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Analyse

Fußballkompetenz beim 1. FC Köln: Das komplizierte Spiel einfach machen

Im Rahmen der Vorstellung des neuen Vorstandstrios kam der Begriff der “Fußballkompetenz” rund um den 1. FC Köln stark auf – wir erklären, was es damit auf sich hat und warum das komplexe Spiel ein wenig Wissenschaft braucht.

Foto: Alex Livesey/Getty Images

Jedenfalls folgte auf den WM-Sommer eine wichtige Forderung von Matthias Sammer dahingehend, dass der DFB in seinen oberen Gremien wieder mehr „Fußballkompetenz“ brauche – ein Sachverhalt also, der rund um die Benennung des zu wählenden Vorstandstrios beim 1. FC Köln einige Monate später erneut auftauchen sollte. Zuvor war das Wort “Fußballkompetenz” zwar fast inflationär gebraucht worden, eine genaue Definition fand sich meistens jedoch nicht. Meist hörte man sogar von einer “geballten Fußballkompetenz”, wenn mehrere Menschen aus dem Fußball zusammensaßen.

Eine imposante Spielerkarriere reicht nicht aus

Als Anfang Mai Toni Schumacher in seiner Funktion als Vizepräsident des 1. FC Köln nicht erneut nominiert wurde und stattdessen vom Verein ein Vorstandstrio aus Wirtschaftsfachleuten vorgeschlagen wird, sorgte daher für großes Erstaunen. Es würde fortan eben jene „Fußballkompetenz“ im Vorstand des 1. FC Köln fehlen – was einige Beobachter angsterfüllt in die Zukunft blicken ließ.

Der ehemalige Weltklasse-Torhüter hatte zusammen mit Präsident Werner Spinner und Vizepräsident Markus Ritterbach dem 1. FC Köln von 2012 an vorgestanden, nach dem Rücktritt von Spinner und dem Willen aller Clubgremien sollen es nun Werner Wolf, Jürgen Sieger und Eckhard Sauren richten. Ob der „Tünn“ im Rahmen seiner Tätigkeit als Vizepräsident und mit seinem Hintergrund als Spieler immer die richtigen Impulse für die sportliche Weiterentwicklung des 1. FC Köln gegeben hat, ist in der Nachbetrachtung mehr als fraglich.

Foto: effzeh.com

Der womöglich baldige Vizepräsident Eckhard Sauren, selbst ohne professionellen Hintergrund im Fußball, griff die Frage nach der „Fußballkompetenz“ in der Pressekonferenz auf und referierte: „Es kommt nicht zwingend darauf an, wie stark die persönlichen Fähigkeiten als Fußballer waren. Es geht eher darum, die Situation richtig zu analysieren und die passenden Fragen zu stellen. Man muss in der Lage sein, Sachverhalte richtig zu erfassen.“

Das “Kompetenzteam Sport” beim 1. FC Köln als beratendes Element

„Analytisches Wissen“ sei daher wichtiger, gerade in Bereichen, in denen man mit Leuten spricht, die vom Fachwissen her in höheren Sphären unterwegs sind. Deswegen, so die Schlussfolgerung des neuen Trios, solle am Bundesligastandort Köln in Zukunft ein „Kompetenzteam Sport“ als beratendes Element für den Vorstand zur Verfügung stehen – mit der nötigen „Fußballkompetenz“, also den Fähigkeiten und Fertigkeiten, im Fußballbereich Probleme zu lösen.

Mit diesem Team soll punktuell Expertise herangezogen werden können, die sich auf die modernen Erkenntnisse der Sportwissenschaft und Trainingslehre beruft. Die Beratertruppe soll aus mehreren Personen bestehen, einziger Fixpunkt ist bis dato Dr. Jörg Jakobs. Der ausgebildete Fußballlehrer hatte beim effzeh schon mehrere Positionen inne und soll seine Kompetenz in beratender Funktion einbringen. Damit soll sichergestellt werden, dass der zukünftige Vorstand eine (sportliche) Strategie vorgeben kann, die ihre letztendliche Umsetzung in der täglichen Arbeit der Geschäftsführung und des Trainerteams findet.

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Während auf der Ebene des Vorstands Werte wie die Identifikation und die Liebe zum 1. FC Köln neben wirtschaftlicher und juristischer Expertise entscheidende Kriterien sind, gelten für die zukünftigen Entscheidungsträger im operativen Geschäft beim effzeh andere, fachbezogenere Auswahlkriterien. Der Zusammenschluss des Vorstands mit einem angedockten Kompetenzteam externer Experten soll verhindern, dass auf der obersten Entscheidungsebene sportfremde Entscheidungen getroffen werden.

Nur Fußballlehrer werden lizenziert, Funktionäre nicht

Schließlich gibt es im Fußballbetrieb lediglich eine Lizenzierung für die Trainer: In den oberen drei Profiligen Deutschlands muss man die Ausbildung als Fußballlehrer nachweisen, um eine Mannschaft leiten zu können. Die Posten im Vorstand und in der Geschäftsführung können gänzlich ohne sportrelevante Ausbildung oder ein entsprechendes Studium besetzt werden. In Bezug auf den sportlichen Bereich reichte für die Nominierung Toni Schumachers dessen Vita als ehemaliger Nationalspieler, der in unzähligen Spielen seine Knochen für den FC hingehalten hatte und den Verein im Herzen trägt.

Mainz-Präsident Stefan Hofmann (r.) bei der Verabschiedung des bisherigen Stadionsprechers Klaus Hafner

Mainz-Präsident Stefan Hofmann (r.) bei der Verabschiedung des bisherigen Stadionsprechers Klaus Hafner | Foto: Alex Grimm/Bongarts/Getty Images

Das zentrale Problem: Oftmals hat man beim Fußball den Eindruck, dass die oberen Entscheidungsebenen aus älteren, ehrwürdigen und verdienten Menschen bestehen, die aber nicht zwingend in der Lage sind, den modernen Fußball zu verstehen, der in den letzten Jahren immer komplexer wurde. Vielmehr braucht es kompetente Leute, die das Spiel verstehen, es vermitteln und Themen erklären können – und nicht zuletzt braucht es Strukturen, die den Trainer schützen.

Ein leuchtendes Beispiel in der Bundesliga ist der 1. FSV Mainz 05, der mit Stefan Hofmann einen ausgebildeten und lizenzierten Fußballlehrer als Vorstandsspitze aufweist. Hofmann arbeitete lange im NLZ der Mainzer mit den Jugendtrainern zusammen, die die Ausbildung des Nachwuchses verantworteten. Denn fraglos kommt den Übungsleitern in jedem Verein eine wichtige Aufgabe zu, deren Komplexität sich an der Ausbildung zum Fußballlehrer absehen lässt.

Breit gefächerte Expertise gefordert

Trainer müssen methodisch kompetent sein und in diesem Zusammenhang wissen, welche Übungsform für ihre Mannschaft passend ist. Gleichzeitig müssen sie Fachkompetenz mitbringen und ein Fußballspiel lesen können. Sie müssen kommunikativ stark sein und zur Selbstreflexion fähig. Im Fußballbusiness kann Vernetzungskompetenz nicht schaden, viel wichtiger sind jedoch Sprach- und Sozialkompetenz. Wichtige weitere Kompetenzen liegen in Führung und Organisation einer Mannschaft – “Fußballkompetenz” als Schlagwort ist also nur ein loser Überbegriff, der die komplexe Realität nur schwerlich zusammenfassen kann.

Auf der nächsten Seite: Strukturen, die den Trainer schützen und das Spiel weiterentwickeln.

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