Die effzeh-Geschichte ist reich an Triumphen, Tiefschlägen und amüsanten Anekdoten. „Für ’ne Moment“ ruft besondere Ereignisse wieder in Erinnerung. Diesmal: Ein Novum an Ostern.
Das Traineramt beim 1. FC Köln gilt als besonders schwierig, immer wieder wurde in der Vergangenheit das Geißbockheim zum heißen Pflaster für Übungsleiter. Ob hoffnungsvoller Fachmann aus der Nähe, ob prominenter Name aus dem Ausland: So manche Verbindung hielt bei der ersten Adresse in der Domstadt kaum länger als ein Fisternöllche an Fastelovend. Doch eines ist ist der Öffentlichkeit kaum bekannt: Der feine effzeh brauchte in seiner ruhmreichen Geschichte fast ein Vierteljahrhundert, um sich erstmals vorzeitig von einem Trainer zu trennen.
Diese fragwürdige Ehre wurde Gyula Lorant zu Teil: Der Ungar, als Spieler Teil der „Jahrhundertelf“, die 1954 im WM-Finale zu Bern der deutschen Mannschaft um effzeh-Legende Hans Schäfer unterlag, übernahm zur Saison 1971/72 den Trainerposten bei den „Geißböcken“ und folgte auf den Österreicher Ernst Ocwirk, dessen Vertrag in Köln nicht verlängert wurde. Unter dem extrovertierten Lorant, dessen raue Umgangsformen und Trainingsmethoden gefürchtet waren, sollte der effzeh wieder an alte Glanzzeiten anknüpfen.
Ein harter Hund für die Geißböcke
Der „harte Hund“, der nach seiner Flucht nach Deutschland auf Empfehlung Hennes Weisweilers den Trainerschein gemacht hatte, schliff das Kölner Starensemble nach allen Regeln der Kunst. Waldläufe um den Decksteiner Weiher, Trainingseinheiten auf knallhartem Boden ausschließlich in Stollenschuhe: Da wurde es Kapitän Wolfgang Overath zu bunt – erst dann veränderte der ungarische Schleifer seine Methoden.
Sportlich lief das Jahr trotz der zwischenmenschlichen Turbulenzen gar nicht so schlecht für den effzeh: Nach dem Bundesliga-Skandal und dem erzwungenen Umzug ins deutlich kleinere Radstadion führte Lorant das Team in obere Gefilde, gab jungen Spielern wie Harald Konopka und Jürgen Glowacz Bewährungschancen und versuchte der Mannschaft (vergeblich) die Raumdeckung näher zu bringen.
Eskalation an Ostersamstag
Foto: Bongarts/Getty Images
Außerhalb des Platzes war Lorant ein Connaisseur erlesener Weine und guter Zigarren, beim Fußball mutierte er allerdings zu einem cholerischen HB-Männchen mit schroffen Umgangsformen. Diese brachten ihn auch letztlich zu Fall: Im Hinspiel des DFB-Pokalviertelfinals bei Bayern München setzte es an Ostersamstag eine klare 0:3-Pleite, bei der die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem streitbaren Ungar und effzeh-Präsident Oskar Maaß endgültig eskalierten.
Hatte sich das Verhältnis zwischen den Verantwortlichen und ihrem Trainer zuvor bereits deutlich abgekühlt, fand die Fehde in der bayerischen Landeshauptstadt ihren Höhepunkt. Als der Präsident dem Übungsleiter während der Partie einige Ratschläge zum Besten gab, verlor Lorant die Nerven. „Halt das Maul, du fette alte Sau“ soll er seinem Vorgesetzten angeblich entgegnet haben. Wenig überraschend bedeutete dieser Eklat das Aus für den einstigen Weltklasse-Verteidiger: Bereits bei der Pressekonferenz nach der Partie vertrat ihn Präsident Oskar Maaß, drei Tage später folgte die Entlassung des schroffen Trainers.
Herztod während einer Partie
Bis dato war es das erste Mal, dass ein Übungsleiter beim 1. FC Köln vorzeitig von seinen Aufgaben entbunden wurde. Lorant erhielt Medienberichten zufolge 25.000 DM Abfindung – und blieb trotz des Skandals gut im Geschäft: Nach seinem kurzen Kölner Gastspiel führte er beispielsweise 1976 PAOK Saloniki zur Meisterschaft und war von Dezember 1977 bis Dezember 1978 sogar für ein Jahr Trainer des großen FC Bayern München. Zurück bei PAOK Saloniki erlitt Lorant am 31. Mai 1981 während einer Partie gegen Olympiakos Piräus einen Herzinfarkt, an dessen Folgen er im Alter von 58 Jahren verstarb.