Der 1. FC Köln hat das zweite Heimspiel in dieser Saison verloren, Sieger war dieses Mal der vorherige Tabellenletzte aus Duisburg. Eigentlich dachte man, nach der Englischen Woche sei Anfangs Team nun vollends in der Spur, der neunte Spieltag allerdings bringt Ernüchterung. Zwar spielte der MSV nicht wie ein Tabellenletzter, dennoch sollte man vom 1. FC Köln erwarten dürfen, dass man ein solches Spiel gewinnt. Welche fünf Erkenntnisse wir aus dem Spiel gesammelt haben, präsentieren wir euch hier.
Der fehlende Plan B: Offenkundig bei Rückstand
Zugegeben, der Autor dieses Textes ist nach wie vor davon überzeugt, dass mit Markus Anfang ein guter Trainer beim effzeh das Sagen hat, der mit einem durchdachten Offensivplan versucht, Punkte einzufahren. Damit hat er vielen seiner Trainerkollegen schon etwas voraus. Problematisch war beim Spiel gegen Duisburg jedoch, dass dies eigentlich mit dem Rückstand beendet war: Anfangs Mannschaft schlug danach, auch begünstigt durch die Impulse von außen und damit die Einwechslungen der körperlich starken Guirassy und Cordoba, nur noch lange Bälle und erhoffte, dass durch die erhöhte Präsenz im Strafraum irgendwie noch eine Chance zum Ausgleich herausspringen würde.
Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images
Selbst wenn man sich dafür entscheidet, in der verbliebenen Spielzeit mit langen Bällen zu operieren, muss man dies auch vorbereiten – erhöhte Strafraumpräsenz ist ja nicht zwingend schlecht, dann müssen die Bälle dort aber auch ankommen. Und das wird schwer, wenn sie aus der eigenen Hälfte oder unvorbereitet von der Seite gespielt werden. Mit kurzen flachen Pässen bessere Positionen für die langen Bälle herauszuspielen, wäre eine Möglichkeit gewesen, so allerdings konnte sich Duisburg darauf verlassen, mit den kopfballstarken Innenverteidigern und tiefen Sechsern alle Avancen des effzeh wegverteidigen zu können. Daraus folgt, dass Anfangs Mannschaft auch einen Plan braucht, wie sie einen tiefstehenden Gegner bei wenig verbleibender Spielzeit bearbeiten möchte.
Taktische Variabilität: Wie umgehen mit Mannorientierung?
Da Duisburg mit einer Raute spielte, wurden die zentralen Aufbauspieler des 1. FC Köln frühzeitig und langfristig aus dem Spiel genommen. Anfang möchte, dass sein Team im 2-3-4-1 aufbaut – was macht man jedoch, wenn eine Mannschaft das zu verhindern weiß? Wie soll es gelingen, den Ball in diejenigen Räume zu bekommen, in denen Drexler und Schaub für die Vorbereitung der Abschlussaktionen sorgen können? Durch das Einrücken der Außenverteidiger in die Mitte verspricht man sich einen offenen Passweg auf die äußeren Mittelfeldspieler und kurze Wege zurück bei Ballverlust – würden sich die Außenverteidiger tiefer positionieren, bestünde allerdings auch die Chance, das Überspielen der ersten Pressinglinie des Gegners besser vorzubereiten, wenn man manngedeckt wird.
Auf der nächsten Seite: Meré, Umschaltbewegung und Selbstreflexion.
Auch die Eröffnung mit dem langen Ball ist nicht verboten, allerdings muss das auch vorbereitet werden – genügend Spieler im relevanten Raum zu haben, um den zweiten Ball zu gewinnen, ist Grundvoraussetzung. So schlau wird man bei den anderen Zweitligisten mittlerweile zwar auch sein (die sind ja auch nicht komplett blind), die Anfälligkeit des Systems bei intensivem Angriffspressing der Gegner zeigt allerdings auf, dass man damit dem Primus ganz gut begegnen kann.
Meré statt Sobiech – eine Option?
Spricht man über Alternativen, muss man zwangsläufig auch über das Personal reden. Lasse Sobiech überzeugt beim 1. FC Köln komplett in den Dimensionen Zweikampf und Kopfballspiel und war gegen Duisburg einer der besseren Akteure – er wurde zurecht auch in die Spieltagself bei “kicker” und “whoscored” berufen. Im Aufbau hingegen dürfte sein spanischer Mannschaftskollege Jorge Meré durchaus die Nase vorn haben: Meré gilt als pressingresistent und technisch überdurchschnittlich gut, weswegen er eine größere Erfolgswahrscheinlichkeit aufweist, den Ball sicher am gegnerischen Pressing vorbeizubringen. Sobiechs Passmuster beschränken sich zu häufig auf Pässe zu Czichos oder zu Horn.
Klar, es ist gut, eine solche Situation in der Innenverteidigung zu haben, wenn man zwischen Sobiech und Meré wählen kann. Es ist nur zu hoffen, dass der Spanier die Situation so annimmt, wie sie ist und sich im Training so vorbereitet, dass er trotz zuletzt geringer Einsatzzeiten sofort helfen kann. Denn übergeordnet ist die Frage, welchen Fußball der 1. FC Köln in einzelnen Spielen zeigen möchte – und muss. Mit Meré hätte man definitiv mehr Optionen im Spiel nach vorne.
Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images
Das leidige Thema – die Umschaltbewegung nach hinten
Ja, das System ist offensiv ausgerichtet. Ja, es sorgt dafür, dass sich viele Spieler am Angriff beteiligen. Aber dennoch fällt immer wieder auf, dass Mannschaften gegen den 1. FC Köln unheimlich große Räume vorfinden, wenn sie den Ball gewinnen und nach vorne spielen können. Hätte Duisburg in einigen Aktionen ein wenig zielstrebiger agiert, wäre man sogar schon früher in Führung gegangen (siehe Paderborn, siehe auch Ingolstadt). Das zentrale Thema beim 1. FC Köln bleibt die Balance zwischen Offensive und Defensive.
Dass dann in der Defensive in Unterzahl mal Zweikämpfe verloren gehen können, ist vollkommen verständlich – es sollte allerdings gar nicht erst zu diesen Situationen kommen. Hier auch wieder der Verweis auf den Lernprozess: um die Umsetzung des Systems langfristig erfolgsstabil auf die Reihe zu bekommen, braucht es harte Arbeit. Diese wird jetzt auch wieder in der Länderspielpause stattfinden müssen, obwohl man dachte, der effzeh hätte dieses Thema in den Griff bekommen.
Die Selbstreflexion passt – zehn Tage Zeit zum Nacharbeiten
“Wir haben scheiße gespielt”, befand Marco Höger zusätzlich zu den anderen Stimmen, die dem 1. FC Köln keine gute Leistung attestierten. Angesprochen auf die nun anstehende Länderspielpause sagte Timo Horn gegenüber dem “kicker”: “Das ist jetzt ein ungünstiger Zeitpunkt, weil wir das so schnell wie möglich wieder gut machen wollten.” Auch Markus Anfang stellte im Gespräch mit den Medienvertretern unter Beweis, dass er die Gründe für die Niederlage durchaus realistisch einschätzt. Wichtig ist dann, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen – und Reservisten die Möglichkeit auf Spielpraxis zu geben.
Am Donnerstag tritt der effzeh zu einem Testspiel beim Tabellendreizehnten der belgischen Jupiler League an, Waasland-Beveren heißt der Gegner. Akteure wie Frederik Sörensen, Niklas Hauptmann, Simon Zoller, Jhon Cordoba, Salih Özcan und Benno Schmitz werden wohl die Chance bekommen, sich zu zeigen und durch eine gute Spiel- und Trainingsleistung Druck auf die arrivierten Kräfte auszuüben. Eine spannende Phase liegt vor dem 1. FC Köln.