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Hennes der Achte: Leiden mit dem effzeh seit 2008

Foto: Mika Volkmann/Bongarts/Getty Images

Jeder kennt ihn, jeder redet über ihn – zu Wort kommt er jedoch nie. Trotzdem ist Hennes der Achte das Aushängeschild des effzeh. Unser Autor versucht, sich in seine Gedankenwelt hineinzuversetzen.

Eigentlich wollte Hennes nach getaner Arbeit in Ruhe die Füße hochlegen und sein Feierabendbier genießen. Hatte er heute nicht schon genug geleistet? Es ist wahnsinnig schwer geworden, seine Mitmenschen zufrieden zu stellen. Was zählt eine beherzte Leistung, wenn am Ende nur ein mehr oder weniger (un-)befriedigendes Ergebnis rauskommt? Ja, früher, vor nicht allzu langer Zeit, waren die Ansprüche an ihn deutlich geringer. Das war noch, bevor er Anneliese kennenlernte. Da lebte er noch in seiner Junggesellenbude, zur Untermiete bei seiner Mutter. Aber eben allein.

Und allein sei nicht gut für einen Geißbock, fand sein Therapeut. Deshalb sollte er umziehen, in Gesellschaft, in eine kleine Wohnung im angesagtesten Viertel der Stadt. Anneliese wohnte in direkter Nachbarschaft. Sie war zwar schwanger von einem anderen, aber ihre Augen waren unwiderstehlich. Seine rotweiße Brille wich einer zartrosa-farbenen. Es lief alles perfekt. Sein Leben auf eigenen Füßen brachte ihm vollste Zufriedenheit und die große Liebe war gefunden.

Durchwachsene Lehrjahre für Hennes VIII

Auch beruflich konnte er sich nie was vorwerfen. Von klein auf hatte er sich hochgearbeitet. Seine Lehrjahre waren eher durchwachsen. Am 23.8.2008 übernahm er als Stift die Geschicke seines Vorgängers, der wegen Arthrose kürzer treten musste und den bereits im Frühjahr 2009 das Zeitliche segnete. In dieser Zeit lief der Betrieb eher etwas holprig, was mitunter an den an den Versprechungen seiner Chefs lag. Eigentlich war jedem, sogar ihm als Lehrling, klar, dass diese Erwartungen nicht erfüllt werden konnten. Und um die hehren Ambitionen zu unterstreichen, wurden gerne gottgleiche Kollegen eingestellt.

Ein “Messias”, der noch im Krankenbett sein Arbeitspapier unterschrieb. Hochdotierte Gastarbeiter aus fernen Ländern, die teilweise netto und brutto nicht unterscheiden konnten oder ihre portugiesischen Sportwagen den Dienstwagen vorzogen. Die Rückkehr des verlorenen Sohns oder Eskapaden slowenischer Kollegen in Gleisbetten und anderen Untergeschossen der Stadt. Oder der glatzköpfige Trainer, der aus dem Iglu kam. Das war eine irre Zeit! Mit vielen Nebenkriegsschauplätzen, teilweise aber mit Erfolg, mehr oder weniger zumindest. Auf jeden Fall sehr kurzlebig. So schnell diese Gestalten auftauchten, so schnell verschwanden sie meist wieder. Teilweise in Nacht- und Nebelaktionen, teilweise vorhersehbar, aber oft auch sinnvollerweise.

Foto: Mika Volkmann/Bongarts/Getty Images

Mit dem Ende seiner Lehre zog dann die große Demut in seiner Firma ein. Harte Arbeit sollte sich wieder lohnen. Die alten Bosse hatten zu viel gemauschelt und traten auf Druck der Belegschaft zurück. Die neuen Bosse bestachen durch wirtschaftliches Denken, sportliches Know-How und kölsche Connections. Eine erfolgreiche Symbiose, dieses Dreigestrin. So wuchs ein neues Verständnis in der Kundschaft für die Produkte des Betriebes: Wenn auch nicht jedes Spiel mit Pauken und Trompeten gewonnen wurde, so fand doch der Wille und Einsatz Lob und Anerkennung. In Schönheit sterben sollten andere.

Frischer Wind durch die neuen Chefs

Die neuen Chefs ließen frischen Wind durch die Gänge des Betriebs wehen. Und nach und nach kamen immer mehr Kollegen, die auf Arbeit setzten. Andere mussten gehen, zu tief saß der Filz und so manch einem wurde ein Maulwurf-Dasein nachgesagt. Nicht nur in den Führungspositionen, sondern auch bei den Malochern wurde kräftig umgerüstet. Das gefiel ihm, denn er durfte bleiben, wurde nach erfolgreicher Lehre übernommen. Die Ergebnisse sollten dementsprechend besser werden. Zunächst langsam und mit wenig Erfolg bei sehr niedrigen Erwartungen stieg das Potential seines Arbeitgebers jährlich. Stück für Stück.

Allerdings ist die Konkurrenz in dem Geschäft seines Arbeitgebers sehr groß. Immer mehr muss man sich mit spartenferner Konkurrenz abgeben, die das Geschäft für marketingtechnische Dinge ausnutzen möchte und die bestehenden Regeln für sich selbst zurechtbiegt. Der Pillenfabrikant von der schäl Sick und ein namhafter Autokonzern aus Wolfsburg bedienen sich des ältesten Tricks, um Geld von außen in die Branche zu injizieren. Man nennt die Tochtergesellschaft einfach Betriebssportgruppe und schon sind alle Sorgen weg. Ein Logistik-Fachmann aus dem hohen Norden stellt sich da wesentlich geschickter an. Er subventioniert einen Konkurrenten, ohne – zumindest öffentlich –  mitreden zu können, das wäre nämlich verboten. Mit mehr oder weniger Erfolg, aber das ist ein anderes Thema.

Viel weniger subtil gestaltet ein IT-Riese aus dem Kraichgau sein Engagement. Genügend Connections ermöglichen ihm scheinbar ein Vorgehen am Rande der Legalität, die meisten sagen über diesen Rand hinaus. Aber das sind ja auch die gleichen, die glauben, dass seine Mutter einen unehrenhaften Beruf habe. Wobei eigentlich nur er selbst denkt, dass dieser Beruf unehrenhaft sei. Nicht vergessen sei ein weiterer Autofabrikant, eigentlich selbst schon eine Tochter des vorgenannten, der maßgeblich einen weiteren Konkurrenten in Süddeutschland unterstützt. Man munkelt auch hier, dass es für dieses Engangement Gegenleistungen gibt.

Auf der nächsten Seite: Hennes der Achte über seinen Konkurrenten, einen roten Bullen.

Der nervigste Zeitgenosse: Ein roter Bulle

Der nervigste diesbezügliche Zeitgenosse ist aber ein roter Bulle, der aus dem Ausland kommend die blühenden Landschaften im Osten der Republik nutzt, um ein Marketingprodukt im Mantel eines ehrbahren Unternehmens zu installieren. Viel Mühe gibt er sich dabei nicht, nur wenige Dinge in seiner Unternehmensstruktur entsprechen den vorgegebenen Regeln. Aber das interessiert mal wieder kaum jemanden. Vielmehr stellt er sich in der Öffentlichkeit als der Wohltäter dar, der Nachwuchs fördert, den Fußball wieder in den Osten bringt und dabei auch noch gute Qualität liefert.

Und er vergisst nicht, dabei immer wieder öffentlich festzustellen, wie viele Neider es gäbe und dass er in einer bedauernswerten Opferrolle ständig denunziert wird. Und er hat starke Verbündete in anderen Bereichen. Wie überall, eine Hand wäscht die andere. Hennes schäumt vor Wut, wenn er daran denkt, wie oft und ausgiebig dieser rote Stier dauernd von führenden Persönlichkeiten und in der Berichterstattung über den grünen Klee gelobt wird.

Foto: Alex Grimm/Bongarts/Getty Images

All diese Quereinsteiger machen eine Sache richtig gut. Meist spielen sie herzerfrischend offensiv mit jungen Nachwuchskräften. Und das auch noch erfolgreich. Zumindest stellen sie das immer so dar. Dem Fußballinteressierten ohne deutlichen Vereinsbezug gefällt das natürlich. Aber beim eigentlichen Fan kommt diese ganze Sache nicht gut an. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die Anerkennung für die Leistung der Kunstprojekte in Grenzen hält. Für viele Fans gilt noch, auch die Arbeit, die dahintersteht, zu würdigen. Nicht wenige gehen nur zum Fußball, um die Arbeit ihrer Elf auf dem Rasen und die Leistung des zwölften Manns zu würdigen. Größtenteils sogar unabhängig vom Erfolg. Das Feiern ist wichtiger als die Schönheit. Allerdings treibt genau diese Unterstützung seine Kollegen oft zu Höchstleitungen und so manches Spitzenprodukt ist aus dieser Form der Anerkennung entstanden. Das ist das, was bei den neuartigen Konkurrenten nicht so gut klappt. Er findet, da fehlt die Basis.

Von der Schönheit des Scheiterns

Pffft! Lass denen mal was nicht gelingen. Mal sehen, was dann kommt. Nicht gelingen. Das ist ihm auch schon passiert. Und dann hört er sie wieder, die Nörgler, die Ewiggestrigen, die wieder auf Weltklasse-Fußball in der schönsten Stadt Deutschlands hoffen. Dann ist auf einmal die Arbeit nicht mehr so viel wert, nur noch die Leistung zählt. Da nutzt einem der intensivste Einsatz nichts, wenn das Ergebnis am Ende nicht stimmt. Ja, er will doch auch wieder mit dem effzeh durch Europa reisen, nichts lieber als das. Aber manchmal gibt man sich größte Mühe, investiert all seine Energie in ein Spiel und scheitert trotzdem!

Und dann kommt er nach Hause und will bei einem Kölsch die Füße hochlegen. Aber Anneliese macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Der Abwasch, die Kinder, zwar nicht seine, aber er hat gesagt er kümmert sich, und überhaupt könne er ja auch mal was tun für die Famillisch. Ein Besuch im Zoo wäre mal wieder schön. Hat sich ganz schön verändert das Leben auf eigenen Füßen. Und Anneliese auch. Schwanger ist sie auch schon wieder. Ob die Kinder von ihm, sind weiß er nicht. Ist ihm aber relativ egal. Die kleine Zicke gefällt ihm einfach. Und ihm wird klar, dass eine neue Zeit anbricht. Eine Zeit von Hoffnungen und Träumen. Und es wird hart, wenn die Erwartungen der anderen nicht erfüllt werden können. Aber es wird traumhaft, wenn man sie wider Erwarten erfüllt.

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