei dem einige von einer Pause ausgegangen waren, und Matuschyk. Letztgenannter kam für den etwas überspielt wirkenden Strobl ins Team. Bigalke kehrte auf der 10 in die Startelf zurück. Da Bröki weiterhin ausfällt, bildeten die Flanken wieder Chihi und Clemens.
Spielverlauf
Müßig, hier nun den dezidierten Spielverlauf wiederzugeben, da es hier wenig wiederzugeben gibt. Das Spiel entsprach seinem Ergebnis, das da 0:0 lautete. Wenig Chancen, kaum Spielfluss und vor allem keine Dynamik waren zu erkennen. Dies ist umso ärgerlicher, als dass der effzeh ab der 21. Minute in Überzahl spielte, als Bajic Bigalke umriss. Der eigentliche Skandal: Duisburgs Kapitän wurde dafür sogar belohnt, da er sich das Spiel fortan nicht mehr in kurzer Hose aus der Nähe antun musste.
Wie so oft war es so, dass eine Überzahlsituation nicht genutzt werden konnte, wenn sie zu einem so frühen Zeitpunkt entsteht. Duisburg igelte sich nun noch weiter ein, wobei auffiel, dass Trainer Runjaic darauf verzichtete, nach dem Platzverweis zu wechseln, um dadurch taktisch anders aufstellen zu können. Vielmehr wurde das vorhandene Personal angewiesen, noch kompakter zu stehen. Leider reichte dies völlig aus. Denn: Dem effzeh fiel wenig ein, um den Tabellenletzten entscheidende Stiche zu versetzen. Besonders unser Offensives Mittelfeld bestach dabei durch völlige Ideenlosigkeit.
So ging das Spiel dann weiter, leider auch in Halbzeit Zwo. Der effzeh war zwar bemühter als im ersten Durchgang, ein Powerplaychen zu entfachen und umkringelte den Strafraum der Zebras, ohne wirklich effektiv darin eindringen zu können. Ujah hing völlig in der Luft und von Minute zu Minute sah man die Zuversicht schwinden. Dazu gesellte sich nun eine negative Körpersprache mit hängenden Köpfen und schlaffen Schultern, die von den ungeduldiger werdenden Zuschauern akustisch untermalt wurde. Um es kurz zu machen: Es war ein Graus. Daran änderten auch unsere Wechsel (65. Minute Royer und Jajalo, 74. Pritsche) nicht viel, wobei man sagen muss, dass Jajalo noch der Einzige war, der wenigstens ansatzweise zu überzeugen wusste.
Nun kann man noch die beiden Aluminiumtreffer rund um die 81. Minute erwähnen. Muss man aber nicht, weil sie nicht repräsentativ für den Spielverlauf sind. Dieses Mal war es nicht so wie so oft, dass der effzeh Chance um Chance kreierte und sich selbst nicht belohnte. Dieses Mal war es eher so, dass er bemüht war, ihm aber nichts einfiel.
Spieler im Fokus
Fällt heute aus. Ich möchte hier niemanden an die Wand nageln. Nur soviel: Jajalo hat auf sich aufmerksam gemacht und stellt in meinen Augen eine Option für die nächste Partie dar.
Fazit
Nein, Vernunft und Emotion werden keine Freunde mehr. Während mir erstere ins Ohr flüstert, dass wir doch haben kommen sehen, dass diese Saison ein Krampf werden könnte, brüllt letztere, dass wir doch der 1. FC Köln sind! Und dass wir doch den Tabellenletzten der 2. Liga klar besiegen müssten. Doch spätestens seit letztem Freitag sollte jedem klar sein, dass es jetzt erst recht wichtig sein wird, einen klaren Kopf und Geduld zu bewahren. Geduld bedeutet nicht, dann ruhig zu bleiben, wenn eine Situation verfahren sein könnte, sondern wenn sie es tatsächlich ist.
Insofern ist es interessant zu beobachten, wie nun das Umfeld auf eine Situation reagiert, die aus Sicht eines effzeh-Optimisten ausweglos zu sein scheint. Der ksta rechnet ja bereits vor, dass der Altersschnitt der Mannschaft mit 24,3 Jahren gar nicht so jung sei. Und der kicker murmelt, dass Luhukay eh der bessere Trainer gewesen sei. Und die Bildzeitung pöbelt herum, dass das „grausamer Bockmist“ gewesen sei.
Die große Keule wird also herumgereicht und jeder haut noch mal druff. Dass eine Mannschaft, die sich nun einmal im Umbruch befindet, fehlender Konstanz und fehlender Klarheit unterliegt, wird dabei häufig vergessen.
Wie lange sollen wir denn noch geduldig sein? Brüllen die Menschen. Und ziehen damit das Wort Geduld ins Absurde. Ich sehe schon Wagner aus der Bildzeitung in seiner Kolumne (Post von Wagner) schreiben: „Lieber 1. FC Köln. Du bist nicht die Mannschaft, an der ich seinerzeit meine Nase platt gedrückt habe. Weiße Socken, große Helden. Overath, Schumacher, Thielen. Mein Herz jauchzte. Häßler, wo bist du hin? Nein. Du bist nicht mehr der 1. FC Köln“.
So in etwa würde seine Kolumne aussehen, da bin ich sicher. Und wisst Ihr was? Gäbe es den eben ausgedachten Beitrag, würde ich Franz Josef Wagner zum ersten Mal zustimmen, denn genau da liegt der Hase im Pfeffer: Der effzeh trägt zwar zufällig denselben Namen des Vereins, der einmal erfolgreich war. Aber wir müssen uns davon lösen, eine Erwartungshaltung zu entfachen, der diese neu zusammengestellte und eben doch junge Mannschaft eines Vereins, der in den engen Fesseln der finanziellen Restriktionen röchelt, niemals gerecht werden kann!
Sehen wir es doch einmal so: Aufsteigen werden wir in dieser Saison nicht mehr. Absteigen wahrscheinlich/hoffentlich auch nicht. Insofern: Lasst uns diese Saison als Übergang sehen. Als Experimentierfeld. Als Möglichkeit, etwas aufzubauen, das im nächsten Jahr erfolgreich sein kann. Vor diesem Hintergrund ist es auch völlig plausibel, dass Stani immer noch an der Stammformation herumwerkelt und häufig rotieren lässt. Denn ich bin mir sicher, dass Stani unsere Erfolgsaussichten in dieser Saison ähnlich einschätzt.
Doch da sind wir wieder bei unseren Freunden Vernunft und Gefühl, die leider keine Freunde mehr werden. Vor allem nicht, wenn sie aus Köln sind.