Als der 1. FC Köln vor nicht allzu langer Zeit das Heimspiel gegen den SC Paderborn verlor, wuchsen in der Domstadt und darüber hinaus die Zweifel – die Ausrichtung von Markus Anfangs Mannschaft sei zu riskant, das Spektakel würde langfristig nicht genügend Punkte bringen. Hinterfragt wurden ebenfalls die Intensität der Zweikampfführung und die Eignung einiger Spieler auf ihren jeweiligen Positionen. Doch Fußball (man kann den Satz bereits vervollständigen, ohne sein Ende zu kennen) ist ein Ergebnissport – und der 1. FC Köln hat in der Englischen Woche alle Neune abgeräumt. Mit einer makellosen Bilanz von 7:2 Toren und neun Punkten konnte die Tabellenführung noch weiter ausgebaut werden. Das Spiel in Bielefeld bot wieder fünf Erkenntnisse, die wir euch mit diesem Text präsentieren wollen – die Zweifel übrigens sind mittlerweile einigermaßen ausgeräumt.
Dominick Drexler: Drei Vorlagen und eine Einlage
Dass der Neuzugang aus Kiel ein eminent wichtiger Baustein im System von Markus Anfang ist, zeigt sich daran, dass Drexler in der gesamten Saison bislang nur drei Minuten verpasste. Vor dem Spiel in Bielefeld kam er auf zwei Torvorlagen, nach der Partie auf der Alm schraubte er sein Konto diesbezüglich auf fünf hoch – er erzielte quasi einen Vorlagen-Hattrick. Doch auch unabhängig von den nackten Zahlen: Im Übergangsspiel des 1. FC Köln vom Mittelfeld in den Angriff ist Drexler neben Louis Schaub der Hauptverantwortliche im System Anfang. Drexlers Arbeitsbereich ist dabei eher die linke Seite, auch wenn er durch viele Rochaden immer wieder im Zentrum und auf rechts auftaucht. Gegen Bielefeld profitierte er bei den ersten beiden Toren von guten langen Bällen aus der Innenverteidigung, die er gut festmachte und dann perfekt Terodde einsetzte.
Nach 57 Minuten hatte Drexler ebenfalls den Weg in die Tiefe gesucht, war nach einem Anspiel von Koziello auch gefunden worden und versuchte, den Ball auf Guirassy querzulegen – die Bielefelder Abwehr konnte allerdings noch verteidigen. In dieser Szene auf den mitgelaufenen Teamkameraden abzulegen zeugt von Drexlers Uneigennützigkeit. Es dürfte wohl nach den ersten acht Partien in der zweiten Liga keine Zweifel daran geben, dass dem 1. FC Köln eine gute Verpflichtung gelungen ist. Etwas unnötig war allerdings Drexlers Einlage gegen Ende der Partie, als Bielefelds Keeper Ortega sich den Ball im Zweikampf robust sicherte, den Kölner allerdings auch wegfegte. Danach wickelte sich der ehemalige Kieler einmal um die eigene Achse und erweckte den Eindruck, von einem Sturmgewehr angeschossen worden zu sein – aber wenn das der Kritikpunkt an seinen bisherigen Auftritten im effzeh-Trikot sein soll, jammern wir auf sehr, sehr hohem Niveau.
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— Effzeh Gifs (@Effzeh_gif) September 28, 2018
Sobiech und Czichos: Ein funktionierendes Paar
Es ist schon ungewöhnlich, dass bei einem Zweitligisten aus Deutschland ein spanischer U21-Nationalspieler auf der Bank sitzt. Doch die letzten beiden Auftritte haben gezeigt, weswegen das Paar Czichos und Sobiech zurecht die Innenverteidigung beim 1. FC Köln bildet: Das Spiel der Arminen ist sehr stark auf lange Bälle ausgelegt, die die Kölner Innenverteidiger allerdings gut verteidigen konnten. Im Verbund mit Marco Höger, der die meisten der abgeköpften zweiten Bälle aufsammelte, konnte man sich der offensiven Wucht der Bielefelder erwehren.
Auf der nächsten Seite: Weitere Gewinner des Spiels und ein guter Zweitliga-Abend.
Doch auch im Aufbauspiel scheinen beide mittlerweile ihren Modus gefunden zu haben: Gegen den DSC hatten beide in etwa 75 Ballkontakte, die Passquote lagen mit 85 % (Czichos) und 94 % (Sobiech) im guten Bereich. Die anspruchsvolle Aufgabe, in manchen Szenen flach zu eröffnen, scheint mittlerweile keinen von beiden mehr sonderlich aus der Ruhe zu bringen: Wenn beide sich eng am Sechzehner positionieren und den Ball von Timo Horn erhalten, muss man nicht die Luft anhalten – der Lernprozess ist hier im Vergleich zum Beginn der Saison sichtbar. Doch auch lange Bälle gehören zum Repertoire: Sowohl Czichos als auch Sobiech hatten ihre Aktien an den ersten beiden Toren, weil sie jeweils mit einem langen Ball Drexler in Szene setzten.
Bader und Koziello: Zwei technisch starke Fighter aus der zweiten Reihe
Das Spiel in Bielefeld zeigte auch, dass zwei Spieler aus der hinteren Reihe durchaus Ansprüche auf mehr Einsatzzeit anmelden dürfen. Während Matthias Baders Startelf-Debüt gegen Paderborn ziemlich daneben ging (und er bei zwei Gegentoren nicht sonderlich gut aussah), war Koziello bislang nur im Heimspiel gegen Aue 56 Minuten und dann nochmal ganz kurz gegen Sandhausen zum Einsatz gekommen. Beide erledigten ihre jeweiligen Aufgaben im Spiel gegen Bielefeld trotz der geringen Erfahrung in der 2. Bundesliga gut. Bader zeigte sich sehr engagiert, dabei durchaus auch versiert im Umgang mit dem Ball. Im Spiel gelangen ihm teilweise gute Eröffnungen mit halblangen Bällen aus schwierigen Positionen heraus.
Foto: Thomas Starke/Bongarts/Getty Images
Der Franzose Koziello zeigte, dass er dem Kölner Spiel mehr Balance verleihen kann. Das zeigt sich an zwei Komponenten: Gegen Bielefeld führte der Mittelfeldspieler die meisten Zweikämpfe aller Spieler (35), von denen er 19 gewinnen konnte. Im Spiel mit dem Ball überzeugt er insbesondere bei Kombinationen in engen Räumen und mit einem herausragend guten ersten Kontakt, mit dem er sich gleich in eine Position bringt, den Ball nach vorne zu spielen. Weil Bader und Koziello andere Attribute in die Mannschaft einbringen, dadurch allerdings kein Qualitätsverlust stattfindet, kann man mit Fug und Recht behaupten, dass der effzeh-Kader in Sachen Leistungstiefe gut aufgestellt ist.
Simon Terodde: Ein Phänomen mit einer dreistelligen Anzahl an Toren
Jeden Spieltag aufs Neue ist es eine Erkenntnis an sich, den besten Zweitligastürmer in den eigenen Reihen zu haben. Terodde steht nun bei unfassbaren 16 Toren nach acht Spielen: Werte, von denen selbst Anthony Modeste, der beste effzeh-Stürmer der Neuzeit, träumen kann. Terodde gehört mittlerweile auch zum elitären Klub derjenigen Spieler, die in der 2. Bundesliga mehr als 100 Tore geschossen haben – derzeit rangiert er auf Augenhöhe mit Bruno Labbadia auf Rang fünf der ewigen Torschützenliste.
“Das ist eine Marke, die für immer bestehen bleibt”, erklärte der Kölner Goalgetter nach der Partie sichtlich stolz: “Davon kann ich meinen Kindern noch erzählen.” Doch: Mit jedem Tor, das Terodde schießt, wächst allerdings auch die Angst davor, irgendwann auf seine Dienste verzichten zu müssen – sei es durch Sperre oder Verletzung. Von daher tut auch jedes Tor gut, das sein Vertreter Jhon Cordoba bei seinen Jokereinsätzen erzielt.
Ein Freitagabend auf der Alm: Werbung für den Zweitligafußball
Das Spiel zwischen Arminia und dem effzeh war über weite Strecken sehr intensiv, extrem unterhaltsam und gegen Ende auch sehr emotional. Stimmungsmäßig war das Duell ebenfalls überdurchschnittlich: Beide Fanlager sorgten für eine ausnehmend gute lautstarke Unterstützung ihrer Teams. 26.000 Zuschauer sorgten daher für einen fußballerisch guten Abend, dessen Ergebnis natürlich nur den Kölnern schmecken dürfte. In Bielefeld haderte man ein wenig mit den Entscheidungen des Schiedsrichters, der der Heimmannschaft im ersten Durchgang wohl einen Elfmeter verwehrt hätte, wie der Schiedsrichterbeobachter dem Bielefelder Trainer Saibene laut dessen Aussage bereits zur Halbzeit mitgeteilt haben soll.
Voglsammers Einsatz gegen Guirassy im Luftduell als Foul zu bewerten, war allerdings auch vertretbar, wenngleich die Verärgerung auf Arminen-Seite durchaus verständlich war. Nichtsdestoweniger war es ein attraktiver Abend im fußballdeutschen Unterhaus, das sich im Vergleich zu Duellen zwischen Wolfsburg und Leipzig oder Düsseldorf und Leverkusen sicherlich nicht zu verstecken braucht. Mit Bielefeld traf der effzeh auf eine der besseren Mannschaften in der 2. Bundesliga – und setzte sich letztlich nicht nur aufgrund der höheren individuellen Qualität verdient durch.